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- Zwischen Zucht und Zuspruch: Ziele und Methoden der Kindererziehung in der Bibel
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2020
AuflagenNr.: 1
Seiten: 160
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Zwischen der Mahnung die Rute nicht zu schonen und der Haltung, dass strikte Vorgaben in der Erziehung nichts zu suchen haben, gibt es die unterschiedlichsten christlichen Standpunkte bezüglich der Kindererziehung. Doch inwiefern können sich die jeweiligen Konzepte auf die Bibel in ihrer Gesamtheit berufen? Um eine solche theologisch ausgewogene biblische Gesamtsicht auf die Thematik der Kinderziehung zu erarbeiten, untersucht der Autor alle relevanten Textstellen des Alten und Neuen Testaments und bündelt die Ergebnisse in komprimierten Zusammenfassungen. Dabei werden zentrale Aspekte der Erziehungsmethodik herausgearbeitet und unterschiedliche Betonungen des Alten und Neuen Testaments erläutert und miteinander verglichen.
Textprobe: Kapitel 2.2, Kindererziehung in Mesopotamien: Die Kultur Mesopotamiens war im Unterschied zu Ägypten nicht durchgängig von einem führenden Volk bestimmt. Im Norden liegt Assyrien und im Süden, am Unterlauf von Euphrat und Tigris, Babylonien, in welchem wiederum im Norden die semitischen Akkader und im Süden die Sumerer ansässig waren. So wird Babylon oft als Sumer und Akkad bezeichnet. Da diese unterschiedlichen Völker, zumindest im 3. Jahrtausend v. Chr., allerdings enge kulturelle Beziehungen unterhielten, indem sie z.B. Unterrichtsmaterialien austauschten, Fachlehrer aus weit entfernten Städten einluden und wahrscheinlich sogar Schüleraustausch organisierten, kann die Erziehung bei diesen unterschiedlichen Völkern unter der Überschrift Kindererziehung in Mesopotamien zusammengefasst werden. Auch in der Literatur Mesopotamiens gibt es recht weit verbreitete Weisheitstexte und Spruchsammlungen, die praktische Lebensweisheit vermitteln und so auch der Kindererziehung Richtung geben. Im Unterschied zu Ägypten gab es dort weiterhin ausgedehnte offizielle Gesetzesliteratur, die Einblicke ins Familienleben bietet. Erziehungsziele: Vorrangiges ethisches – und damit wohl auch erzieherisches – Ziel war die Erfüllung der Pflichten ggü. der Gottheit. So betont etwa der babylonische Schöpfungs-Epos Enuma elîš: Aus seinem Blut schufen sie die Menschheit Er legte (ihr) die Mühsale der Götter auf, die Götter ließ er dann frei. Dabei wird in diesem Schöpfungs-Epos außerdem die Weitergabe der religiösen Überlieferung vom Vater an den Sohn als Ideal dargestellt. Der Forderung, schon von Kind an den religiösen Bräuchen zu folgen, wird in der babylonischen Theodizee folgendermaßen Ausdruck verliehen: von klein auf wandte ich mich dem Willen meines Gottes zu, durch Prosternieren und Gebet suchte ich meine Göttin . In den Sprüchen des Achikar, eines Weisen am assyrischen Hof des 7. Jahrhunderts v. Chr., wird weiterhin auf Demut und Ergebung ggü. Gott gedrängt. Es heißt hier: Wenn du hoch sein willst, mein Sohn, mach dich niedrig vor Gott, der den hohen (?) Menschen niedrig macht und den niedrigen Menschen hoch macht. Auch in Mesopotamien wurde Hochachtung ggü. den Eltern und sonstiges gutes soziales Verhalten gefordert: Wie Wasser der ewigen Quelltiefe wird ewiger Same zuteil Dem, der freundliche Hilfe gewährt . Des Weiteren existiert auch in Mesopotamien das Ideal des selbstbeherrschten, wohlerzogenen Weisen, der seine Worte mit Sorgfalt wählt und die Wahrheit liebt. In den Sprüchen des Achikar heißt es: (…) die Beliebtheit eines Mannes beruht auf seiner Zuverlässigkeit, und seine Verhaßtheit auf der Lüge seiner Lippen. – Zuerst wird ein Thron für den Lügner errichtet, aber zuletzt erreichen (ihn) seine Lügen, und man speit ihm ins Gesicht. Erziehungsmethoden: Auch in Mesopotamien erzog und stillte die Mutter