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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 120
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Im Jahr 2012 gab es in Deutschland, im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern, noch keinen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Gleichwohl wurde ein möglicher Mindestlohn in Deutschland sowohl in der Politik als auch in der Ökonomie bereits vielfach diskutiert. Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung ist der Ordoliberalismus als Basis der in Deutschland herrschenden Sozialen Marktwirtschaft und der Arbeitsmarkttheorie in der Volkswirtschaftslehre. Darauf aufbauend werden Niedriglöhne und Mindestlöhne in ihren verschiedenen Daseinsformen erläutert. Ein Schwerpunkt des Buches ist die nähere Betrachtung der Hotelbranche in Deutschland, da diese wie kaum ein anderes Arbeitsgebiet hierzulande von Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung geprägt ist. Es wird ein Einblick in Tarifstrukturen, Niedriglöhne und die Unterschiede zu anderen Branchen gegeben. Auf Basis der vorangegangenen Untersuchungen befasst sich das Buch abschließend mit möglichen Gestaltungsformen und Auswirkungen eines Mindestlohnes in Deutschland zum Zeitpunkt der Debatte im Vorfeld der Bundestagswahl 2013.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2 Auswirkungen eines Mindestlohnes in der volkswirtschaftlichen Arbeitsmarkttheorie: Eines der Hauptargumente der Mindestlohngegner ist in der klassischen Arbeitsmarkttheorie begründet: Ein Arbeitgeber beschäftigt einen Arbeitnehmer nur dann, wenn die geforderte Entlohnung nicht oberhalb seiner Produktivität liegt. Wie in Abschnitt 2.2.1 beschrieben, bedeutet dies, dass die Einstellung eines Arbeitsnehmers nur dann lohnend für den Arbeitgeber ist, wenn dadurch mehr Gewinn erwirtschaftet wird. Daraus ergibt sich in der Theorie, dass sich ein Gleichgewichtslohn am Markt einstellt, zu dem Arbeitsangebot und -nachfrage übereinstimmen (siehe Abbildung 2.2). Die Einführung eines Mindestlohnes unterhalb des Gleichgewichtes würde bedeuten, dass er keinerlei Auswirkungen auf den Markt hätte. Ein Mindestlohn oberhalb des Gleichgewichtes sorge jedoch dafür, dass mehr Arbeit angeboten als nachgefragt werde und somit mehr Personen arbeitslos würden (siehe Abbildung 2.4). Ein Mindestlohn würde in diesem Fall bedeuten, dass der Lohn über der Produktivität des Arbeitnehmers läge, was für das Unternehmen nicht lohnend sei. Es würden Personen entlassen bzw. nicht eingestellt. Dieses Argument ist durchaus nicht zu unterschätzen. Welches Unternehmen sollte Arbeitnehmer einstellen, deren Arbeit teurer ist als ihr Beitrag zum Unternehmenserfolg? Aber genau hier stellt sich die Frage: Wie misst man Produktivität? Dies gilt ganz besonders im Dienstleistungssektor und somit auch für die Hotelbranche. Es ist eine Tatsache, dass die Produktivität, also der Anteil am Umsatz (oder Gewinn) beispielsweise eines Pagen nicht messbar ist. Der Gast würde eventuell den gleichen Preis für das Zimmer zahlen, wenn er seinen Koffer selbst ins Zimmer bringen müsste, vielleicht wäre er dazu aber auch nicht bereit. In diesem Zusammenhang ergibt sich eine weitere Frage: Wie kann man festlegen, welchen Anteil ein Page und welchen Anteil beispielsweise ein Restaurantleiter am Umsatz hat? Es ist nicht mathematisch messbar, dass die Produktivität des einen höher ist als die des anderen. Vielmehr ist es so, dass die Klassifizierung in Form der Hotelsterne bestimmte Einrichtungen und Positionen erfordert. So ist ein Page zur Erlangung von fünf Sternen für ein Hotel notwendig, was wiederum ein höheres Preisniveau rechtfertigt. So etwas lässt sich mit Kategorien wie Produktivität nicht beschreiben. Selbstverständlich muss ein Unternehmen wirtschaftlich handeln und dementsprechend Personal disponieren. Ebenso selbstverständlich ist, dass gewisse Bereiche in jedem Hotel durch Personal abgedeckt sein müssen und andere, wie der Arbeitsbereich eines Pagen, nur in bestimmten Hotels. Zudem kann auch ohne Quantifizierbarkeit jedes Arbeitsplatzes festgelegt werden, dass bestimmte Berufsgruppen mehr zum Unternehmenserfolg beitragen als andere, was unter anderem von Aus- und Weiterbildung des Personals abhängt. Dennoch ist das Argument der Produktivität eines Arbeitnehmers heutzutage, wo es exakt quantifizierbare Arbeit, wie z.B. am Fließband, nur noch selten gibt, nicht ausreichend. Weit wichtiger noch scheint in diesem Zusammenhang zu sein, dass Löhne oberhalb des Gleichgewichtes am Markt Arbeitsplätze vernichten, bzw. gar nicht erst entstehen lassen würden. Joachim Ragnitz und Marcel Thum veröffentlichten hierzu 2008 einen Artikel basierend auf Berechnungen