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- Das Leben auf Intensivstationen für Familienmitglieder: Angehörige und Pflegende - das Bedürfnis nach Kommunikation und Information
Pflege
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Abb.: 15
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In zunehmendem Maße lässt sich im Gebiet der Krankenpflege eine neue Tendenz beobachten: Die Betreuung von Patientenangehörigen bildet inzwischen einen eigenständigen Arbeitsbereich des Pflegepersonals und stellt dadurch eine große Herausforderung dar. Die sogenannte familienorientierte Pflege wird aufgrund dieser gesellschaftlichen Entwicklung immer mehr zu einem zentralen Thema für Betroffene. Menschen, deren Angehörige schwer erkrankt sind, haben ein hohes Informationsbedürfnis und benötigen Gewissheit über die Situation ihrer Nächsten. Die Sicherheit einer guten Versorgung und ausreichend Information können Sorgen und Ängste um den Kranken mindern, stellen jedoch hohe Anforderungen an das Pflegepersonal. Dieses Buch richtet sich insbesondere an Pflegepersonal auf Intensivstationen und zeigt Lösungsansätze zur Betreuung von Angehörigen auf. Es analysiert die Bedürfnisse der Familienmitglieder und Freunde und diskutiert die Möglichkeiten einer zufriedenstellenden Betreuung.
Textprobe: Kapitel 2.2, Familien – System Theorie: Für die Bearbeitung des gewählten Themas ist es notwendig einige Begriffe der Familien – System Theorie genauer zu definieren. 2.2.1, Kernfamilie: Der Begriff Familie stammt aus dem Griechischen oikos bedeutet sowohl Haus als auch Familie (Gehring et al. 2001, S. 17). Die Kernfamilie besteht aus Eltern mit ihren biologischen Kindern. Die Struktur der Kernfamilie ist weder ideal noch problematisch. Diese Mitglieder müssen in jeder Form des Zusammenlebens ihre Ziele und Werte durch Systemänderung, Kohärenz und Individuation erreichen. Die Gefahren, die die Kernfamilien bedrohen, sind Wertkonflikte (Friedemann, Köhlen, 2010, S. 83). Familienformen sollten differenziert werden, um das Bild der Familie vom Ballast der Idealisierung zu entlasten. Das ist eine schwierige Aufgabe für ein System, dessen Erhaltung von nur zwei erwachsenen Personen abhängt. Durch bestimmte Werte und Ansichten, wird die Familienkongruenz angegriffen und die Stabilität der Familie bedroht. Laut Familiendefinition werden nach der Theorie des systemischen Gleichgewichtes nur wenige Familien als reine Kernfamilien betrachtet. Es ist nicht nur wichtig wer innerhalb eines Haushaltes wohnt, sondern wer zum familiären Netz oder zu einer erweiterten Familie dazugehört. Dieses Netz übernimmt die Funktion der Systemerhaltung und wird zu einem wichtigen Faktor für Stabilität in der Kernfamilie (Friedemann, Köhlen, 2010, S. 84). 2.2.2, Systemtheorie: Ein System wird als geordnetes Ganzes verstanden, dessen Elemente in bestimmten Beziehungen zueinander sowie in ständiger Interaktion miteinander stehen. Es handelt sich um eine Organisationstheorie, die sich mit Dynamiken von Teilen innerhalb eines Ganzen befasst. Es wird davon ausgegangen, dass jede Aktion eine Reaktion in der Umwelt hervorruft, völlig unabhängig davon, ob es sich um eine physikalische, soziale oder chemische Aktion handelt. Ein System ohne die Umwelt gibt es nicht. Denn solange kein System da ist, kann in unserem systemtheoretischen Weltschöpfungsmythos der Urstoff vor der Erschaffung der Welt keine Umwelt darstellen (Krieger, 1998, S. 13). Es wird von einer System/Umwelt-Differenz gesprochen, die von Lohmann (1994) wie folgt bezeichnet wird: Systeme sind nicht nur gelegentlich und nicht nur adaptiv, sie sind strukturell an ihrer Umwelt orientiert und könnten ohne Umwelt nicht bestehen. Sie konstituieren und sie erhalten sich durch Erzeugung und Erhaltung einer Differenz zur Umwelt, und sie benutzen ihre Grenzen zur Regulierung dieser Differenz. In diesem Sinne ist Grenzerhaltung Systemerhaltung (Lohmann, 1984, S. 35 zit. aus Krieger, 1994, S. 13). 