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- Der Beitrag von Bildungspolitik und Bildungsoffensiven bei der Vermeidung von Fachkräftemangel in MINT-Berufen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Abb.: 23
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
(…) ein Wirtschaftsstandort ist auf kluge Köpfe angewiesen. Sie sind die Treiber für Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit (IHK Hessen 2011), so lautet ein Zitat von Dr. Mathias Müller, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der hessischen Industrie und Handelskammern (IHK). Als eines der exportstärksten Länder der Welt (Steinfelder 2011), muss Deutschland sowohl die Innovationsfähigkeit des Landes, als auch die Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Durch den demographischen Wandel wird es immer schwerer Kluge Köpfe zu rekrutieren. Als Antwort auf den MINT-Fachkräftemangel sind bereits viele Initiativen auf verschiedenen Ebenen entstanden. Die primären Ziele aller Maßnahmen sind die Steigerung des Technikinteresses und -verständnisses junger Menschen, die Talentförderung Begabter und die Förderung des Interesses an MINT-Studienfächern und Berufen. Mit diesen Zielen wird eine große Verantwortung an die deutsche Bildungspolitik übertragen. Aufgrund der beachtenswerten Relevanz der Bildungspolitik wird in dieser Untersuchung versucht die Frage zu beantworten, was die Bildungspolitik beiträgt, um den Fachkräftemangel im MINT-Sektor zu reduzieren oder zukünftig gar zu vermeiden.
Textprobe: Kapitel 2.3, Kurzfristige Gewinnung von MINT-Fachkräften durch Akquirierung vorhandener Humankapitale: Wie bereits in der Abbildung 7 beschrieben, gibt es verschiedene Möglichkeiten zur kurzfristigen Gewinnung von Arbeitskräften im MINT-Bereich. Die Erhöhung des Fachkräfteangebots kann beispielsweise durch die Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen oder von älteren Arbeitnehmern erfolgen. Zudem kann vorhandenes Humankapital durch die Weiterbildung von Fachkräften, durch eine erleichterte Zuwanderung von qualifizierten Ausländern und durch die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund akquiriert werden. Außerdem sollte die Abwanderung junger Akademiker durch verschiedene Anreize vermieden werden. Diese genannten Möglichkeiten zur kurzfristigen Gewinnung werden im Folgenden näher erläutert. Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen: Obwohl Frauen den höheren Anteil an Abiturienten und Hochschulabsolventen ausmachen und somit häufig besser ausgebildet sind als Männer, gelingt es bislang nicht ihr Potential ausreichend zu nutzen (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) 2010, S. 28). Dies hat verschiedene Ursachen. So sind Frauen insgesamt seltener erwerbstätig als Männer. Zudem ist ihre Erwerbsbiografie maßgeblich von der Familiengründung abhängig. Bei ihnen ist die Unterbrechung länger und der damit einhergehende Verlust an Qualifikationen größer. Um die Familie und den Beruf zu vereinbaren, entscheiden sich viele für das Teilzeitmodell, wodurch wiederum vorhandenes Potential verloren geht (Dahms et al. 2009, S.11). Im Jahr 2009 liegt der Frauenanteil in MINT-Berufen in Deutschland bei circa 31 Prozent. Der erwünschte Anteil beträgt 40 Prozent. Dieser wird jedoch bislang lediglich von wenigen Ländern realisiert. Nur in Griechenland, Kanada, Polen und Neuseeland ist dieser Wert bereits überschritten (Anger et al. 2011a, S. 27f.). Aufgrund der guten Bildung und des ausbaufähigen Anteils von Frauen stellt dies eine wichtige Ressource dar, um einem MINTFachkräftemangel