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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Wann ist Widerstand gegenüber einer höchsten Macht, die man als ungerecht empfindet und über der es im positivrechtlichen Sinne keine weitere Kontrollinstanz gibt, gerechtfertigt? Nach welchen Kriterien lässt sich bemessen, ob Widerstand erlaubt und welche Form des Widerstandes unter welchen Umständen angebracht ist? Welche Vorbedingungen müssen erfüllt sein und welche Anwendungskriterien sind zu beachten, wenn das Widerstandsrecht ausgeübt wird? Diese Fragen werden in der vorliegenden Studie untersucht. Es zeigt sich, dass die Analogie zur Individualnotwehr Hilfestellung bieten kann, wenn es darum geht, Vorbedingungen und Anwendungskriterien für das Recht auf Widerstand zu definieren. Letztendlich kann die Rechtstheorie aber keine befriedigende Antwort auf die Frage liefern, wieso ein Widerstandsrecht überhaupt legitim sein soll. Ein Rückgriff auf die Philosophie und die Theologie ist daher unumgänglich.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, DIFFERENZIERUNGEN: 2.2.1, Mittel des Widerstandes: Die geläufigsten Differenzierungen des Widerstandes sind jene zwischen gewaltsamem und gewaltlosem bzw. passivem und aktivem Widerstand. Passiver und gewaltloser bzw. aktiver und gewaltsamer Widerstand müssen nicht zwingend äquivalent sein: Es sind Formen von passivem, gewaltlosem, von aktivem, gewaltlosem und von aktivem, gewaltsamem Widerstand vorstellbar. Die beiden Kategorisierungen unterscheiden sich insofern, als die Unterscheidung gewaltsam – gewaltlos auf die Mittel, mit denen Widerstand geleistet wird, abzielt. Aktiv – passiv referiert dagegen eher auf die Wirkungsabsicht. 2.2.1.1, Gewaltsamer Widerstand: Der gewaltsame Widerstand kann nur Tatwiderstand umfassen, nicht aber Wortwiderstand. Zum gewaltsamen Widerstand gehören, unter der Voraussetzung, dass sie in ihrer konkreten Ausübung als legitim angesehen werden, unter anderem Attentate, Anschläge, Putsche und Staatsstreiche. Die Revolution und die Tyrannentötung sind die extremsten Arten dieser Form von Widerstand. 2.2.1.2, Gewaltloser Widerstand: Gewaltloser Widerstand kann sowohl Tat- als auch Wortwiderstand umfassen und auf unzählige Weisen geleistet werden. Sharp hat knapp 200 Formen des gewaltlosen Widerstands herausgearbeitet. Er unterscheidet auf einer übergeordneten Ebene zwischen fünf Methoden des gewaltlosen Widerstands: Gewaltloser Protest, gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Nichtkooperation, sowie gewaltlose Intervention. Die meisten Formen des gewaltlosen Widerstandes sind legal, wobei es natürlich länderspezifische Unterschiede gibt. In manchen Ländern ist es legal, einen Streik auszurufen, während in anderen Ländern diese Art von Widerstand unter Strafe gestellt ist. Die Ansicht Mieths, gewaltloser Widerstand versuche nicht, staatliche Maßnahmen zu verhindern, sondern nur ‘die öffentliche Meinung, die persönlichen Haltungen, die politischen Opportunitäten, die zukünftigen Kriterien politischen Handelns zu verändern’, ist nicht zu teilen. Wenn mit gewaltlosem Widerstand tatsächlich nur selten auf direkte Weise Akte der Staatsgewalt verhindert werden, so sagt der Begriff ‘gewaltloser Widerstand’ letzten Endes nichts über die Wirkungsabsicht, sondern nur über die angewendeten Mittel aus. 2.2.2, Wirkungsabsichten: Das Widerstandsrecht kann mit unterschiedlichen Wirkungsabsichten ausgeübt werden. Hierfür wird zwischen passivem und aktivem Widerstand unterschieden. 2.2.2.1, Passiver Widerstand: Passiver Widerstand hat nicht in erster Linie die Absicht, das Unrecht, dem er sich widersetzt, zu beheben, wenn dies unter Umständen auch die Folge sein kann. Zweck des passiven Widerstandes ist es vielmehr, eine von der Obrigkeit vorgeschriebene Handlung, die man mit dem eigenen Gewissen nicht vereinbaren kann, nicht zu vollziehen und so nur Einfluss auf das eigene Schicksal zu nehmen. Passiver Widerstand kann daher auch als Gehorsamsverweigerung oder Weigerung aus Gewissensgründen bezeichnet werden. Wer passiven Widerstand leistet, kann sich unter Umständen auf die Gewissensfreiheit berufen, wie sie etwa in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft Art. 15 Abs. 1 verankert ist. Die Ausübung passiven Widerstandes kann aber natürlich auch illegal geschehen. Bluntschli unterscheidet innerhalb des passiven Widerstandes mehrere Stufen des Gehorsams. An erster Stelle steht der absolute, unbedingte Gehorsam. Darauf folgt der rechtlich begrenzte Gehorsam, ‘der zwischen dem berechtigten und dem unberechtigten Gebot unterscheidet und nur insoweit zur Folge verpflichtet, als in dem Gebote die Grenzen des Rechts nicht überschritten sind.’ Der leidende und duldende Gehorsam hält sich im Handeln ‘an den Grundsatz des beschränkten Gehorsams, im Dulden an den des unbedingten Gehorsams.’ Wegen der möglichen aktiven Folgen des passiven Widerstandes, ist die Abgrenzung zum aktiven Widerstand nicht immer trennscharf. Deshalb sollten aktiver und passiver Widerstand nicht als einander entgegenstehend angeschaut werden, sondern als ‘Graduierung ein und desselben Tatbestandes Widerstand’. Diese Skala wird reguliert durch die Rechtsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Güterabwägung. 2.2.2.2, Aktiver Widerstand: Der aktive Widerstand richtet sich oft nicht nur gegen einzelne Gesetze, sondern gegen die Gesamtheit des politischen Systems. Deshalb ist er ‘radikaler und universaler als der passive Widerstand.’ Beim aktiven Widerstand lässt sich zwischen einer umfassend-konservierenden, einer umfassend-revolutionären und einer restriktiv-konservierenden Wirkungsabsicht unterscheiden. Im Falle einer umfassend-konservierenden Wirkungsabsicht wird auf die Wiederherstellung einer alten politischen Ordnung abgezielt. Demgegenüber sucht der umfassend-revolutionäre Widerstand die Neuerrichtung einer politischen Ordnung zu erreichen. Man spricht dann von Revolution. Aktiver Widerstand mit einer restriktiv-konservierenden Wirkungsabsicht will dagegen nur die punktuelle Korrektur einer bestehenden politischen Ordnung erreichen und hat damit den Erhalt der bestehenden Rechtsordnung zum Ziel. 2.3, SPEZIALFORMEN DES WIDERSTANDSRECHTS: 2.3.1, Revolution: 2.3.1.1, Definition: Obwohl der Begriff ‘Revolution’ schon lange gebraucht wurde, um eine Umwälzung zu bezeichnen, ist er im heutigen Wortsinne ein staatsrechtlicher Tatbestand der Neuzeit. In der Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts wurden ‘Revolution’ und ‘Widerstand’ häufig synonym verwendet. Nach der Französischen Revolution 1789 wurde die Revolution dann ‘als ein Akt gewaltsamer Staatsumwälzung ein fester und politischer Begriff’. Nichtsdestotrotz zeigt sich bis heute eine gewisse Unsicherheit in der genauen Bedeutung des Ausdrucks, was sich darin äußert, dass er ‘uneinheitlich und inflationär’ gebraucht wird. Inhaltlich kann zwischen politischen Revolutionen, sozialen Revolutionen und Kulturrevolutionen unterschieden werden. Von Relevanz sind hier die politischen Revolutionen. Als kleinster gemeinsamer Nenner lässt sich diese als eine plötzliche, gesetzeswidrige, von einer Massenbewegung ausgehende und in den meisten Fällen gewaltsame Umstürzung mit dem Ziel der Neuerrichtung einer Ordnung definieren. Die Plötzlichkeit der Veränderungen kann dabei relativ weit gefasst werden und sich auch auf mehrere Monate oder, in bestimmten Fällen, Jahre beziehen, nicht jedoch auf langandauernde Entwicklungsprozesse. Das Grundstürzende einer Revolution besteht laut Hannah Arendt darin, dass ‘sich innerhalb der weltlichen Geschichte etwas ganz und gar Neues ereignet’. Sie sieht darüber hinaus eine notwendige Verknüpfung dieses ‘Pathos des Neubeginns’ mit Freiheitsvorstellungen. Die evangelisch-lutherische Staatslehre hat aufgrund der Tatsache, dass es Ziel jeder Revolution ist, ein Regime zu stürzen, seit jeher verlangt, dass in der Revolutionsbewegung die Voraussetzungen für die Bildung einer neuen Regierung vorhanden sein müssen, die die Ordnungsfunktionen der alten Obrigkeit zu übernehmen in der Lage ist. Sonst würde eine Revolution keine Verbesserung der Zustände mit sich bringen, sondern nur in Chaos und Anarchie enden.

Über den Autor

Raphael Ben Nescher, geb. 1986, schloss sein Masterstudium der Politik- und Rechtswissenschaften an der Universität Zürich ab. Die intensive Beschäftigung mit dem Thema Nationalsozialismus , zu dem er bereits zwei Bücher veröffentlicht hat, brachte ihn dazu, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob und wann Widerstand gegen ungerechte Herrschaftssysteme legitim ist. Ben Nescher lebt in Felben-Wellhausen, Schweiz, ist verheiratet und hat ein Kind.

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