2.3, Konzept der familien- und umweltbezogenen Pflege: Friedeman (2010) sieht das Konzept der familien- und umweltbezogenen Pflege als konstruktive Antwort auf die Schwierigkeit, die Familie und die Umwelt in die Pflege einzubeziehen. Die familien- und umweltbezogene Pflege orientiert sich am Paradigma von Umwelt, Mensch, Gesundheit und Pflege. Gesundheit und Pflege beziehen sich nicht nur auf das Individuum, sondern auch aus der Perspektive der Familie und ihrer Subsysteme (Friedeman, Köhlen, 2010, S. 25). Die Umwelt ist ein Kontext, in dem sich die Menschheit bewegt. Die Umwelt umschließt nach der Theorie des systemischen Gleichgewichts alle Systeme, die den Menschen und seine Familie umgeben. Der Mensch definiert seine Identität über seine Beziehungen zu seiner Umwelt wie z. B. zu Mitmenschen oder Gegenständen. Die menschliche Realität wird über die Funktionen seines Körpers bestimmt und ist deshalb eingeschränkt (Friedemann, Köhlen, 2010, S. 27). Die Gesundheit ist der Ausdruck der Kongruenz des menschlichen Systems in Rhythmus und Muster nach außen mit seiner Umwelt und nach innen mit seinen Subsystemen. Jeder Mensch empfindet und erlebt Gesundheit und sie ist nährende Energie, die dem Menschen ein tiefes Wohlbefinden verleiht. Die Gesundheit verleiht Kraft, die zum Handeln und Denken motiviert und den täglichen Störungen erfolgreich entgegenwirkt. Ein allgemeines Wohlbefinden kennzeichnet die Gesundheit . Die Gesundheit fördert die Systemfunktionen und hilft Angst abzubauen. Sie kann jedoch begrenzt sein, da immer wieder Systemstörungen auftreten können. Eine körperliche Krankheit wird durch eine Systemstörung des organischen Subsystems hervorgerufen. Durch Systeminkongruenz entsteht Angst, die wiederum ein Symbol für fehlende Gesundheit ist. Die Konzepte der Gesundheit und körperlichen Krankheit müssen als getrennte und unterschiedliche Begriffe aufgefasst werden. Die Pflege sowie die medizinische Behandlung sind auf die Krankheit ausgerichtet und es gilt die empfundene Gesundheit in den Vordergrund zu rücken, um die Kongruenz wieder herzustellen. Reichen die Regulation und die Kontrolle nicht mehr aus, um Kongruenz nach außen und Gesundheit nach innen zu erlagen, verlagert sich der pflegerische Schwerpunkt auf die Kohärenz- und Individuationsdimension (Friedemann, Köhlen, 2010, S. 36). Die Familie ist ein System mit Subsystemen und innerhalb der Familie schließen sich gewisse Mitglieder zu interpersonellen Subsystemen zusammen, um bestimmte Aufgaben zu lösen. Sie wird als unabhängiges offenes System verstanden, das mit seiner Umwelt in Austausch steht. Die Familienmitglieder müssen nicht verwandt sein, aber sie müssen in Beziehung stehen und eine Familienrolle ausüben (Friedemann, Köhlen, 2010, S. 37). Die Familienzugehörigkeit ist immer subjektiv zu betrachten und muss aus der Perspektive jeder einzelnen Person entschieden werden. Je nach der Perspektive des einzelnen Menschen kann sich die Familienstruktur ändern. Dieser subjektive Unterschied der Familienzusammengehörigkeit aus der Betroffenenperspektive muss in der Pflege zuerst geklärt werden. Für die Pflegepersonen ist es wichtig zu erfahren, wer zur Familie gehört, wie wichtig diese Personen für den Patienten sind und welche Rolle sie im täglichen Leben spielen (Friedemann, Köhlen, 2010, S. 39). Die Pflege nach der Theorie des systemischen Gleichgewichts ist mit der Pflege der systemischen Einheit Mensch, Familie und Umwelt, gleich zu setzen. Die Pflege wird als Dienstleistung auf allen Systemebenen verstanden (Individuum, Familie, Interaktionssystem, Gemeinde). Die Pflege des Individuums schließt die Familie, die Umweltsysteme sowie ihre Subsysteme mit ein. Das Ziel der Pflege ist es, Prozesse aufzuzeigen, die dem System das Kongruenzstreben erleichtern oder ermöglicht. Das Ziel des Systems ist die Gesundheit. Durch eine bessere Familienkongruenz werden auch die einzelnen Mitglieder der Familie, Gesundheit finden. Nach der