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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Abb.: 5
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Auf den Märkten der Zukunft müssen erfolgreiche Unternehmen nicht nur Technologien, Marktveränderungen und Kundenbedürfnisse, sondern auch Arbeitsmarktveränderungen berücksichtigen. Der Gedanke, in Zukunft könnten nicht genügend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, liegt heute vielen fern, da die Schlagzeilen der nahen Vergangenheit von Arbeitslosigkeit und einem scheinbaren Überangebot an Arbeitssuchenden geprägt waren. Die demografische Entwicklung Deutschlands erfordert in Zukunft eine Integration der Arbeitnehmer bis ins Rentenalter hinein - dies erfordert jedoch ein Umdenken bei den Personalverantwortlichen. Unternehmen sollten fähig sein, ältere Mitarbeiter adäquat einzusetzen und zu fördern, denn die ältere Generation stellt als Humankapital einen wichtigen Leistungsträger in der Wirtschaft dar. Ein altersspezifisches Personalmanagement hat zum Ziel, die Arbeitsfähigkeit Älterer zu erhalten, sie ihren Stärken entsprechend einzusetzen und auch die Lernfähigkeit zu fördern und zu nutzen. So kann ihre Erfahrung anerkannt und gesichert werden. Eine präventive Beschäftigungspolitik muss dies berücksichtigen und diese Tatsache in geeignete Maßnahmen zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit und Innovationskraft des Unternehmens umsetzen. Strategische Ansätze sind gefragt. Meist sind dazu keine neuen Instrumente notwendig, sondern es ist lediglich eine neue Ausrichtung und ein langfristiger und konsequenter Einsatz bekannter Instrumente erforderlich. Das Thema Age Management bietet einen Ansatzpunkt für Unternehmen, mit Veränderungen im Bereich der Altersstrukturen der Beschäftigten umzugehen, sich diese zu verdeutlichen und ihnen frühzeitig aktiv entgegenzuwirken.
Kapitel 2.3, Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen: Aus den skizzierten Entwicklungen ergeben sich mittel- und langfristig Probleme, die die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen stellen werden. So wird sich die Bevölkerung im Erwerbsalter verringern und älter werden, während das Angebot an Jüngeren, die in den Arbeitsmarkt eintreten, zurückgehen wird. Die dadurch fehlenden Einzahlungen in die Sozialsysteme lassen Finanzierungsprobleme der Alterssicherung auftreten, besonders bei dem momentanen Trend zur Frühverrentung, bei dem die Kosten für ältere Mitarbeiter quasi von den Betrieben auf die sozialen Sicherungssysteme abgewälzt werden. Diese Altersversorgung bei Frühverrentung wird in Zukunft nicht mehr finanzierbar sein. Die Entwicklung der Erwerbspersonenzahlen zeigt bereits jetzt den Mangel an Jungen und die steigende Altenarbeitslosigkeit. Die Erwerbstätigen, die jetzt mittel alt sind, werden in Zukunft zu einem Altersberg in den betrieblichen Personalaltersstrukturen. Zwar könnte eine Aktivierung der stillen Reserve (wie unfreiwillig in Teilzeitarbeit beschäftigte Frauen, Jugendliche in den Warteschleifen der Bildungssysteme, Arbeitslose oder vorzeitig in den Ruhestand versetzte Mitarbeiter) die Entwicklung teilweise kompensieren, dennoch wäre der Fachkräfte- und Nachwuchsmangel in bestimmten Regionen und Fachbereichen nicht aufzuhalten. Auch eine Vergrößerung des Erwerbspersonenpotentials durch Zuwanderung gestaltet sich aufgrund der Frage, woher gut ausgebildete Erwerbspersonen zuwandern können, schwierig, da in fast allen in Frage kommenden Staaten ähnliche demografische Probleme wie in Deutschland abzusehen sind. Der Mehrbedarf an älteren Arbeitnehmern erklärt sich nach Ehrentraut/ Fetzer durch die Notwendigkeit