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  • Zur Integration ausländischer Studierender und Förderung Interkultureller Kompetenz: Eine empirische Studie zu sozialen Freundschaftsnetzwerken ausländischer Studierender an der Universität Heidelberg

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Abb.: 9
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Gegenstand der Arbeit ist die Bildung sozialer Freundschaftsnetzwerke ausländischer Studierender an der Universität Heidelberg. Netzwerke und das damit zusammenhängende Sozialkapital sind für den Integrationsprozess von besonderer Wichtigkeit. Es konnten nämlich detaillierte Ergebnisse über die Zusammensetzung der sozialen Kontakte (weak und strong ties) sowie die Generierung des sozialen Kapitals sowohl offline als auch online gewonnen werden. Dadurch wird ein wichtiger, bisher zumeist unberücksichtigt gebliebener Erklärungsbeitrag, der auf der Funktion sozialer Netzwerke basiert, ins Zentrum der Betrachtung gerückt. Dabei hat sich in der vorliegenden Studie soziales Kapital als Ergänzung zum Netzwerkansatz bewährt. Bei der Datenerhebung wurden quantitative (Fragebogen) und qualitative (Tonbadaufnahmen/ Interviews) Methodenarten in Kombination verwendet. Zur Förderung interkultureller Kompetenz für deutsche und ausländische Studierende sowie Dozenten aller Fächer wird ein didaktisches Modell (Schumann 2012) vorgestellt, in dem Erwerb interkultureller Kompetenzen mit dem Erlernen der deutschen Sprache verbunden wird und Diskurskonventionen im Mittelpunkt stehen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2.2.1.1, Neigung zur Muttersprache: Mit der Aufnahme eines Studiums im Ausland ist man in der Regel mit einer anderen als der eigenen Muttersprache konfrontiert. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Beherrschung der Sprache des Gastlandes das Leben enorm erleichtern würde. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass alle Interviewpartner bei Antritt ihres Studiums an der Universität Heidelberg über mehr oder weniger fundierte Deutschkenntnisse verfügen. Diese ergeben sich in erster Linie aus dem langjährigen Erlernen der Sprache in der Schule. Keiner der Befragten kommt dementsprechend an die Universität Heidelberg, ohne zumindest elementare Kenntnisse der Sprache zu haben. Einige Interviewpartner sehen sich zu Beginn des Aufenthaltes in Heidelberg mit großen sprachlichen Schwierigkeiten konfrontiert und äußern trotzdem den Wunsch, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, um Kontakt zu den Deutschen zu verknüpfen. Beispielhaft dafür stehen die Äußerungen eines chinesischen Studenten: Ich lebe in einer WG mit drei deutschen Studenten, sie sind sehr freundlich, und ich kann mein Deutsch mit ihnen üben. Als ich zunächst hierher kam, hatte ich Probleme mich mit den Leuten zu verständigen, aber jetzt ist es viel besser geworden. Chinesischer Student: Ich hab immer noch große Sprachprobleme. Wenn ich deutsche Freunde hätte, ich bin sicher, das wäre dann viel besser. Deshalb gefällt es mir, mich mit den Deutschen zu unterhalten. Iranischer Student: Ich versuche mein Deutsch zu verbessern und zu üben. Für mich ist die Sprache das Wichtigste und gleichzeitig das Hauptproblem. Indonesische Studentin: Andere Interviewpartner zeigen sich dagegen überrascht, dass die Sprache – zum Teil auch entgegen ihren Erwartungen – problematischer ist als im Vorfeld des Aufenthaltes angenommen. Das Sprachdefizit führt man dann auf den sehr begrenzten Kontakt zu Landsleuten. Beispielhaft dafür stehen die Äußerungen von den folgenden koreanischen Studentinnen: Manchmal frage ich mich, wenn ich einen koreanischen Freund hätte, es wäre einfacher für mich, aber auf der anderen Seite denke ich, es ist doch wirklich nützlich für mich, mein Deutsch zu verbessern. Wenn ich immer nur Koreanisch spreche, mein Wortschatz würde sich nicht verbessern. Die koreanischen Studenten würden mir ja gern helfen, wenn ich eine Vorlesung verpasse, aber vielleicht wird mein Deutsch immer schlechter, und das ist halt der Punkt. Koreanische Studentin: Es wird immer schlimmer, weil ich die ganze Zeit Koreanisch spreche, jeden Tag treffe ich fast nur Koreaner. Koreanische Studentin: Allerdings drücken viele Studenten den Wunsch aus, die Muttersprache zu benutzen, wenn sie sich mit Landsleuten unterhalten und weisen darauf hin, dass sie aufgrund ihrer schlechten Kommunikationsfähigkeiten, den Kontakt zu Einheimischen sogar