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- Was ist engagierte Literatur? Jean-Paul Sartres Theorie des literarischen Engagements
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Konzept der engagierten Literatur, das Jean-Paul Sartre in dem berühmten Aufsatz ‚Was ist Literatur? ’ aus dem Jahr 1947 und zahlreichen weiteren Essays und Vorträgen formuliert hat, ist in über sechs Jahrzehnten auf mannigfaltige Weise ausgelegt und zum Teil kontrovers diskutiert worden. Das Anliegen dieser Studie ist es, Sartres Konzept der engagierten Literatur als einen relevanten und gültigen Beitrag zu einem philosophischen Verständnis der Literatur zu erarbeiten. Im Vordergrund steht die Frage, wie zwischen der historisch-nationalen Partikularität und Perspektivität einer als ‚engagiert’ zu kennzeichnenden Literatur und der Universalität und Allgemeinheit, die gelungenen literarischen Werken für gewöhnlich zuerkannt werden, ein Zusammenhang hergestellt werden kann. Die Idee der engagierten Literatur soll verteidigt werden gegen eine oft anzutreffende Lesart, welche diese Idee auf eine funktionale, einseitig auf den moralischen Nutzen literarischer Werke gerichtete Bestimmung der Literatur reduziert. Die Argumentation bemüht sich um die systematische Darstellung und Erläuterung der Sartreschen Gedanken, versucht Brüche und Widersprüchlichkeiten aufzuzeigen, diese aufzulösen und in ein literaturphilosophisches Gesamtkonzept zu integrieren.
Textprobe: Kapitel 3.2, Die normative Forderung des literarischen Engagements: Nachdem im vorangegangenen Kapitel das Engagement der Literatur als faktische Verstrickung in die Welt erläutert worden ist, soll es nun um die Verpflichtung gehen, die sich für die Literatur aus ihrer Einbettung in die geschichtlich- gesellschaftlichen Verhältnisse ergibt. Sartres Verständnis von literarischem Engagement als einer Verpflichtung wird zunächst anhand der Verantwortung des Schriftstellers in seiner Epoche aufgezeigt. Aus der Forderung des Engagements des Schriftstellers ergibt sich das Konzept einer Literatur des Endlichen. Die hier vorgenommenen Bestimmungen engagierter Literatur erweisen sich als Kriterien des Gelingens literarischer Werke. Der dritte Abschnitt befasst sich mit der literarischen Verwendung der Sprache und der Bedeutung sprachlichen Handelns für die gesellschaftliche Funktion der Literatur. Die Spezifik des sprachlichen Bezugs auf die Welt in der Literatur stellt sich als ein immer schon wertender und mithin verändernder dar. 3.2.1, Die Verantwortung des Schriftstellers: In Sartres Konzept der engagierten Literatur spielen der Schriftsteller und die Haltung, die er mit seinem Werk der Welt gegenüber einnimmt, eine wichtige Rolle. Der Begriff des Engagements besitzt auch hier eine doppelte Bedeutung: Zum einen bezeichnet er, wie oben beschrieben, die grundlegende Tatsache des Menschseins, in der Welt situiert zu sein. Sartre verwendet ihn in diesem Sinne, wenn er davon spricht, dass jede Handlung den Menschen engagiert. Auf diese Weise ist jeder Schriftsteller engagiert, weil er ‘sich engagiert, Bücher zu schreiben’. In einem zweiten, anspruchsvolleren Sinne ist die Rede von dem Engagement des Schriftstellers die idealtypische Beschreibung eines guten Schriftstellers. Er ist engagiert, wenn er in seinem literarischen Schaffen das faktische Engagement des Menschen thematisiert, die Welt als eine zu verändernde enthüllt und so dazu beiträgt, das Selbst- und Weltverhältnis der Menschen in seiner Zeit auf eine höhere Reflexions- und Komplexitätsstufe zu heben. Auf diese Weise übernimmt er die Verantwortung in der Gesellschaft, die ihm als Schriftsteller zukommt. Die Konzeption des Engagements und der Verantwortung des Einzelnen sind in den größeren Zusammenhang der Wesensbestimmung der Literatur als Freiheit eingebettet und sollten daher nicht isoliert betrachtet werden. Sartre sieht das Engagement des Schriftstellers in seinem Entschluss zu schreiben begründet. Der literarischen Tätigkeit liegt