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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Abb.: 14
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Laut einer Umfrage halten nur 19 % der Befragten die Regelbedarfe in der Grundsicherung der Arbeitsuchenden für angemessen. Fraglich ist daher, ob der Regelbedarf verfassungsgemäß ist. Worauf viele Menschen schlicht mit einem einfach ja oder nein antworten würden, erfordert eine komplizierte Berechnungsmethode, die sich über Monate hinzieht und die sehr viel Diskussionsbedarf nach sich zieht. Erstmalig hat sich auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in dieser Diskussion zu Wort gemeldet und am 9. Februar 2010 ein folgenreiches Grundsatzurteil erlassen. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelbedarfe in der Grundsicherung der Arbeitsuchenden zum damaligen Zeitpunkt nicht verfassungskonform waren und hat dem Gesetzgeber umfangreiche Vorgaben zur Behebung gemacht. Ziel dieser Untersuchung ist es, festzustellen, inwieweit der Gesetzgeber die Vorgaben des BVerfG aus dem Grundsatzurteil zum jetzigen Zeitpunkt umgesetzt hat und ob noch Nachbesserungsbedarf besteht. Als Folge dieser Betrachtung soll beurteilt werden, ob die derzeitige Berechnung des Regelbedarfs einer weiteren verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten würde.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel III., Berechnung des Regelbedarfs: Der Regelbedarf in der Grundsicherung der Arbeitsuchenden und somit das Existenzminimum kann anhand des Warenkorb- oder Statistikmodelles ermittelt werden. A., Warenkorbmodell: Im Jahr 1955 stellte der Deutsche Verein für private und öffentliche Fürsorge erstmalig einen Warenkorb (Bedarfsmengenschema) auf, der den für einen Hilfebedürftigen idealtypischen Bedarf an Gütern und Dienstleistungen wider-spiegelte, den dieser zur Deckung des Lebensunterhalts benötigte. In den Jahren 1962, 1970 und 1985 wurde der Warenkorb reformiert bzw. angepasst. Auf der Grundlage des Warenkorbmodells wurde zwischen 1955 und 1961 der Regelbedarf an Fürsorgeleistungen und ab dem Jahr 1962 der Regelsatz der Sozialhilfe nach dem BSHG ermittelt. Bei dieser Methode entscheiden Experten über die im Warenkorb enthaltenen notwendigen Güter, die jeweils erforderliche Menge sowie die relevanten Preise. Zentraler Kritikpunkt war hier, dass die Ermittlung nicht auf statistischer Grundlage beruhte, sondern auf teilweise sachfremden und willkürlichen normativen Entscheidungen. Eine Weiterentwicklung des Verfahrens wurde daher für notwendig erachtet. Dies führte im Jahr 1989 auf Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz dazu, dass ein neues Modell Grundlage der Berechnung werden sollte: Das Statistikmodell. B., Statistikmodell: Das Statistikmodell ist seit dem 1. Juli 1990 bis heute Berechnungsgrundlage für die Festlegung des Regelsatzes. Grundlage dieses Modells ist das statistisch ermittelte, tatsächliche Verbrauchsverhalten von Haushalten im unteren Einkommensbereich. Es hat gegenüber dem Warenkorbmodell den Vorteil, dass neben dem reinen physischen Existenzminimum zusätzlich in vertretbarem Umfang auch Aufwendungen zur Gewährung an gesellschaftlicher Teilhabe berücksichtigt werden (soziokulturelles Existenzminimum). Zahlenmäßige Grundlage dieses Verbrauchsverhaltens bildet die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). C., Einkommens- und Verbrauchsstichprobe: Die EVS wird alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführt, wobei die Teilnahme auf freiwilliger Basis erfolgt. Die Rechtsgrundlage bildet das Gesetz über die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte (PrHaushStatG). Damit ein ausreichender Stichprobenumfang erreicht wird, werden rund 0,2 % aller privaten Haushalte in fast allen sozialen Gruppierungen in Deutschland befragt. Bei der letzten Stichprobe im Jahr 2008 nahmen 55 110 Haushalte teil. Die EVS wird in den alten Bundesländern seit 1962/63 und in den neuen Bundesländern seit 1993 durchgeführt. 1., Erhebungsteile: Die EVS ist in Deutschland die einzige statistische Erhebung, die die Einkommens-, Vermögens- und Schuldensituation sowie die Konsumausgaben der einzelnen Haushalte erfasst. Hierzu müssen die Haushalte vier Erhebungsteile ausfüllen und führen. Im ersten Teil werden die soziodemografischen und sozioökonomischen Grunddaten der Haushalte und Einzelpersonen sowie die Wohnsituation und die Ausstattung mit Gebrauchsgütern erfasst. Das Sach- und Geldvermögen sowie eventuell bestehende Schulden werden im zweiten Teil aufgezeichnet. Den dritten Teil stellt das Haushaltsbuch dar. Hier halten die Haushalte für drei Monate alle ihre Einnahmen und Ausgaben fest. Damit ein komplettes Jahr abgedeckt wird, schreibt jeweils ein Viertel der teilnehmenden Haushalte je ein Quartal auf. Das Feinaufzeichnungsheft für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren bildet den vierten Teil. Dabei schreibt jeder fünfte teilnehmende Haushalt für einen Monat detailliert alle Ausgaben für Speisen und Getränke nach Menge und Preis auf. Aufgrund der erhobenen Datenmenge können die Ergebnisse jedoch erst mit Zeitverzögerung Einfluss auf die Höhe der Regelbedarfe nehmen. So werden die Ergebnisse der Teile eins und zwei der EVS 2013 erst im Herbst 2013 zur Verfügung stehen die Ergebnisse der Teile drei und vier erst rund zwei Jahre später. 