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Politik


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 180
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Ziel dieser Untersuchung ist eine Analyse der Einflussfaktoren, die in der deutschen Außenpolitik dazu führen, dass sich Deutschland seit der Wiedervereinigung an Kriegen im Rahmen internationaler Interventionen beteiligt bzw. nicht beteiligt. Dies soll beispielhaft anhand der Kriege im Kosovo, in Afghanistan, im Irak und in Libyen demonstriert werden. Lässt sich ein außenpolitisches Gesamtbild aus den Ergebnissen herleiten? Welche Entscheidungskriterien könnten die jeweils beteiligten Bundesregierungen angelegt haben und welche Einflussfaktoren spielten dabei eine Rolle? An den vier Kriegen der letzten Jahre hatte sich Deutschland einmal ohne (Kosovo) und einmal mit UN-Mandat (Afghanistan) an einem Krieg beteiligt sowie sich einer Kriegsbeteiligung einmal ohne UN-Mandat (Irak) und einmal mit UN-Mandat (Libyen) verweigert. Eine Kriegsbeteiligung nur auf der Grundlage von UN-Mandaten kann also als Kriterium nicht gelten. Auch wenn man den Einsatz der NATO zur Voraussetzung einer deutschen Kriegsbeteiligung erhoben hätte, ergäbe dies im Falle Libyens kein Erklärungsmuster. Vor den Kriegen im Kosovo, Afghanistan, Irak und Libyen fanden jeweils Bundes- und Landtagswahlen statt, die aber die Entscheidung zur Kriegsbeteiligung davon nicht durchgängig abhängig machten. Auch hier ist kein Muster in der Entscheidungslogik erkennbar. Sind es vielleicht die Menschenrechte in einer menschenrechtsorientierten Außenpolitik, die für die politischen Entscheidungsträger als Maßstab gelten? Aber auch vor diesem Hintergrund ist kein klares Muster in den Entscheidungskriterien der Akteure erkennbar, da die Verletzung von Menschenrechten in allen vier Kriegen als Teil der Interventionsgründe zu sehen sind. Dieses unklare Bild deutscher Außenpolitik lässt auf den ersten Blick kaum nachvollziehbare Rückschlüsse zu, aus welchen außenpolitischen Gründen sich Deutschland nach seiner Wiedervereinigung an Kriegen beteiligt. Das besondere Erkenntnisinteresse besteht also darin, die Beteiligung oder Nichtbeteiligung Deutschlands an internationalen Interventionen dahingehend zu analysieren, ob sich hinter jeder Entscheidung ein Muster verbirgt, das beispielsweise Grundlinien deutscher Außen- und Sicherheitspolitik widerspiegelt, die auf klar definierte Prinzipien und Interessen deutscher Politik beruhen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Kosovo-Krieg: Im Frühjahr 1998 schlug die systematische Unterdrückung der Kosovo-albanischen Bevölkerung durch serbische Sonderpolizei und Militär in einen gewaltsamen Krieg um. Mit der Aufhebung der jugoslawischen Verfassung und des kosovarischen Autonomiestatus in den vorausgegangenen Jugoslawien-Kriegen Anfang der 90iger Jahre war der Konflikt um die kleine serbische Teilrepublik die letzte Auseinandersetzung dieser Ära. Ziel der Bundesrepublik Jugoslawien war es, die nicht-serbische Bevölkerung aus dieser serbischen Provinz zu vertreiben, um den Anspruch auf ein möglichst großes, serbisch beherrschtes Territorium zu untermauern. Dabei gingen die Serben mit äußerst brutaler Gewalt gegen die kosovo-albanische Bevölkerung vor und betrieben damit einen Vernichtungs- und Vertreibungskrieg. Der Krieg kann als ethnisch-territoriale Auseinandersetzung bezeichnet werden, deren Ursachen tief in der Geschichte der Region verwurzelt sind. Im Laufe des Jahres wurde die Befreiungsarmee des Kosovo (UÇK) weitgehend aus dem Land vertrieben, jedoch nicht zerschlagen. Mit der Resolution 1199 forderte der UN-Sicherheitsrat im September den Rückzug der serbischen Truppen, konnte sich aber auf eine militärische Intervention aufgrund der russischen Blockadehaltung nicht einigen. Gleichzeitig drohte die NATO mit Luftschlägen, sollte die serbische Regierung der Forderung der UN nicht nachkommen. Im