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- Pflegekompetenz in der Neonatologie: Erwartungen von Eltern und Ärzten an die Kompetenz von Pflegenden auf einer neonatologischen Intensivstation
Pflege
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Frühgeborene und kranke Neugeborene bedürfen einer intensiven Pflege und Therapie. In der Neonatologie sind Pflegende u.a. aufgefordert die Patienten in deren Entwicklung zu unterstützen sowie die Eltern in die Betreuung und Pflege einzubeziehen. Im therapeutischen Team nehmen Pflegende eine wichtige Rolle ein, da sie dazu beitragen pflegerisch und medizinisch relevante Aufgaben zu erfüllen. Pflegende sind Handelnde im therapeutischen Team und müssen unterschiedliche Erwartungen von Patienten, Angehörigen sowie behandelnden Ärzten erfüllen. Die zugrunde liegende Untersuchung beantwortet die Fragen: Welche Erwartungen haben Ärzte an die Pflegekompetenz von Pflegenden auf einer neonatologischen Intensivstation und sind die ärztlichen Erwartungen mit den Erwartungen der Eltern von neonatologischen Patienten vergleichbar? Ziel der Studie war es, die Erwartungen der Eltern und Ärzte hinsichtlich der Kompetenzen der Pflegenden zu vergleichen, um mögliche Unterschiede oder Gemeinsamkeiten aufzuzeigen. Der theoretische Hintergrund widmet sich zu Beginn dem Begriff der Pflegekompetenz . Danach erfolgt ein Überblick über die qualitative Forschungsarbeit. Hierfür wurde eine qualitative Querschnittstudie mit sechs Einzelfallanalysen aus der Perspektive der Eltern erstellt. Die wesentlichen Aspekte der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegenden werden anhand von wissenschaftlichen Ausführungen von Benner et al und Loos beleuchtet. Zur Beantwortung der Fragestellung nach den Erwartungen an die Pflegekompetenz aus Sicht der Ärzte wurde eine Querschnittstudie auf der Basis von sechs Einzelfallanalysen durchgeführt. Als Ergebnis der Forschungsarbeit konnte ein Korrelationsmodell der Erwartungen an die Pflegekompetenz von Pflegenden aus Sicht der Ärzte erstellt und mit dem entsprechenden Korrelationsmodell aus Eltern-Sicht verglichen werden. Die Kommunikationskompetenz ist das zentrale Element der Erwartungen an die Pflegekompetenz aus Sicht beider befragten Gruppen. Die besondere Bedeutung für die Pflegekompetenz liegt in den sozialen und kommunikativen Fähigkeiten von Pflegenden. Die vorgestellten Korrelationsmodelle geben Aufschluss auf die Komplexität der Zusammenhänge der Erwartungen seitens der Eltern und der Ärzte. Die Korrelationen der unterschiedlichen Erwartungen an die Pflegekompetenz können für Pflegende in der Neonatologie einen wichtigen Hinweis geben, inwieweit sich ihr eigenes Verständnis von Pflegekompetenz mit denen der Befragten deckt. Daraus können Pflegende auch ihr ethisch-moralisches Handeln in der Betreuung der neonatologischen Patienten und ihren Eltern sowie die Kooperation mit den Ärzten argumentativ ableiten.
Textprobe: Kapitel 2.3.1, Gegenseitige Wertschätzung von Pflegenden und Ärzten: Im Rahmen der Zusammenarbeit möchten Pflegende ihre Erfahrungen und ihr Wissen einbringen. Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Pflegenden und Ärzten ermöglicht eine gute Kooperation. Die Fähigkeit zur Beziehungsarbeit in der Zusammenarbeit wird von den Pflegenden nicht als Kompetenz angesehen. Martina Loos bezeichnet dies als Nicht-Arbeit (siehe Kapitel 2.3.3). In ihrer Studie sahen weder Krankenpfleger noch Ärztinnen die Vermittlung von Wissen und die Schaffung einer Atmosphäre zur guten Zusammenarbeit als eine soziale Kompetenz der Pflegenden an. Die unterschiedliche Anerkennung der Ausbildungen von Pflegenden und Ärzten und das dadurch erlangte Ansehen in der Gesellschaft, kann die Kommunikation zwischen den beiden Berufsgruppen erschweren. Ärzte werden so sozialisiert , dass sie die Pflege eher als eine untergeordnete handelnde Berufsgruppe ansehen. Nach Ansicht der Ärzte sind Pflegende von den Medizinern abhängig und können kaum selbstständige Entscheidungen treffen. Die von Patricia Benner et al erwähnte Studie von Webster liegt über zwanzig Jahre zurück, wobei die Ergebnisse aus der Befragung von Ärztinnen durch Martina Loos die Studienergebnisse von Webster unterstützen. Krankenpfleger gewinnen bei den Ärztinnen an Ansehen, wenn diese medizinische Aufgaben übernehmen können. Dies wird als Kompetenz der Krankenpfleger seitens der Medizinerinnen akzeptiert. Die Berufserfahrung der Krankenpfleger bewerten die befragten Ärztinnen als eine von deren wichtigsten Eigenschaften. In den Augen der Ärztinnen besteht