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Philosophie

Wolfgang Karl Jungmeier

War Rooms: Medienphilosophische Aspekte

Räumlichkeit - Zeitlichkeit - Medialität

ISBN: 978-3-8428-5318-8

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Dieses Buch zeigt die Ursprünge und historischen Weiterentwicklungen des Konzepts War Room. Darüber hinaus erfolgt eine kritische Analyse der philosophischen Grundaspekte Medialität, Räumlichkeit und Zeitlichkeit in Bezug auf War Rooms. War Rooms waren ursprünglich Kommandozentralen für den militärischen Bereich, in erster Linie darauf ausgerichtet, Entscheidungsfindungen zu optimieren. Die Weiterentwicklungen dieser geschichtlichen Konzeption sind insofern höchst bedeutsam für die Gegenwart, da sie als Vorlagen für heutige Entscheidungszentren in Politik und Wirtschaft dienen. Trotz dieser Relevanz wurde die Thematik bisher kaum bearbeitet. Das Buch besteht aus drei Teilen: Erstens wird die historische Entwicklung der Idee des Feldherrn anhand einer vierteiligen Feldherrntypologie nachgezeichnet (genialer, technokratischer, technisch-psychologischer und informatisierter Feldherr). Zweitens werden drei bedeutsame geschichtliche Beispiele für War Rooms angeführt (Schlieffenplan, Cabinet War Rooms, White House Situations Room), die sich jeweils auf einen der drei letzten Feldherrntypen beziehen. Schließlich werden die herausgearbeiteten Feldherrnstufen hinsichtlich medienphilosophischer Aspekte analysiert. This book evaluates the origins as well as the historical advancements of the War Room conception. Additionally, a critical analysis of the War Room's philosophical aspects, mediality, spatiality, and temporality is provided. Originally, War Rooms were command centers for the military domain, primarily set up to optimise decision-making. The advancements of this historical conception are highly relevant, because they serve as role models for command centers in current politics and business. Even with this relevance, the topic of this book has hardly been covered until now. This book consists of three main parts. The first part focuses on the historical development of the idea of the commander that is based on a four-part typology ingenious, technocratic, technical-psychological, and informatised commander. The second part cites three historically important examples - Schlieffenplan, Cabinet War Rooms, and White House Situations Room - that each correspond with one of the three latter types of commanders. The last part offers an analysis on the previously elaborated levels of the commander as they pertain to the mediaphilosphical aspects.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3.5, Der motorisierte Herr des Feldes: Truppen, Befehlshaber sowie Nachrichten konnten fortan mittels Panzer und Funk maschinell in hinreichender Weise bewegt werden. Laut Kaufmann stellte diese Entwicklung in weiterer Folge bloß die Voraussetzung für eine darauffolgende Rationalisierung der Führung dar. Maßgebend für diese Rationalisierung war gesteigerte Effizienz, die sich wiederum aus dem nun technisch Möglichen ableitete. Der Befehlsprozess und die anschließende Ausführung sollten nun endlich selbst motorisierte Geschwindigkeit erlangen. In Guderians Worte gekleidet lautet diese Forderung folgendermaßen: ‘Denken, Befehlen und Handeln müssen der Schnelligkeit des Motors und den besonderen Bedingungen der Technik entsprechen, sonst gehen alle Vorteile verloren’. Eine Beschleunigung des Befehlsprozesses wurde v.a. durch die Erstellung klarer Benutzerregeln für den Funkverkehr erzielt. Dabei wurde jeder Stelle eine feste Frequenz zugeteilt, die ähnlich einer Telefonnummer angewählt werden konnte. Bis zur