Februar 1999 sollte mit der Konferenz von Rambouillet ein letzter Versuch unternommen werden, eine friedliche Konfliktlösung zu finden. Das dazu entwickelte Friedensabkommen sah eine autonome Verwaltung für das Kosovo vor. Diese Friedensinitiative wurde von der Bundesrepublik Jugoslawien aber nicht akzeptiert. Infolgedessen begann die NATO am 24. März – ohne UN-Mandat – Luftschläge gegen das serbische Militär und Infrastruktur zu fliegen. Nach 72 Tagen durchgehender Luftangriffe lenkte der serbische Präsident Slobodan Miloševic ein und stimmte dem Abzug serbischer Truppen aus dem Kosovo zu. Deutschland beteiligte sich an der Operation Allied Force (OAF) im Rahmen der NATO mit Tornado-Kampfflugzeugen, die besonders dazu geeignet waren, die serbische Luftabwehr auszuschalten und Aufklärungsflüge durchzuführen. Aufgrund der geringen Stückzahl des speziellen RECCE-Systems (Reconnaissance) im Bündnis, drängten vor allem die USA Deutschland dazu, die vorhandenen deutschen RECCE-Tornados gegen die Bundesrepublik Jugoslawien einzusetzen. Allerdings kann der Beitrag der Bundesrepublik an den Luftschlägen mit 438 im Vergleich zu insgesamt über 38000 Einsätzen als relativ gering eingeschätzt werden. ‘Für die Bundesrepublik war dies jedoch völliges Neuland.’ Damit fand erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland der Krieg als Mittel der Politik Eingang in das Regierungshandeln einer Bundesregierung. Deutschlands Beteiligung am Kosovo-Krieg kann auch als Zeichen des Wandels und der Anpassung deutscher Außen- und Sicherheitspolitik an die weltweit veränderten politischen Rahmenbedingungen verstanden werden. 3.1, Deutsche Macht und Interessen im internationalen System: Mit dem Wandel von einem bi- zu einem in den 90igern als unipolar zu bezeichnenden internationalen System, in dem die USA eine hegemoniale Position einnahmen, erfuhr auch Deutschland durch die Wiedervereinigung auf ökonomischer als auch auf militärischer Ebene einen moderaten Machtzuwachs. Doch vor allem mit dem weitgehenden Wegfall der Schutzbedürftigkeit der Bundesrepublik, hervorgerufen durch das Ende des Ost-West-Konflikts, ergaben sich für Deutschland neue politische Handlungsmöglichkeiten. Als Mitglied der EU nutzte die wiedervereinigte und souveräne Bundesrepublik Deutschland den Zeitpunkt aus, der eigenen Außenpolitik ein neues Profil zu verleihen, indem die Regierung im Jahr 1991 im Alleingang Slowenien und Kroatien als eigenständige Staaten anerkannte. Die heftige Kritik am deutschen Vorpreschen durch die europäischen Partner veranlasste Deutschland in den darauffolgenden Jahren, erneut an eine eher zurückhaltende und kontinuierliche Außenpolitik in der Region anzuknüpfen. Dagegen wurde die gegenüber der EU herausragende Machtposition der USA auf dem Balkan während der 90iger Jahre besonders deutlich. Als einzige auf der Welt verbliebene Supermacht orientierten sich sowohl die Konfliktparteien als auch die beteiligten europäischen Verhandlungspartner während der Kriege in der Region stets an den USA. Der EU, durch ihre geographische Nähe unmittelbar an ihrer Peripherie von den Kriegen betroffen, gelang es zwar, ihre internen Differenzen zugunsten politischer Handlungsfähigkeit weitgehend beizulegen. Jedoch brachte sie nicht die politische Kraft auf, einen eigenen politischen Willen während der Konflikte zu entwickeln. Federführend blieben weitgehend die USA. Mit Ausbruch der Krise und der ersten Kämpfe im Kosovo entstand 1998 eine internationale Kontaktgruppe, die umgehend Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien einleiten sollte. Deutschland richtete sich auf den Sitzungen der Kontaktgruppe zwar an der Haltung der USA aus, war aber auch bestrebt, zusätzlich das Serbien-orientierte Russland mit in eine gemeinsame Strategie einzubinden. Die deutsche Haltung war jedoch mit der serbischen Verweigerung, die UN-Resolution 1160 zu akzeptieren und die Drohungen der NATO zu ignorieren, immer