des unveränderten Anteils an Erwerbspersonen, um den Wohlstand einer Gesellschaft durch das Wirtschaftswachstum aufrecht zu erhalten. Der technische Fortschritt kann in Zukunft eine Produktivitätssteigerung zur Folge haben, sodass sich der Erwerbspersonenanteil theoretisch sogar ohne Folgen verringern könnte. Wenn aber aufgrund der Alterung der Gesellschaft personalintensive Wirtschaftsbereiche wie Gesundheit und Dienstleitung an Bedeutung gewinnen, wäre trotzdem eine steigende Erwerbspersonenzahl nötig. Welcher Effekt dominieren wird, ist unbekannt, daher wird hier von einem gleich bleibenden Anteil ausgegangen. Bei einem Bevölkerungsrückgang muss dementsprechend der Anteil der Erwerbstätigen in allen Altersgruppen zunehmen, vor allem der Anteil älterer potentiell Erwerbstätiger. Der Anteil der über 55jährigen Arbeitnehmer muss sich also mehr als verdoppeln, um den gesellschaftlichen Wohlstand garantieren zu können. Daher kann der aktuelle Umgang mit dieser Gruppe, der meist die Frühverrentung zum Ziel hat, nicht fortgeführt werden. Aufgrund des drohenden Fachkräftemangels müssen auch Einwanderer künftig besser ins Wirtschaftleben integriert werden, da der Anteil der Zugewanderten aufgrund der Selektionswirkung der Wanderung, die eine höhere Geburtenrate und eine niedrigere Sterblichkeit zur Folge haben kann (healthy immigrant effect, d.h. es wir d angenommen, dass mehrheitlich gesündere Menschen die Strapazen einer Migration auf sich nehmen), steigen wird. Aktuell liegt der Ausländeranteil in Deutschland bei 8,8 %, 2050 wird er bereits 27,9 % betragen. Auch wird der Anteil der Frauen am Erwerbsleben wird steigen müssen, da noch viele Frauen die Versorgung der Familie als Hauptaufgabe ansehen. Die Arbeitswelt ist heute meist noch ungenügend auf die Anforderungen des demografischen Wandels vorbereitet. Oft wird der vorzeitige Verlust von psychischen und physischen Leistungsvermögen durch Über- oder Fehlbelastung und unzureichenden Tätigkeitswechsel ausgelöst, und die andauernde Arbeit an Arbeitsplätzen bei Nichtbeachtung der natürlichen Begrenzung der Tätigkeitsdauer verursacht dauerhafte Gesundheitsschäden. Altersselektive Personalrekrutierung, Geringschätzung von Erfahrungswissen und ein mangelnder oder nicht vorhandener generationenübergreifender Wissenstransfer können in Zukunft in vielen Unternehmen zu Problemen führen, da kurzfristige Kalküle bei Personalentscheidungen meist Vorrang haben. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels müssen ältere Arbeitnehmer für die Personalverantwortlichen in Unternehmen wichtiger werden. Bereits bis 2010 muss die Erwerbstätigenrate Älterer, d.h. 55-64 Jahre, laut dem europäischen Rat auf 50 % und das tatsächliche Renteneintrittsalter durchschnittlich um fünf Jahre gesteigert werden. Unternehmen wie z.B. die Karstadt Warenhaus GmbH, die Daimler AG oder die BMW Group unterhalten heute eigene Stäbe, die sich mit den erwarteten Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Personalmanagement und die generelle Ausrichtung der Unternehmen beschäftigen, aber gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist es trotz oftmals gravierender Auswirkungen des Strukturwandels nicht möglich, Stäbe zu unterhalten oder sonstige kostspielige, vorsorgende Maßnahmen zu ergreifen. Kapitel 2.4, Vom Defizit- zum Kompetenzmodell des Alterns: Die Frühverrentungspolitik ist nicht nur aus Gründen der sozialen Belastung nicht mehr haltbar, auch Unternehmen werden es sich in Zukunft nicht mehr leisten können, Kompetenz und Erfahrung der älteren Mitarbeiter zu verlieren. Meist beherrscht das Defizitmodell des Alterns noch die Einschätzung der Leistungspotenziale Älterer, der