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- Zur Qualität der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Trägern der freien Jugendhilfe und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2024
AuflagenNr.: 1
Seiten: 172
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Diese Studie bietet eine Analyse der Dynamiken zwischen den Trägern der freien und der öffentlichen Jugendhilfe. Sie beleuchtet kritisch den Einfluss der öffentlichen Verwaltung auf partnerschaftliche Zusammenarbeit und untersucht, wie Fördermechanismen die Qualität dieser Zusammenarbeit beeinflussen. Der Kern der Studie liegt in der theoretischen Rahmung, die aufgezeigt, wie theoretische Konzepte des Neoinstitutionalismus und der Agency-Theorie in der Praxis der Jugendhilfe Anwendung finden. Die Diskussion wird mit rechtlichen und beziehungsbezogenen Aspekten partnerschaftlicher Zusammenarbeit sowie Machtverhältnissen und damit verbundenen Dynamiken verknüpft. Besonderes Augenmerk wird auf Subsidiarität und die Autonomie freier Träger gelegt. Dabei werden Perspektiven und aktuelle Herausforderungen herausgearbeitet, die die Beziehungen zwischen den Akteuren formen. Die Studie schließt mit einer kritischen Reflexion über die Rolle der freien Träger – sind sie autonome Partner oder Beauftragte der öffentlichen Hand? Diese Publikation bietet nicht nur einen Einblick in die strukturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern regt auch zu einem kritischen Diskurs über die zukünftige Richtung der Jugendhilfe an.
Textprobe: 2. Theoretische Rahmung (Friedrich, M.) Für ein grundlegendes Verständnis dieser Untersuchung ergibt sich die Notwendigkeit, Zusammenhänge von Förderung und partnerschaftlicher Zusammenarbeit funktional zu begrenzen. Demzufolge werden dem Inhalt immanente, theoretische Verbindungen diskutiert und Bezüge zur Untersuchung hergestellt. Deskriptiv werden Argumentationsmuster erfasst und Dimensionen partnerschaftlicher Zusammenarbeit erörtert. Damit eröffnen sich Möglichkeiten einer weiterführenden Forschung, um perspektivisch auch quantitative Instrumente zu entwickeln, die Indikatoren zur Messung von partnerschaftlicher Zusammenarbeit zur Verfügung stellen können. Wesentlich erscheint hier, den Blick nicht zu eng auf einzelne Aspekte wie Subsidiarität, Qualität oder Rechtsnormen zu verkürzen. Sondern vielmehr die Organisationen selbst zu untersuchen, und zwar dahingehend, wie sie mit Macht und Ohnmacht interagieren, inwieweit sich Konstrukte und Beziehungen in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit äußern und wie sich implizite Erkenntnisse der Agency Theorie und des Neoinstitutionalismus auf freigemeinnützige Organisationen auswirken. Dabei wird es nicht um innerorganisatorische Beziehungen gehen, sondern der Fokus wird auf institutionellen Interaktionsmustern zwischen öffentlichen Trägern der Jugendhilfe und freien Wohlfahrtsorganisationen liegen. Das neue Steuerungsmodell der Verwaltung hingegen bietet einen Rahmen zur Untersuchung auf Schlüssigkeit und Konsistenz hinsichtlich seiner Versprechungen einer effizienten und effektiven neuen Verwaltungssteuerung im Sinne eines New-Public-Managements. Für partnerschaftliche Zusammenarbeit und damit verknüpfte Implikationen ist die Betrachtung des neuen Steuerungsmodells wesentlicher Bestandteil der Untersuchung. 