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- Die Klimakatastrophe - ein Fehlalarm? Die kritischen Stimmen mehren sich
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 376
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Es gilt als politische Notwendigkeit, weltweit den Ausstoß von Kohlendioxid zu senken, um eine künftige gefährliche Erwärmung von mehr als 2 Grad Celsius zu vermeiden. In der Fachwelt gibt es jedoch hierzu keinen Konsens, wie immer wieder behauptet. Vielmehr stehen sich zwei Lager gegenüber: Auf der einen Seite die politisierenden Klimaforscher, die auf Alarm gestimmt sind und denen ein grundlegender Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft vorschwebt, und zwar in einem bevormundenden Sinne. Auf der anderen Seite stehen zahlreiche Fachleute, die dies eher skeptisch sehen: Feststellbar ist bisher lediglich eine Erwärmung von weniger als einem Grad in einem Jahrhundert, und dies bewegt sich im Rahmen der seit Jahrtausenden üblichen Schwankungen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit CO2 sei nicht erkennbar. Es gibt keine inhaltliche Forschung zum Treibhauseffekt, sondern dieser wird stets als bereits bewiesen vorausgesetzt. Die Prognosen künftiger Gefahren beruhen lediglich auf Computersimulationen mit teils willkürlichen Annahmen. Hauptproblem ist die allzu enge Verbindung von Klimaforschung und Klimapolitik: Wer rettet die Welt vor den Weltenrettern? Das Buch gibt einen kritischen Überblick über die Debatte und die führenden Akteure, vor allem das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, sowie die Standpunkte der Parteien, der Bundesregierung, der Europäischen Union und die Debatte in den USA. Betrachtet wird ferner die Arbeitsweise des Weltklimarats IPCC: Die Berichte werden Zeile für Zeile von Regierungsvertretern abgesegnet, dürfen also kaum als Forschungsberichte betrachtet werden. Ferner wird der gesellschaftspolitische Hintergrund dieser Kampagne beleuchtet, die zum Kernbestand des ökologistischen Denkens gehört. Vertieft werden die prinzipiellen Probleme einer jeden Klima-Prognose. Die vor Jahrzehnten für das Jahr 2000 aufgestellten und vermeintlich wissenschaftlich begründeten Prognosen haben sich sämtlich als grotesk falsch herausgestellt.
Textprobe: Kapitel B.3. Blind für die Apokalypse? Auf dem Flohmarkt erwerbe ich das Buch Wie leben wir morgen? , erschienen 1957 im Alfred Kröner Verlag, Stuttgart. Mein Exemplar ist schon etwas angestoßen, irgendjemand hat in verschiedenen Farben alles unterstrichen, was ihm wichtig schien. Das Buch zeichnet eine Vortragsreihe prominenter Professoren nach, an der Spitze nochmals Fritz Baade. - Die Lektüre dieses Buches hinterlässt ein seltsam hohles Gefühl: Keines der Ereignisse, die seitdem eingetreten sind, und keine der Entwicklungen, die uns heute beschäftigen, wurden auch nur andeutungsweise damals gesehen. Und umgekehrt: Von den Themen, die damals von den führenden Professoren als zukunftswichtig betrachtet wurden, spricht heute niemand mehr. Mit anderen Worten: Das komplette Buch liegt neben der Spur. Hierfür nur zwei Beispiele: (1) In diesem Buch gibt Eugen Sänger eine Vorschau auf die Raumfahrt und die Erschließung ferner Welten. Mit dem Beginn der ersten, interplanetaren Phase bemannter Raumfahrt - wahrscheinlich .. um 1970 - wird die Menschheit in ihr kosmisches Zeitalter eintreten. Sänger hält die Entwicklung einer Photonenrakete für möglich, die eine Reise mit nahezu Lichtgeschwindigkeit erlaubt. Damit sind diese Raumfahrzeuge in der Lage, sich Reiseziele zu wählen, die außerhalb unseres Sonnensystems liegen, also zum Beispiel andere Fixsterne unserer Galaxis oder sogar anderer