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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der internationale Einsatz in Afghanistan ist nicht nur in Deutschland ein zentrales außen- und innenpolitisches Thema. Trotz der Konzentrierung der Medien auf den militärischen Aspekt ist es ein wesentlich umfangreicheres Unterfangen. Obwohl Fortschritte erkennbar sind, sind sich Kritiker sicher, dass dieser nur solange bestehen wird, wie die ISAF im Land vertreten ist. Durch den Vergleich des sowjetischen Afghanistaneinsatzes in den 70er und 80er Jahren und des aktuellen Einsatzes sollen am Ende des Buches im Wesentlichen 2 Fragen beantwortet werden können: Worin bestanden die wesentlichen Unterschiede zwischen der Intervention der Sowjetunion und deren statebuilding und der Intervention der ISAF/NATO-Staaten und deren statebuilding in Afghanistan? Und: Wie waren die Ergebnisse der verschiedenen Afghanistaneinsätze? Durch den Vergleich der beiden Interventionen und der damit durchgeführten, zweifachen Konfrontation der theoretischen Vorgaben des state-buildings mit den tatsächlich durchgeführten Maßnahmen, soll es schlussendlich zu einer Bewertung der praktischen Durchführbarkeit der theoretischen Maßnahmen kommen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2. Afghanistan vor der amerikanischen Intervention: Um die Lage Afghanistans am Vorabend der amerikanischen Intervention Ende 2001/Anfang 2002 zu verstehen, bedarf es eines Rückblicks auf die Zeit nach dem sowjetischen Rückzug aus Afghanistan. Am 15. Februar 1989 verließen die letzen sowjetischen Truppen das Land. Damit war die sozialistische Regierung unter Nadschibullah militärisch auf sich alleine gestellt, auch wenn sie weiterhin durch sowjetische Militärberater unterstützt wurde. Politisch und wirtschaftlich erhielt sie aber weiterhin Unterstützung aus der (noch) bestehenden Sowjetunion für weitere drei Jahre, bis zum Amtsantritt von Boris Jelzin in Moskau. In diesen drei Jahren schaffte es die Regierung unter Nadschibullah die Kontrolle in Kabul und anderen großen Städten zu behalten und verlor nicht wesentlich mehr Einflussgebiet innerhalb Afghanistans als sie noch während der sowjetischen Präsenz besaß. Als die Finanzhilfen aus der Sowjetunion bzw. dann aus Russland nicht mehr flossen, verlor die Regierung Nadschibullah rasch an Boden und wurde 1992 gestürzt. Als der Abmarsch der sowjetischen Streitkräfte absehbar war, formierte sich bereits eine neue afghanische Regierung in Pakistan. Sieben Parteien der verschiedenen Mudschahedin-Fraktionen bildeten eine provisorische Regierung und erhielten für diese auch internationale Anerkennung. Ein Problem dieser Regierung des Präsidenten Rabani war jedoch, dass auch sie de facto auf die Machtausübung in Kabul begrenzt war. Die sog. Nationale Regierung hatte von Beginn ihrer Tätigkeit an mit internen Machtkämpfen der verschiedenen Mudschahedin-Gruppierungen zu kämpfen, sowohl politisch als auch militärisch. Dieser Zustand mündete letztendlich in einen offenen Bürgerkrieg zwischen den Mudschahedin in Afghanistan. Dabei waren die ehemals im Kampf gegen die Sowjetunion vereinten Widerstandsgruppen in zwei, später in drei wesentliche Parteien zerbrochen. Der afghanische Bürgerkrieg hatte zum Zerfall und zur Zerstörung jeglicher staatlicher Strukturen geführt und das Land endgültig wirtschaftlich ruiniert. Gleichzeitig wuchs eine neue Partei heran, die später Afghanistan fast vollständig erobern sollte und ab 1997 als Herrscher über Afghanistan galt - die Taliban. Alle größeren Mudschahedin-Gruppierungen unterlagen den Taliban militärisch, und ihre Anführer mussten entweder in den Untergrund oder in das Exil. Nur Ahmad Schah Massoud gelang es den Nordosten Afghanistans vor den Taliban zu verteidigen. Seine Gruppierung, die letzen Überbleibsel der ehemaligen Mudschaheddin-Regierung unter Rabani, nannte sich fortan die Vereinigte Front , in