Theorie des systemischen Gleichgewichts liegt der Grund in der Vernetzung der der einzelnen Personen untereinander (Friedemann, Köhlen, 2010, S. 49). Laut Friedemann (2010) bedeutet die Pflege der Familie, eine Verlagerung des Pflegeansatzes auf eine höhere Systemebene, zu Interaktionssystemen, zum Familiensystem oder zu Umweltsystemen, die mit der Familie zusammenarbeiten. Die Voraussetzung der familien- und umweltbezogenen Pflege ist, dass die Familie die wichtigste Vernetzung für die betroffenen Personen bedeutet. Das Einbeziehen der Familie in die Pflege ist dort nötig, wo Angehörige nach der Krankenhausentlassung der Person für die Pflege mit integriert werden (Friedemann, Köhlen, 2010, S. 62). 2.4, Information versus Kommunikation: Nach Simon (2009) wird dann von Information gesprochen, wenn Einschätzungen oder Daten zu einem bestimmten Zweck mitgeteilt werden. Die Information reduziert das Unbekannte sowie die Ungewissheit (Simon, 2009, S. 16). Die Kommunikation ist ein Informationsaustausch zweier Personen. Der Sender ist der Kommunikator, von dem die Information ausgeht und der Empfänger ist der Kommunikant, der sie erhält (Simon, 2009, S. 16). Menschen sprechen oft von Kommunikation ohne genau zu wissen was das Wort eigentlich beinhaltet. Eine der Hauptunterscheidungen, wie die Kommunikation betrachtet werden kann, bezieht sich auf den Inhalt der übertragenen Nachricht. Wenn zwei Personen miteinander kommunizieren, ist es wichtig, wie der Empfänger die Nachricht des Sprechers interpretiert und versteht. Die Kommunikation kann nur dann als erfolgreich betrachtet werden, wenn die gesagten Worte gemeinsam eine ähnliche Vorstellung ausgelöst haben. Die Grundvoraussetzung sind die Überschneidungen und Gemeinsamkeiten der erworbenen Sprachkenntnis. Die Kommunikation kann als jede Form von Verhalten und Handlung verstanden werden, sobald sie auf ein bestimmtes Gegenüber, einen Handlungs- bzw. Interaktionspartner ausgerichtet ist. Kommunikation kann als Austausch von Mitteilungen bzw. Informationen zwischen Individuen aufgefasst werden (Watzlawick et al. 2007, S. 50). Watzlawick bestätigt auch, dass Kommunikation nicht nur dann stattfindet, wenn sie absichtlich bewusst und erfolgreich ist, sondern wenn gegenseitiges Verständnis zustande kommt (Watzlawick et al. 2007, S. 52). Watzlawick beschreibt sein Kommunikationsmodell auf Basis der Systemtheorie. Er definiert folgende Aspekte: Systeme bestehen aus (abgrenzbaren) Elementen und zwischen diesen Elementen bestehen Wechselbeziehungen. Jedes System besitzt eine Grenze nach außen, die mehr oder weniger durchlässt. Die Beziehungen zwischen einem System und seiner Umgebung (Umwelt) entstehen an den Systemgrenzen. Hier entscheidet sich, was in einem System hineinkommen (Input) bzw. herauskommen (Output) kann. Systeme zeigen im Allgemeinen ein zielgerichtetes Entwicklungsverhalten (Watzlawick et al. 2007, S. 52-53). Watzlawick trägt diese theoretischen Vorüberlegungen auf menschliche Beziehungen Er betrachtet dabei das Individuum als Grundelement eines Systems und bezeichnet menschliche Beziehungen sowie Kommunikationsabläufe als offenes System (Watzlawick et al. 2007, S. 52-54). Wenn bei einem Kommunikationsprozess drei Menschen miteinander kommunizieren, agieren diese Personen als ein dreifaches Ganzes, die ein System bilden (Simon, 2009, S. 23).
Mag. Sandra Moritz, Jahrgang 1978, ist Lehrbeauftragte für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege sowie Kinder- und Jugendlichenpflege am Universitätsklinikum Graz. Darüber hinaus unterrichtet sie angehende Pflegekräfte nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen an zahlreichen europäischen Bildungsinstituten. Sie ist spezialisiert auf Intensivpflege und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Verbesserungen und Neuerungen auf dem Gebiet der Gesamtorganisation, Betreuung und Unterstützung von Intensivpatienten.
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