Alterungstrend erfordert in Zukunft jedoch ein Umdenken gegenüber älteren Mitarbeitern. Sie werden oft aufgrund der Annahme eines Senioritätsprinzips bei der Bezahlung als zu teuer und dafür weniger leistungsfähig angesehen. Zahlreiche Studien jedoch beweisen, dass ihre Stärken nur in anderen Bereichen liegen. Auch sind Lebens- und vor allem Arbeitsbedingungen neben dem biologischen Alter entscheidend. Ein Zusammenhang zwischen Alter und Leistungsfähigkeit oder Produktivität zeigt sich in der Forschung nicht. Es liegt also weniger an den chronologisch bedingten Wandlungen der Leistungsfähigkeit, sondern eher an der Art der Tätigkeit und dem Erwerbsverlauf, der zu ihr führt, ob jemand mit 70 Jahren als innovativ oder mit 45 Jahren als zu alt für seine Tätigkeit gilt. Man kann also von einem arbeitsinduzierten Altern sprechen, bei dem nur etwa 10 % der individuellen Unterschiede bei der Arbeitsleistung auf den Faktor Alter zurückzuführen sind. Die kognitive Leistungsfähigkeit im Erwachsenenalter wird in der psychologischen Forschung durch das Modell der kristallinen und der fluiden Intelligenz (nach Cattell) ersichtlich. Die kristalline ist dabei die erfahrungsgebundene Intelligenz wie die Fähigkeit zur Lösung vertrauter kognitiver Probleme, die im Alter erhalten bleibt oder sogar zunimmt. Die fluide Intelligenz beinhaltet kognitive Basisoperationen zur Bewältigung neuartiger Probleme. Die Leistungsfähigkeit nimmt hier ab dem jüngeren oder mittleren Erwachsenenalter durch die zunehmende Schädigung des Nervensystems ab, sodass ab dem dritten Lebensjahrzehnt die Informationsverarbeitung langsamer wird. Später nimmt auch die Umstellungsfähigkeit ab. Durch kontinuierliches Training und Anregung durch die Umwelt kann diese Verringerung jedoch erheblich gemindert werden, da so die Plastizität der Nervenzellen erhalten wird. Mittels verschiedener Aktivitäten und dem Tätigkeitsprofil der Arbeit ist eine zunehmende Dequalifizierung also zu verhindern. Untersuchungen zur beruflichen Leistungsfähigkeit im Erwachsenenalter zeigen, dass die Erhaltung der Leistungsfähigkeit möglich ist, indem alterskorreliert eintretende Einbußen durch andere Stärken kompensiert werden (Kompensationsmodell). Einbußen bei der kognitiven Mechanik etwa (also der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung, der Umstellungsfähigkeit in neuen kognitiven Situationen, des Differenzierungsgrades der Wahrnehmung und der Geschwindigkeit und Prägnanz von psychomotorischen Funktionen) werden durch Stärken in kognitiver Pragmatik ausgeglichen. Dies geschieht etwa durch gesellschaftlich und kulturell vermitteltes allgemeines Wissen, bereichsspezifisches Fakten- und Strategiewissen und differenzierte und leicht abrufbare Wissenssysteme. So schaffen zum Beispiel Sekretärinnen in einem Alter von über 50 Jahren zwar weniger Anschläge in einem definierten Zeitraum als jüngere, kompensieren die längere Reaktionszeit aber dadurch, dass sie beim Schreiben weiter voraus lesen, sodass in der gleichen Zeit ein Manuskript in der gleichen Qualität entsteht. Dies ist das Resultat von Erfahrung, Wissen und effektiveren Arbeitsstrategien. Auch Langzeituntersuchungen zur geistigen Flexibilität belegen, dass diese nach 30 Jahren in einer wenig komplexen Tätigkeit sinkt, während ein Arbeitsplatz, der komplexe Tätigkeiten erfordert, sie ansteigen lässt. Jede Qualifikation, die nicht genutzt wird, verkümmert also. Dazu kommt, dass Intelligenzunterschiede zwischen Altersgruppen schwer zu messen sind, da Querschnittuntersuchungen meist nur historisch-kulturelle Unterschiede zwischen verschiedenen Kohorten erfassen. Ältere sind im Vergleich mit Jüngeren nicht