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- Tiere in der Therapie psychisch kranker Menschen: Ein Überblick über den Einsatz von Tieren in der stationären Psychiatrie
Pflege
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Buch zielt auf den Einsatz der Tiergestützten Therapie in der stationären Behandlung psychisch kranker erwachsener Menschen ab. Es besteht aus zwei Teilen: Der erste allgemeine Teil gibt ausgehend von einem geschichtlichen Überblick eine klare Bestimmung und Abgrenzung der verschiedenen Subtypen der Tiergestützten Interventionen. Es werden die Standards und die Qualitätssicherung für Anbieter im deutschsprachigen Raum dargestellt. Verschiedene allgemeine theoretische Ansätze zur Erklärung der Wirksamkeit der Tiergestützten Intervention werden diskutiert. Modelle der Interaktion von Mensch und Tier werden dargestellt. Dabei geht ein Kapitel spezieller auf die Anwendung in einer stationären Einrichtung ein, darin wird dargestellt, was für den Einsatz von Tieren in Kliniken zu beachten ist, z.B. Hygiene und Unfallgefahr sowie rechtliche Aspekte. Außerdem gibt die Autorin einen Überblick über die Konzepte für Tiergestützte Interventionen mit verschiedenen Tierarten wie Hunden, Pferden, Lamas und Alpakas, Kleintieren und Insekten. Im zweiten Teil wird ein konkretes Konzept für die Einführung Tiergestützter Interventionen in eine psychiatrische Klinik beschrieben. Hierzu werden zunächst allgemein die personalen, finanziellen und rechtlichen Voraussetzungen dargestellt. Es wird beschrieben, welche Voraussetzungen für die Tiere geschaffen werden müssen. Diese allgemeinen konzeptuellen Überlegungen werden dann am Beispiel des Bezirksklinikums Mainkofen in Niederbayern konkretisiert. Es wird dargestellt, welche kurz-, mittelfristig- und langfristig geplanten Interventionen umsetzbar sind. Der praktische Nutzen dieses Buches zeigt sich darin, dass ein Teil der Konzepte bereits umgesetzt ist. Es soll auch andere Kliniken und deren Mitarbeiter anregen, eigene Konzepte zu entwickeln, und ihnen Mut machen, diese in der Praxis umzusetzen.
Textprobe: Kapitel 1.7.1 Hygiene und Unfallgefahr: Ist die Rede von Tieren in Zusammenhang mit Kliniken und Krankenhäusern, wird oft als erstes gefragt, wie die Tierhaltung mit Hygiene und Unfallgefahr zu vereinbaren sei. Diese beiden Aspekte werden in diesem Kapitel näher erläutert. In Deutschland ist die Hygiene in Krankenhäusern im Bundesseuchengesetz geregelt. Sie wird durch die ‘Richtlinien für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention’ des Robert-Koch-Instituts präzisiert. Als Rechtsgrundlage gilt §36 Infektionsschutzgesetz, das von Gemeinschaftseinrichtungen eine Erstellung eines Hygienekonzepts fordert. Schwarzkopf stellt exemplarisch einen Hygieneplan speziell für die Tierhaltung in Kliniken vor. Der Plan ist im Anhang dieses Buches zu finden (Anhang 3). Weiter regelt BGV C 8 die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften im Gesundheitswesen und die Biostoff-Verordnung. Eine Rechtsnorm, die den Umgang mit Tieren in Einrichtungen des Gesundheitswesens generell verbietet, gibt es nicht. Die Regelungen sind in den Bundesländern unterschiedlich. Deshalb ist es empfehlenswert die Gesundheitsbehörden der Länder zu kontaktieren. In Bayern gibt es beispielsweise die ‘EHIP 2000’, eine Empfehlung für Hygiene und Infektionsprävention in Pflegeheimen. Selbstverständlich sollten die zu therapeutischen Zwecken eingesetzten Tiere sauber, gesund, geimpft und entwurmt sein. Sie müssen sich regelmäßig tierärztlichen Kontrollen unterziehen und sollten nicht äußerlich mit Insektiziden, z.B. gegen Läuse, Flöhe oder Zecken, behandelt werden. Eine solche Behandlung könnte bei empfindlichen