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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Abb.: 37
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In dem vorliegenden Werk geht es um die Frage, wann, wo und ob überhaupt Löwen im bronzezeitlichen bis hellenistischen Griechenland existiert haben. Außer Knochenfunden und den Erwähnungen von Löwen in antiken Schriftquellen betrachtet der Autor auch zeitgenössische Darstellungen von Löwen. Während die Großkatzen oft als heraldische oder Unheil abwendende Symbole dargestellt sind, sollen die Löwen hier in anderen, realistischen Zusammenhängen untersucht werden. Lässt die Art, wie Aussehen und Verhalten der Löwen dargestellt sind, darauf schließen, dass die antiken Künstler reale Erfahrungen mit Löwen gemacht haben? Und wenn ja, wo und wann? Eine mögliche Antwort auf diese Fragen versucht das vorliegende Buch zu liefern.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1, Antike Schriftquellen: Seit dem 5. Jh. v. Chr. erwähnen antike Autoren zum ersten Mal die Gegenden, in denen sich ihres Wissens nach Löwen aufhielten. Da diese Angaben sich oft an spezifischen Landschaftsmerkmalen wie Flüssen oder Bergen orientieren, kann man eine ungefähre Vorstellung von der Verbreitung des Löwen in der Antike gewinnen. Im Anhang dieser Arbeit wurden auf einer Karte sämtliche geographische Anhaltspunkte der in diesem und dem nächsten Kapitel zitierten antiken Autoren miteinander verbunden, um eine potentielle Verbreitung des Löwen darzustellen (Karte I). Wie sich im Folgenden zeigen wird, kann nicht jedem Autoren blind vertraut werden. Trotzdem zeigt die Karte ein Gebiet, auf dass sich sämtliche Quellen beziehen, auch jene, die unabhängig voneinander geschrieben wurden. Herodot, Vater der Geschichtsschreibung und Autor dieser Zeit (ca. 485-424 v. Chr.), berichtet als erster über Löwen in einem Gebiet, das jedem seiner Landsleute ein Begriff war und das heute noch nachzuvollziehen ist. Eine wohl schon in der Antike recht bekannte und in dieser Zeit häufig rezipierte Stelle beschreibt einen Überfall von Löwen auf eine Kolonne des Xerxes, dem achämenidischen Feldherrn, der um 480 v. Chr. seinen Feldzug gegen das griechische Mutterland führte. ‘Auf diesem Zug überfielen Löwen die Kamele, welche den Proviant trugen. Die Löwen verließen bei Nacht ihre Lager, kamen herab und fielen weder Mensch noch Vieh an nur die Kamele waren ihre Beute. Ich wundere mich, was wohl die Löwen veranlasste, alles andere zu schonen und nur die Kamele anzupacken, da sie doch dieses Tier zuvor weder gesehen noch gekostet hatten. Es gibt in der Gegend viele Löwen und wilde Ochsen, deren riesige Hörner auch nach Griechenland gelangen. Der durch Abdera strömende Nestos und der Acheloos, der durch Akarnanien fließt, bilden die Grenze für die Löwen. Östlich vom Nestos sieht man in ganz Vordereuropa niemals einen Löwen, auch nicht vom Acheloos aus westwärts auf dem übrigen Festland sie leben nur in dem Gebiet zwischen den beiden Flüssen’. Es wurde viel über diese Zeilen diskutiert, nicht zuletzt wegen der von Herodot selbst vorgenommenen Einschränkung, er wundere sich über das Verhalten der Löwen. Es wurde einerseits argumentiert, er hätte die gesamte Episode frei erfunden, weil er irgendwie erklären müsse, warum schließlich keine Kamele mit dem Zug des Xerxes in Griechenland erschienen. Andere Forscher weisen jedoch darauf hin, dass der Löwe in anderen Ländern ‘gern Kamele bzw. Dromedare’ überfiel, wie von Diodor (3,43) für Arabien bekannt sei. Für diese Arbeit soll der Bericht des Herodot als zumindest insofern korrekt angesehen werden, als dass es Löwen im nördlichen Griechenland gegeben haben könnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um keine erfundene Episode handelt, ist recht hoch, wenn man bedenkt, dass der frühe Historiker zumindest grundlegend mit dem Verhalten der Großkatzen vertraut war. So würde ein Löwe zwar nur in äußerster Not eine von Menschen begleitete Kolonne angreifen, aber ganz sicher nicht den Menschen – auch wenn Herodot hier vielleicht bestimmte Vasenbilder vor Augen hatte, die das Gegenteil zeigten. Außerdem wird nicht erwähnt, wo sich die Kamele im Tross befanden. Möglicherweise bildeten sie hinter den schnelleren Pferden die Nachhut und konnten deswegen unbemerkt angegriffen werden. Xenophon, der bekannte griechische Schriftsteller der zweiten Hälfte des 5. Jhs v. Chr., der mit Kyros gegen dessen Bruder Artaxerxes nach Kleinasien zog, weiß über Löwen folgendes zu berichten: ‘Löwen, Leoparden, Luchse, Panther, Bären und alle ähnlichen wilden Tiere werden in fremden