2., Quotenstichprobe: Die EVS wird als eine Quotenstichprobe durchgeführt. Dies bedeutet, dass die Haushalte nach einem vorgegebenen Quotenplan ausgewählt und befragt werden. Dabei wird die Grundgesamtheit der Haushalte anhand von bestimmten Quotierungsmerkmalen (Bundesländer, Haushaltstyp, soziale Stellung der Haupteinkommensperson, Haushaltsnettoeinkommen) in Gruppen geteilt. Dann wird für die so gewonnenen Quotierungszellen die Anzahl der jeweils zu be-fragenden Haushalte ermittelt. 3., Plausibilitätskontrollen und Ausgrenzungen: Um das Ergebnis der EVS möglichst genau und verlässlich zu ermitteln, werden Plausibilitätskontrollen durchgeführt, welche formale und offensichtlich inhaltliche Fehler bereinigen sollen. Hier sei beispielsweise die Plausibilisierung des überwiegenden Lebensunterhalts mit den zulässigen Einkommensarten der Personen genannt. Unberücksichtigt bleiben jedoch Personen in Gemeinschaftsunterkünften und Anstalten sowie Haushalte, deren monatliches Haushaltsnettoeinkommen bei 18 000 € und höher liegt. D., Laufende Wirtschaftsrechnungen: Eine mögliche Alternative zu der EVS stellt die Statistik der Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR) dar. Diese wird jährlich durch das Statistische Bundesamt durchgeführt und die Teilnahme ist freiwillig. Die Rechtsgrundlage bildet auch hier das Gesetz über die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte (PrHaushStatG). Es handelt sich um eine repräsentative Quotenstichprobe, an der 8 000 Haushalte fast aller sozialen Gruppierungen teilnehmen. Ausgenommen sind Haushalte von Selbständigen und selbständigen Landwirten bzw. -wirtinnen, Personen in Gemeinschaftsunterkünften und Anstalten sowie Haushalte mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen über 18 000 €. Die Haushalte werden bei dieser Umfrage zu ihren Einkommensverhältnissen, zum Konsumverhalten, zur Wohnsituation und zur Ausstattung mit Gebrauchsgütern befragt. Hierzu müssen diese zwei Erhebungsteile ausfüllen. Den ersten Teil bilden die Allgemeinen Angaben unter anderem zur Ausstattung mit Gebrauchsgütern. Den zweiten Teil bildet das Haushaltsbuch, in welchem Angaben über die jeweiligen Einnahmen und Ausgaben gemacht werden. Dieses führen jeweils ein Viertel der Haushalte für jeweils ein Quartal. Verwendung finden die Ergebnisse der LWR bezüglich der Konsumausgaben in der amtlichen Statistik für die Neufestsetzung des Wägungsschemas der Verbraucherpreisstatistik. Ebenso dienen sie als Datenbasis für die Ver-wendungsrechnung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. E., Fortschreibung der Regelbedarfe: Da die Auswertungen der EVS, wie bereits oben erwähnt, teilweise zwei Jahre dauert und auch die Entwicklung in dem Fünfjahreszeitraum zwischen der EVS berücksichtigt werden muss, werden die Regelbedarfe bis dahin mit einem Fortschreibungsmechanismus an die Entwicklung angepasst. Die Anpassung hat ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 5 S. 1 SGB II i.V.m. § 28 a SGB XII und erfolgt jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres. 1., Fortschreibung nach der Regelsatzverordnung: Vor der Grundsatzentscheidung des BVerfG erfolgte die Fortschreibung der Regelbedarfe anhand der Rentenentwicklung. Damalige Rechtsgrundlage war die Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelsatzverordnung - RSV), welche von Januar 2005 bis Dezember 2010 Anwendung fand. Die Fortschreibung erfolgte danach jeweils zum 1. Juli eines Jahres, in dem keine Neubemessung der Regelsätze aufgrund einer neuen EVS eintrat, um den Vomhundertsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung veränderte. 2., Fortschreibung nach dem RBEG: Als Folge des Grundsatzurteils des BVerfG erfolgt die Fortschreibung der Regel-bedarfe seit Januar 2011 nach dem RBEG. Eine Anpassung erfolgt nun im Rahmen eines sogenannten ‘Mischindex’. Dieser berechnet sich gemäß § 28 a Abs. 2 S. 1 SGB XII zu 70 % aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie zu 30 % aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je be-schäftigtem Arbeitnehmer. Maßgeblich ist die Entwicklung vom 1. Juli des Vorvorjahres bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum. Für den Regelbedarf ab 1. Januar 2013 ist somit die Veränderungsrate in dem Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 maß-geblich. Inwieweit die Berechnungsmethode des Regelbedarfs verfassungsrechtlich konform ist, wird im folgenden Kapitel näher erläutert.

Über den Autor

Die Autorin wurde 1985 in Berlin geboren. Nach der Lehre zur Sozialversicherungsfachangestellten und Tätigkeiten bei der Berufsgenossenschaft und im Jobcenter trat sie 2008 das Studium Rechtsmanagement an der HWR Berlin an und schloss dieses im Jahr 2011 mit dem Titel LL.B. erfolgreich ab. Das Studium an der HTW Berlin zur Wirtschaftsjuristin mit dem akademischen Grad LL.M. hat sie im Jahr 2013 erfolgreich absolviert.

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