der westlichen Öffentlichkeit bekannt unter dem Namen Nordallianz . Zwischen 1996 und 2011 errichteten die fundamentalistischen Taliban eine vorrübergehende Ordnung, die geprägt war durch die Einführung der Scharia als alleingültiges Gesetz. Afghanistan wurde zu einem islamisch-fundamentalistischen Staat und international isoliert. Nur Pakistan, Saudi Arabien und die Vereinigten-Arabischen-Emirate erkannten die Taliban als legitime Regierung Afghanistans an. Die UN und somit fast alle restlichen Staaten der Welt sahen weiterhin Präsident Rabani als legitimen Präsidenten Afghanistans an. Die Taliban sorgten vor allem durch zahlreiche Menschenrechtsverletzungen - darunter Massaker an Zivilisten - sowie durch das Verbot jeglicher Bildung und Kultur, welche als unislamisch eingestuft wurde, und wirtschaftliche Stagnation in der internationalen Öffentlichkeit für Aufsehen . Afghanistan machte unter den Taliban keinerlei Fortschritte in der Wirtschaft, den damit zusammenhängenden Lebensbedingungen der Menschen und blieb weiterhin eines der unterentwickelten und jetzt zusätzlich isoliertesten Länder der Welt. Es kam zu ethnischen Säuberungen gegenüber der Volksgruppe der Hazara und schiitischen Afghanen. Diese mündeten in der Ermordung von 5000-6000 Schiiten und 6000-8000 Usbeken. Die Taliban waren nicht nur in der Durchsetzung ihrer Macht anders als die bisher herrschenden Mudschahedin, sondern auch in ihrer nationalen und ethnischen Zusammensetzung. So kämpften zwischen 1994 und 1999 ca. 80.000 bis 100.000 Pakistaner in Afghanistan. Unter den Pakistanern waren nicht nur Soldaten, die aus den Koranschulen im afghanischen-pakistanischen Grenzgebiet rekrutiert wurden, sondern auch reguläre pakistanische Truppen. Im Jahre 2001, am Vorabend der Intervention, bestand die Taliban-Armee aus ca. 45.000 Mann, bestehend aus ca. 14.000 bis 15.000 Afghanen, 2.000 bis 3.000 Al-Qaida Kämpfern - vorwiegend arabischer Herkunft - und restlich aus Pakistanern aus dem paschtunischen Teil Pakistans. International waren die Taliban bereits vor den Angriffen auf das WTC geächtet. Bereits 1998 kam es zu Angriffen der US-Luftwaffe auf militärische Ausbildungslager in Afghanistan, die im Verdacht standen eine Herberge für Bin Ladens Gruppe zu sein. Die USA forderte die Auslieferung Bin Ladens, und die UNO verhängte Sanktionen gegen die Taliban. Das Vorgehen gegen die Schiiten in Afghanistan hatte auch den Iran zum einem Gegner der Taliban werden lassen. Usbekistan brach seine Beziehungen zu den Taliban ab, da diese der islamistischen Islamischen Bewegung Usbekistans Unterschlupf gewährten. Im Nord-Osten Afghanistans, das unter der Herrschaft der Nord-Allianz stand, geführt von Massoud, entwickelte sich ein afghanischer Gegenstaat zu den Taliban. Massoud installierte dort demokratische Institutionen und unterschrieb die Womens Rights Declaration . Unter seinen Truppen wurden in der Zeit seiner Herrschaft über Nord-Ost Afghanistan keine Menschenrechtsverletzungen beobachtet. Dies führte u. a. dazu, dass ca. 1. Millionen Afghanen Zuflucht auf dem Gebiet der Nord-Allianz suchten. Desweiteren leisteten schiitische Widerstandsgruppen in Zentralafghanistan weiterhin Widertand. Gleichzeitig gelang es den Taliban, trotz äußerster Brutalität, nicht überall in ihrem Herrschaftsgebiet für Stabilität zu sorgen, und ihre Institutionen litten unter Korruption. Die Herrschaft der Taliban endete nach den Ereignissen des 11. Septembers, denen auch ein erfolgreiches Attentat auf Nord-Allianz-Führer Massoud vorausgegangen war, und dem Stopp jeglicher offiziellen Hilfe seitens der Pakistanischen Regierung an die Taliban auf Druck der USA. Die kombinierten Angriffe der amerikanischen Luftwaffe und der Kämpfer der Nord-Allianz führten zur Vertreibung der Taliban aus Kabul und den anderen großen Städten Afghanistans. Gleichzeitig entwarfen die Vereinten Nationen und die großen Industriestaaten Ende 2001 gemeinsam mit verschiedenen afghanischen Gruppierungen auf dem Petersberg in Bonn einen Plan zum Aufbau von Institutionen und den daran erforderlichen Verfahren für den Bau eines neuen Staates. 