die existentielle Wahl zugrunde, die Welt als Totalität auf sich zu nehmen und ihr im Imaginären Ausdruck zu verleihen: ‘Das Universum als ein Ganzes nehmen, mit dem Menschen darin, vom Gesichtspunkt des Nichts darüber Aufschluß geben, das ist ein tiefes Engagement’. Der Bezugspunkt dieses Engagements ist die Welt, wie sie sich über die Situation, in der sich der Schriftsteller befindet, für ihn darstellt. Indem er in seinen Schriften Zeugnis von seinem In- der- Welt- Sein ablegt, lässt er ‘für sich und die andren das Engagement von der unmittelbaren Spontaneität zum Reflektierten übergehen’. Ein literarisches Werk ist der Versuch seines Autors, die Bedingtheit seiner Existenz in der Welt aufzuklären und in der Reflexion zu überschreiten. Das Schreiben ist einerseits als der Lebensentwurf eines Menschen zu verstehen, der in der Literatur einen ‘virtuellen Ausweg’ sieht. In dieser Hinsicht liegt in ihr die Stellungnahme eines Menschen gegenüber allen Bereichen seiner Existenz in der Welt. Auf diese Weise gibt es sogar bei Autoren wie Gustave Flaubert, der die Literatur als einen Selbstzweck betrachtet und ihr jede außerhalb der Kunst selbst liegende Funktionalität abspricht, ein ‚tiefes’ literarisches Engagement, das sich auch auf den Bereich des Politischen erstreckt. Andererseits verbindet Sartre mit dem Schreiben eine besondere Verantwortung des Schriftstellers in der Gesellschaft. Diese Verantwortung resultiert aus dem enthüllenden Charakter der Sprache: Die Benennung einer Sache hebt diese aus der Unmittelbarkeit ihrer Existenz heraus, macht sie zu einem Objekt des Wissens und der Reflexion und verändert sie damit bereits. Mit der Wahl seines Sujets entscheidet der Schriftsteller, einen bestimmten Gesichtspunkt der Welt zu enthüllen und zu verändern. Aus der verändernden Kraft der Literatur und der Tatsache, dass der Schriftsteller wie jeder Mensch in seiner Epoche situiert ist, zieht Sartre die Schlussfolgerung, dass es die spezifische Verantwortung des Schreibenden sei, mit seinen Schriften in seiner Zeit Partei zu ergreifen, für das Richtige zu kämpfen und gegen Unterdrückung und Missstände einzutreten. Literarische Werke müssen folglich für ein zeitgenössisches Publikum geschrieben werden und die Konflikte und Ängste der Epoche zu ihrem Gegenstand haben. Der Schriftsteller hat in der Gesellschaft eine aufklärerische Funktion: ‘Wenn die Gesellschaft sich sieht und vor allem wenn sie sich gesehen sieht, kommt es allein dadurch zu einer Anfechtung der etablierten Werte und des Systems: der Schriftsteller hält ihr ihr Bild vor, er fordert sie auf, es entweder anzunehmen oder sich zu ändern. Und in jedem Fall ändert sie sich sie verliert das Gleichgewicht, das ihr die Unkenntnis gab’. Das Engagement des Schriftstellers ist also durchaus auch in einem politisch- moralischen Sinne als Engagement für die Veränderung einer Gesellschaft zu verstehen. Sartre begreift die Verantwortung des Schriftstellers als so weit reichend, dass er ihn für die gesellschaftlichen Missstände, die er mit Schweigen übergeht, mitverantwortlich macht und gelangt in Bezug auf das persönliche politische Engagement des Autors zu einem ganz anderen Urteil über Flaubert: ‘In meinen Augen sind Flaubert und die Brüder Goncourt für die Repression verantwortlich, die der Pariser Commune folgte, weil sie nicht eine Zeile zu ihrer Verhinderung schrieben.’
Marion Schwenne wurde 1985 in der nordwestdeutschen Provinz geboren. Ihr Studium der Philosophie, Literaturwissenschaft und Religionswissenschaft an der Universität Leipzig schloss die Autorin im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad des Magistra-Artium erfolgreich ab. In ihrem Studium beschäftigte sich die Autorin vorwiegend mit Ontologie und moderner Literaturtheorie. Anschließend wandte sie sich dem Erwerb der serbischen und russischen Sprache zu. Heute unterrichtet die Autorin Deutsch als Fremdsprache an zwei Universitäten in Almaty, Kasachstan.
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