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- Zum Sport durch kooperatives Lernen - Modell zur Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung von Schülern
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Notwendigkeit, kooperatives Lernen in den Unterricht zu integrieren, steht heute nicht mehr in Frage. Ein ständig und immer schneller anwachsendes Wissen und sich ändernde Strukturen in der Wirtschaft und im Zusammenleben der Menschen erfordern Eigenschaften, wie zum Beispiel Kreativität, Eigeninitiative, Kooperationsfähigkeit und selbständiges lebenslanges Lernen (zsfd. vgl. Weidner 2003, 17ff.). Die Formen kooperativen Lernens sind nach Slavin dadurch gekennzeichnet, dass ‘Schüler in kleineren Gruppen arbeiten, um sich beim Lernen des Stoffes gegenseitig zu helfen’ (vgl. Slavin 1989, S. 129). Außerdem gilt es als ein Prozess, der ‘meist’ konkurrenzfrei abläuft. Die Befreiung von diesem Druck gibt Lehrern eine ganz neue Möglichkeit Wissen zu vermitteln (vgl. Orlick 1984, S. 15). Die Möglichkeiten dadurch zum Sport und durch Sport zu erziehen, sind immens. Zunächst erfolgt ein theoretischer Abriss, in dem kooperatives Lernen in Bezug auf seine Merkmale und Möglichkeiten der Integration in den Unterricht untersucht und erste Ergebnisse über die Effektivität dieser Unterrichtsmethode im Fachbereich Sport dargelegt werden. Weiterhin geht es um das Prinzip des erziehenden Sportunterrichts und des in den Sportunterricht integrierten Doppelauftrags der Erziehung zum und durch Sport. Daran anschließend werden die Möglichkeiten und Voraussetzungen für kooperatives Lernen im Sportunterricht und sein Potenzial im Hinblick auf die Erziehung zum und durch Sport untersucht. Der anschließende Praxisteil ist der Versuch, über die Vorstellung konkreter Unterrichtsbeispiele, Varianten des Einsatzes kooperativer Lernformen und deren möglichen Beitrag zur Erziehung zum lebenslangen nachhaltigen Sporttreiben (Erziehung zum Sport) und zur Persönlichkeitsentwicklung (Erziehung durch Sport) aufzuzeigen.
Textprobe: Kapitel 2.2, Kooperatives Lernen: 2.2.1, Basiselemente kooperativen Lernens: Im kooperativen Lernen gibt es nach Borsch fünf Basiselemente. Diese sind positive Interdependenz, individuelle Verantwortlichkeit, unterstützende Interaktion, Reflexionen über den Gruppenprozess und kooperative Fähigkeiten. Positive Interdependenz: Positive Interdependenz, oder auch positive Abhängigkeit, beschreibt das Verhalten in Teams bei Gruppenarbeit. Die Schüler sollen zur Einsicht gelangen, dass die erfolgreiche Bewältigung einer Aufgabe nur möglich ist, wenn jeder seinen Beitrag leistet und wenn innerhalb der Gruppe Wissen und Meinungen ausgetauscht werden. Gekoppelt mit dem Wunsch gemeinsam ein Ziel zu erreichen, erhöhen sich so die Möglichkeiten eines besseren Lernerfolges. Durch das gegenseitige Austauschen von Wissen wird der soziale Umgang zwischen den Lernenden gefördert - siehe auch unterstützende Interaktion (vgl. Green & Green, 2010, S. 76). So helfen sich die Schüler zum Beispiel, spornen sich an oder zeigen gegenseitige Anerkennung. Die Rolle des Lehrenden beschreibt Borsch dabei mit folgenden drei Aufgaben: ‘Einen eindeutigen Arbeitsauftrag erteilen’, ‘Positive Zielinterdependenz herstellen’ und ‘Die Zielinterdependenz mit weiteren Formen positiver Interdependenz verknüpfen’. (Borsch, 2010, S. 28) Beim Punkt ‘Positive Zielinterdependenz herstellen’ bedarf es weiterer Erklärungen. Entscheidend ist, dass die Gruppenmitglieder erkennen, dass sie durch die Arbeit in der Gruppe eine bessere Leistung erzielen, als zum Beispiel in Einzelarbeit und das Ziel gemeinsam bewältigt werden kann. Voraussetzung dafür ist das Erreichen eines gewissen Niveaus, damit die Schüler den Lernfortschritt auch bewusst wahrnehmen (vgl. Borsch 2010, S. 28). Gruppenbelohnungen sind nach Slavin (1995) ein wichtiges Mittel um die positive Abhängigkeit zu belohnen und somit zu verstärken. Individuelle Verantwortlichkeit: Individuelle Verantwortlichkeit beschreibt die Leistungen innerhalb einer Gruppe. Jede Leistung eines Gruppenmitglieds muss messbar sein, um die individuelle Verantwortlichkeit jedes Mitgliedes sicherzustellen. Dadurch tragen alle zum Erfolg der Gruppe bei. Wichtig ist hierbei, dass sich jedes Mitglied der Gruppe seiner Leistung