Patienten allergische Reaktionen hervorrufen. Wenn ein Tier neben einem Patienten im Bett liegen soll, ist für eine spezielle Unterlage zu sorgen. Nach dem Kontakt sollten allgemeine Hygienemaßnahmen erfolgen und das Bett gegebenenfalls desinfiziert werden. Die Tiere müssen selbstverständlich von Lebensmitteln und Medikamenten ferngehalten werden und dürfen keinen Zugang zum Wäschelager, zur Küche und auch nicht zur Teeküche haben. Für jede Station ist ein spezieller Hygieneplan zu erstellen, in dem genau aufzulisten ist, welche Bereiche für die Tiere Tabuzonen sind und welche von ihnen betreten werden dürfen. Es sollte darin auch geregelt sein, wie mit kleineren Verletzungen, wie z.B. Kratzer durch Tierkrallen, umgegangen werden soll. Zusätzlich sollte im Team auch Übereinstimmung darüber herrschen, in welchen Fällen der Patient keinen Tierkontakt haben sollte, selbst wenn er diesen wünscht. Eine solche Tierabstinenz ist bei Patienten zu empfehlen, die frisch operiert wurden oder offene Wunden, infektiöse Erkrankungen oder Malignome (bösartige Tumore) haben. Des Weiteren ist auf Tierkontakt zu verzichten, wenn Patienten auf Tiere allergisch reagieren, an Ekzemen, Neurodermitis oder an einer Immunschwäche leiden. Patienten, die an Asthma oder anderen schweren Atemwegserkrankungen erkrankt sind, unter einer schweren Diabetes leiden, mit multiresistenten Erregern infiziert oder besiedelt sind, eine Phobie gegen das Tier haben oder akut schwer psychisch krank sind (je nach Tier und individuellem Patienten) sollten ebenfalls nicht mit Tieren in Kontakt kommen. Unstrittig ist, dass Tiere auf Menschen Krankheiten übertragen können (umgekehrt übrigens auch). Krankheiten, die durch Krankheitserreger tierischen Ursprungs auf Menschen übertragen werden, werden Zoonosen genannt. Einen umfangreichen Überblick über die wichtigsten Zoonosen, bei den für den therapeutischen Einsatz in Frage kommenden Tierarten, geben Greiffenhagen und Buck-Werner in ihrem Buch ‘Tiere als Therapie’. Sie fordern auch eine intensive Zusammenarbeit von Veterinärmedizinern und Humanmedizinern im klinischen Bereich, wenn es um Zoonosen geht. Dies erscheint schon deshalb notwendig, weil Humanmediziner üblicherweise nicht an Zoonosen als Differenzialdiagnosen denken. Auch Schwarzkopf geht auf den Hygieneaspekt in Zusammenhang mit Tieren in Heimen, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern ein. Er beschreibt, wie die vier Erregergruppen Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten vom Tier auf den Menschen übertragen werden können und wie dies zu verhindern sei. Ein weiteres vermeintliches Risiko ist die Unfallgefahr im Umgang mit Tieren. Vorstellbar wären Bisswunden oder Kratzer von Tierkrallen oder auch Stürze z.B. von einem Pferd oder beim Spazierengehen mit einem Tier. Claus führt in seiner bereits mehrfach zitierten Dissertation einige Studien an, die belegen, dass diese Gefahren bei Tieren in Kliniken verschwindend gering sind. Klimke führt eine Untersuchung der Delta Society an, bei der es bei 10.000 Besuchsdiensten mit Hunden zu 19 Unfällen, also 1,9 Promille, kam. Sie resümiert: ‘Die Zahlen liefern also keine Begründung, warum Tiere aus Krankenhäusern ausgeschlossen werden sollten.’ Die einhellige Meinung auch anderer Autoren ist, dass die sehr geringe Unfallgefahr durch die positiven Effekte im Umgang der Patienten mit Tieren, bei weitem aufgewogen wird. 1.7.2, Sonstige rechtliche Aspekte: Nowak geht auf weitere rechtliche Aspekte in Bezug auf die Tierhaltung in Altenheimen ein. Diese sind auch auf Kliniken übertragbar. Als erstes bezieht Nowak Stellung zum Tierschutz. Dieser ist bereits in Artikel 20a im Grundgesetz (GG) verankert und wird im Tierschutzgesetz (TierSchG) präzisiert. Nach §1 TierSchG dürfen einem Tier nicht ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. §2 TierSchG schreibt vor, dass der Tierhalter (oder auch der Betreuer) verpflichtet ist, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen, verhaltensgerecht unterzubringen und ihm artgerechte Bewegungsmöglichkeiten zu bieten. Zu den Aufgaben des Tierhalters gehört natürlich auch, die tierärztliche Behandlung im Krankheitsfall sowie das Einschläfern bei aussichtslos leidenden Tieren zu veranlassen. Wird in einer Klinik ein Tierhaus errichtet, trägt die Klinikleitung die Verantwortung für eine sach- und tierschutzgerechte Haltung. Auch wenn die Versorgung der Tiere überwiegend von den Patienten vorgenommen wird, ist dafür zu sorgen, dass sich täglich ein sachkompetenter Mitarbeiter von der korrekten Tierhaltung überzeugt. Können Patienten die in der Klinik gehaltenen eigenen Tiere nicht mehr sachgerecht betreuen, wird das Personal bzw. in letzter Konsequenz die Leitung für die Betreuung des Tieres verantwortlich. In der Regel wird dieses dann vom Personal mit betreut oder es muss eine alternative Unterbringung gefunden werden. Ein weiterer Aspekt ist das Haftungsrecht im Schadensfall, was in §833 ff BGB geregelt ist. Demnach hat der Tierhalter (also ggf. die Klinik) für durch das Tier verursachte Schäden zu haften. Um dem zu begegnen wird empfohlen, Tiere nach ihrem Charakter, ihrer Sozialisation und ihrer Erziehung auszuwählen. Hunde sollten ausschließlich an der Leine geführt werden, Unfälle im Straßenverkehr werden so weitgehend verhindert. Für Hunde, Katzen und Huftiere wird der Abschluss einer Haftpflichtversicherung empfohlen. Für die Klinik als Halter sollten durch die Tiere verursachte Schäden über eine Betriebshaftpflicht abgedeckt sein. Hinzuweisen ist auch noch auf einige weitere Rechtsbereiche. So sollte bedacht werden, dass für Hunde grundsätzlich eine Hundesteuer zu zahlen ist. Über die Höhe erteilt die Gemeindeverwaltung oder das zuständige Finanzamt Auskunft. Außerdem sollten die Konsequenzen für eventuelle Nachbarn bedacht werden (Lärm, Geruch etc.). Selbstverständlich ist auch, dass es beim Bau von Ställen, Außengehegen oder Tierhäusern die entsprechenden Baugenehmigungen einzuholen gilt. Bringen Patienten eigene Tiere mit in die Klinik, so kann es zu Problemen mit dem Verfügungsrecht kommen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Tiere von eventuell nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten kostenpflichtig behandelt oder eingeschläfert werden müssen. Es muss vorher geklärt werden, wer für die Kosten aufkommt. Eventuell kann es hierüber zu Erbstreitigkeiten kommen. In jedem Fall sollten Verfügungsrechte im Vertretungsfall vorab schriftlich geklärt sein.
Silke Lederbogen wurde 1964 in Düsseldorf geboren und wuchs in NRW und an der Nordsee auf. Nach ihrer Schulzeit machte sie ein einjähriges Praktikum auf einem biologisch bewirtschafteten Bauernhof. Seit 25 Jahren lebt sie in einem kleinen renovierten Bauernhaus am Rande des Bayerischen Waldes, bewirtschaftet einen Hektar Land und hält dort eigene Tiere. Nach 17 Jahren selbstständiger Tätigkeit in der EDV-Branche studierte sie von 2006 bis 2009 in Regensburg Soziale Arbeit und befasste sich im Rahmen ihrer Bachelorarbeit mit dem Thema Tiergestützte Therapie in der Psychiatrie. Seit 2009 arbeitet sie – teilweise gemeinsam mit ihrer Hündin Akira - in einer großen psychiatrischen Klinik in Niederbayern und konnte dort erfolgreich Teile des in diesem Buch beschriebenen Konzeptes einführen. Auch anderen Kliniken und deren Mitarbeitern Mut zu machen, Tiere in ihrer Arbeit einzusetzen, motivierte sie sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.