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- Emotionsarbeit von Rezeptionisten in der Luxushotellerie: Die Gefahren von Burnout im Dienstleistungsgewerbe
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Abb.: 7
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
War die Luxushotellerie in früheren Zeiten einer erlauchten Klientel vorbehalten, Ort zahlreicher Mythen und beliebte Kulisse für Filme, ist sie heute auch breiteren Schichten zugänglich. Von den Mitarbeitern an vorderster Front wird permanente Freundlichkeit gefordert. Doch wie funktioniert dieses Spiel mit der Fassade und was spielt sich hinter der Bühne ab? Welche Art von Arbeit wird hier von den Dienstleistern eigentlich geleistet? Vor dem Hintergrund personenbezogener Dienstleistung kommt der Arbeit mit Gefühlen eine besondere Relevanz zu. Empathie, Einfühlungsvermögen und Antizipation von Bedürfnissen des Gastes werden profitrelevant. Die Arbeit an den eigenen Gefühlen wird zur zentralen Kompetenz personenbezogener Dienstleistung. Dieses Buch untersucht die Emotionsarbeit von Rezeptionisten in der Luxushotellerie auf das Konzept des Burnouts. Hochschilds Konzept der Emotionsarbeit gilt hierbei als theoretischer Ausgangspunkt für Definitionen, Folgen und Bewältigungsstrategien um den Zusammenhang von Burnout und Stresskonzepten zu diskutieren. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse und der Ausblick auf zukünftige Forschungstätigkeiten runden diese Untersuchung ab.
Textprobe: Kapitel 3, Ausgebrannt - Das Burnout-Phänomen: Zunächst als ‘Helfer-Leiden’ etikettiert, häufen sich empirische Belege (Nerdinger, 1994, S. 173), wonach Burnout in allen Berufen auftreten kann, die regelmäßige Interaktion mit anderen Menschen erfordert. Dementsprechend stellt Burnout eine spezifische Beanspruchungsfolge personenbezogener Dienstleistungsberufe dar (vgl. Enzmann und Kleiber, 1989, S. 15) und ist so für die vorliegende empirische Studie relevant. Durch eine massive Popularisierung des Burnoutphänomens ist das wissenschaftliche Konstrukt Burnout zu einem ‘Umbrella-Begriff’ (vgl. Gusy & Kleiber, 1998, S. 325) geworden, unter dem quasi jede Form von Fehlbeanspruchung und Unbehagen subsumiert wird. Von daher ist eine scharfe konzeptionelle und definitorische Abgrenzung nötig. 3.1, Definitionen und Konzepte von Burnout: Um das Burnout-Syndrom konkurrieren verschiedene Erklärungskonzepte und daraus abgeleitete Definitionen. Diese theoretischen Konzepte lassen sich unterscheiden nach dem Schwerpunkt der Betrachtung und der jeweiligen Forschungstradition auf der sie basieren. 3.1.1, Die Persönlichkeit: Individuenzentrierte Ansätze rücken die Persönlichkeit des Dienstleisters in den Mittelpunkt der Betrachtung und stammen zumeist aus der klinischen Psychologie. Zur Entstehung von Burnout werden in diesem Ansatz Faktoren und Prozesse innerhalb des Individuums beschrieben. Situationsbedingten Aspekten wird in dieser Konzeption lediglich geringer Einfluss zugeschrieben. So definieren z. B. Edelwich und Brodsky (1984, S. 12) Burnout als einen ‘(…) zunehmenden Verlust an Idealismus und Energie (…)’. Burnout auslösende Faktoren sind hier unrealistische Ziele. Das Ungleichgewicht zwischen hohen idealistischen Zielen und der Realität führt zu einer Desillusionierung, die in Frustration mündet, dann zu einer Stagnation der Handlungen führt und schließlich in Apathie endet (ebd., S. 111). Freudenberger und Richelson (1980) betonen die Enttäuschung unrealistischer Erwartungen, die auch durch Überengagement nicht erreichbar sind (vgl. Enzmann & Kleiber, 1989, S. 25-26). Der Ausgangspunkt aller individuenzentrierten Ansätze besteht darin, dass nicht alle Betroffenen gleich auf dieselben Bedingungen reagieren. Entscheidender Auslöser ist stets eine fehlgeschlagene Anpassungsleistung, dementsprechend zielen Interventionen darauf ab, die Perspektive der Betroffenen und die Realität in Übereinstimmung zu bringen. 