2.1Partnerschaftliche Zusammenarbeit (Widulinski, R.) Solidarische Zusammenarbeit zwischen freien und öffentlichen Trägern ist keine Eigenheit, sondern ein Grundmerkmal deutscher Sozialstaatlichkeit. Historisch wurde Soziale Arbeit durch freie Zusammenschlüsse von Mitgliedern der Gesellschaft erbracht. Diesen gesellschaftlichen Organisationen, die heute umgangssprachlich als freie Träger bezeichnet werden, kann ein flächendeckendes und umfassendes Angebot sozialer Dienstleistungen nicht abverlangt werden. Hier übernimmt der Staat die Verantwortung über die örtlichen Träger der Jugendhilfe. Um partnerschaftliche Zusammenarbeit in diesem Kontext definieren zu können, kommen verschiedene Dimensionen in Betracht. Interessant für die vorliegende Arbeit sind insbesondere die Betrachtung der Dimension des normativen Rechts als Rahmenbedingung und andererseits die einer Beziehungsdimension. Im Folgenden werden beide Dimensionen diskutiert und Kernelemente partnerschaftlicher Zusammenarbeit subsumiert. Die normativ rechtliche Dimension umfasst Regelungen aus dem allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches I und des Sozialverwaltungsrechts des Sozialgesetzbuch X. Im Sozialgesetzbuch VIII wird die Zusammenarbeit ausformuliert und präzisiert. Im allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches I sind grundsätzliche Regelungen zur sozialen Sicherheit in Deutschland sowie gemeinsame Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche definiert. Das bedeutet, dass, ausgehend von allgemeinen Regelungen, Bezug auf die speziellen Bereiche in den Sozialgesetzbüchern genommen wird. In § 17 SGB I wird auf das Verhältnis zwischen den öffentlichen und freien Trägern eingegangen. Geprägt ist diese Regelung von der Fürsorgepflicht des Staates gegenüber leistungsberechtigten Empfängern. Die Erbringung entsprechender Angebote soll mit der Organisation und Bereitstellung sozialer Dienste und Einrichtungen sichergestellt werden. Vor dem Hintergrund, dass die öffentliche Verwaltung den Auftrag nur unzureichend erfüllen kann und ihn auch nicht erfüllen soll, werden soziale Leistungen durch gemeinnützige oder privat gewerbliche Anbieter erbracht (vgl. Patjens 2017, 39). Das setzt voraus, dass sich freie und öffentliche Träger partnerschaftlich und gleichberechtigt begegnen, um eine beteiligungsorientierte und öffentlich ausgehandelte Jugendhilfe- und Jugendförderplanungen zugunsten der Bedürfnisse junger Menschen, zu entwickeln. Deshalb verstehen sich freie und öffentliche Jugendhilfe als Ergänzung zueinander und nicht als Konkurrenz womit ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft vorausgesetzt wird. Das heißt Je stärker die freien Träger in den Aufgabenbereich der öffentlichen Träger eingebunden sind, desto größer sind die Anforderungen an die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen den Trägern (ebd., 39). Selbstbestimmungsrecht der freien Träger und Prüfungsrecht der öffentlichen Träger beziehen sich auf die Autonomie der freien Träger. Das Selbstbestimmungsrecht mit der Formulierung […] zu achten (ebd., 42) ist normativ von elementarem Interesse. Inhaltliche und methodische Arbeitsweisen sowie die Zielsetzungen der freien Träger sind demnach anzuerkennen und unterliegen keiner Prüfberechtigung durch die öffentlichen Träger. Die Norm bildet damit die Basis für Träger- und Methodenvielfalt, die gem. § 3 SGB VIII (vgl. § 3, Abs. 1, SGB VIII) charakteristisch für die Jugendhilfe ist. Dieses Achtungsgebot gilt damit auch für eigene oder zur freien Verfügung überlassene Mittel und verbietet eine Einflussnahme durch die öffentlichen Träger. Diese Rechtsposition verleiht den freien Trägern den Anspruch auf eine gerichtlich durchsetzbare Überprüfung gegenüber den öffentlichen Trägern (vgl. Patjens 2017, 42). Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe werden nach § 3 SGB VIII durch freie Träger und durch die öffentliche Jugendhilfe erbracht (vgl. § 3 Abs. 2, SGB VIII). Hierbei handelt es sich um gemeinsame Bemühungen von Staat und freien Wohlfahrtsorganisationen zugunsten der Leistungsempfänger und ist gekennzeichnet von Pluralität und Vielfalt (vgl.