bewusst vermeiden: Ich muss Deutsch sprechen. Aber mein Deutsch ist nicht so gut. Ich habe immer Schwierigkeiten, locker mit den Deutschen zu sprechen und ich möchte mein Deutsch verbessern, aber ich bin so schüchtern. Koreanischer Student: Ich würde gern Kontakt zu vielen Nationalitäten haben, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass ich so nervös bin und keinen Mut habe, und das wegen meinem Deutsch. Chinesischer Student: Dass man sich schämt und Angst davor hat, sich in eine peinliche Situation gegenüber Einheimischen zu bringen, führt oft dazu, dass man mono-ethnische Ghettos bevorzugt. Diese Reaktion bezeichnen Ward & Rana-Deuba (1999) als ein weit verbreitetes Phänomen unter Migranten und sojourners. Ein derartiges Verteidigungsverhalten ist eine häufige Reaktion auf solche Situationen, wobei das Ziel ist, ‘discrediting occurrences’ zu vermeiden. Wie Pellegrino Aveni (2005) in ihrer Studie über Sprachgebrauch und dessen Auswirkungen auf die eigene Persönlichkeit aufzeigt, haben mangelnde Sprachkenntnisse schlechte Einflüsse auf eine wirkungsvolle Selbstdarstellung und können zur Abneigung gegen die Sprache des Gastlandes führen. In dem folgenden Zitat einer taiwanesischen Studentin lässt sich eine Kategorie finden, die keine Lust hat, Deutsch als eine Fremdsprache zu benutzen, weil sie sich dabei große Mühe geben muss. Wenn ich mit engen Freunden oder Taiwanesen spreche, ist es für uns gemütlich, eine Erholung oder Erleichterung so zu sagen. Es ist einfach schön, locker wie zu Hause, wenn man nicht die ganze Zeit immer eine Pause macht und die passenden Wörter sucht, um die eigenen Gedanken auszudrücken. Man entspannt sich einfach. Es lässt sich klar feststellen, dass man sich selbst lieber in der eigenen Muttersprache ausdrücken möchte, anstatt sich im Deutschen mehr anstrengen zu müssen. Die deutsche Sprache ist angeblich nicht nur schwierig, sondern sie stellt auch eine Entfremdung dar. Die häufige Verwendung von Wörtern wie ‚Erleichterung‘, ‚einfach‘, ‚gemütlich‘, ‚zu Hause‘, ‚entspannt‘ und ‚schön‘, spiegelt den großen Kontrast wider zwischen dem Gefühl von Unwohlsein beim Kommunizieren im Deutschen und dem starken Wunsch danach, sich in der Muttersprache zu unterhalten. Das zeigt sehr deutlich, dass Sprache und Heimat sehr eng miteinander verbunden sind. In diesem Zusammenhang ist Baumanns ‘Heimatbegriff’ in seiner Arbeit zum Thema ‘Identität’ von großer Bedeutung für den ethnischen Sprachgebrauch: Heimat ist in uns drinnen, ‘it is a space where one seldom, if at all, finds oneself at a loss, feels lost for words, or uncertain how to act’’ (Baumann 1999: xxiii). Umgekehrt draußen zu sein bzw. in unserem Fall die Sprache des Gastlandes zu sprechen, ist ein Ort, den Menschen dazu neigen, zu vermeiden. Das ist ein Ort, wo Fremdheitsgefühle entstehen und Angstzustände oder sogar Depressionen hervorgerufen werden könnten. Zwar hat der Kontakt zu den Mitgliedern der Gastkultur positive Auswirkungen auf den Anpassungsprozess (Akkulturation) am neuen Studienort, wie Ward (1996) deutlich erläutert: Although there is some controversy about the relationship between host national contact, attitudes, and psychological wellbeing, the common agreement seems to be that contact with members of the majority culture offers valuable opportunities to learn culture specific skills. Sojourners who have more extensive interactions with host nationals and those who are more satisfied with these relationships experience have less sociocultural adaptation problems (Ward 1996: 136). Allerdings sollte man bei ausländischen Studierenden das Bedürfnis danach, die Muttersprache zu sprechen nicht vernachlässigen, wenn man die Sehnsucht nach monoethnischen Gruppierungen nachvollziehen will.

Über den Autor

Abdelaziz Bouchara wurde 1963 in Marokko geboren. Er beschäftigt sich mit Interaktionsanalyse, interkultureller Kommunikation und Globalisierung und Wirtschaftsdeutsch. Seit Dezember 2001 ist er Hochschuldozent für Deutsche Sprache an der Universität Casablanca. Nach einem Studium der Anglistik und Germanistik hat er 2000 an der Universität Heidelberg mit einer Studie zu Höflichkeitsformen in der Interaktion zwischen Deutschen und Arabern (Ein Beitrag zur interkulturellen Kommunikation, RGL, Niemeyer) promoviert. Derzeit bilden die Erforschung interkultureller Kommunikation und Globalisierung seine zentralen Forschungsinteressen.

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