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- Endometriose früher erkennen! Ein Konzept zur Entwicklung eines Expertensystems für die Diagnose der Endometriose
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Endometriose – ca. 10% aller Frauen leiden unter dieser Erkrankung und doch dauert es durchschnittlich sechs Jahre bis zur korrekten Diagnose. Ethisch betrachtet ist dies ein grober Verstoß gegen das Fürsorge-Prinzip. Neben der fehlenden Bekanntheit dieser Erkrankung hat die Verzögerung bei der Diagnose ihre Ursache auch in der Komplexität der Symptome sowie einer dem medizinischen Wissen inhärenten Unsicherheit, welche sich in einer Konstellation des Handeln-trotz-Nicht-Wissens manifestiert. Expertensysteme werden bereits in anderen medizinischen Bereichen erfolgreich eingesetzt. Dieses Buch argumentiert u. a. auf Grundlage einer wissenschaftstheoretischen Methodik dafür, warum es sinnvoll ist, auch für die Endometriose ein entsprechendes System zu entwickeln und skizziert, wie dieses aussehen könnte. Dazu werden mitunter Formen des Wissens, welche bei der Entscheidungsfindung der Diagnostik und Therapie eine Rolle spielen, untersucht. Die Entwicklung eines Expertensystems für die Diagnostik der Endometriose würde nicht nur eine verbesserte Versorgungsqualität bieten, sondern gleichzeitig die enormen Krankheitskosten senken. Ethische Gesichtspunkte werden dabei ebenfalls ausführlich diskutiert.
Textprobe: Kapitel 7.5.2 Anwendung entscheidungstheoretischer und strategischer Ansätze auf die Endometriose: Wendet man das Vorsorgeprinzip auf die Endometriose an, zeigt sich, dass am praktischen Beispiel der Endometriose die Kritik am Vorsorgeprinzip aus der Theorie bestätigt wird. In Kapitel 6.2.2) wurde festgestellt, dass das Vorsorgeprinzip sich zumeist einseitig auf eine singuläre Risikosituation fokussiert. Auch bezüglich der Endometriose wird innerhalb der Diskussion zur diagnostischen Laparoskopie mit dem Hinweis auf das Vorsorgeprinzip von dem chirurgischen Eingriff abgeraten. Die Risiken und Folgen des in diesem Fall Nicht-Handelns werden dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Auch Watchful Waiting kommt bei der Endometriose-Behandlung häufig vor. Bei Auftreten von Symptomen wird meist zunächst abgewartet, ob jene sich verschlimmern. Die Entscheidung über eine Behandlung wird somit verschoben. Da Endometriose eine proliferative Erkrankung ist und Komplikationen entwickeln kann, ist Watchful Waiting – zumindest im Umgang mit Endometriose – nicht die beste Behandlungsstrategie. Bei Anwendung des Informed Consents auf die Endometriose bestätigt sich die These Claudia Peters, dass die Patientenautonomie unter der Konstellation des Handelns trotz Nicht-Wissen keine absolute mehr sein kann. Wenn auch Claudia Peters These sich auf innovative Medizinfelder in erster Linie im Sinne von Medizinfeldern, in denen neueste Technologien angewendet werden, bezieht, ist doch auch die Endometriose eine Erkrankung an der Schnittstelle zwischen Forschung und medizinischer Praxis. Sie ist von Unsicherheit und Nicht-Wissen geprägt, nicht zuletzt aufgrund fehlender Grundlagenforschung. Beispielsweise sollen Patientinnen oft selbst entscheiden, ob sie sich erneut operieren lassen möchten, obwohl der Erfolg der Behandlung unsicher ist bzw. es unsicher ist, wie lange der Erfolg andauern würde. Die Erfolgsquoten einer operativen Laparoskopie der Endometriose sind darüber hinaus, wie bereits in der Theorie zum Informed Consent erläutert, statistische Werte, welche über die Einzelfallsituation der Patientin möglicherweise wenig aussagen können. Auch zeigt sich anhand der Endometriose, dass die Patientinnen bei Erkrankungen an der Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis viel auf sich allein gestellt sind. Bezüglich der Responsibilisierung der Patientinnen lässt sich anhand der Endometriose feststellen, dass selbst bei Entscheidungen, welche der Arzt getroffen