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Philosophie


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Dieses Buch beschäftigt sich mit gleich zwei bzw. drei grundlegenden Konzeptionen des amerikanischen Pragmatisten John Dewey und führt sie zusammen: Deweys kunstphilosophischer Ansatz wird auf der Basis seiner Philosophie der Erfahrung grundlegend erörtert, anhand eines Theaterstücks des deutschen Dramatikers Bertolt Brechts belegt und schließlich rückwirkend in Deweys pädagogisches Konzept integriert. John Dewey gilt als ein Hauptvertreter des amerikanischen Pragmatismus. Dieser philosophischen Strömung zufolge ist der praktische Umgang mit den Dingen der (Um-)Welt die einzig sinnvolle Quelle für Wissen und Erkenntnis. Der Mensch und sein Handeln rücken im Erkenntnisprozess in den Vordergrund. Demzufolge ist der Pragmatismus der Gegenspieler zur traditionellen Erkenntnisphilosophie, die noch heute in Europa nachwirkt. Deweys erklärte Absicht bestand darin, die alltäglichen, menschlichen Probleme mithilfe der Philosophie zu lösen, um die Lebensqualität der Menschen langfristig zu verbessern. Trotz der zahlreichen philosophischen und pädagogischen Schriften, die er in diesem Sinne veröffentlichte, brachte er selbst seine kunstphilosophischen Betrachtungen nie explizit in Verbindung mit seinem pädagogischen Ansatz. Doch Deweys Ästhetik birgt große Potenziale für eine Pädagogik, die den SchülerInnen aller Altersgruppen langfristig Wachstum, Reife, Selbstvertrauen, Kritikfähigkeit und Freude an lebenslanger Bildung ermöglicht. Deweys ästhetische Theorie darzulegen und ihre pädagogischen Potenziale aufzudecken ist oberstes Ziel dieser Studie.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3, Ausdruck und Form: Jede kunstphilosophische Theorie kreist im Wesentlichen um die Aspekte des ‚Ausdrucks‘ und der Form‘ doch Dewey zufolge werden beide Begriffe in der traditionellen Philosophie oft missverstanden und fehlinterpretiert. Kunst wird in diesem Rahmen häufig als ‚Ausdruck‘ definiert, was dazu führt, dass der Kunstbegriff lediglich als ‚Selbstausdruck‘, als ‚Ausdruck von Emotionen‘ oder als ‚Ausdruck von Wünschen‘ verstanden wird (Vgl. Barnes 1939: 18f.). In Deweys ästhetischer Konzeption ist das Gegenteil dieser Annahmen der Fall hier bilden Form und Ausdruck den Prozess, der zur Vereinheitlichung des ‚experience‘ führt. 2.3.1, Akt und Objekt des Ausdrucks: Entgegen der Auffassung der traditionellen Philosophie sind Akt und Objekt des Ausdrucks (‚the expressive act‘ und ‚the expressive object‘) in Deweys Konzeption sehr eng miteinander verbunden. Die unmittelbare Trennung beider Aspekte ist de facto nicht möglich, denn ist der Schaffensprozess unästhetisch und ausdruckslos, kann beim fertigen Produkt nicht von einem Kunstwerk ausgegangen werden. Eine getrennte, obgleich ineinander verwobene Analyse dieser Momente kann nur in der Reflexion erfolgen. Sie soll dazu dienen, die enge Verbundenheit zwischen Akt und Objekt des Ausdrucks auf unmittelbarer Ebene noch besser zu verstehen. Der Akt des Ausdrucks ist das ästhetische ‚experience‘ des Künstlers, das sich schließlich im Objekt des Ausdrucks, dem Kunstwerk, spiegelt und so dem Rezipienten, dem Betrachter oder dem Publikum, die Möglichkeit eines ganz eigenen, neuen ästhetischen ‚experience‘ gibt. Um diese These aufzuschlüsseln, ist es an dieser Stelle von Vorteil, sich noch einmal auf die allgemeine Entstehung von ‚experiences‘ zu besinnen: sie kommen in der Interaktion zwischen Selbst und Welt zutage. Dieses Interaktionsfeld ist für das Individuum unhintergehbar, das Individuum kann sich ihm gleichzeitig nicht entziehen, da es zum Überleben auf seine Umwelt angewiesen ist. Der Organismus hat mehr oder minder lebenswichtige Bedürfnisse, die er nur in Interaktion mit seiner natürlichen Umwelt stillen kann. Aufgrund dieser Bedürfnisse wird das Selbst zum aktiv-passiven Wechselspiel mit der Welt angetrieben dieser Antrieb (‚impulsion‘) ist der Beginn eines jeden ‚experience‘. Durch die Wahrnehmung der individuellen Qualität der Situation werden schließlich Emotionen geweckt, mithilfe derer das Interesse am Weiterführen der begonnen Handlung bestehen bleibt. Doch da ein lediglich von Antrieb und Emotion gesteuertes Handeln blind ist, muss die vorhandene Energie in wohl überlegtes Handeln umgewandelt werden. Damit dies geschehen kann, muss der Künstler eine doppelte Transformation von vergangenen ‚experiences‘ (Erinnerungen) und neuen Materialien vollziehen. Gelingt ihm dies, so entsteht ein neues signifikantes Objekt, das Kunstwerk. Dieser Prozess beschreibt sich wie folgt im Detail: Die kontinuierliche Interaktion zwischen Selbst und Welt ist auf der einen Seite unhintergehbar gleichzeitig ist das Selbst darauf angewiesen, denn es hat Bedürfnisse. Diese Bedürfnisse können existenzieller Art sein, wie z.B. Atemluft oder Nahrung es kann sich allerdings ebenso um kulturelle Notwendigkeiten handeln, wie z.B. Werkzeuge, Geräte, Besitztümer oder Freundschaften (Vgl. LW 10: 64f.). Diese Bedürfnisse macht der ganze Organismus geltend das bedeutet, Körper und Geist sind in ihrer unmittelbaren Einheit gleichermaßen daran beteiligt. Dadurch entsteht ein Antrieb (‚impulsion‘), eine nach außen gerichtete, vorwärts drängende Bewegung des ganzen Organismus, der ihn - im wörtlichen Sinne - zum Handeln antreibt (Vgl. ebd.). Das Selbst tritt nun mit seiner Umwelt in Interaktion, um seine Bedürfnisse befriedigen zu können. Doch die Welt ist von unbeständigem und wechselhaftem Charakter. Jede Form von Handlung muss daher mit Bedacht geschehen. Der Antrieb spielt zwar eine wichtige Rolle, denn er bewegt das Selbst dazu, die Handlung immer weiter fortzusetzen, bis das Bedürfnis gestillt wurde. Allerdings darf dieser Aspekt die Handlung nicht kontrollieren, denn dies würde lediglich zu blindem, ungeordnetem Agieren und Reagieren führen. Doch mithilfe der Assimilation von Bedeutungen durch die Erinnerung an vergangene ‚experiences‘ wird die Energie des Antriebs in wohl überlegtes Handeln umgewandelt. Die Erinnerung an vergangene ‚experiences‘, gepaart mit der Hoffnung auf ein erfüllendes Ende der derzeitigen Situation, macht so eine Erweiterung des gegenwärtigen Augenblicks möglich. Dadurch werden Zusammenhänge und Potentiale sichtbar gemacht (Vgl. Alexander 1998b: 27). ‘The junction of the new and old is not a mere composition of forces, but is a recreation in which the present impulsion gets form and solidity while the old, the ‘stored,’ material is literally revived, given new life and soul through having to meet a new situation.’ (LW 10: 66). Durch diese doppelte Veränderung von Altem und Neuem in ein- und demselben Prozess wird eine Aktivität in ausdrucksvolles Handeln umgewandelt - es ist ‘an act of expression’ (Ebd.). Ein Akt des Ausdrucks setzt demnach neben der Assimilation von Bedeutungen durch die Erinnerung an vergangene ‚experiences‘ gleichermaßen die Erkundung der Umwelt nach neuen Materialien voraus. Mit der Welt interagierend muss das Selbst Mittel (‚means‘) und Medien (‚media‘) finden, und diese im weiteren Verlauf anordnen und gestalten. Durch die Entdeckung und Neugestaltung der natürlichen Materialien entwickelt sich so auch das ‚experience‘ weiter. Es nimmt Ordnung und Bedeutung an (Vgl. Alexander 1998b: 27). Oftmals tritt die Welt den Energien des Antriebs jedoch entgegen und lenkt sie ab dies führt zu Schwierigkeiten im Handlungsverlauf. In Grangers Erläuterungen findet sich hierzu das Beispiel der Bildhauerin, die eine Plastik erstellen möchte und dabei auf Widerstände stößt: so ist die von ihr gewählte Sorte Ton vielleicht gerade nicht verfügbar vielleicht auch lässt sich der Ton nur widerspenstig bearbeiten und formt sich nicht ihren Wünschen entsprechend es ist ebenso gut möglich, dass die Künstlerin in ihrer Motorik eingeschränkt ist und dadurch Probleme bei der Bearbeitung des Materials auftreten (Vgl. Granger 2006: 154). Widerstände solcher Art haben allerdings eine wichtige Funktion, denn sie verstärken Emotion und Interesse. (Vgl. Granger 2006: 154) Anders ausgedrückt, ‘We comprehend things in terms of their potentialities, not just in terms of brute identity or ‘isness.’ Because there is drama in life, there is emotion in experience.’ (Alexander 1998b: 27). Gewisse Widerstände können den Antrieb behindern und zu Missmut führen so mag die Künstlerin den Ton frustriert und wütend in ihrer Hand zerdrücken. Die rohe emotionale Entladung ist allerdings niemals ausdrucksvoll, denn sie hilft dem Individuum nicht dabei, aufmerksam bei der Tätigkeit zu bleiben sie führt nicht zur Gestaltung und Anordnung des für den bedeutungsvollen Ausdruck notwendigen Materials, wie z.B. Töne, Bilder, Worte oder Ideen. Zwar mag der Betrachter das Verhalten der Bildhauerin als Ausdruck einer kreativen Blockade interpretieren, doch insofern sie selbst sich der Bedeutung ihres Verhaltens nicht bewusst ist, ist das von ihr initiierte Zerdrücken des Tons kein Akt des Ausdrucks (Vgl. Granger 2006: 154). Die bloße Entladung von Emotion trägt nicht zur Fertigstellung oder Vervollständigung des Werkes bei sie ist, schlicht gesprochen, nur die Freisetzung von Energien. (Vgl. ebd.) In Deweys Worten formuliert, ‘To discharge is to get rid of, to dismiss to express is to stay by, to carry forward in development, to work out to completion’ (LW 10: 67f.). Im ausdrucksvollen Prozess der Transformation von Altem und Neuem sind Emotionen von wesentlicher Bedeutung, denn sie fungieren in der Interaktion als ordnende und aktivierende Kräfte. (Vgl. Granger 2006: 156) Sie sind Teil des Bestrebens, die sich dem Künstler entgegen stellenden Widerstände zu verwandeln und zu überwinden. Im Prozess des Ausdrucks deuten geweckte Emotionen auf all die Aspekte hin, die noch unklar und unstimmig sind, sodass sie mithilfe von intellektueller Reflexion zu Klarheit und Einheit geführt werden können (Vgl. LW 10: 73). Trotzdem ist Kunst für Dewey kein ‘Ausdruck von Emotionen’: ‘‘Expression of emotion’ similarly is interpreted only too often to mean ‘emotion, not thought or understanding’ art then exists to produce thrills, and its practice gives license to what is essentially psychological exhibitionism.’ (Vgl. ebd.). Der emotionale Zustand, in dem sich ein Poet während des Prozesses der Dichtung befindet, kann, im Gegensatz zur Vorstellung der Romantiker, im Nachhinein nicht im Gedicht erlesen werden ‘Emotion is not what gets expressed it is the manner of expression.’ (Granger 2006: 156) [Herv. v. Verf. geänd.] Nicht das Selbst oder seine Emotionen werden ausgedrückt, sondern die empfundene Bedeutung einer Situation, die sich in Form ihrer einzigartigen Qualität äußert (Vgl. ebd.). Der Unterschied zwischen der rohen emotionalen Entladung und der ausdrucksvollen Handlung, die Emotion als ordnende Kraft nutzt, besteht darin, dass in letzterer ein Medium vorhanden ist. Eine Handlung, die beispielsweise einen Willkommensgruß ausdrückt, nutzt das Lächeln, die ausgestreckte Hand, als Medium. Der Maler wandelt Pigmente in Mittel um, die ein bildliches ‚experience‘ ausdrücken. Mit anderen Worten: ursprünglich spontane, primitive Handlungen werden im Prozess des Ausdrucks zu Mitteln konvertiert, die die Interaktion zwischen Mensch und Welt bereichern und kultivieren. Daher weist Dewey darauf hin, dass ‘Only where material is employed as media is there expression and art.’ (Ebd.: 69). Ausdrucksvolles Handeln ist aus diesem Grunde stets immanent mit einem Medium verbunden. Das im Prozess des Ausdrucks bearbeitete, natürliche und rohe Material wird medial, wenn es hinsichtlich seines Einsatzes, seiner Rolle und seiner Beziehungen bewusst und gezielt verwendet wird - so wie einzelne Töne sich in Musik verwandeln, wenn sie in Form einer zusammenhängenden Melodie arrangiert werden. Ob diese Musik nun traurige, fröhliche oder besinnliche Emotionen erzeugt, hängt ganz essentiell von der Auswahl und der rhythmischen Anordnung der Töne ab (Vgl. ebd.: 69f.). Authentischer und zielgerichteter Ausdruck erfordert die effektive Wahrnehmung der sich im Antrieb implizit äußernden Absichten. Ausdrucksvolles Handeln ist immer von Widerständen geprägt, die dem Künstler bei der Bearbeitung des von ihm gewählten, rohen Materials entgegen treten. Jene Widerstände spielen jedoch eine wesentliche Rolle: sie sorgen dafür, dass der Antrieb Rechenschaft über sich selbst ablegen muss nur so kann ein signifikantes Objekt (‚significant object‘) entstehen (Vgl. Granger 2006: 154). An dieser Stelle wird noch einmal sehr schön deutlich, dass Akt und Objekt des Ausdrucks untrennbar miteinander verbunden sind denn, wie Granger schreibt. ‘To make things into significant objects, media, they must be cared for, minded affectively as well as cognitively. […] This is why it is fundamentally impossible to detach the what from the how of expression while leaving expressed meaning intact.’ (Ebd.: 154f.). Handlung und Produkt sind organisch miteinander verbunden. (Vgl. LW 10: 88f.) Die Verwandlung des Materials ist im Rahmen dessen von doppelseitigem Charakter: zum einen ist sie physischer Art, denn der Künstler muss Marmor beschlagen, Pigmente auf die Leinwand übertragen oder Worte zusammenfügen. Doch eine Handlung ist nur wahrhaft ausdrucksvoll, wenn neben der physischen Transformation auch eine mentale Modifikation stattfindet, eine Verwandlung innerer Materialien, Bilder, Beobachtungen, Erinnerungen und Emotionen des Künstlers ‘A work is artistic in the degree in which the two functions of transformation are effected by a single transformation.’ (Ebd.: 81). Da jedes Kunstwerk das Produkt eines ästhetischen ‚experiences‘ ist und aufgrund seines individuellen Charakters kein ästhetisches ‚experience‘ dem anderen gleicht, ist auch jedes authentische Kunstobjekt einzigartig und nicht duplizierbar. (Vgl. ebd.: 113) Dies liegt allein an der sorgfältigen Aufmerksamkeit, die der Künstler seiner Arbeit im Hinblick auf das fertige Produkt widmet. Originalität hängt dabei eng mit der individuellen Auswahl der Materialien, Mittel und Medien zusammen, die er bearbeiten und transformieren will ‘[…] what makes an artist original is the discovery of objective aspects of the world, aspects which have previously escaped attention and the difficulty of the discovery is sufficient to absorb all his energies.’ (Barnes 1939: 19). Der ‚wahre‘ Künstler sucht in diesem Prozess stets nach Materialien, die seinen individuellen Vorstellungen und Visionen großen Spielraum bieten er meidet jene Stoffe, die, aus ästhetischer Sicht betrachtet, schon vollkommen ausgeschöpft worden sind. Dewey zufolge, überlässt der Künstler es anderen, weniger Begabten, bereits gesagte Dinge noch einmal (wenn auch geringfügig abgewandelt) zu sagen (Vgl. LW 10: 94). Jede Art von ästhetischem Ausdruck ist immer ein bewusster Interaktionsprozess, in dem rohes, primitives Material in ein signifikantes Objekt - das Kunstwerk - transformiert wird. (Vgl. LW 10: 70) Ist der Künstler auf ihn inspirierendes Material gestoßen, so beginnt seine eigentliche künstlerische Arbeit, nämlich die Anordnung und Gestaltung der Aspekte des ‚experience‘ im Prozess des Ausdrucks. Dabei bedeutet ‘Ausdruck‘ nicht, dass der Künstler die bereits in seiner Vorstellung (‚imagination‘) existierenden Konzeptionen lediglich auf Papier oder Leinwand überträgt vielmehr ist es seine Aufgabe, jene phantasievollen Entwürfe gar erst in der wechselseitigen Interaktion mit seiner Umwelt zu konstruieren (Vgl. Barnes 1939: 20). Mit anderen Worten. ‘Any alleged artistic creation in which no such gradual forging of an imaginative conception takes place is merely manufactured from a stereotype: it quickens no new interest, expands no horizon, conveys no new insight into the essential relations between things.’ (Ebd.).

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