die Kinder drei Jahre lang. Später übernahm der Vater die Erziehung der Söhne, wobei er diese in Tradition und Religion einführte und ihnen sein Handwerk lehrte. Ersteres wird auch an der Parallelisierung von Lehrer und Schüler mit Vater und Sohn deutlich. Letzteres zeigt sich z.B. daran, dass im Codex Hammurabi Handwerker stets Sohn des Handwerkers genannt werden. In Mesopotamien gab es seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. Schulbetrieb, der jedoch zunächst einfach im Haus des Lehrers stattfand. Interessanterweise konnten Schüler aus allen Bevölkerungsschichten kommen und auch Mädchen kamen – zwar nur in seltenen Fällen, aber manchmal eben doch – in den Genuss einer schulischen Ausbildung. Ähnlich wie in Ägypten erlernten die Schüler, etwa ab dem fünften oder sechsten Lebensjahr, in der Schule Grundlagen im Schreiben, Lesen und Rechnen und spezialisierten sich anschließend, indem sie als Gehilfen in einem Verwaltungs- oder Industriebetrieb arbeiteten. Der Unterricht war stark auf die Praxis ausgerichtet und arbeitete v.a. mit lexikalischen Listen, die sämtliche Bereiche des täglichen Lebens, der Technik, Geographie und Religion erfassten. Methodisch wurde außerdem das Auswendiglernen hervorgehoben. Eine an Spr 23,13f erinnernde Stelle aus den Sprüchen des Achikar macht weiterhin deutlich, welcher Art die disziplinarischen Erziehungsmaßnahmen waren: Was ist stärker als gärender Most in der Kelter? – Der Sohn, der unterrichtet und gefesselt (?) wird und an dessen Fuß man einen Block (?) legt, …. – Verschone deinen Sohn nicht mit der Rute, sonst kannst du ihn nicht bewahren vor dem Bösen. – Wenn ich dich schlage, mein Sohn, stirbst du nicht, aber wenn ich dir deinen Willen lasse, wirst du nicht leben. – Ein Schlag für den Burschen, ein Scheltwort für die Magd, und für alle deine Knechte Belehrung. Im Kontext der Schulen Mesopotamiens und Ägyptens mögen diese harten Methoden, zusammen mit der idealistischen Glorifizierung des Schreiberberufs, die Reaktion der Lehrer auf den Lernunwillen der Schüler darstellen. Dabei resultierte dieser Unwillen wahrscheinlich aus den vielfältigen verlockenderen und besser bezahlten Berufsoptionen als der des Schreibers. Neben diesen harten Strafmaßnahmen verwendeten mesopotamische Weisheitslehrer jedoch auch eindringliche Appelle und stellten sich und ihre Lehre als vorbildlich dar. In den Weisungen des Suruppak heißt es z.B.: Suruppak – the intelligent one, who made the elaborate words, who knew the (proper) words, and was living in Sumer – Suruppak gave instructions to his son, … My son, let me give you instructions, may you take my instructions! Ziusudra, let me speak a word to you, may you pay attention to it! Do not neglect my instructions! Do not transgress the word I speak! The instructions of an old man are precious, may you submit to them! Die im Folgenden zu erörternden pädagogischen Aussagen des AT sind also vor diesem Hintergrund zu verstehen. Unter Abschnitt 7 Fazit: Erziehung im AT greife ich die Ergebnisse der Untersuchung der Umwelt Israels dann wieder auf.
Philipp Heinrich wurde 1991 geboren und studierte an der Theologischen Hochschule Reutlingen (B.A.) und an der Theologischen Akademie Stuttgart (M.Th.) Theologie. Derzeit arbeitet er an seiner Promotion an der New Covenant International University. Als Ehemann und zweifacher Vater ist ihm das Thema der Kindererziehung nicht nur theologisch, sondern auch persönlich ein wichtiges Anliegen. Auch während der langjährigen Mitarbeit in der Kinder- und Jugendarbeit verschiedener freikirchlicher Gemeinden sammelte er vielfältige erzieherische Erfahrungen. Überzeugt von der bleibenden Relevanz biblischer Konzepte, widmete er sich so mit großem Interesse der biblisch-theologischen Untersuchung der Thematik der Kindererziehung.
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