§ 3 Abs. 1, SGB VIII). Die freien Träger leisten dabei Jugendhilfe nicht auf Grundlage eines gesetzlichen Auftrags, sondern nach eigenem Leitbild und Engagement der jeweiligen Organisation. Während öffentliche Trägerschaften in § 69 SGB VIII in ihrer Struktur und Gliederung näher beschrieben werden, sind freie Träger im SGB VIII nicht definiert. Die Träger- und Methodenvielfalt ist ein wesentliches Merkmal der Kinder und Jugendhilfe und verschafft den Leistungsberechtigten durch ein plurales und vielfältiges Angebot erst die Möglichkeit, sein Wunsch- und Wahlrecht gem. § 5 Abs. 1 SGB VIII wahrzunehmen (Patjens 2017, 49). Demnach nehmen freie Träger eigene soziale Aufgaben wahr und sind bei der Wahl ihrer Aufgaben sowie der Art und Weise der Durchführung grundsätzlich frei und beanspruchen damit ein Grundrecht auf karitative Betätigung nach Art. 2 GG (vgl. Art. 2 Abs. 1, GG). § 17 SGB I regelt bereits ein Nebeneinander öffentlicher und freier Träger und verpflichtet lediglich die Leistungsträger auf eine ergänzende und wirkungsvolle Zusammenarbeit. Außerdem sind die Leistungsträger verpflichtet, die Autonomie der freien Träger zu achten (vgl.§ 17 Abs. 3 SGB I). § 17 Abs. 3 SGB I wird in § 4 SGB VIII präzisiert und konkretisiert die Autonomie freier Träger hinsichtlich der Ziele, deren Aufgaben und der eigenen Gestaltung ihrer Organisationsstrukturen (vgl. § 4 Abs. 1, SGB VIII). Auch die Leistungsverpflichtungen nach dem SGB VIII richten sich nach § 3 des SGB VIII lediglich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Somit wird eine strukturelle und inhaltliche Unabhängigkeit der freien Träger gegenüber den öffentlichen Trägern formuliert, mit dem Merkmal einer gegenseitigen wirkungsvollen Ergänzung sozialstaatlicher Fürsorge (vgl. Patjens 2017, 55). Die Verteilung finanzieller Mittel ist kein unwesentliches Instrument, um Druck auf die freien Träger auszuüben. Besonders deshalb darf die Unabhängigkeit freier Träger nicht in Frage gestellt werden und findet somit im Jugendhilfeausschuss als Beteiligungsmöglichkeit gem. § 71 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII mit der Förderung der freien Jugendhilfe seine Begründung (vgl. ebd., 56). Ziel dabei ist die Kooperation zwischen freien und öffentlichen Trägern. In der Praxis ist jedoch die Ausgestaltung der Zusammenarbeit von der Sichtweise der öffentlichen Träger geprägt, dass sie ihre Verantwortung an die freien Träger delegieren – auch wenn diese originäre Aufgaben i. S. v. §§ 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 SGB VIII erbringen – und die freien Träger daher nicht als ‚Partner auf Augenhöhe‘ wahrnehmen (Patjens 2017, 58). Die begriffliche Bedeutung partnerschaftlicher Zusammenarbeit ist mit Bezug auf die Förderung freier Träger als Rechtsbegriff, zum Verhältnis zwischen freien und öffentlichen Trägern zu berücksichtigen. Diese Partnerschaftlich beschreibt eine Zusammenarbeit als Kooperation zwischen Verwaltung und frei gemeinnützigen Organisationen und ist damit ein geltendes Rechtsprinzip. Demzufolge müssen sich die freien Träger darauf verlassen können, bei Erledigung sozialer Aufgaben ideelle und finanzielle Unterstützung durch die öffentlichen Träger zu erhalten (vgl. ebd.). Andernfalls würde die Durchführung dem öffentlichen Träger obliegen. Zum theoretischen Verständnis beschreibt die Beziehung zwischen Jugendämtern und freien Trägern, ein zielgerichtetes kollektives Handeln und interagieren in verschiedenen Prozessen und Abläufen. In einem solchen Abhängigkeitsverhältnis entstehen Inter-dependenzen, in Form von diskrepanten Interessenvorstellungen (vgl. ebd., 43). Die in diesem Prozess, und damit in einem Abhängigkeitsverhältnis stehenden Beteiligten, nehmen mit ihrem eigenen Ziel- und interessenbezogenen Handeln Einfluss auf das Verhalten und Handeln der anderen Beteiligten. Hinsichtlich der Beziehungen zwischen öffentlichen und freien Trägern kann es sich zum Beispiel um Diskrepanzen eines Beziehungs- oder Zielverständnisses handeln, das in seinen jeweiligen eigenen handlungsorientierten Auswirkungen auch immer einen Anpassungs- oder Gegensteuerungsprozess nach sich zieht (vgl. ebd.). Zwar richtet sich das Gebot zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit ausschließlich an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, jedoch bedarf es für die Realisierung und Umsetzung auch des Willens und der Bereitschaft des freien Trägers. Das Bundesverfassungsgericht definiert in einem wegweisenden Urteil von 1967 die Reichweite sowie die inhaltlichen Voraussetzungen einer Zusammenarbeit (ebd., 72). Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezog sich dabei darauf, ob die rechtlichen Normen des JWG und des BSHG im Verhältnis zwischen freien und öffentlichen Träger verfassungsgemäß waren. [...] dass die Jugendhilfe und die Sozialhilfe zwar eine Aufgabe des Staates ist, dass aber der Staat diese Hilfe weder organisatorisch noch finanziell in ausreichendem Maße allein leisten kann. Es bedarf dazu vielmehr der gemeinsamen Bemühung von Staat und freien Jugend- und Wohlfahrtsorganisationen. Diese hergebrachte und durch Jahrzehnte bewährte Zusammenarbeit von Staat und freien Verbänden soll durch die Vorschriften gefördert und gefestigt werden (BVerfG 22, 180, Rd 66). Die Tatsache, dass die Aufgaben der Jugendhilfe, weder finanziell noch organisatorisch vom Staat allein geleistet werden können, nimmt die Bedeutung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit in den Fokus und erschließt damit beidseitige Bemühungen einer gemeinsamen Leistungserbringung. Da diese Bemühungen explizit den Willen der freien Träger betreffen, ist ein organisationales Über- und Unterordnungsverhältnis kontraproduktiv. Deshalb handeln die freien Träger bei der Erbringung von Leistungen nicht als Auftragnehmer, sondern als private Organisationen mit eigenen Zielen und Aufgaben. Konkrete rechtliche Normen formulieren die partnerschaftliche Zusammenarbeit zum Beispiel im Jugendhilfeausschuss, gemäß § 71 SGB VIII und in den Arbeitsgemeinschaften gemäß § 78 SGB VIII (vgl. Patjens 2017, 73). Die Praxis skizziert ein komplexes und heterogenes Bild der Beziehung zwischen öffentlichen und freien Trägern. Dabei kann nicht von der Beziehung, sondern vielmehr von unterschiedlichen Beziehungsvarianten gesprochen werden. In der Praxis ist die Jugendhilfeplanung, Dreh- und Angelpunkt zur Beteiligung aller Akteure der Jugendhilfe und damit Gestaltungsspielraum für Beziehungen. Eine Kooperation zwischen öffentlichen und freien Trägern kann also in Form einer engen Zusammenarbeit durch ein besonderes Vertrauensverhältnis begründet sein. Partnerschaftliche Zusammenarbeit kann sich jedoch nur im Dialog aller beteiligten Partner begründen.
Maik Friedrich wurde 1964 in Frankenberg/ Sachsen geboren. Sein Studium der Sozialen Arbeit an der Hochschule Mittweida schloss der Autor im Jahre 2023 mit dem akademischen Grad Master of Arts erfolgreich ab. Bereits während seiner ersten Ausbildung zur Fachkraft für Soziale Arbeit sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der offenen Jugendarbeit. Beeindruckt von den komplexen Zusammenhängen im Beziehungsgeflecht der Träger der freien Jugendhilfe und den öffentlichen Leistungsträgern und den divergierenden Rahmenbedingungen partnerschaftlicher Zusammenarbeit motiviert ihn die Herausforderung Zusammenhänge zu erklären und die Thematik im vorliegenden Buch zu untersuchen. René Widulinski wurde 1978 in Karl Marx Stadt geboren. Sein Studium der Sozialen Arbeit an der Hochschule Mittweida schloss der Autor im Jahre 2023 mit dem akademischen Grad Master of Arts erfolgreich ab. Bereits während seines ersten Bachelorstudiums der Sozialen Arbeit sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der stationären Jugendhilfe. Fasziniert von den Zusammenhängen der Kooperation Sozialer Organisationen und den realen Bedingungen in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit motivierte ihn die Komplexität der Zusammenhänge, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.