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- Die Philosophie des Marcus Garvey: Der jamaikanische Nationalistenführer und die Gründung der UNIA
Philosophie
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 118
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Dieses Buch liefert als bisher einzige Publikation dieser Art in deutscher Sprache, eine biographische Gesamtdarstellung über das Leben und Schaffen des Marcus Mosiah Garvey. Besondere Schwerpunkte bilden hierbei die wichtigsten Lebensstationen Garveys, sein Weltbild, seine Philosophie sowie eine ausführliche Betrachtung von Garveys Zeit in den USA 1916-1927, die dortigen Geschehnisse rund um die von ihm gegründeten Unternehmen bzw. Organisationen UNIA und Black Star Line. Ein weiterer Aspekt ist Garveys mit aller Härte geführter Kampf gegen seine Feinde bzw. Konkurrenten. Dieser betrifft vor allem Garveys komplexes Verhältnis zur NAACP und W.E.B. DuBois, aber auch die National Urban League und andere elitäre afroamerikanische Organisationen, die aufstrebenden Gewerkschaften, feindlich gesinnte Journalisten und deren Zeitungen und die Vereinigten Staaten als Ankläger im Aufsehen erregenden Betrugsprozess gegen Garveys Black Star Line. Anhand von Beispielen aus seiner wichtigsten Publikation, der Negro World, wird des weiteren Garveys journalistischer Stil durchleuchtet, um wichtige Rückschlüsse auf das Phänomen Garvey ziehen zu können. Auf die umstrittene Beziehung Garveys zum Ku Klux Klan und dessen Anführer Clarke wird ebenso eingegangen, wie auf außenpolitischen Aktionen der UNIA im Bezug auf Garveys Back to Africa- Kampagne und Garveys Versuche, in Liberia Fuß zu fassen. Schließlich wird auf die Zeit nach Garveys Deportation aus den USA bis zu seinem Tode 1940 im Londoner Exil geblickt. Im letzten Abschnitt gibt der Autor einen Überblick über das Weiterbestehen der UNIA nach Garveys Tod bis in die heutige Zeit, soweit dies anhand der spärlichen Quellen möglich ist und widmet sich in einem persönlichen Schlussstatement noch einmal explizit Garveys Philosophie und Weltbild und dessen Bedeutung für die afroamerikanische Geschichtsschreibung. Dieses Buch ist ursprünglich aus einer Magisterarbeit am historischen Seminar Heidelberg hervorgegangen welche im Januar 2009 fertiggestellt wurde.
Textprobe: Kapitel 3.2, The Negro World: ‘The function of the Press is public service without prejudice or partiality, to convey the truth as it is seen and understood without favoritism or bias’. Nach früheren Versuchen während seiner Zeit in Zentralamerika, eine eigene Zeitung erfolgreich herauszubringen, gelang Marcus Garvey schließlich mit der Etablierung der ‘Negro World’ (NW), der offiziellen Zeitung der UNIA Harlem, ein publizistischer Erfolg. Zum ersten Mal im Januar 1918 erschienen, wurde die NW binnen Monaten eine der erfolgreichsten von Schwarzen herausgegebenen Wochenzeitungen der damaligen Zeit. Sie erreichte in Spitzenzeiten eine Auflage von 200.000 Exemplaren und war bis zu ihrem Bann durch die europäischen Kolonialmächte in über 50 Ländern der Erde (u.a. Australien und Japan) zu bekommen. Die Kolonialmächte versuchten schnell, die NW zu verbieten, da sie angeblich für Unruhen in den Kolonien sorgte und Rassismus propagierte. Dort, wo das Lesen der NW unter Strafe stand (vor allem in den britischen und französischen Kolonien in Westafrika und der Karibik), schmuggelten Seeleute das Blatt jedoch immer wieder erfolgreich ein. Garvey und seine Anhänger protestierten stets gegen diese Verbote, bezogen sich auf die Pressefreiheit, scherzten über das reaktionäre Verhalten der Kolonialmächte oder schrieben bissige Kommentare und Gedichte: ‘We will keep from them the ‘NEGRO WORLD’ / That no news they´ll have of a flag unfurled / Should they smuggle copies in, and we fail / We will send the sly agents all to jail. / This is the white man´s plan across the sea / Isn´t this wily and vicious as can be?’. Auch eher kritische Zeitgenossen Garveys, wie der jamaikanische Lyriker Claude Mc Kay, einer der führenden Köpfe der ‘Harlem Renaissance’ und später selbst an der NW aktiv beteiligt, lobten den journalistischen Stil und die professionelle Aufmachung der NW: ‘The best edited colored weekly in New York’. Produziert und publiziert wurde die NW von der UNIA-eigenen Finanzgruppe ACL. Zum der Zielgruppe angemessenen günstigen Preis von 5 Cent in New York, 7 Cent in den übrigen USA und 10 Cent im Ausland erhielt der Leser jede Woche eine 10 bis 16-seitige Ausgabe, stets mit einem sphinxartigen Siegel auf der Titelseite mit dem Motto der UNIA ‘One Aim! One God! One Destiny!’ und darunter dem Satz ‘A Newspaper Devoted Solely to the Interests of the Negro Race.’ Bestimmte Teile der NW waren zusätzlich auf Spanisch (‘Spanish Section’) oder (seltener) Französisch verfasst, um auch die Anhänger in der Karibik und Zentralamerika, die des Englischen nicht mächtig waren, zu erreichen. Garvey selbst hatte eine eigene Kolumne auf der Titelseite, stets eingeleitet mit der Begrüßung ‘Fellowmen of the Negro Race’ und unterzeichnet mit ‘Your Obedient Servant, Marcus Garvey, President General’. Hier verbreitete Garvey seine persönliche Sicht der Dinge, appellierte an die Leser, erinnerte an glorreiche Zeiten der afrikanischen Geschichte und machte Werbung für die eigene Sache. In großen Buchstaben wurde so für den Kauf von Aktien der ‘Black Star Line’ geworben (siehe Abschnitt 3.3) und auf wichtige Aktionen der UNIA aufmerksam gemacht. Während Garveys späterem Gefängnisaufenthalt in Atlanta wurde auf der Titelseite wiederholt für dessen Freilassung plädiert und Neuigkeiten über seinen psychischen und physischen Zustand publiziert. Anfangs brachte Garvey die NW noch in Eigenregie heraus, ab Mitte 1918 stellte er einen Weggefährten, den Journalisten William H. Ferris als Herausgeber ein, ihm assistierten lokale Größen wie Hubert Harrison, Eric Walrond, W.A. Domingo (als ‘Editorial Writer’), T.T. Fortune, Duse Mohamed Ali, Garveys früherer Arbeitgeber in London und Hudson Price. Die NW war bis zu ihrer Einstellung im Jahr 1933 das Propagandablatt der UNIA, Grundpfeiler für deren Erfolg und Hauptventil für die anfangs ansehnlichen Aktienverkäufe der ‘Black Star Line’. Für viele schwarze US-Amerikaner und Menschen in der Karibik war die NW der einzige Zugang zu Neuigkeiten aus einer Welt abseits des damals typischen Kolonialismusgedankengutes. Vor allem bei den sozial schwächer gestellten Menschen hatte sie einen sehr guten Ruf: ‘My job ceased for about three months. Off all the newspapers I have read, none refreshes my mind as the Negro World’. Nirgendwo wurde die Philosophie und Ideenwelt Garveys und der UNIA so deutlich ausgedrückt und herübergebracht wie in der NW. Prominente Journalisten wie William Pickens, Thomas Fortune und John Bruce, der seine eigene Kolumne mit dem Titel ‘Bruce Grit´s Column’ hatte, halfen Garvey beim Überbringen seiner Botschaft, schrieben Artikel und Bücherkritiken für die NW und berichteten über Aktionen der UNIA weltweit. Daneben wurde viel Wissenswertes über Afrika, seine verschiedenen Stämme und die großen Männer seiner langen Geschichte veröffentlicht, um den Lesern die glorreiche Vergangenheit ihres ‘Mutterlandes’ näher zu bringen und sie über die einseitige Geschichtsschreibung der Weißen aufzuklären: ‘To read the history of the world, peoples and races, written by white men, would make the Negro feel and believe that he never amounted to anything in the creation. (.) White historians and writers have tried to rob the black man of his proud past in history, and when anything new is discovered to support the race´s claim and attest the truthfullness of our greatness in other ages, then it is skillfully rearranged and credited to some other unknown race or people’. Aber auch Neuigkeiten aus der Weltpolitik und kritische Stellungnahmen zu den Entscheidungen der westlichen Mächte, wie zum Beispiel des Völkerbundes oder der Abrüstungskonferenzen, fanden ihren Platz in der NW und gaben den Lesern somit einen breiteren Überblick über das politische Geschehen außerhalb der Vereinigten Staaten, als viele der damaligen Konkurrenzzeitungen. Weiterer wichtiger Bestandteil der NW waren Neuigkeiten der einzelnen lokalen UNIA-Abteilungen (‘The News and Views of U.N.I.A. Divisions’), sowie eine Seite mit Gedichten rund um Garvey und die UNIA, genannt ‘Poetry for the People’. Garveys zweite Frau, Amy Jacques, übernahm zwischen 1924 und 1927, neben ihrer Tätigkeit bei der UNIA, auch eine aktive Rolle bei der NW. Sie publizierte auf einer ganzen Seite speziell an schwarze Frauen gerichtete Artikel (‘Our Women And What They Think’) und verhalf der NW somit zu mehr Erfolg bei den weiblichen Lesern, die immerhin gut ein Drittel der UNIA-Mitglieder ausmachten. Garvey hatte, anders als andere Herausgeber von Zeitungen für Schwarze in diesen Tagen, von