hat und diese also nicht auf Informed Consent beruhten, trotzdem die Patientin allein die Konsequenzen trägt. Medizinische Fehler nachzuweisen und diese somit eventuell auch rechtlich zu verfolgen, ist insbesondere in einem medizinischen Feld wie der Endometriose, wo Zusammenhänge kaum oder nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nachweisbar sind, sehr schwierig. Bei der Endometriose ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit so, dass diese nach operativer Entfernung der Läsionen gerade in den Fällen, wo Herde unter Umständen nicht vollständig entfernt wurden oder aber die Regelblutung nicht sofort nach der Operation künstlich zum Stillstand gebracht wird, wieder auftritt. Dies gilt insbesondere für Patientinnen, bei denen Endometriose trotz Einnahme eines Kontrazeptivums aufgetreten ist, sowie für solche bei denen der Verlauf der Schmerzintensität sehr progressiv ist. Dies muss aber nicht zwangsläufig bei allen Patientinnen so sein. Daher wird es für eine Patientin, die sich erneut operieren lassen muss, äußert schwierig sein, vor Gericht nachzuweisen, dass die Endometriose aus dem Grund wieder nachgewachsen ist, dass möglicherweise der Arzt eine einwöchige Pause der Pilleneinnahme nach der letzten Laparoskopie gefordert hat und dies ein Behandlungsfehler war. Auch Claudia Peter nimmt diese Problematik wahr. Ihr zufolge wäre diesbezüglich sogar eine Neuregulierung der rechtlichen Haftung notwendig, da nicht mehr genügend Wissen zur Absicherung zur Verfügung stehe. Wie diese Neuregulierung gestaltet werden könnte, ist dabei noch offen. Hier zeigen sich die Implikationen und Auswirkungen der Probabilistik und des unsicheren Wissens in der Medizin auf die Praxis. Auch sind diese wiederholt notwendigen Operationen ein Zeichen dafür, wie sich fehlende Grundlagenforschung auswirkt und dass es keinen Weg daran vorbei gibt, bezüglich der Endometriose weiter zu forschen. An dieser Stelle wird auch noch einmal ersichtlich, dass es einen Unterschied gibt, zwischen dem, wer die Verantwortung für Fehler trägt, im philosophischen Sinne, wer die Verantwortung eigentlich zu tragen hat, wem sie zukommt und einer rechtlichen Verantwortung, im Sinne von für die Fehler aufkommen. Dennoch sollte Informed Consent unbedingt weiterhin zur Anwendung kommen, auch bei der Erkrankung der Endometriose, um die Autonomie der Patientin wahren zu können. Diese Ansätze sind im Gegensatz zur folgenden Darstellung der Idee, Expertensysteme für die Diagnostik der Endometriose einzusetzen, bereits gängige Praxis. Keiner dieser Ansätze kann jedoch hilfreich sein, wenn Hausärzte die Endometriose differentialdiagnostisch gar nicht erst in Betracht ziehen. Vorsorgeinstrumente wie die Patientenverfügung und der Organspendeausweis sind im Umgang mit Endometriose eher weniger von Relevanz, da diese hauptsächlich bei Entscheidungen am Lebensende zum Einsatz kommen und eine mögliche Spende eines Organs nicht in den Bereich der Diagnostik und Therapie der Endometriose fällt. Entscheidungstheoretische Berechnungsverfahren auf Grundlage statistischer Daten wie der Bayesianismus sind für die Diagnostik der Endometriose ebenfalls kaum praktikabel.
Michelle Kathrin Möller, M. A., geboren 1989 in Wilhelmshaven, studierte zunächst in Bremen Philosophie und Anglistik. Ihr dabei angeeignetes Wissen vertiefte sie an der Technischen Universität München im Rahmen des Masterstudiengangs Wissenschafts- und Technikphilosophie mit dem Schwerpunkt der Medizinethik, welches sie mit sehr gut abschloss. Auf Grundlage eigener Erfahrungen stellte die Autorin sich die Frage, warum Computersysteme in bestimmten Fällen Ärzten gegenüber in der Diagnostik überlegen sind. Die Forschungen hierzu unter Berücksichtigung ihres medizintheoretischen Hintergrundes führten letztendlich zur Veröffentlichung dieses Buches. Eine Promotion in demselben Forschungsbereich wird angestrebt.
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