Galaxien. Wir gelangen damit in den Bereich der interstellaren, beziehungsweise sogar intergalaktischen Raumfahrt. Hierzu muss der Hinweis erlaubt sein, dass eine Reise zum nächsten Fixstern, Alpha Centauri, bei den heute bekannten Geschwindigkeiten rund 37.000 Jahre dauern würde und dass unsere nächste Nachbargalaxie, der Andromedanebel, rund 2,5 Millionen Lichtjahre von uns entfernt liegt. Weil nach Albert Einstein eine Geschwindigkeit jenseits der des Lichts nicht möglich ist, würde eine Reise dorthin, mit welchem Antrieb auch immer, mehr als 2,5 Millionen Jahre dauern. Dieses Vorhaben wurde also den Lesern von 1956 als ernsthafte Möglichkeit präsentiert. Ganz nebenbei ergibt sich die Frage, was wir im Andromedanebel zu suchen haben. (2) Als weiteres Beispiel betrachten wir kurz den Beitrag von Robert Jungk, damals ein jedermann bekannter Bestseller-Autor, vor allem des Buches Die Zukunft hat schon begonnen, und ab 1970 Inhaber des Lehrstuhls für Zukunftsforschung an der Technischen Universität Berlin. Unter der Überschrift Die Schöpfung und der menschliche Wille schreibt er hier 1957: Da wir imstande sind, Pflanzen und Tiere uns dienstbar zu machen, ... muss man logischerweise auch annehmen, dass es uns gelingen wird, die Willensimpulse der Menschen zu verändern. ... In einer beherrschten und geplanten Schöpfung verlangt man nach beherrschten und geplanten Geschöpfen... Wenn es uns wirklich gelingen sollte, ... aus der Psychologie eine exakt arbeitende Psychotechnik ... zu entwickeln, so fällt denjenigen, die an den Schalthebeln sitzen, eine Machtfülle zu, wie es sie nie zuvor in der Geschichte gab.... Noch sind Kunstgriffe, die sich aus der möglichen Seelenspaltung ergeben, primitiv. Darum ist es vielleicht heute noch möglich, dass der Entwicklung oder gar dem Einsatz von Geheimwaffen gegen den freien Willen des Menschen Riegel vorgeschoben werden. Jungk berichtet über einen Elektroniker-Kongress in Chicago: Nachdem Schafer die Hausse in wissenschaftlichen Versuchen, welche die Psyche mit elektrischen Impulsen massiert, gepriesen hatte, fragte er sich, ob diese Arbeiten nicht auch zur Fernlenkung menschlicher Gehirne verwendet werden könnte. Man müsste dann in den Schädel eines jeden kleinen Kindes schon ein Empfangsgerät für Radiowellen einbauen, das von einer Haupt-Sendestation Befehle erhielte. Auf diese Weise könnte der Sieger in einem künftigen Krieg Millionen Menschen versklaven. Zu dieser grauenvollen Vision ist es gottlob nicht gekommen. Jungk fährt fort: Gewiss, das klingt stark nach Zukunftsroman , ist aber nichtsdestoweniger technisch vermutlich in absehbarer Zeit, wenn nicht sogar schon jetzt, durchführbar. Gerade die unter den Gebildeten verbreitete Skepsis gegenüber gewissen Zukunftsprognosen ist meist nicht aus der Vernunft, auf die sie sich beruft, sondern vielmehr aus ... Apokalypseblindheit zu erklären. Hier klingt ein Motiv an, das sich auch heute noch findet: Die Zukunftsforscher schlagen mit schrillen Tönen Alarm und schildern fürchterliche bedrohliche Gefahren, aber die Bereitschaft des Publikums, sich ins Bockshorn jagen zu lassen und in Massenhysterie zu verfallen, ist zwar groß, aber nicht grenzenlos. Das Publikum will einfach nicht begreifen, auf welchen Abgrund wir zu rasen und dass eine Apokalypse droht. Entgegen allen dringenden Alarmrufen sind jedoch die Jahrzehnte von 1950 bis 2010 zumindest im westlichen Teil Deutschlands bemerkenswert ruhig, gleichmäßig, eher katastrophenarm sowie ohne Apokalypse verlaufen. Dies ist die eigentliche Überraschung, mit der ein hauptberuflicher Zukunftsforscher wie Jungk niemals gerechnet hat. Mithin stellt sich für die Psychologie die Aufgabe, einen