Kompanieebene hinunter lief die Kommunikation sternförmig ab, indem sie zwar auf eine zentrale Stelle zugeschnitten war, zugleich jedoch von allen anderen eingebundenen Einheiten mitverfolgt werden konnte. Kaufmann proklamiert, dass die Kommunikation, wie zuvor auf telegrafischem Niveau, als Linienverkehr konzipiert, allerdings die Befehlsstruktur mittlerweile als Netzwerk organisiert war, welches neben vertikaler nun auch horizontale Verbindungen ermöglichte. Die einzelnen Panzer selbst waren hingegen ausschließlich mit Empfangsgeräten ausgerüstet und standen infolgedessen in strikt monolinearer Verbindung mit ihren Befehlsstellen. Nicht zuletzt hatte der kombinierte Einsatz von Panzer und Funk weitreichende Folgen für die Führung auf taktischer Ebene. Im Schutz des Panzerfahrzeugs konnte sich ein Feldherr nun wieder selbst in die Kampfsituation seiner Einheiten begeben. Darüber hinaus ermöglichte es der Sprechfunk, Befehle erneut unmittelbar per Stimme zu erteilen. Bis auf den fehlenden persönlichen Sichtkontakt untereinander, habe diese Befehlserteilung der des genialen Feldherrn geglichen und sich daher auf einem Quasi-face-to-face-Kommunikationsniveau abgespielt. Wie bis einschließlich Napoleons Zeit, hielten sich höherrangige Befehlshaber abermals an Brennpunkten auf, um durch persönlich erteilte Befehle den Führungsprozess zeitlich abzukürzen. Kaufmann vermerkt hierzu, dass in der Panzerschlacht die der Präsenz des Feldherrn entspringende psychologische Wirkung erneut auftrat, welche seit dem technokratischen Feldherrn völlig verschwunden war. Der nun vorherrschende Herr des Feldes hatte lediglich sein Pferd mit dem Panzer getauscht, wies er doch Merkmale auf, die bereits Clausewitz einem kriegerischem Genius zugeschrieben hatte: Mut, sich der Gefahr auszusetzen und als moralisches Vorbild der Truppe vorauszugehen, um diese anzuspornen und vorwärts zu treiben. Während der technokratische Feldherrntyp auf Grund des distanzierten Führungsstils seine Karriere in Anonymität verbrachte, eignete sich hingegen der motorisierte Herr des Feldes durch seine heroischen Charakteristika umso mehr als Kriegsheld im klassischen Sinne. Neu dabei waren, gemäß Kaufmann, nicht nur Elemente mobiler technisierter Kriegsführung, sondern auch der Glaube, dass dieser Feldherr fähig wäre, zugleich taktisch als auch operativ führen zu können. Nicht zuletzt war es die Propaganda, die diesen Feldherrn zum Helden der Truppen und darüber hinaus zu dem der ‚Heimat‘ machte. Wie geschaffen für propagandistische Zwecke waren die Siege über zahlenmäßig und waffentechnisch überlegene Gegner. Jene verdankten die Deutschen nicht zuletzt dem technologischen Vorsprung durch den Sprechfunk. Auch der enorme Gewinn an Territorium, der vor allem auf die Geschwindigkeit des Panzers zurückzuführen war, eignete sich hervorragend, um der Heimat einen siegreichen Kriegsverlauf zu vermitteln. Parallel dazu stieg der mobile Feldherr immer mehr zum medialen Kriegshelden auf. Ende der 30er Jahre wurde der Vorstoß mittels Panzern nicht mehr nur auf den taktischen, sondern auch auf den operativen Raum angewandt. Das erwähnte Vorgehen bei der Entscheidungsfindung auf taktischer Ebene wurde nun auch zunehmend für den Operationsverlauf selbst praktiziert. Hierbei wurden Entscheidungen vermehrt direkt aus der taktischen Situation heraus getroffen, während sich Anordnungen von zurückliegenden, zentralen Stellen zahlenmäßig reduzierten. Frieser sieht in dieser Führungstechnik ‘eine der wichtigsten Ursachen für den überraschenden deutschen Sieg: Der Kreislauf des Führungsvorgangs vollzog sich auf deutscher Seite um ein Mehrfaches schneller als bei den Franzosen und Briten’. Auf diesem Vorteil