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Philosophie

Jan-Patrick Stärk

Das Leib-Seele-Problem, die Hirnforschung und die exzentrische Positionalität

ISBN: 978-3-8428-6898-4

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Dieses Buch setzt sich intensiv mit dem Leib-Seele-Problem auseinander. Hierbei geht es vordergründig darum, die Lösungsschwierigkeiten der wichtigsten Ansätze herauszufiltern und diese anschließend der exzentrischen Positionalität von Plessner gegenüberzustellen. In einer historischen Dreiteilung wird dem Leib-Seele-Problem mit seinen Wurzeln in der Antike, in der klassischen Neuzeit und dem modernen Geist-Gehirn-Problem Rechnung getragen. Der Materialismus stellt im aktuellen Diskurs das favorisierte Lehrmodell dar, weshalb diesem und seinen unterschiedlichen Ausprägungen ein besonderes Augenmerk geschenkt wird. Aufgrund einer regen Beteiligung der Hirnforschung an der Leib-Seele-Debatte werden die Positionen von Wolf Singer und Gerhard Roth in die Ausarbeitung einbezogen. Es zeigt sich, dass sowohl reduktiv als auch nicht reduktiv materialistischen Lösungsansätzen schwerwiegende Einwände gegenüberstehen. Scheitert der reduktive Materialismus spätestens an der Unerklärbarkeit der Qualia und dem Selbstbewusstsein, haben nicht reduktive Materialisten mit der Standhaftigkeit ihrer eigenen Position zu kämpfen. Konsequenterweise müssen sie entweder den Rückzug in den Reduktionismus antreten oder in einen unheilvollen Dualismus verfallen, der mit der Interaktion zwischen Körper und Geist zu kämpfen hat. Insofern scheint sich das Leib-Seele-Problem, ähnlich einem Teufelskreis, einer Lösung zu entziehen. Alternativ dazu entwickelte Plessner die Theorie der exzentrischen Positionalität, die den Menschen aus der organischen Natur heraus rekonstruiert. Im Leben selbst, welches körperlich und seelisch zugleich und im Menschen ist, findet Plessner einen Ausweg aus dem Reduktionismus und dem Substanzdualismus. Mit der Grenzrealisierung bzw. dem Doppelaspekt als Eigenschaft erlangt der zum Leben erwachte Körper den Charakter der Positionalitiät, der, in aufsteigender Stufe, den Menschen zu dem macht, was er ist: Einem exzentrisch positionierten Wesen, welches sich im Ich als positionales Aktivitätszentrum ausdrückt und den Inbegriff von Selbstreflexion und Selbstbewusstsein darstellt. Über das denkende Ich konstituiert sich die Sphäre des Geistes, die kein zusätzliches Substrat neben Körper und Seele darstellt, sondern als soziales Phänomen zu betrachten ist. Dank der Hirnforschung wissen wir heute, dass eine Steigerung der Selbstreferenz im Gehirn zu Metarepräsentationen führt, die das physische Pendant bzw. den physischen Aspekt zum exzentrischen, geistigen Ich darstellen könnten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.4, Das moderne Leib-Seele-Problem: Die neuere Leib-Seele-Debatte grenzt sich in vielerlei Hinsicht von der Klassischen ab. Sie steht im Zeichen der Philosophy of mind, die in ihren Anfängen, bedingt durch den linguistic turn, analytisch geprägt war. Wie bereits erwähnt, rückt der Materialismus in den Mittelpunkt der Kontroverse und der Substanzdualismus und der reine Idealismus spielen lediglich eine untergeordnete Rolle. Der Widerwille gegen den Physikalismus führte ab 1970 zu verschiedenen Spielarten des nicht-reduktiven Materialismus und zur Wiederbelebung des phänomenalen Bewusstseins, welches sich u. a. in der Qualia-Debatte wiederspiegelt. Ein weiterer Aspekt ist die interdisziplinäre Einbettung der Diskussion, die insbesondere unter dem Einfluss der Hirnforschung steht. Selbstverständlich ist die aktuelle Debatte nicht losgelöst vom historischen Leib-Seele-Problem, sondern tief in diesem verwurzelt. Metzinger spricht diesbezüglich von einer Reformulierung bzw. Transformierung traditioneller Ansätze, bei denen die Gegensätze personal/subpersonal, subjektiv/objektiv, phänomenal/funktional und intentional/physikalisch besonders bedeutsam werden. Die Differenz zwischen personalen und subpersonalen Zuständen lässt sich am ‘mereologischen Fehlschluss’ veranschaulichen. Dabei werden nämlich Eigenschaften eines Ganzen mit den Eigenschaften seiner Teile verwechselt. Nicht das Gehirn denkt oder fühlt, sondern der Mensch als Ganzes. Mentale Phänomene sind demnach Eigenschaften einer Person und nicht seiner Teile. Umgekehrt gilt aber auch, dass der Mensch als Ganzes nicht zum