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- Strategien für eine evidenzbasierte Kontrakturprophylaxe im Pflegeberuf
Pflege
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die demografische Entwicklung in Deutschland führt zu einem deutlichen Anstieg von alten Menschen in der Bevölkerung und der medizinische Fortschritt führt zu einer Hochaltrigkeit, die oft mit multipler Pathologie und entsprechendem Pflegebedarf und einer Umsiedelung in ein Pflegeheim einhergeht. Kontrakturen sind ein häufig auftretendes Problem bei anhaltender Immobilität verschiedener Genese. Kontrakturen gehen für die betroffenen Bewohner in der Regel mit Schmerzen, weiterer Mobilitätseinschränkung und dem Verlust von Unabhängigkeit einher. Die rechtliche Bedeutung der Kontrakturenprophylaxe leitet sich von der Qualitätsverantwortung ab, die die Träger der Pflegeeinrichtung haben, und die sich aus dem Sozialgesetzbuch XI herleitet. Die Verpflichtung beinhaltet, Maßnahmen zur Qualitätssicherung durchzuführen, ein Qualitätsmanagement zu unterhalten, Expertenstandards umzusetzen und an Qualitätsprüfungen mitzuwirken. Pflege ist an den Defiziten des Bewohners orientiert. Rehabilitationsmöglichkeiten werden häufig nur unzureichend wahr- genommen. Unsichtbarkeit, Fragmentierung und Diskontinuität verstärken Abhängigkeit fördernde Pflege. Es herrscht eine hohe Unsicherheit durch die zum Teil doch unkonkreten oder sogar widersprüchlichen Beschreibungen zur Kontrakturprophylaxe in der vorliegenden Pflegeliteratur besteht. Hinzu kommt, dass die beruflich Pflegenden den gesetzlichen Anforderungen und den Anforderungen der Qualitätsprüfungen genügen müssen, jedoch Defizite erkennbar sind. Ausgehend von der Annahme, dass beruflich Pflegende den Bewohnern ein qualitativ hochwertiges Pflegeangebot machen wollen, zeigt sich, dass ein Bedarf an gesichertem Wissen zur Kontrakturprophylaxe besteht. Daraus ergibt sich für die Frage: Genügen die in der Literatur beschriebenen Strategien den Ansprüchen? Das führt zu der Forschungsfrage: Welche Strategien sind geeignet, eine evidenzbasierte Kontrakturprophylaxe bei mobilitätseingeschränkten Bewohnern von Pflegeheimen durchzuführen?
Textprobe: Kapitel 3.1.2, Kontrakturprophylaxe: Der Begriff ‘Prophylaxe’ setzt sich aus dem lateinischen Anteil ‘pro’ (vor) und dem griechischen Anteil ‘phylaxis’ (behüten, beschützen) zusammen. Er wird in den Pflegeberufen als Sammelbezeichnung für das Verhüten und Vorbeugen von medizinisch - pflegerischen Problemen und Komplikationen oder zusätzlichen Erkrankungen genutzt. Auch in Verbindung mit dem Erhalt von gesundem und wünschenswertem Zustand oder Verhinderung bzw. Hinauszögern von Verschlechterung wird der Begriff ‘Prophylaxe’ verwandt (vgl. Huhn 2010 Kamphausen 2011). Prophylaktische Maßnahmen setzen an sich abzeichnenden und/oder vorhandenen Problemen an, deren Auftreten oder Verschlechterung nach wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus der praktischen Erfahrung heraus durch pflegerische Aktivitäten beeinflussbar erscheint (modifiziert nach Laaser 1993, in: Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) 2003, S. 21). Unter dem Begriff der Kontrakturprophylaxe werden demnach alle Maßnahmen und Handlungen subsumiert, die der Verhütung einer Kontraktur dienen oder bei vorliegender Kontraktur deren Verschlechterung verhindern können. 