Hysterie-Empfänglichkeits-Index (HEI) zu bilden, der misst, wieweit eine einzelne Person oder auch eine Gesellschaft bereit ist, affektiv auf Nachrichten zu reagieren, für die sie in ihrer Alltagswelt keinen Beleg finden, die also lediglich medial vermittelt werden. In ihrer mildesten Form geht diese Empfänglichkeit dahin, derartige Nachrichten nur am Rande zur Kenntnis zu nehmen, ohne sich dadurch beunruhigt zu fühlen. Die stärkere Form besagt, dass einer sich durch derartige Nachrichten ernsthaft erschüttert zeigt. Oder er beschließt daraufhin, sein Verhalten oder gar sein ganzes Leben zu ändern. Oder er schließt sich mit gleich Erschütterten zusammen. Oder er beginnt zu missionieren und andere auf die vermeintliche oder wirkliche Gefahr aufmerksam zu machen. Oder er schmückt sein Auto mit Aufklebern dieses Inhalts, um sich für Außenstehende sofort als Überzeugter kenntlich zu machen und alle anderen auf die drohende Gefahr hinzuweisen, sie zu warnen und zu Gegenmaßnahmen aufzurufen. Äußerstenfalls kann sich das Verhalten zu Mahnwachen, Schrei- und Weinkrämpfen, hysterischen Zuckungen, gewalttätigen Demonstrationen und Weihe-Gottesdiensten steigern. Für Außenstehende ergibt sich der Eindruck, dass Leute, die es gut meinen, manchmal schwerer erträglich sind als diejenigen, die es böse meinen. Unsere französischen Nachbarn betrachten sich seit René Descartes (1596 bis 1650), dem Begründer des frühneuzeitlichen Rationalismus, als Volk des klaren Verstandes. Daher beobachten sie teils irritiert, teils verständnislos, wie sich Deutschland von Zeit zu Zeit in irrationale Kampagnen hinein steigert, sei es der Rassenwahn, sei es das Waldsterben, sei es der überstürzte Ausstieg aus der Kernenergie, sei es die jetzige CO2-Verteufelung. Aus französischer Sicht sind diese Kampagnen verstandesmäßig nicht nachvollziehbar, sie kommen aus einem dunklen Urgrund des Nicht-behaust-Seins in der Welt. Für die Nachbarn bleibt nur übrig, dies jeweils in Ruhe abzuwarten und bei den internationalen Konferenzen zu versuchen, wenigstens auf die deutsche Regierung beruhigend einzuwirken. Dies ist aber schwierig, denn wenn einmal eine Welle der Angst durch das Volk geht, sieht sich die hiesige Berliner Regierung auch wider besseres Wissen gezwungen, hierauf einzugehen, um im Hauptfahrwasser der Mehrheit zu bleiben. Es könnte allerdings sein, dass sich die vielberufenen deutschen Sonderwege im Zuge der Internationalisierung und der europäischen Integration in den Dünen verlaufen. Europa ist deutscher geworden, zum Beispiel indem sich der Gedanke einer unabhängigen Notenbank und eines stabilen Geldwertes international durchsetzte. Aber Deutschland ist auch europäischer geworden, nämlich weltoffener und empfänglicher dafür, wie man in den anderen Ländern an das Leben herangeht. Dies gilt für die Regierung, die ja die Hälfte ihrer Zeit auf internationalen Konferenzen verbringt, aber auch für das Volk, das den Urlaub mehrheitlich im Ausland verbringt und das in der Buchhandlung weit mehr Bücher findet, die aus anderen Sprachen übersetzt worden sind, als bodenständig deutsche. Dieser Prozess, dass sich im Zuge der europäischen Integration die nationalen Besonderheiten der Mentalität einebnen, war besonders deutlich in den Ländern, die als Trümmerbausteine des sozialistischen Imperiums zu uns gestoßen sind, etwa Polen, wo dies im Eiltempo nachgeholt wurde: Zunächst waren einerseits die religiösen Nationalkonservativen stark, andererseits die alten sozialistischen Kader. Mit zunehmender Durchlüftung des Landes rückte es allmählich in die liberale bürgerliche Mitte. Die nationalen Besonderheiten und Schrullen rücken an den Rand in das Reich der