Beginn an darauf bestanden, dass bestimmte Werbung für haarglättende Produkte oder Hauterheller, welche damals in der städtischen Mittel- und Oberschicht sehr beliebt waren, nicht in der NW abgedruckt werden durfte, da sie gegen den Stolz und die Reinheit der schwarzen Rasse gerichtet sei und der Rassenvermischung diente: ‘Nearly all the newspapers of the race had entered into a conspiracy to taboo the term ‘Negro’ and popularize the term ‘colored’ as the proper race term. To argument this, they also fostered the propaganda of bleaching out black skins to light complexions, and straightening out kinky or curly hair to meet the ‘standard’ of the new ‘society’ that was being promoted’. Der zum Teil sehr scharfe journalistische Ton Garveys, das bedingungslose Einstehen für ‘Race Pride’ und wiederholte Hasstiraden gegen seine Gegner brachten der NW auch innerhalb der USA den Ruf ein, Verbrechen und Gewalt zu befürworten und zu fördern. Die offiziellen Behörden, darunter die Staatsanwaltschaft und das ‘Lusk Comitee’ der Stadt New York stuften die NW (neben anderen Zeitungen der schwarzen Presse) in ihren Berichten als potentiell gefährlich für die innere Sicherheit und tendenziell pro-kommunistisch ein, und das obwohl Garvey stets kritisch gegenüber sämtlichen politischen Strömungen innerhalb der USA blieb und ihnen misstraute. Garvey machte in der NW keinen Hehl aus seiner Einstellung gegenüber der afroamerikanischen Oberschicht der USA und ihren Protagonisten und Zeitungen, welche für ihn die größten Feinde des Fortschritts der schwarzen Rasse darstellten: ‘Negro newspapers will publish the gravest falsehoods without making any effort to first find out the authenticy they publish the worst crimes and libels against the race, if it pays in circulation or advertisements. (.) The primary motive of Negro newspaper promoters is to make quick and easy money’. Bevorzugte Ziele der journalistischen Attacken Garveys waren der ‘Chicago Defender’ von Robert S. Abbott, W.E.B. DuBois und seine Zeitschrift ‘Crisis’, sowie Cyril Briggs und der ‘Crusader’. Diese medialen Anfeindungen brachten Garvey mehrmals Strafanzeigen wegen Verleumdung und Hetzerei ein (siehe auch Abschnitt 3.4). 1922 brachte Garvey zusätzlich zur NW noch die Tagesszeitung ‘Negro Times’ heraus, welche der NW nachempfunden war, allerdings aufgrund zu hoher Kosten nach 26 Ausgaben wieder eingestellt wurde. Die NW war auch während Garveys Abwesenheit im Gefängnis 1923 und 1925-27 stets von ihm kontrolliert (mit Hilfe der aufopferungsvollen Mitarbeit von Amy Jacques) und machte trotz aller finanziellen und politischen Hindernisse kontinuierlich Werbung für Garvey und seine Organisationen. Erst mit Garveys Deportation 1927 und der zunehmend schlechteren finanziellen Lage der zurückgebliebenen amerikanischen UNIA (siehe Abschnitt 4.1) wurde ihr langsames Ende eingeläutet. Zunehmend isoliert und nicht mehr von Garvey kontrolliert und mitpubliziert, erschien die NW jedoch noch jede Woche bis Juni 1933 in fast unveränderter Aufmachung. Nach ihrer Einstellung wurden noch einige Versuche unternommen, die NW wiederzubeleben. 1934 erschienen einige Ausgaben der inoffiziellen Nachfolgezeitung ‘Negro Peace Echo’. Das Unterfangen wurde allerdings schnell eingestellt. James R. Stewart veröffentlichte 1942, zwei Jahre nach Garveys Tod von Cleveland aus für einige Monate das Magazin ‘New Negro World’ und 1945 gab es einige Ausgaben der Zeitschrift ‘Voice of Freedom’, die mit freundlicher Genehmigung der Witwe Garveys, Amy Jacques, von dessen übrig gebliebenen Anhängern in New York auf den Markt gebracht wurde und auf deren Titelseite das alte Motto der UNIA prangte: ‘One God! One Aim! One Destiny!’.
Sebastian Stehlik, M.A., geb. 1977 in Karlsruhe, studierte an der Ruprecht-Karls Universität mittlere und neuere Geschichte mit Schwerpunkt amerikanischer und afrikanischer Kulturgeschichte sowie VWL mit Schwerpunkt Entwicklungszusammenarbeit in Afrika und Lateinamerika. Er lebt und arbeitet heute in Dresden und beschäftigt sich derzeit mit den Möglichkeiten einer Promotion im Fachgebiet Cultural Studies über das Phänomen des Sampling in der afro-amerikanischen zeitgenössischen Musik. Sebastian Stehlik ist nebenbei Musikproduzent, DJ und Radiomoderator, betreibt zwei Netlabels für elektronische Musik und ist Mitglied im Kukulida E.V. für Kunst und Kultur, Dresden.
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