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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In die Arbeitslosigkeit entlassen zu werden, ist für die Betroffenen ein schmerzlicher Prozess. Doch wie geht es eigentlich den Personalleitern, die diese Entlassungen durchführen müssen? Wie gehen sie mit dieser Situation um? Während eines Entlassungsprozesses stehen Führungskräfte aus dem Personalbereich im Rampenlicht: obwohl sich ihr Handlungsspielraum oft in Grenzen hält, sind sie doch diejenigen, die den Prozess maßgeblich und vor allem sichtbar prägen. Sie werden einerseits die Kritik der Belegschaft an den Entscheidungen der Geschäftsleitung zu spüren bekommen und sie werden andererseits die Kündigungsschutzklagen beantworten. Mit dieser Ambivalenz muss eine Führungskraft aus dem Personalbereich oft über einen längeren Zeitraum zurechtkommen. Das vorliegende Buch zeigt zum einen auf, wie unterschiedlich diese Führungskräfte mit ihrem Job umgehen und inwieweit sie überhaupt Stress empfinden. Zum anderen wird untersucht, welche Reaktionen auf den Stress auftreten und welche Strategien der Einzelne entwickelt hat, um ihn besser zu bewältigen. Nach der Vorstellung verschiedener Stressdefinitionen und Stressbewältigungskonzepte stellt die Autorin Hypothesen zur Stresssituation der Führungskräfte aus dem Personalbereich auf, wobei sie sowohl auf die Literatur als auch auf vielfältige persönliche Erfahrungen zurückgreift. Um die Hypothesen zu testen, führt die Autorin persönliche, qualitative Interviews mit aktuell betroffenen Personalleitern durch. Die Ergebnisse werden durch die zusätzliche Verwendung eines standardisierten Fragebogens relativiert, der Aufschluss über das generelle Verhalten der Interviewpartner in belastenden Situationen geben soll. Die Auswertung der Interviews findet anhand einer qualitativen, strukturierenden Inhaltsanalyse statt, bei der die Autorin ein Kategoriensystem bildet. Durch dieses Kategoriensystem gelingt es ihr, Aussagen zu negativem Stress sowie zu seiner Bewältigung herauszufiltern und zu verdichten. Neben dem durchschnittlich belastbaren Typ definiert die Autorin zwei weitere Typen: den weniger belastbaren, sehr emotionalen Typ, der sich selbst als Helfer sieht. Er gerät durch die Belastungen, die seine Tätigkeit als Führungskraft im Personalbereich mit sich bringt, relativ leicht unter Stress, identifiziert sich stark mit seiner Arbeit und opfert ihr vieles. Das andere Extrem ist der Macher, der wenig emotional, aber hoch professionell agiert und großen Wert auf eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit legt. Die Autorin betont die exponierte Sonderrolle eines Personalleiters im Unternehmen, mit der dieser bewusst umgehen muss. In dieser Position ist eine professionelle Führungskraft gefragt, die offen mit ihren Stärken und Schwächen umgeht, ihre Bedürfnisse klar artikuliert, Unterstützung sucht und annimmt und für eine dauerhafte Work-Life-Balance sorgt. Im Gegenzug sind für die Handlungsfähigkeit eine offene Kommunikation, klare Vorgaben von Zielen und Prioritäten sowie die Einbindung in Entscheidungsprozesse maßgeblich.
Kapitel 4.1.1,Kategorie Beanspruchungen / Fehlbeanspruchungen / Eustress: In den Analyseeinheiten zeigen sich in der ersten Ausprägung Aussagen zu Einwirkungen, also Belastungen, auf die die Befragten reagieren, die sich also psychisch oder physisch auswirken und somit eine Beanspruchung darstellen (Anhang D). Eine Fehlbeanspruchung zeigt sich in dieser ersten Ausprägung noch nicht. In der darauf folgenden Ausprägung wurden Einwirkungen mit entsprechenden negativen Folgen kategorisiert: die Diskrepanz zwischen den Anforderungen und den jeweils individuellen Ressourcen führt hier zu einer Fehlbeanspruchung und somit zu Stress (Anhang D). Und schließlich gab es auch ein paar wenige positive Auswirkungen, die in der dritten Ausprägung als Eustress zusammengefasst sind (Anhang D). Entsprechend wird in den drei folgenden Abschnitten nach Beanspruchungen, Fehlbeanspruchungen und Eustress unterschieden. Beanspruchungen: Die Vermutung, dass die Führungskraft aus dem Personalbereich sich während des Entlassungsprozesses in einer Sandwich-Position befindet, in der sie Erwartungen und Druck von allen Seiten ausgesetzt ist, hat sich in der Unterkategorie Rollenkonflikt bestätigt. Jeder der Befragten war der Meinung, in der aktuellen Entlassungssituation vielen unterschiedlichen Erwartungen genügen zu müssen. Alle waren sich der jeweiligen Erwartungen bewusst und konnten diese sehr differenziert beschreiben. Alle Befragten hatten aber das Gefühl, diesen Erwartungen zumindest nicht vollständig genügen zu können (Zitate 1-4). Die Führungskräfte befinden sich in einem Konflikt, einerseits den Erwartungen des Unternehmens genügen zu müssen, was auch