Folklore. Dementsprechend könnte es sein, dass der deutsche eifernde Nachhaltigkeits-Fanatismus sich allmählich abschleift, wenn die Regierung und danach auch das Volk mitbekommen, dass im Ausland hierüber gelächelt wird, und wenn auf den internationalen Konferenzen der Furor merklich nachlässt und statt verbindlicher Abkommen nur noch pflaumenweiche Absichtserklärungen verabschiedet werden, und dies auch nur, weil die Deutschen hierauf drängen und nicht bemerken, dass sie beginnen, den anderen auf die Nerven zu gehen. Nachdem ich - mir der prinzipiellen Probleme durchaus bewusst - in dieser Form selbst eine Prognose gewagt habe, kehren wir zurück zu unserer Frage, als wie zuverlässig sich die Prognosen der Vergangenheit erwiesen haben und als wie zuverlässig wir demgemäß die jetzigen Prognosen über den Klimawandel und das gefahrdräuende Kohlendioxid einzuschätzen haben. Dass die Vorschau in die Zukunft nicht ganz einfach ist, haben bereits in der Nazizeit die Schüler der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten erfahren müssen. Eine beliebte Prüfungsfrage lautete damals: Was kommt nach dem Dritten Reich? Hierauf durften sie nicht etwa naiv sagen: Das Vierte Reich. Sondern die richtige Antwort lautete: Es gibt kein Viertes Reich, weil Deutschland mit dem Dritten Reich seine wahre, richtige, wesensgemäße und dementsprechend endgültige Gestalt gefunden hat - für Jahrhunderte oder ein ganzes Jahrtausend. Auch diese Vorschau hat sich gottlob nicht bestätigt. Bei Kriegsende 1945 gab es viele Selbstmorde, weil diese Menschen sich ein Deutschland ohne Nationalsozialismus ganz einfach nicht vorstellen konnten. Es war viel vom finis germaniae die Rede, vom Ende Deutschlands, als ob nicht nur ein Staat, sondern auch ein Volk ganz einfach aufhören könnten. Bei Kriegsende wurde allgemein befürchtet, dass Deutschland auf Jahrzehnte hinaus zerstört darnieder liegen werde. Als dann Ludwig Erhard seine Soziale Marktwirtschaft propagierte, meinten führende Wirtschaftswissenschaftler, das könne und werde nie funktionieren, und auch die Besatzungsmächte waren eher skeptisch. Von der dynamischen Entwicklung, die ab 1948 einsetzte, waren das Ausland und zumal die Deutschen selbst überrascht. Ähnlich überraschend verlief die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland insgesamt: Sie wurde für eine Übergangszeit als Provisorium gegründet, hat sich aber unerwartet als recht vital und stabil erwiesen. Wie jeder Redakteur einer Tageszeitung weiß, passieren immerzu Dinge, mit denen niemand gerechnet hat. Hier müssen wir an eine Grundtatsache erinnern, die eigentlich jedermann weiß: Dass nämlich, wie die Physiker wissen, die Vergangenheit endgültig und unabänderlich feststeht, die Zukunft hingegen nicht. Wie in dem Roman Die Zeitmaschine von Herbert George Wells aus dem Jahr 1895 und einer Vielzahl ähnlicher Romane gibt es unterschwellig immer wieder die Vorstellung, als stehe der Verlauf der Zukunft bereits fest und könne mit geeigneten Geräten erschaut werden: als könne man mit geeigneten Instrumenten, entweder einer Glaskugel oder einem Supercomputer, den künftigen Verlauf sehen und mit einiger Sicherheit prognostizieren. Horst W. Opaschowski weist in seinem Internet-Auftritt stolz darauf hin, dass ihn die Speyerer Tagespost als begnadeten Zukunftsforscher mit Forscherqualitäten und Bodenhaftung bezeichnet hat. Im Jahre 2001 äußerte er sich in einer Vorschau auf das neue Jahrhundert: Die Politik muss die Bevölkerung davon überzeugen, dass sie die Richtung der zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklung kennt und entsprechend Einfluss darauf nimmt. Es ist nicht leicht, in einem einzigen Satz so viel Unfug