entgegenzuwirken. Dazu bedarf es sowohl politische Rahmenbedingungen als auch Unterstützungsangebote seitens der Unternehmen, um Frauen stärker oder überhaupt wieder in ihren Beruf einzubinden. Dies kann beispielsweise durch eine verbesserte Betreuung der Kinder oder flexible, familienfreundliche Beschäftigungsmöglichkeiten erfolgen. So korreliert allgemein die Erwerbstätigenquote von Frauen mit der Betreuungsinfrastruktur von Kindern unter drei Jahren. Ein gesteigertes Angebot solcher Einrichtungen würde zu einer früheren Aufnahme der Erwerbsarbeit seitens der Frau nach der Babypause und somit zu verringerten Humankapitalverlusten führen. Bei älteren Kindern hingegen könnte ein vermehrter Ausbau von Ganztagsschulen zu einer Vollbeschäftigung, anstatt einer Teilzeitbeschäftigung führen, um somit vorhandenes Kapital weiter auszuschöpfen (Koppel und Plünnecke 2009, S.58ff.). Älteren Arbeitnehmern: Auch bei älteren Arbeitnehmern ist die Steigerung der Erwerbsbeteiligung eine Möglichkeit, um kurzfristig Fachkräfte zu gewinnen. Nicht nur aufgrund des Fachkräftemangels, sondern auch vor dem Hintergrund, dass sich der Anteil der Erwerbspersonen über 50 Jahre bis zum Jahr 2020 auf circa 40 Prozent erhöhen wird, stellen ältere Arbeitnehmer eine wichtige Ressource dar. Diese Tatsache erfordert ein Umdenken, um das Potential, was von älteren Arbeitnehmern ausgeht, zu nutzen und zudem möglichst langfristig zu erhalten. Eine Voraussetzung ist dafür bereits durch das Anheben des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre geschaffen worden. Bis vor wenigen Jahren besteht hauptsächlich der Trend zur Frühberentung. Seitdem hat jedoch ein Paradigmenwechsel stattgefunden, sodass 2009 56,2 Prozent der 55- bis 64-jährigen in einem Beschäftigungsverhältnis standen (BDA 2010, S. 24f.). Aufgrund des demographischen Wandels gilt es Anreize für eine Frühverrentung abzubauen und Anreize zu schaffen bei einer Arbeitslosigkeit möglichst schnell wieder in das Erwerbsleben einzutreten. Dies wird jedoch durch die Tatsache erschwert, dass ältere Arbeitnehmer häufig begünstigt werden, beispielsweise bei der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I. Dies ist vor dem Hintergrund problematisch, dass je länger und einfacher Ersatzzahlungen bezogen werden können, sich ein frühzeitiges Bemühen um eine neue Stelle verringert (BDA 2010, S. 25). Auch die Unternehmen müssen ältere Arbeitnehmer, nicht nur aufgrund ihrer Erfahrung, als Ressource begreifen und ihre Personalpolitik darauf ausrichten. Vor allem die Bereiche Qualifikation und Gesundheit spielen dabei eine zentrale Rolle (Stettes 2009, S. 13). Weiterbildung von Fachkräften: Neben der Steigerung der Erwerbsbeteiligung, ist auch die kontinuierliche Weiterbildung von Arbeitnehmern nötig, um kurzfristig das Potential zu erhöhen und damit den Standort Deutschland innovativ und konkurrenzfähig zu halten. Seitens der Unternehmen sollte eine finanzielle Unterstützung oder eine Arbeitsfreistellung zur eigenen Weiterbildung ihrer Arbeitnehmer, zum Techniker oder zum Meister, zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollten Betriebe Kooperationen mit Hochschulen eingehen, um auch die akademische Fortbildung zu fördern. Dies kann sowohl ein berufsbegleitendes Erststudium oder ein Aufbaustudium sein (Werner 2008, S.11ff.). Ein Unternehmen sollte zudem nicht erst mit Angeboten der Weiterbildung beginnen, wenn bereits ein Fachkräftemangel vorliegt, sondern bereits präventiv handeln. Zudem sind mehrere verschiedene Maßnahmen innerhalb des Betriebs sinnvoll, die individuell an den jeweiligen Arbeitnehmer