bedeutet, sie müssen ein Stück weit funktionieren . Andererseits stellen die Mitarbeiter den Anspruch, entweder gar nicht gekündigt zu werden, oder zumindest zu besonders guten Konditionen. Dies erwartet auch ein eventuell vorhandener Betriebsrat. Und natürlich stellt die Führungskraft auch selbst Anforderungen an sich, was sich mit der Unterkategorie soziale, rollenbezogene Verantwortung überschneidet. In diesem Spannungsfeld bewegen sich alle Befragten. Die Situation wurde aber noch hingenommen, konnte selbst kompensiert werden und hatte keine weiteren physischen oder psychischen Auswirkungen im Sinne einer Fehlbeanspruchung. Die Mehrzahl der Befragten empfand eine Diskrepanz zwischen der ursprünglichen Motivation zu ihrem Beruf und der aktuell im Entlassungsprozess ausgeübten Tätigkeit. Diese Diskrepanz wurde als Motiv-Ziel-Diskrepanz kategorisiert. Die ursprüngliche Motivation tendierte eher in Richtung Aufbauarbeit, Menschen zu helfen und sie weiterzuentwickeln (Zitate 5-8). Entlassungen durchzuführen wurde zwar als Beanspruchung erlebt, jedoch als notwendiges Übel des Berufs akzeptiert. Die Vermutung, dass sich hieraus ein innerpsychischer Konflikt und somit Stress ergeben würde, konnte damit nicht bestätigt werden. Die Führungskräfte scheinen sich mit dieser vorübergehenden Diskrepanz vielmehr arrangiert zu haben. Als unangenehm erlebten zwei der Befragten den in ihren Augen zu langen Zeitrahmen des Entlassungsprozesses. Insbesondere sei dieser der Grund für die schlechte Stimmung in der Belegschaft gewesen (Zitate 9-11). Aus den Aussagen ergibt sich aber noch keine Fehlbeanspruchung. Und schließlich wurde von zwei Befragten auch eine gewisse Unsicherheit bezüglich der ausgeübten Tätigkeit aufgrund von kritischen Kommentaren durch das soziale Umfeld angesprochen (Zitate 12-13). Fehlbeanspruchungen: Als Fehlbeanspruchung und somit als Stress konnte zum einen die soziale und rollenbezogene Verantwortung kategorisiert werden. Diese Verantwortung zeigt sich in der Verantwortung für die betroffenen Mitarbeiter und in der allgemeinen Verantwortung in der Rolle als Vertreter der Personalabteilung. Insbesondere das Bedürfnis, den Betroffenen helfen zu wollen, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht helfen zu können, führt zum Teil zu einer starken Fehlbeanspruchung (Zitate 14-20). Bestätigt werden kann damit die Vermutung, dass die Führungskraft durch ihre Rolle einem starken sozialen Druck ausgesetzt ist. Eine weitere Ursache für Fehlbeanspruchungen stellt - wie vermutet worden war - die quantitative Überforderung bzw. der Zeitdruck dar. In den verschiedenen Aussagen (Zitate 21-26) zeigen sich die unterschiedlichen Aspekte: Durch zu viele Aufgaben, die in kurzer Zeit erledigt werden müssen, durch das liegen gebliebene Tagesgeschäft oder auch durch die organisatorische Herausforderung des Entlassungsprozesses fühlen sich fast alle Befragten im Stress. Die Annahme, dass sich eine persönliche Beziehung zu den betroffenen Mitarbeitern stresserhöhend auswirkt, wurde durch die Befragten ebenfalls bestätigt. Hier konnte eine eigene Unterkategorie gebildet werden, die zeigt, dass persönliche Beziehungen eine Stressquelle darstellen. Je besser die Befragten die zu entlassenen Mitarbeiter kannten, umso mehr setzte der Entlassungsprozess sie unter Druck (Zitate 27-31), weil sie emotional stärker involviert waren und sich persönlich betroffen fühlten. Schließlich wurde noch eine Reihe von psychischen und physischen Stressreaktionen herausgefiltert, die auf die gesamte Situation zurückzuführen sind, ohne eine spezifische Ursache zu haben. Die Befragten haben hier Stressreaktionen wie Schlafstörungen, Müdigkeit, Traurigkeit und Gereiztheit genannt, die sie selbst in Zusammenhang zum aktuellen Entlassungsprozess setzten (Zitate 32-40). Eustress: Auch positive Folgen von im Kern negativen Einwirkungen konnten herausgefiltert und als Eustress kategorisiert wurden. So bestätigte ein Befragter, wie sehr der gesamte Entlassungsprozess die Teamzusammenarbeit auch zu anderen Themen gestärkt hat (Zitat 41). Diese Aussage ist gleichzeitig auch ein Indiz für die Richtigkeit der Vermutung, dass ein solcher Entlassungsprozess die Personalabteilung untereinander zusammenschweißt. Ein anderer Befragter erwähnte positiv, dass sich sogar die betroffenen Mitarbeiter um ihn gesorgt hätten (Zitat 42), was ihm eine gewisse Genugtuung verschafft hatte.
Heike Raffelsbauer, Rechtsanwältin und Master of Organisational Psychology, Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Passau, sowie Studium der Arbeits- und Organisationspsychologie an der Fernuniversität Hagen. 11 Jahre verschiedene Führungspositionen im Personalbereich, derzeit tätig als Interims HR Manager und Coach.
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