bewusst wird. (vgl. Borsch 2010, S.30). Johnson und Johnson (1999) empfehlen für den Erfolg individueller Verantwortlichkeit vier Maßnahmen: Kleine Gruppengrößen, um die individuelle Verantwortlichkeit jedes Einzelnen zu fördern, die Feststellung von Lernerfolgen, eine mündliche Überprüfung über den Fortschritt des Gruppenprodukts und die Erfassung der Beiträge jedes Schülers. Die Gruppengröße kann entscheidend sein für das Wahrnehmen einer individuellen Verantwortlichkeit. So ist bei der Arbeit in kleineren Gruppen die Chance größer, dass jeder Schüler ein wichtiger Teil der Gruppe wird. In großen Gruppen hingegen, können Probleme entstehen, jedem Schüler eine verantwortungsvolle und für den Lernerfolg notwendige Aufgabe zukommen zu lassen. Auf dieses Problem wird im Abschnitt 2.2.5 näher eingegangen. Bei der Feststellung und Analyse des Lernerfolgs ist es Aufgabe des Lehrers zu erkennen, wann eine Gruppe nicht weiterkommt oder Schwierigkeiten hat. Durch eine Anpassung der Anforderungen kann die Lehrperson einen weiteren positiven Verlauf gewährleisten. Mit Hilfe der mündlichen Überprüfung wird festgestellt, ob die Gruppe das künftige Gruppenprodukt zusammen erarbeitet hat. Hier wird außerdem ermittelt, wie die Kommunikation der Gruppe funktioniert und ob die Individuelle Verantwortlichkeit von jedem Schüler gegeben ist. Schlussendlich sollten die einzelnen Beiträge jedes Schülers erfasst werden, um etwaige Probleme zu erkennen und zu beheben. Wenn Schüler A nur einen Beitrag in der Gruppe hat, Schüler B hingegen fünf, ist die individuelle Verantwortlichkeit kaum gegeben, da nicht jeder gleichermaßen Anteil am Gruppenprodukt hat. Unterstützende Interaktion: Die unterstützende Interaktion beschreibt das Verhältnis der Gruppenmitglieder zueinander. Hierbei ist die Wechselbeziehung zwischen den Schülern auf motivationaler und emotionaler Ebene wichtig. Durch unterstützende Diskussionen und gegenseitiges Helfen wird das kooperative Lernen gefördert. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Verbesserung sozialen Verhaltens durch die Förderung von Respekt und Offenheit. Dadurch kann neues Wissen ausgetauscht und mit bereits vorhandenem Wissen kombiniert werden um einen gemeinsamen Lernerfolg anzustreben. (Johnson & Johnson, 1994). Reflexionen über den Gruppenprozess: Nach Borsch wird nach einer Gruppenarbeitsphase immer eine Reflexion eingeleitet, damit sich die Schüler gegenseitig ein Feedback über ihre Gruppenarbeit geben können. Das soll zu einer künftigen Verbesserung der Arbeit führen, indem Fehler erkannt und danach korrigiert werden können. Die Reflexion dient aber auch dazu, die Schüler zu unterstützen und zu motivieren, um sich noch mehr einzubringen oder künftig noch bessere Leistungen zu zeigen. Borsch vertieft die Funktion der Reflexion indem er schreibt: ‘Allerdings ist die Reflexion nur dann hilfreich, wenn sie in einem persönlichen Rahmen stattfindet und wenn den einzelnen Mitgliedern spezifische Rückmeldungen gegeben werden.’ (Borsch, 2010, S.31). Hierbei geht Borsch auf ein besseres Lernen durch Schüler-Schüler Interaktion ein. Auch Weidner beschreibt den Prozess der Reflexion und Evaluation als wichtigen Bestandteil kooperativen Lernens. Sie stellt heraus, dass sich die Evaluation nach einer Gruppenarbeitsphase förderlich auf die anderen Basiselemente kooperativen Lernens, auswirken kann. Ein Beispiel hierfür sind sowohl individuelle Verantwortlichkeit als auch die unterstützende Interaktion (vgl. Weidner 2011, S. 66). So können die Gruppenmitglieder durch eine Evaluation überprüfen und herausfinden, ob ‘das Einbringen persönlicher Verantwortung schon gut klappt oder ob hier noch Verbesserungsbedarf besteht.’ (Weidner, 2011, S.66). Ellis & Whalen betonen die Bedeutung der Rolle der Lehrperson bei der Reflexion. Sie sollte eine passiv aktive Rolle einnehmen, indem sie zur Reflexion zwischen den Schülern anleitet und Hilfen aufzeigt, falls das Reflektieren zwischen den Schülern noch nicht so gut klappt. Außerdem zeigen sie auch auf, dass die Reflexion zwischen den Schülern eine effektive Möglichkeit darstellt, Evaluation innerhalb einer Gruppe zu ermöglichen. Dadurch übernehmen die einzelnen Gruppenmitglieder Verantwortung und werden aktiv in die Bewertung der Gruppenarbeit mit einbezogen (vgl. Ellis & Whalen, 1990, S. 49-50) In der Folge wird die Einschätzung der Gruppenarbeit durch den Lehrer für die Schüler verständlicher und transparenter. Sie lernen so auch kritische Meinungen schneller zu akzeptieren und sich verbessert in die kommende Gruppenarbeit einzubringen. Kooperative Fähigkeiten: Das kooperative Lernen stellt eine anspruchsvolle Unterrichtsmethode dar, die sowohl von Schülern als auch von Lehrern erlernt und trainiert werden muss und nicht einfach als ‘Selbstläufer’ funktioniert. (vgl. Bähr 2005, S.8-9) So setzt erfolgreiche Gruppenarbeit das Vorhandensein bestimmter Kooperativer Fähigkeiten, sowohl im kognitiven als auch im sozialen Bereich voraus. Borsch beschreibt diese nach Johnson und Johnson (1987) in vier Punkten. Diese sind die Fähigkeit ‘…der Kommunikation, die Fähigkeit zum Aufbau eines Vertrauensklimas, die Bereitschaft zur Übernahme von Gruppenführungsaufgaben und Kompetenzen zum Umgang mit Kontroversen…’ (Johnson und Johnson 1987 nach Borsch 2010, S. 32). Green und Green beschreiben diesen Abschnitt, der Basiselemente des kooperativen Lernens, als ‘Soziale Kompetenzen für erfolgreiche Gruppenarbeit’ (Green & Green, 2010, S. 88). Sie stellen heraus, dass die sozialen Kompetenzen entscheidend für erfolgreiche Gruppenarbeitsprozesse sind. Die Aufgabe der Lehrperson sollte hierbei sein, den Schülern soziale Kompetenzen zu vermitteln, um sowohl im Unterricht als auch im späteren Lebensverlauf, ein Arbeiten in einer Gemeinschaft oder Gruppe zu ermöglichen (vgl. Green & Green, 2010, S. 88). Die kommunikativen Fähigkeiten, als ersten Bereich der kooperativen Fähigkeiten, sind besonders für die Schüler-Schüler Interaktion mit den Rollen - Sprecher und Zuhörer - wichtig. Dabei soll der Sprecher möglichst deutlich und verständlich, vollständige Botschaften vermitteln. Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass der Zuhörer diese Informationen wertungsfrei aufnimmt, sich dann versichert ob es richtig verstanden wurde und im Anschluss mit dem Sprecher über mögliche Interpretationen der Informationen diskutiert, bis eine Einigung in der Bedeutung der Informationen gefunden ist. Die zweite kooperative Fähigkeit beschäftigt sich mit dem Aufbau eines Vertrauensklimas. Damit kooperatives Lernen funktioniert, müssen sich die Schüler gegenseitig vertrauen. Hierbei ist gegenseitiger Respekt und Akzeptanz in einer Gruppe unverzichtbar. Bei der dritten kooperativen Fähigkeit, geht es um die Fähigkeit der Übernahme von Gruppenführungsaufgaben. Diese sollte nach Borsch möglichst jedes Gruppenmitglied besitzen, da Gruppenführungsaufgaben nicht nur auf der sachorientierten Ebene, sondern auch auf der sozialen Ebene vorhanden sind, können verschiedene Gruppenleiter zu verschiedenen Zeitpunkten aktiv werden. So wird zusätzlich ein Gruppengleichgewicht geschaffen und jeder Schüler fühlt sich als vollwertiges Mitglied der Gruppe. Hiermit wächst nicht nur das Vertrauen der Schüler untereinander, sondern auch die Bindung zu ihrem Gruppenprodukt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Gruppenarbeit ist nach Borsch außerdem der konstruktive Umgang mit Kontroversen. Gegenteilige Ansichten innerhalb einer Gruppe führen dazu, dass sich deren Mitglieder weiterbilden und durch kontroverse Diskussionen untereinander tiefer in die Materie der Gruppenarbeit eintauchen. Wichtig hierbei ist nach Borsch das Abstandnehmen von persönlichen Emotionen. Ein wertungsfreies Aufnehmen der Informationen ist für eine erfolgreiche Diskussion unumgänglich. Durch dieses Problemlösen innerhalb einer Gruppe, werden oft neue Wege beschritten beziehungsweise Ideen gefunden. Auch Johnson und Johnson (1981) kritisieren in Ihrer Abhandlung bereits, dass der traditionelle Schulunterricht eher eine konfliktfreie Atmosphäre bevorzugt, um Kontroversen als hinderliche Umwege zu vermeiden. Sie zeigen auch auf, dass sich durch das Auseinandersetzen mit unterschiedlichen Standpunkten sowohl bei leistungsstarken, als auch bei leistungsschwachen Schülern bessere Leistungen erzielen lassen (vgl. Borsch, 2010, S.32-33).
Stefan Hillbrunner, 1988 in Wernigerode geboren, ist Studienabsolvent für das Lehramt an Haupt- und Realschulen der Justus-Liebig Universität Gießen für die Fächer Sport und Musik.
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