angepasst werden und somit zu einer Motivationssteigerung beitragen können. Das Prinzip des lebenslangen Lernens (durch Weiterbildungsmaßnahmen) hilft zudem besonders im Alter auf dem aktuellen Forschungsstand zu bleiben. Qualifikatorische Mismatches können damit effektiv vermieden werden und ältere Arbeitnehmer bis ins hohe Alter angestellt bleiben. Erleichterung der Zuwanderung von ausländischen Fachkräften: Nicht nur im Hinblick auf den Bevölkerungsrückgang ist eine Einwanderung von jährlich 100.000 bis 200.000 Menschen notwendig. Auch könnten so kurzfristig MINT-Fachkräfte gewonnen werden, indem zum einen die Zuwanderung erleichtert und zum anderen die Ausbildungen besser anerkannt werden. Es gibt zwar genügend Menschen, die gerne nach Deutschland einwandern würde, ihnen fehlt allerdings häufig die benötigte Qualifikation. Die Anzahl qualifizierter Fachkräfte ist jedoch weltweit begrenzt und Deutschland steht mit verschiedenen Ländern in einem Konkurrenzkampf. Im direkten Vergleich mit Großbritannien steht die Bundesrepublik häufig schlechter dar. So sind beispielsweise die Nettolöhne, aufgrund der hohen Abgaben, geringer. Zudem stellt die deutsche Sprache ein Problem dar, hingegen viele MINT-Fachkräfte die englische Sprache bereits in ihrer Ausbildung gelernt haben. Diese äußeren Faktoren, wie die Sprache, können wohl kaum beeinflusst werden, jedoch können Anreize geschaffen werden, die den Wirtschaftsstandort Deutschland für hoch qualifizierte Fachkräfte attraktiver machen (Bökenkamp 2010, S. 3). Versuche dahin gehend werden Ende 2011 mit der ‘Blauen Karte EU’ getätigt. Dadurch soll es hoch qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten erleichtert werden nach Deutschland einzureisen und einer Erwerbsarbeit nachzugehen. An diese Karte sind jedoch auch Bedingungen geknüpft. So müssen die MINT-Fachkräfte neben einem Hochschulabschluss auch einen Arbeitsvertrag mit einem Jahreseinkommen von 44.000 Euro (bzw. 33.000 Euro in Mangelberufen beispielsweisen bei Ingenieuren) vorweisen. Nach zwei Jahren besteht die Möglichkeit einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung, sofern keine Sozialleistungen in Anspruch genommen worden sind. Ein sofortiges, uneingeschränktes Aufenthaltsrecht wird bei einem Jahresgehalt von 48.000 Euro erteilt. Zudem besteht für die Angehörigen ebenfalls sofort die Möglichkeit einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Eine andere Neuerung ist zudem, dass der Arbeitgeber nicht mehr nachweisen muss, dass die Stelle nicht durch einen Deutschen oder einen EU-Bürger besetzt werden kann (Frankfurter Allgemeine Zeitung 2011). Inwiefern diese Neuregelung zu einer Reduzierung des Fachkräftemangels beitragen kann, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass der Zugang insgesamt unbürokratischer und transparenter werden muss, um Deutschland für Fachkräfte attraktiv zu machen (Koppel und Plünnecke 2009, S.46ff.).
Rafael Beck, Dipl.-Hdl., wurde 1985 in Brzeg (Polen) geboren. 1988 immigrierte die Familie nach Deutschland, genauer nach Eschershausen, wo der Autor die deutsche Kultur kennen und schätzen lernte. Nach dem Abitur am Fachgymnasium der Georg-von-Langen-Schule in Holzminden verspürte er den Drang Lehrer zu werden, bereit um die alte Lehrergeneration abzulösen. Sein Studium der Wirtschaftspädagogik an der Universität Kassel schloss der Autor im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad Diplom-Handelslehrer erfolgreich ab und absolviert bis April 2014 seinen Vorbereitungsdienst in Niedersachsen.
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