Subjekt neurologischer Prädikate gemacht werden darf. Problematisch ist hierbei, dass die Beschreibungsebenen inkompatibel sind und sich auch die Ursache-Wirkungs-Kette zwischen ihnen nicht zu einem Naturgesetz erheben lässt. Hieraus folgt die nomologische Inkommensurabilität des Mentalen. Geistige Zustände zeichnen sich durch Subjektivität aus, d. h. sie sind nur aus der Erste-Person-Perspektive erfahrbar. Im Gegensatz dazu sind der Körper bzw. das Gehirn aus der objektiven Dritte-Person-Perspektive zugänglich. Während es sich bei der Unverträglichkeit von personalen und subpersonalen Zuständen eher um ein begriffliches Problem handelt, liegt bei der Erste-Person-Perspektive ein erkenntnistheoretisches Problem vor. Mit der Privatheit des Zugangs der Erste-Person-Perspektive eng verknüpft ist die Problematik des phänomenalen Bewusstseins bzw. der phänomenalen Eigenschaften, sprich der Qualia. Mentalen Zuständen ist es nämlich eigen, sich auf eine gewisse Weise anzufühlen, d. h. sie haben einen qualitativen Charakter. Genau dies unterscheidet sie von funktionalen Zuständen. Jeder reduktive Ansatz hat eben genau mit dieser Privatheit bzw. Erlebnisqualität des Geistes zu kämpfen. Es ist völlig ungeklärt, wie und warum Qualia entsteht und wie ihre Verbindung zur objektiven physischen Welt zu denken ist. Es ist aber nicht allen geistigen Zuständen eigen einen phänomenalen Charakter aufzuweisen. Die zweite Klasse von mentalen Phänomenen sind die intentionalen Zustände, die sich nicht auf eine gewisse Art und Weise an fühlen, sondern auf etwas gerichtet sind. Intentionale Zustände sind im Gegensatz zu körperlichen Zuständen Träger von Bedeutungsinhalten und sind durch Wahrheits- und Erfüllungsbedingungen charakterisiert. Im Zentrum der neueren Leib-Seele-Debatte stehen offensichtlich keine eigenständigen immateriellen Substanzen mehr, sondern mentale Zustände und Eigenschaften. Doch wie ist ihre Beziehung zur physikalischen Welt zu verstehen? Faktum ist, dass sich insbesondere die Qualia schwer in das naturwissenschaftliche Menschen- und Weltbild integrieren lassen. Der reduktive Materialismus steht vor der Aufgabe zu zeigen, dass mentale Charakteristika wie Bewusstsein, Privatheit, Nicht-Räumlichkeit, Unkorrigierbarkeit, Intentionalität oder Qualia nur Spielarten physischer Zustände sind. 2.4.1, Materialismus: Den Materialismus haben wir in dieser Arbeit bereits bei den antiken Atomisten kennengelernt. Er wurde erst wieder in der Zeit der Aufklärung u. a. von Laplace und La Mettrie aufgenommen. Der reine Materialismus zeichnet ein vollständiges deterministisches Menschen- und Weltbild, in dem kein Platz mehr für eine Seele oder mentale Eigenschaften ist. Alle mentalen Phänomene sind letztlich auf die Materie, der einzigen Substanz im Universum, zurückzuführen oder mit ihr iden-tisch. Der Geist des Menschen, wenn er überhaupt existiert, muss evolutionär aus der Natur hervorgegangen sein und unterliegt damit denselben Naturgesetzen, wie der Körper bzw. das Gehirn. Die physische Welt ist kausal geschlossen und schon allein deswegen verlieren Seele und Geist ihren Sinn und ihre Wirkung. Der Materialismus bestimmt seit dem die Diskussion um das Leib-Seele-Problem und die meisten Ansätze sind Versuche ihn zu widerlegen oder zu bestätigen. Er steht vor der schwierigen Aufgabe alle mentalen Phänomene auf Basis der Materie zu erklären. Du Bois-Reymond prognostizierte 1872 in seinem Vortrag ‘Über die Grenzen des Naturerkennens’ die Probleme des reduktiven Materialismus mit diesen Worten: ‘ [...] Allein es tritt nunmehr, an irgend einem Punkt der Entwicklung des Lebens auf Erden, den wir nicht kennen und auf dessen Bestimmung es hier nicht ankommt, etwas Neues, bis dahin Unerhörtes auf, etwas wiederum [...] Unbegreifliches. [...] Dies neue Unbegreifliche ist das Bewusstsein. Ich werde jetzt, wie ich glaube, in sehr zwingender Weise darthun, dass nicht allein bei dem heutigen Stand unserer Kenntnis das Bewusstsein aus seinen materiellen Bedingungen nicht erklärbar ist, was wohl jeder zugiebt, sondern dass es auch der Natur der Dinge nach aus diesen Bedingungen nie erklärbar sein wird.’ (Du Bois-Reymond 1898, S. 33) Der Materialismus tritt in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf, wobei grundsätzlich zwischen reduktiven und nicht reduktiven Ansätzen unterschieden werden muss.

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