unterzubringen. (1) Hier wird unterstellt, dass die zukünftige Entwicklung bereits feststehe. Dies ist nicht der Fall. (2) Es wird unterstellt, dass die Politik diese Entwicklung kenne. Dies ist natürlich ebenfalls nicht der Fall. (3) Die Politik wird aufgefordert, wahrheitswidrig und wider besseres Wissen die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass sie die künftige Entwicklung kenne. Opaschowski weiß aber auch, was not tut: Multiplikatoren und gesellschaftliche Entscheidungsträger haben die Pflicht, in der Suche nach verbindlichen Wertorientierungen, in denen das Wohl des Menschen und das Gemeinwohl der Gesellschaft im Mittelpunkt stehen, voran zu gehen. Ja, das ist schön gesagt. Wer an der Spitze steht, sollte sich seiner Verantwortung bewusst sein und als Vorbild wirken. Hier wird eine Neigung deutlich, die auch die Klimaforscher auszeichnet: Nicht nur mehr oder minder exakt die künftige Entwicklung vorher zu sagen, sondern dies auch sogleich mit Predigten über dass Richtige und Notwendige zu verbinden. Schon intelligenter ist der von Opaschowski zitierte Satz: Vorne ist da, wo sich keiner auskennt. Ein alter Bergmannsspruch lautet: Vor der Hacke ist es dunkel. Das heißt, der Bergmann weiß nie, was ihn erwartet, wenn er sich im Stollen voran arbeitet. Entsprechendes gilt für uns alle. Die Zukunft steht eben nicht fest, sondern hängt davon ab, wie du und ich und alle anderen Leute sich entscheiden, und dies ist weder für einen einzelnen Menschen noch für eine Gesamtheit vorhersehbar. Besonders deutlich wird dies am Beispiel des 11. September 2001. Dass sich vom Islam eine kleine radikale Gruppe abspaltet und dass diese einen Terroranschlag in den USA mit rund 3.000 Toten inszeniert, und zwar durch einen Selbstmordanschlag mit gekaperten Verkehrsflugzeugen, war beim besten Willen nicht vorher zu ahnen. Derartiges war ganz einfach jenseits aller Vorstellungskraft. Die unmittelbaren Nachbarn und Mitstudenten in Hamburg-Harburg fielen ja aus allen Wolken, als sie erfuhren, welche Teufelei in ihrer Mitte ausgebrütet worden war. Dementsprechend unvorhersehbar waren die nachfolgenden Konflikte zwischen den USA und den islamischen Ländern. Erschwert wird das Vorhaben einer Prognose, gerade auch beim Klima, durch die Tatsache, dass sich die meisten Bewegungen in Natur und Gesellschaft nicht einseitig aufsteigend oder absteigend vollziehen, sondern in Wellen- oder Pendelbewegungen. Wie jeder Jäger weiß, gibt es Jahre mit vielen Hasen und wenig Füchsen, und Jahre mit wenigen Hasen und vielen Füchsen. Wenn eine Tiergattung A sich von der Gattung B ernährt, ruft eine starke Vermehrung von A nachfolgend eine starke Reduzierung des Bestandes von B hervor. Dadurch bricht bei A der Hunger aus und nur wenige Jungtiere von A überleben. Jetzt kann B sich kräftig vermehren, wodurch sich der Bestand von A erholt, und das Ganze beginnt von vorn. Diese Pendelbewegungen durchziehen die gesamte Natur und, als Dialektik, auch die Politik, wie daran ablesbar ist, dass es bei freien Wahlen in unregelmäßigen Abständen zu Regierungswechseln kommt: Eine starke Regierung erzeugt eine starke Opposition. Entsprechendes gilt für die Diktaturen: Jede Diktatur erzeugt ihre Terroristen. Oft ist es nur ein kleiner Schritt vom Terroristen zum Staatspräsidenten, aber niemand weiß, wann dies passiert. Daher ist die einfachste und klassische Technik der Prognose so problematisch, die darin besteht, einen in den vergangenen Jahren beobachteten Trend in die Zukunft hinaus zu verlängern. Dafür nur ein kleines weiteres Beispiel: Im Jahre 1963 besuchte eine Gruppe von Studenten der Volkswirtschaft die Hamburgischen Elektrizitätswerke. Dort