schwieriger aufrecht zu halten. Als sich Russland schließlich weigerte, Maßnahmen gegen Belgrad zuzustimmen, ruderte die Bundesrepublik zurück und ließ zu, dass die Kontaktgruppe fortan ohne Russland verhandelte. Der folgende Vorschlag der deutschen Regierung für eine Konklave-Lösung nach dem Vorbild der Daytoner-Friedensverhandlungen in Bosnien-Herzegowina stieß bei den USA auf Ablehnung und wurde deshalb aufgegeben. Mit dem Regierungswechsel im Herbst 1998 forderten die USA von der neuen deutschen Regierung, sich bezüglich eines möglichen militärischen Einsatzes schnell zu entscheiden. In der daraufhin anberaumten außerordentlichen Bundestagssitzung vom 16. Oktober stimmten die Abgeordneten des deutschen Bundestages für einen NATO-Einsatz. Damit wurde deutlich, dass sich die Bundesrepublik den sicherheitspolitischen Forderungen der USA außenpolitisch unterordnete. Es bestand für die neue noch unerfahrene rot-grüne Bundesregierung das Interesse, gegenüber den USA als ein glaubwürdiger handlungsfähiger Partner aufzutreten. Für Deutschlands Außenpolitik während der diplomatischen Verhandlungen im Vorfeld des Kosovo-Konfliktes kann also festgehalten werden, dass Deutschland zwar versuchte, Einfluss auf die Gespräche zu nehmen, dabei jedoch kaum über eine unterstützende Rolle hinaus kam. Nach der Ende 1998 gescheiterten Verhandlungsinitiative zwischen US-Botschafters Richard Holbrooke und Präsident Slobodan Miloševic begannen im Februar 1999 in Rambouillet auf Druck der Bundesregierung, die letzten internationalen Verhandlungen zur Lösung der Krise. Den Vorsitz der Konferenz übernahmen jedoch Frankreich und Großbritannien, während Deutschland ‘keinerlei maßgebliche Rolle zugedacht war’. ‘Der weitgehende Ausschluss der Deutschen, die immerhin die europäische Ratspräsidentschaft innehatten und somit im Sinne der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) eigentlich an führender Stelle hätten stehen müssen, wurde in Bonn als brüskierend empfunden.’ Die deutsche Politik wurde damit zum Zuhören und Abnicken »verdonnert«, worin noch das internationale Misstrauen gegenüber der deutschen rot-grünen und als eher friedenspolitisch orientierten Bundesregierung zum Ausdruck kam. Aber auch diese letzte Diplomatie-Initiative konnte den Krieg Ende März 1999 nicht mehr verhindern. Die Ausgrenzung Deutschlands während der Verhandlungen hatte zur Folge, dass Außenminister Joschka Fischer bereits während des Luftkriegs der NATO, nun als Vorsitzender der EU-Ratspräsidentschaft, entschlossen war, die EU in eine politische Lösung, dem sogenannten »Fischer-Plan«, in Zusammenhang mit einem 5-Punkte-Plan der NATO-Außenminister zur Beendigung der Gewalt und Abzug der serbischen Truppen aus dem Kosovo auf gesamteuropäischer Ebene einzubinden. Dabei nutzte Fischer die Gelegenheit, die mit dem Friedensplan verbundenen Forderungen an die Bundesrepublik Jugoslawien auf Ebene der acht führenden Industrie-Staaten (G8) zu heben, in der Deutschland zu diesem Zeitpunkt ebenfalls die Präsidentschaft inne hatte, um das von den westlichen Mächten ausgeschlossene Russland wieder in die Verhandlungen einzubinden und auf breiter multilateraler Ebene politisch Druck auf Miloševic auszuüben. Am 3. Juni willigte die Bundesrepublik Jugoslawien ein, die Forderungen der G8 zu akzeptierten, woraufhin die NATO-Luftschläge eingestellt wurden.

Über den Autor

Nik Milosevic, M.A., geboren 1981, hat nach absolvierter Hochschulreife die zweijährige Reserveoffizierslaufbahn bei der Bundeswehr durchlaufen. Im Anschluss daran absolvierte er den Bachelor of Arts an der Universität Münster im Studiengang 'Politik und Wirtschaft'. Es folgte der Masterstudiengang im Fach Politikwissenschaft an der Universität Hamburg mit der Schwerpunktsetzung auf internationale Beziehungen, Außen- und Sicherheitspolitik sowie internationale Krisen- und Konfliktbewältigung.

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