3. Interessen und Ziele der Interventen: In diesem Kapitel sollen die Interessen und Ziele der Sowjetunion vor der Intervention von 1979 und die und die der USA bzw. die späteren der ISAF/NATO-Staaten analysiert werden. 3.1. Interessen und Ziele der Sowjetunion in Afghanistan: In Afghanistan stand alles unter dem Vorzeichen eines Umbruches. Mohamed Daouds Position wurde immer schwächer, da seine Reformversuche erfolglos blieben und das Politbüro mit einem Umsturz rechnete. Dies blieb auch vom afghanischen Machthaber Daoud nicht unbemerkt, und seine Beamten begannen führende afghanische Sozialisten wie Taraki und Karmal zu inhaftieren oder Amin unter Hausarrest zu stellen. Letzterer schaffte es, die afghanischen Sozialisten in Polizei und Militär von der Notwendigkeit eines Staatsstreiches zu überzeugen, der Daoud letztendlich das Leben kostete und die DVPA zum neuen Herrscher über Afghanistan machte. Die Sowjetunion erkannte das neue sozialistische Regime sofort politisch an, gefolgt von anderen sozialistischen Staaten des sog. Ostblocks . Obwohl die sowjetische Führung den afghanischen Sozialisten auch mit Skepsis gegenüber trat, war man nach dem Putsch davon überzeugt, dass unter dem neuen sozialistischen Machthaber Taraki Afghanistan sich in eine für die Sowjetunion positive Richtung entwickeln würde. Trotzdem blieb die Sorge um die innere Spaltung der afghanischen DVPA bestehen und verfestigte sich, als Taraki (Angehöriger der Khalq Fraktion) begann, Angehörige der Parcham-Fraktionen in Form z.B. von Botschafterposten im Ausland aus dem politischen Tagesgeschehen zu entfernen. Obwohl der Regimewechsel in Kabul für die meisten Afghanen keine große Überraschung war, hatte es das neue Taraki-Regime sofort mit Feindseligkeiten der Geistlichkeit, der Clanführer und der Intelligenz des Landes zu tun. Aus sowjetischer Sicht wurde dieser Widerstand als reaktionär abgestempelt oder durch ausländische Intrigen unterstützt. Unglücklicherweise waren für die Sowjetunion aber vor allem die Sozialisten selbst die Ursache für den wachsenden Widerstand, nachdem Taraki und Amin begannen mit harter Hand gegen Widerständler vorzugehen. Die Literatur bezeichnet diese Zeit auch als von Terror und Willkür geprägt. / Begleitet wurde das harte Vorgehen von fundamentalen Reformversuchen, wie z.B. der Agrarreform oder Versuchen, durch Gesetze traditionelle Sitten und Gebräuche, welche den afghanischen Sozialisten als veraltet und rückständig vorkamen (Heiratsbräuche, Geschlechtertrennung etc.), zu eliminieren oder unter eine bürokratische Kontrolle zu bringen. Obwohl die Sowjetunion in der Öffentlichkeit die Reformen der DVPA unter Taraki unterstütze und sich für die Beseitigung feudaler Strukturen in Afghanistan durch die Forcierung der Industrialisierung sowie die Stärkung des Staates als Schritt in die richtige Richtung einsetzte, bemerkten die politischen Entscheidungsträgern im Kreml die Erfolglosigkeit der Reformversuche. Das Politbüro erkannte, dass die Reformversuche zu schnell und zu radikal waren, und Brezhnev selbst wies Taraki bei einem Treffen an, die Reformen langsamer durchzuführen und auf die nationale Einheit zu achten. Kurz danach wurde Taraki von Amin gestürzt, der nunmehr die Macht in Afghanistan übernahm. Dies stellte die Sowjetunion vor neue Probleme, weil Taraki als der gemäßigtere Sozialist galt und Amin eher als Hardliner. Dieser wurde der Einschätzung gerecht, indem er die von der Sowjetunion als zu radikal eingestufte Reformpolitik fortführte. Weil das Politbüro die Beziehungen zu Amin abkühlte, rächte sich dieser wiederum mit Aufforderung den sowjetischen Botschafter Puzanov aus dem Land abzuziehen[…].

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