wurde, gleichsam als ein Naturgesetz, mitgeteilt, dass sich der Elektrizitätsbedarf jedes Jahr um 7 Prozent erhöhe und sich mithin in jedem Jahrzehnt einmal verdoppele. Einmal angenommen, dieses vermeintliche Gesetz wäre wirklich wirksam gewesen. Von 1960 bis 2010 wären dies fünf Jahrzehnte und mithin eine fünfmalige Verdoppelung oder eine Steigerung auf das 64fache gewesen. Dazu kam es jedoch nicht. Was in den 1960er Jahren bis zur ersten Konjunkturkrise der jungen Bundesrepublik galt, war mitnichten ein allgemeines Gesetz, sondern ein einmaliger Effekt durch den Wiederaufbau. Jedoch gab es damals zahlreiche Prognosen dieser Art. In den damaligen Jahresberichten der Industrie- und Handelskammer Hagen waren Vorhersage-Kurven eingezeichnet, die für das Jahr 2000 in gigantische Höhen reichten. Dort wurde auch, dem allgemeinen Zeitgeist einer Technik- und Zukunftsgläubigkeit entsprechend, prognostiziert, dass die alltäglichen Pendler-Ströme, das heißt der Transport der Millionen Menschen, die jeden Morgen aus den Vororten in die Innenstadt streben, in naher Zukunft mit Hubschraubern abgewickelt würden. Dieses ebenso aufwendige wie lärmende Verfahren ist uns erspart geblieben. Was ist eigentlich aus den Prognosen geworden, die in den 1960er und 1970er Jahren von den führenden amerikanischen Zukunftsforschern abgegeben wurden? Herman Kahn, politisch auf der äußersten Rechten und einflussreicher Militärtheoretiker, der einen allgemeinen großen thermonuklearen Krieg, also mit Einsatz sämtlicher Atom- und Wasserstoffbomben, für führbar und gewinnbar hielt, wandte sich nach Ende des Kalten Krieges der Futurologie zu. Er stellte fest, die Kolonisierung des Weltalls stehe kurz bevor. Hierbei wurde allerdings nicht bedacht, dass in Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt reichlich freie Flächen für den Bau von Wohnhäusern und gewerblichen Betrieben frei stehen. Eine Ansiedlung hier wäre mit Sicherheit weniger umständlich als auf dem Mond, dem Mars oder gar auf einem Planeten unseres nächstens Fixstern Alpha Centauri. Weiter meinte Kahn, Kapitalismus und Technik böten unbegrenzte Fortschrittsmöglichkeiten. In seinem Buch über Die nächsten 200 Jahre zeichnete er ein überaus optimistisches Bild der Welt um 2176. Paul R. Ehrlich, führender Professor für Biologie, sah hingegen die Welt recht pessimistisch. Auf Vorschlag des Sierra Club (der ältesten amerikanischen Naturschutz-Organisation) veröffentlichte er 1968 ein Buch über Die Bevölkerungsbombe . Hungersnöte und Welthunger würden in nächster Zeit rapide zunehmen, daher werde in den 1970er Jahren die Sterberate (Anzahl der Todesfälle pro 1.000 Einwohner) massiv ansteigen. Dazu kam es jedoch nicht: Die Sterberate fiel allmählich und fällt heute immer noch. Und Ehrlich sagte voraus, Indien werde sich niemals selbst ernähren können. Schon die Verwendung des Wortes niemals sollte allerdings Zweifel wecken.
Ulfried Weißer, geboren 1942 in Aurich/Ostfriesland, studierte von 1960 bis 1965 Volkswirtschaft und Soziologie an der Universität Hamburg. Er ist Diplom-Volkswirt. Beruflich tätig war er in der Industrie- und Handelskammer Hagen/Westfalen, in einem Sozialforschungsinstitut in Köln, an der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft in Bad Harzburg und von 1982 bis 2007 als Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Stade. Hier gehörte es zu seinen Aufgaben, in Politik und Öffentlichkeit das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten. Liberal denkend, hat sich Weißer in vielfältigen Positionen politisch engagiert. Er lebt in Cuxhaven, ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.
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