3.1.3, Mobilitätseinschränkung: Unter ‘Mobilität’ wird die Fähigkeit verstanden, Ort und Körperpositionen im Raum zu verändern (Runge und Rehfeld 2001). In den Pflegediagnosen nach NANDA findet sich die Mobilitätseinschränkung als ‘Beeinträchtigte körperliche Mobilität’ (Georg 2005) und wird als Einschränkung der unabhängigen, zielgerichteten physischen Bewegung des Körpers oder einer oder mehrerer Extremitäten definiert (ebenda S. 133). Die Einschränkung der Mobilität bzw. Immobilität gehört zu den häufigsten Gesundheitsproblemen alter Menschen (Walsh 1999) und wird neben Instabilität, Inkontinenz und intellektuellen Einbußen zu den ‘großen Vier’ der Geriatrie gezählt (vgl. Füsgen und Böhmer 2008 Seiber 2009 ). Altersbedingt kommt es zu Veränderungen im Bewegungsapparat, die sich in Minderung der groben Kraft, der Feinmotorik und Gelenkbeweglichkeit, im Nachlassen der Reaktionsgeschwindigkeit und Sinnesmodalitäten, sowie in herabgesetzter Stell- und Gleichgewichtsreaktion zeigen (Borck-Knabe et al. 25 2000). Zu einer Störung wird die veränderte Mobilität jedoch erst, wenn sie Schmerzen verursacht oder wesentliche Einschränkungen der Funktionalität mit sich bringt (ebenda S. 107). Mobilitätseingeschränkte Bewohner von Pflegeheimen haben zu den altersbedingten Bewegungseinschränkungen in der Regel zusätzliche Erkrankungen, die zu gravierenden Einschränkungen der Orts und Lageveränderung des Körpers im Raum (Lokomotion) führen (vgl. Seidl 2010). Eine Mobilitätseinschränkung bei Bewohnern von Pflegeheimen ist immer multifaktoriell begründet. Dies können physische wie psychische Ursachen sein. Erwähnt werden sollen hier das Syndrom Frailty (Gebrechlichkeit) und die Sarkopenie (Muskelschwund), die oft als ‘Geschwisterpaar’ bezeichnet werden (Sieber 2009). Frailty beschreibt den Verlust der physiologischen Reserven und führt dazu, dass das an sich fein ausbalancierte System der Alterungsprozesse bei schon geringen Störungen (endogene und exogene Stressoren) nicht aufrecht erhalten werden kann (ebenda S. 57). Frailty geht zumeist einher mit Sarkopenie, dem altersassoziiertem Abbau von fettfreier Körpermasse, insbesondere der Muskulatur (ebenda S. 60). In der Altergruppe der 75-80jährigen sind 31,5% der Männer und 35,6% der Frauen betroffen (ebenda). In der Altergruppe der über 80jähringen findet sich eine Steigerung auf 55,1% bei den Männern und 51,6% bei den Frauen (ebenda). Frailty und Sarkopenie gehen mit einer Einschränkung der Lokomotion einher. Die Lokomotion wird nach Runge und Rehfeld (2001) in Stufen eingeteilt. Im Rahmen dieser Arbeit werden mobilitätseingeschränkte Bewohner betrachtet, die sich nicht selbstständig aus eigener Kraft fortbewegen (stehen und gehen) können und Mobilitätseinschränkung bereits in den folgenden Stufen und entsprechenden nachfolgenden Stufen der Lokomotion haben: ? Lagewechsel im Liegen ? sich aufsetzen aus dem Liegen ? frei sitzen über längere Zeit ? Positionswechsel im Sitzen ? Aufstehen aus dem Sitzen ? frei stehen oder stehen mit Festhalten. Die in Betracht kommenden Strategien der Kontrakturprophylaxe beziehen sich im Wesentlichen auf diese Zielgruppe der stark und über das normale Altersmaß hinaus mobilitätseingeschränkt sind.