ein Unterschied zwischen dem pflegerisch-klinischen Wissen von Krankenpflegern und dem medizinisch-wissenschaftlichen Wissen von Ärzten. Dabei wird das pflegerisch-klinische Wissen von den Medizinerinnen weniger anerkannt als das medizinisch-wissenschaftliche Wissen. Allerdings wird die Übernahme von ärztlichen Vorbehaltsaufgaben durch Krankenpfleger seitens der Ärztinnen als eine begehrenswerte pflegerisch-medizinische Kompetenz für Pflegende angesehen, die auch zusätzlich noch die Zusammenarbeit fördert. Eine gering geschätzte ärztliche Tätigkeit wird, verschoben in den pflegerischen Zuständigkeitsbereich, eine hoch bewertete pflegerische Fertigkeit. . Die pflegerisch-medizinische Kompetenz bezeichnet die Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten durch Pflegende, die Pflegende sich aneignen können. Kompetente Krankenpfleger sind, aus der Sicht von Ärztinnen, diejenigen, die diese delegierbaren ärztlichen Aufgaben übernehmen und somit im Ansehen der Ärzteschaft steigen. Im Intensivbereich kann es zu einer vermehrten Übernahme ärztlicher Tätigkeiten durch Pflegende kommen, zum Beispiel die intravenöse Gabe von Medikamenten oder die Regulierung von Beatmungsparametern. In den Anordnungen werden Zielvorgaben für die medizinische Situation des Patienten festgelegt, wie zum Beispiel die Zielvorgabe für einen Vitalparameter, der auf ein bestimmtes Niveau gehalten werden soll. Hierbei übernimmt die Pflegeperson eine besondere Verantwortung für den Patienten, da es ihr überlassen bleibt, wann sie den Arzt konsultiert oder entsprechende Informationen an ihn weiterleitet, die auf Veränderungen der Patientensituation hinweisen. Berufserfahrung von Pflegenden und Ärzten: Die Berufserfahrung wird von Pflegenden und Ärzten als Grundlage der pflegerischen Kompetenz anerkannt. Unerfahrene Ärzte profitieren von erfahrenen Pflegenden, müssen aber auch gegenüber diesen ihre Entscheidungen vertreten können. Daraus können Konflikte zwischen den Mitgliedern beider Berufgruppen entstehen. Beide Berufgruppen sehen in der Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten eine medizinisch-pflegerische Kompetenz. Pflegende eignen sich diese medizinisch-pflegerische Kompetenz durch ihre klinische Berufserfahrung und durch spezielle Fortbildungen an. Mitglieder beider Berufsgruppen sollten Unerfahrene unterstützen und Möglichkeiten anbieten, um aus den Erfahrungen der Experten zu lernen. Unterschiedliche Erfahrungen können zu Problemen in der Informationsvermittlung führen. Unerfahrene Ärzte sind auf erfahrene Pflegende angewiesen. Pflegende begeben sich hierbei in eine konfliktreiche Situation, da sie eigentlich die Grenze zu den medizinischen Aufgaben überschreiten. Medizinisches Wissen und Erfahrungen werden an unerfahrene Ärzte weitergegeben, obwohl dies eigentlich von dieser Berufsgruppe nicht erwünscht ist. Pflegende gehen bei der Vermittlung vom medizinischen Wissen diplomatisch vor, um nicht die ärztlichen Kollegen zu diskreditieren. Von ärztlicher Seite wird diese Form der medizinischen Wissensvermittlung nicht als eine Kompetenz der Pflegenden angesehen. Pflegende geben nach Ansicht der Mediziner lediglich Hinweise . Schon durch diese Art der Übermittlung bleibt die pflegerische Kompetenz unsichtbar und wird in die Omnipotenzperformance der ÄrztInnen einverleibt. Pflegende hingegen erkennen, dass klinisches Wissen, erworben durch Berufserfahrung und auf der Basis von Alltagswissen und theoretischer Kenntnis … eine wertvolle Kompetenz von Pflegenden ist. Pflegende sind in der Lage die Informationsvermittlung so zu gestalten, dass sie mit Ärzten in Verhandlung treten. Diese Fähigkeit des Aushandelns erwerben Pflegende im Laufe ihrer Berufserfahrung.
Martina Gießen-Scheidel, geboren 1967, ist Fachkinderkrankenschwester für pädiatrischen Intensivpflege, Dipl. Pflegepädagogin (FH) und zurzeit Masterstudierende im Fachbereich Pflegewissenschaft an der Universität in Witten/Herdecke. Seit 1989 arbeitet sie im neonatologischen und pädiatrischen Intensivbereich an der Universitätsmedizin Mainz der Johannes-Gutenberg Universität Mainz. Seit 1996 ist sie zuständig für die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen für den Bereich der Pädiatrischen Intensivpflege. Der berufliche Schwerpunkt wird durch nationale und internationale Veröffentlichungen bzw. Vorträge zur neonatologischen und pädiatrischen Intensivpflege ergänzt. Die Theorie-Praxis-Vernetzung ist vom besonderen Interesse, welche sich u.a. im vorliegenden Buch widerspiegelt.
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