3.1.2, Die Gesellschaft: Soziologische Ansätze nehmen gesellschaftliche Bedingungen und Prozesse als Burnoutursache an. So argumentiert Cherniss (1999) in seinen späteren Arbeiten, Burnout resultiere aus dem Verlust von gesellschaftlichem Gemeinschaftsgefühl und moralischen Vorsätzen durch die Dominanz des wissenschaftlich-technischen Paradigmas. Dementsprechend seien denn auch die Metaphern, die zur Veranschaulichung des Burnoutphänomens selbst gewählt sind, mechanistisch (vgl. Enzmann & Kleiber, 1989, S. 59). Cherniss argumentiert gegen die Auffassung Freudenbergers, Burnout sei ein Symptom des Verlustes an sozialer Verpflichtung in Folge der Auflösung traditioneller Familienstrukturen. Karger (vgl. Enzmann & Kleiber, 1989, S. 60-62) sieht die Ursache von Burnout in der Entfremdung von Industriearbeitern in Anlehnung an den Marxschen Entfremdungsbegriff und führt diese auf die kapitalistischindustrielle Natur sozialer Arbeit in helfenden Berufen zurück. Generell lassen sich als weitere Ursachen allgemeiner Sinnverlust, die geringe Tragfähigkeit sozialer Netze und Vertrauensverlust in Institutionen anführen. 3.1.3, Aufgabe und Organisation: In der Forschungstradition der Organisations- und Sozialpsychologie stehen Arbeitsbedingungen und die Struktur der Institution im Fokus. 3.1.3.1, Die unmittelbare Arbeitssituation: ‘Ausbrennen ist das Resultat andauernder oder wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit langfristigem, intensiven Einsatz für andere Menschen’ (S. 25), so definieren Pines, Aronson und Kafry (1992) das Phänomen Burnout. Die Burnoutsymptome differenzieren die Autoren in drei Gruppen: körperliche, emotionale und geistige Symptome. Pines und ihre Mitarbeiter konzentrieren sich in erster Linie auf die unmittelbare Arbeitssituation und vernachlässigen sozial-gesellschaftliche Rahmenbedingungen. 3.1.3.2, Burnout und Stress: Cherniss (in seinen früheren Arbeiten) definiert Burnout als ‘das Resultat eines transaktionalen Prozesses, der sich aus Arbeitsplatzbelastungen, Stress und psychologischer Anpassung zusammensetzt (vgl. Büssing, 1992, S. 43), ‘in welchem sich ursprünglich engagierte Professionelle als Reaktion auf die in der Arbeit erfahrenen Stressoren und den erlebten Stress von der Arbeit zurückziehen (vgl. Büssing & Perrar, 1992, S. 330). Cherniss betont, dass neben der Bedeutung der Umgebungsfaktoren und der spezifischen Arbeitssituation auch dispositionale Faktoren, also Persönlichkeitsmerkmale, eine Rolle spielen, da die Wirkungen externer Faktoren nicht bei jeder Person gleich sind. Daher schlägt er ein transaktionales Burnoutmodell vor, in welches das transaktionale Stresskonzept von Lazarus mit einfließt. Zudem integriert er die Theorie der erlernten Hilflosigkeit (vgl. Seligman, 1975) und die Ausführungen zu Rollenkonflikt und -ambiguität von Kahn et al. (1964). Das relationale Transaktionskonzept, als psychologische Antwort auf reiz- und reaktionsorientierte Modellvorstellungen (vgl. Richter & Hacker, 2008, S. 20), stellt Stress als ein ‘Kräftespiel von Person und Umwelt’ (Schwarzer, 2000, S. 14) dar. Relationale Konzeptionen betonen die Person-Umwelt-Beziehung (vgl. Kohlmann & Hock, 2005, S. 374), wobei sich nach jedem Erkenntnis- und Regulationsschritt beide Seiten, also Person und Umwelt, verändern (Transaktion). Die Konzeption basiert auf kognitiven Bewertungsprozessen (appraisals) primärer (‘Wo liegt das Problem?’) und sekundärer Art (‘Was kann ich dagegen tun?’) sowie möglichen Bewältigungsstrategien (coping). Dieses Wechselspiel zwischen Bewältigungsversuchen und Neubewertung wird solange fortgesetzt bis die Bedrohung eliminiert, das Ziel erreicht oder die Person ihre Ziele kognitiv umstrukturiert hat. Bleiben auch sekundäre Versuche zur Kontrollwiederherstellung, wie kognitive Umstrukturierungsversuche (defensive Copingstile) erfolglos, können sich Apathie und das Gefühl von Hilflosigkeit einstellen (vgl. Frey & Jonas, 2002, S. 37). An diesem Punkt setzt Cherniss wieder an: ’Der (Burnout-)Prozess ist vollständig, wenn die Arbeitenden Arbeitsstress defensiv bewältigen, indem sie sich selbst psychisch von der Arbeit distanzieren und apathisch, zynisch und rigide werden’ (zitiert nach Enzmann & Kleiber, 1989, S. 43). Es wird an dieser Stelle deutlich, dass im Prozess der sekundären Bewertung (‘Was kann ich tun’) Persönlichkeitseigenschaften eine wichtige Rolle spielen. Schwarzer (2000, S. 15) weist in diesem Zusammenhang auf das Konzept der Selbstwirksamkeit hin, also die Überzeugung Probleme durch eigenes kompetentes Handeln lösen zu können. 