Ländern gefangen, auf den Bergen Pangaeus und Cittus hinter Makedonien, auf dem mysischen Olymp und Pindus, auf dem Nysa jeneits von Syrien, und in anderen Gebirgszügen, die Lebensraum für solche Tiere bieten. Auf den Bergen werden sie manchmal, wegen der schwierigen Bodenbeschaffenheit, mit Eisenhut vergiftet’. All die genannten Orte sind Berge. Die Vorstellung der Griechen, Löwen würden in Höhlen im Gebirge hausen ist so alt wie die Sage der ersten Tat des Herakles und wurde bereits diskutiert. Es fällt auf, dass diese Vorstellung noch im 5. Jh. v. Chr. existiert. Von den Vasendarstellungen kann diese Überzeugung nicht stammen, da bereits nachgewiesen wurde, wie selten der Löwe in einer Höhle gezeigt wurde. Landschaft wurde zwar in der frühen Kunst generell nur spärlich verwendet, aber die vereinzelte Höhlendarstellung beweist, dass die Griechen Hügel oder Berge darzustellen wussten. Möglicherweise steckt doch ein realer Kern hinter Xenophons Bericht und der Höhlenlöwe existierte im 5. Jh. v. Chr. noch immer in entlegenen Regionen. Aristoteles, der Begründer der antiken Biologie, schrieb in der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. seine ‘Tiergeschichten’, die historia animalium. Hier erwähnt er bemerkenswerte Details über Anatomie, Verhalten und Lebensraum des Löwen. Gleich zu Beginn seines zweiten Buches behauptet er, dass ‘der Nacken des Löwen [...] aus einem einzelnen Knochen’ bestünde. Diese Aussage trifft nicht zu. Genau so wenig wie seine Ausführungen im nächsten Satz über den Körper des Löwen: ‘aber drinnen, nachdem es geöffnet wurde, hat es alles genau gleich wie bei dem Hund’. Diese Beschreibung erinnert an frühere Darstellungen, die offensichtlich den Hund zum Vorbild hatten. Auch hier mag man vermuten, dass Aristoteles einen Hund vor Augen hatte – die in Griechenland damals wie heute in großer Zahl vorhanden sind – als er seine Forschungen niederschrieb. Aus demselben Grund mag dem antiken Biologen die Idee gekommen sein, dass der Löwe zum Urinieren sein Bein an einen Baum hebt, ‘ésper oƒ kÚnej’. Weitere Vergleiche des Löwen mit dem Hund finden sich in Buch 8,44: Die Bewegung des Löwen beim Laufen ähnele der des Hundes, ebenso die Haltung des ausgestreckten Schwanzes bei der Flucht. Andererseits weiß Aristoteles auch einige Tatsachen über den Löwen zu berichten. So weist er ausdrücklich auf die Mähne hin, die nur von Männchen getragen wird, von Weibchen jedoch nicht. Außerdem tut er die Geschichte, Löwinnen würden ihre Gebärmutter bei der Geburt verlieren, als ‘possenhaft’ (lhrèdhj) ab. Er vermutet, – was wohl auch der Wahrheit entspricht – dass diese Erzählung nur die Seltenheit der Löwen erklären sollte. Weitere korrekte Beobachtungen sprechen dafür, dass der Gelehrte möglicherweise Löwen aus nächster Nähe in freier Natur beobachten konnte. So berichtet er von der geringen Größe der Jungen oder vom Wechsel der Zähne. Über den Lebensraum schreibt Aristoteles – wahrscheinlich Herodot aufgreifend – folgendes: ‘Es ist eine Tatsache, dass der Löwe ein seltenes Tier ist und nicht an vielen Orten angetroffen wird – in ganz Europa kommt er nur in dem Landstrich zwischen den Flüssen Acheloos und Nessos vor’ . Man könnte nun erwarten, dass der Löwe im klassischen Griechenland wirklich in dieser Gegend vor kam und deswegen von diversen Autoren dort angesiedelt wird. Pausanias wähnt ihn dort schließlich noch im 2. Jh. n. Chr. . Allerdings ist dieses Gebiet einerseits nur sehr ungenau abgegrenzt und liegt außerdem zum Großteil im Gebirge, was nicht dem Lebensraum des modernen Löwen entspricht. Einzig die Chalkidike ist relativ eben (Karte I). Es fällt auf, dass Aristoteles bereits vom Löwen als einem ‘seltenen Tier’ spricht, während Herodot noch ‘viele Löwen’ erwähnte. Da diese Angaben subjektiv sind, besteht die Möglichkeit, dass der Löwe seit jeher eine Seltenheit war und sich Herodot – indem er von vergangenen Ereignissen schreibt, die er nicht selbst erlebt hatte – einfach irrte.

Über den Autor

Bent Jensen, geboren 1981 in Kiel, schloss 2009 sein Studium der Klassischen Archäologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel erfolgreich ab. Da er seit jeher ein privates Interesse an Tieren der Katzenfamilie hegte und sich bei ihm während des Studiums eine Vorliebe für das antike Griechenland entwickelte, beschloss er, beide Themen in dieser Arbeit zu vereinen. Bis heute blieb ihm die Antike ein wichtiges Themengebiet, das der Autor im Anschluss seines Studiums durch Reisen und seine Arbeit für das Winckelmann-Museum in Stendal weiter untersuchte.

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