des ifo Instituts. Auf Basis der Lohnelastizität der Arbeitsnachfrage wurde ermittelt, wie sich verschiedene Mindestlöhne auf die Beschäftigungszahlen auswirken. Die Lohnelastizität der Nachfrage gibt an, um wie viel Prozent die Arbeitsplatzzahlen zurückgehen, wenn sich die Arbeitskosten um ein Prozent erhöhen. Ragnitz und Thum verweisen auf verschiedene ermittelte Lohnelastizitäten zwischen -0,2 und -2,0 aus anderen empirischen Untersuchungen. Sie selbst beziehen sich auf Berechnungen des ifo Instituts, in denen -0,75, eine durchaus konservative(n) Schätzung der Lohnelastizität , angenommen wurde. Die genauen Berechnungen sollen hier nicht näher erläutert werden, dafür sei auf den Beitrag Ragnitz‘ und Thums verwiesen. Im Rahmen der Berechnungen des ifo Institutes wurde ermittelt, dass die Einführung eines Mindestlohnes in Höhe von 4,50 € zu einem Verlust von 360.000 Arbeitsplätzen in Deutschland führen würde und in Höhe von 6,50 € zu einem Verlust von 827.000 Arbeitsplätzen. Bei einem Mindestlohn von 7,50 € würden 1,1 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen. Ostdeutschland sei von dieser Entwicklung stärker betroffen als Westdeutschland, da die Löhne dort niedriger sind und von einer Erhöhung mehr Menschen betroffen wären. Ragnitz und Thum weisen darauf hin, dass die Höhe der Elastizitäten nicht sicher zu bestimmen sei, dass bei einer höheren Elastizität die Zahlen aber entsprechend höher wären. Diese Berechnungen sollten ernst genommen werden. Obwohl sie nicht in der Realität überprüfbar sind, kann man vermuten, dass sie bei der Einführung eines Mindestlohnes zutreffen könnten. Es entspricht der rationalen Logik, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht weiter beschäftigt oder nicht einstellt, wenn der Lohn oberhalb des Gleichgewichts liegt bzw. das übersteigt, was der Arbeitgeber für diese Arbeit zu bezahlen bereit ist. Diese Annahmen basieren auf dem neoklassischen Arbeitsmarktmodell, wie in Abschnitt 2.2.2 und 2.2.3 beschrieben. Es lässt sich jedoch auch berechtigter Zweifel daran äußern, ob solche volkswirtschaftlichen Modelle die Wirklichkeit abbilden können. Die herrschende Volkswirtschaftslehre ist eigentlich eine bloß noch mathematische Disziplin, sie erstellt mathematische Modelle, die man real nie nachbauen könnte und die trotzdem verwendet werden, um auf deren Grundlage Berechnungen anzustellen und komplexe ökonomische Vorgänge auf wenige Zahlen zu reduzieren schreibt Claus Peter Ortlieb. Er gibt als Beispiel dafür an, dass die neoklassische Lehre vom Markt, die über Angebot und Nachfrage bestimmt wird, fälschlicherweise auch auf andere Bereiche wie den Arbeitsmarkt angewandt werde. Für ihn entspreche die Theorie, dass jemand, dessen Lohn sinke, weniger Arbeit anbieten würde, wie es das klassische Modell vorgibt, nicht der Realität. Dieser Annahme liegt auch das Modell des anomalen Angebotsverhaltens (siehe Abbildung 2.5) zugrunde. Es geht davon aus, dass Menschen sich ab einem gewissen niedrigen Lohn nicht entsprechend der herrschenden Modelle verhalten. Als Argument der Mindestlohngegner wird hierzu angebracht, dass sich ein solcher Zustand nur im Falle eines Monopsons einstelle, also in der Realität in Deutschland nicht existieren würde. Betrachtet man Niedriglöhne in Deutschland, wie sie in verschiedenen Bereichen, z.B. der Hotelbranche, existieren, kann man jedoch davon ausgehen, dass anomales Angebotsverhalten auf dem Arbeitsmarkt vorkommt. Des Weiteren stellt sich die Frage, welche Arbeitsplätze verloren gehen würden. Insbesondere in der Hotelbranche, aber auch in anderen Bereichen mit vielen Niedriglohnstellen, ist es nicht unüblich, sehr viel zu arbeiten und Überstunden zu leisten, da die Arbeitsbelastung sehr hoch ist. Die Unternehmen in der Hotelbranche kalkulieren häufig mit möglichst wenig Personal, um Kosten zu sparen. Sollte es nun zu einer Erhöhung der untersten Löhne in Form eines Mindestlohnes kommen, scheint es für viele Betriebe gar nicht möglich zu sein, weiteres Personal zu entlassen. Im Umkehrschluss könnte dies bedeuten, dass manche Unternehmen nach der Einführung eines Mindestlohnes nicht mehr gewinnbringend oder kostendeckend wirtschaften können und daher den Betrieb schließen müssten, was wiederum zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen würde. Aufgrund der teilweise starken Konkurrenz in der Hotelbranche kann man allerdings anmerken, dass dies einer sich selbst regulierenden Marktwirtschaft entspräche. Würden Hotelbetriebe schließen, würden deren Marktanteile von anderen Hotels übernommen. Die anfallende Mehrarbeit könnte bewirken, dass in den bestehenden Betrieben mehr Personal eingestellt würde.

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