3.1.3.3, Emotionale Erschöpfung - Depersonalisation - Leistung: Maslach et al. (1986) definieren Burnout als ein Syndrom aus emotionaler Erschöpfung, Depersonalisation und reduzierter Leistungsfähigkeit, dass bei Individuen, die in irgendeiner Weise mit Menschen arbeiten, auftreten kann. Als Hauptursachen für Burnout werden einerseits die Arbeitsbedingungen identifiziert, zum anderen die Belastungen, die sich aus den häufig hoch emotional aufgeladenen interpersonellen Kontakten während der Arbeitssituation ergeben. Maslach & Jackson stellen das Einzigartige des Burnouts heraus, indem sie betonen, dass nicht irgendeine Form von Arbeitsstress Burnout erzeugt, sondern dass der eigentliche Stressfaktor in der sozialen Interaktion zwischen Helfer und Rezipienten erwächst (vgl. Enzmann & Kleiber, 1989, S. 33). Die Definition weist drei Burnoutdimensionen aus. Emotionale Erschöpfung manifestiert sich in den Gefühlen, durch die berufliche Tätigkeit, überbeansprucht, ausgelaugt, erledigt und frustriert zu sein, die Interaktionsarbeit mit Klienten wird als Strapaze empfunden. Sie resultiert aus einer gedämpften emotionalen Reaktionsfähigkeit, bedingt durch chronische emotionale Beanspruchung. Depersonalisation zeigt sich in der Tendenz, Empfänger von personenbezogenen Dienstleistungen als unpersönliche Objekte zu behandeln und das Gefühl zu haben, von ihnen für ihre Probleme verantwortlich gemacht zu werden. Es zeigen sich abgestumpfte Reaktionen im Umgang mit den Interaktionspartnern, zudem entwickeln sich negative, zynische und dehumanisierte Haltungen gegenüber den Dienstleistungsempfängern. Ursache für Depersonalisation ist im Wesentlichen die Wahl unangemessener Bewältigungsstrategien (coping). Zudem hat diese Dimension Ventilfunktion zur Reduktion emotionaler Beanspruchung (vgl. Gusy & Kleiber, 1998). Die dritte Burnoutdimension bezeichnet reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit und Erfüllung und wird als Mangel an Erfolg und Kompetenz wahrgenommen. Der Dienstleister erlebt reduzierte Wirksamkeit, wiederholt werden Situationen nicht gemeistert, unabhängig davon, wie viel Energie aufgebracht wird, es scheint nicht mehr möglich empathisch auf den Gast einzugehen oder eine positive Dienstleistungsatmosphäre zu schaffen. Diese Dimension wird als Folge emotionaler Erschöpfung bewertet. Aufbauend auf der Definition von Maslach und Jackson hat Leiter (1993) ein neues Modell zur Genese von Burnout entwickelt, welches die Abhängigkeiten der einzelnen Burnoutdimensionen einerseits voneinander und andererseits von Ressourcen und Belastungen darstellt. Das ‘process model of burnout’ geht davon aus, dass Belastungen und Ressourcen unterschiedlich mit den drei Dimensionen korrelieren. Generell sollen Belastungen stärker auf emotionale Erschöpfung wirken, wohingegen Ressourcen in stärkerem Zusammenhang mit Depersonalisation und reduzierter Leistungsfähigkeit zu betrachten sind. Zudem werden Ressourcen als Moderatoreffekte auf die Beziehung zwischen emotionaler Erschöpfung und Depersonalisation zugeschrieben. So soll das Konzept defensiven Copings überwunden und persönliche Selbstwirksamkeit verbessert werden. Zudem wird vermutet, dass emotionale Erschöpfung als Mediator zwischen Belastungen und Depersonalisation wirksam wird. Leiter baut auf der Theorie der Ressourcenerhaltung von Hobfoll (1988) auf, die alternativ zu Lazarus die Stressbewältigung und ihre Motive in den Mittelpunkt stellt. Die zentrale Aussage besteht darin, dass das Vermeiden von Verlusten als stärkeres Motiv gilt, als das Streben nach Gewinn. Stress entsteht also besonders dann, wenn der Verlust von Ressourcen droht oder wenn der Einsatz von Ressourcen ohne Erfolg bleibt. Bezogen auf Leiter bedeutet dies, dass Belastungen zu Ressourcenverlust führen, dem mit dem Einsatz von Ressourcen begegnet wird, allerdings mit dem Risiko, Ressourcen zu erschöpfen.
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