aufbauend wagte Deutschland schließlich 1940 seinen riskanten Feldzug gegen Frankreich, einem zahlenmäßig überlegenen Gegner. Nach Kaufmann sollte dabei die radikale Ausnutzung technischer Möglichkeiten als Erfolgsrezept dienen: Funktechnische Koordination der sich mit motorischer Geschwindigkeit fortbewegenden Kampfverbände. Ziel dieser Bemühungen war es, den Gegner blitzartig zu überrumpeln, ihn in weiterer Folge durch die Zerstörung seiner Kommunikationsstrukturen zu lähmen und somit Panik unter den gegnerischen Einheiten zu stiften. Bekanntlich ging diese neue Form der Kriegsführung, von deren Erfolg selbst die Wehrmacht überrascht wurde, unter dem Namen Blitzkrieg in die Geschichtsbücher ein. Wie zuvor erwähnt, bedurfte es der beiden sachtechnischen Voraussetzungen, Panzer und UKW-Funk, um den Feldherrn zum Handeln sowohl auf taktischer als auch operativer Ebene zu befähigen. Laut Kaufmann war es durch das auf diese Weise erreichte Kommunikationsniveau der ‚Quasi-face-to-face-Führung‘ nun endlich gelungen, die ‚Frontdistanz‘ zu überwinden. Von seinem schützenden, mobilen Feldherrnhügel aus, dem Panzer, und durch Funk bemächtigt, Befehle wieder persönlich und unmittelbar zu erteilen, stieg der Feldherr abermals zum Herrn des Feldes im clausewitzschen Sinn auf. Gleichwohl sollten auch die Anforderungen an ihn die des genialen Feldherrn sein. Neben Mut musste der Feldherr wieder die Eigenschaft aufweisen, eine Situation spontan erfassen zu können und darauffolgend die bestmögliche Entscheidung zu treffen bzw. den optimalen Einsatz der spezifischen, zur Verfügung stehenden Kampfeinheiten zu befehligen. Es handelte sich dabei nicht um einen strategisch planenden Feldherrn, sondern um einen technisch und taktisch-operativ geschulten Spezialisten. Verglichen mit der Kriegsführung des technokratischen Feldherrn, welche durch Eisenbahn und Telegrafie bedingt, linear abgelaufen war, verlief die des technisch-psychologischen Feldherrn entschieden anders. Die funkspezifische Eigenschaft, in alle Richtungen abzustrahlen, entsprach auch dem Fortbewegungsmodus des Panzers, nicht an Schienen oder Straßen gebunden zu sein. Sowohl Funk als auch Panzer war inhärent, lineare Zusammenhänge zu überwinden bzw. diese erst gar nicht entstehen zu lassen. Mit Kaufmann lässt sich aus den zwei Sachtechnikpaaren – zum einen Telegrafie und Eisenbahn, zum anderen Funk und Panzer – auch eine jeweils feldherrnspezifische Grundbewegung des Operationsablaufs ableiten: Während der Schlieffenplan starr, wie ein gleichmäßiges Uhrwerk, in einer einmaligen Bewegung ausgeführt werden sollte, zielte die neu aufgekommene Kriegsführung auf eine kurzfristig herbeigeführte Konzentration an Gewalt durch Kriegstechnik ab, die sich in mehreren, dynamisch gesteigerten Stößen entladen sollte. An die Stelle einer kontinuierlich umfassenden bzw. einschließenden Bewegung trat nun ein beschleunigter Stoß. Bezweckte die erste Bewegung noch den Gegner physisch zu vernichten, beabsichtigte die zweite eine Paralyse des Gegners, um diesen psychologisch zu brechen.

Über den Autor

Wolfgang Karl Jungmeier studierte an den Universitäten Wien und Utrecht. 2009 schloss er das Diplomstudium der Philosophie mit Auszeichnung ab. Neben seiner Spezialisierung in Medienphilosophie beschäftigte er sich mit klassischer Physik, Relativitätstheorie sowie Quantenphysik hinsichtlich ihrer Epistemologie. Sein Buch über War Rooms stellt u.a. eine Nachzeichnung wichtiger Entwicklungsschritte militärischer Logik dar. Der Autor vertritt die Position, dass ein Verständnis der daraus entspringenden Sachzwänge wichtige Voraussetzung ist für die Wegbereitung von Frieden.

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