weniger, sondern nur anders leistungsfähig. So werden physische Kraft, Reaktionsvermögen und Sehkraft ab dem 35. Lebensjahr geringer, und auch die Risikobereitschaft, das Gedächtnis sowie die Informationsverarbeitung lassen graduell nach. Ältere können mit Zeitdruck meist weniger gut umgehen als früher. Sie sind nicht häufiger krank als jüngere Kollegen, im Krankheitsfall jedoch länger arbeitsunfähig. Dafür wird durch Erfahrungswissen der Sinn fürs Machbare geschärft und Branchenkenntnis aufgebaut. Gezieltes Handeln, Kooperation, Qualitäts- und Verantwortungsbewusstsein sowie Urteilsfähigkeit, Selbständigkeit und Führungskompetenz sind Stärken, die sich meist mit dem Alter verstärken. Soziale Fähigkeiten steigern sich, während Motivation und Lernfähigkeit mehr von bisherigen Lernerfahrungen und langen Perioden des Nicht-Lernens beeinflusst werden. Auch schlechte frühere Kenntnisse als Ausgangspunkt zusammen mit einem Mangel an betrieblichen Weiterbildungsmöglichkeiten können Hindernisse für andauernde Lernfähigkeit sein. Intelligenz, Begabung und kognitive Fähigkeiten verändern sich jedoch im Altersverlauf kaum. Lernfähigkeit und -motivation im Arbeitsleben hängen daher in großem Maße von den Arbeitsbedingungen und der Organisation ab, nicht aber primär vom Alter. Wenn Qualifikation, Gesundheit oder Motivation nicht ausreichen, dann wird das Alter zum Problem. Ob dies jedoch eintritt, ist nicht nur abhängig vom Alter, sondern vielmehr von der Erwerbsbiografie, dem beruflichen und privaten Leben und den Belastungen und Ermutigungen, die dabei erfahren wurden. Daher ist ein Umdenken weg vom Defizitmodell und hin zu einem Kompetenzmodell des Alterns notwendig. Dieses beinhaltet, dass auch im Alter neue Aufgaben übernommen werden können, da die Selbstverantwortung bleibt. Innerhalb der Familie muss sich ständig aktiv mit den Anforderungen des Lebens auseinandergesetzt werden, neue Fähigkeiten und Potentiale werden entwickelt, was die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen kann. Bei Personalentscheidungen muss daher kein allgemeiner Vergleichsstandart zu Jüngeren angesetzt werden. Vielmehr sollte die konkrete Person mit ihren Eigenschaften, Anforderungen und Möglichkeiten der Lebenssituation, also mit der individuellen Möglichkeit, die eigenen Ressourcen und die der Umgebung zu nutzen, um das Leben erfolgreich zu bewältigen, berücksichtigt werden. Ein Mitarbeiter benötigt eventuell nur andere Anforderungen, Motive, Handlungsziele oder Ressourcen, um vor diesem Hintergrund einen hohen oder höheren Grad an Kompetenz zu zeigen. Ältere Mitarbeiter können also nicht nur aufgrund des chronologischen Alters als weniger leistungsfähig angesehen werden. Wenn sie in ihren veränderten Stärken, Schwächen und Bedürfnissen berücksichtigt werden und ihre Potenziale und Kompetenzen entsprechen eingesetzt werden, können Mitarbeiter aller Altersgruppen leistungs- und arbeitsfähig bleiben. Unternehmen mit gesunden und motivierten Belegschaften, die nicht unangemessen belastet und beansprucht werden, sind auch unter den Bedingungen des demografischen Wandels im Stande, Qualität und Produktivität dauerhaft zu sichern. Die ältere Generation stellt ein Humankapital dar, von dem unsere Gesellschaft lebt. Wir brauchen ein Korrektur des negativ akzentuierten Altersbildes auch in Wirtschaft und Industrie, das die älteren Menschen auch in ihrer Funktion als wichtige Konsumenten und Leistungsträger erkennt.
Lisa Marie Bille, Studium Medienwirtschaft, Schwerpunkt Wirtschaftspsychologie und Konfliktmanagement, Abschluss Diplom- Medienökonomin an der Rheinischen Fachhochschule Köln.
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