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- Wie das Fernsehen uns prägt: Auswirkungen von Fernsehkonsum auf Kinder und Jugendliche
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Fernsehkonsum von Heranwachsenden wirft bis heute verschiedenste Fragen und Theorien auf. Dementsprechend groß und vielseitig ist die Zahl der Untersuchungen. Viele Effekte, eine aggressionssteigernde Wirkung von gewalthaltigen Fernsehinhalten zum Beispiel oder auch die Erzielung positiver Lerneffekte durch Bildungsprogramme, sind inzwischen belegt worden. Dennoch sind die Ergebnisse oftmals heterogen und es bleibt schwierig, die Effekte zu verallgemeinern, Problemgruppen zu identifizieren und eindeutige Maßnahmen abzuleiten. Anliegen dieser Studie ist daher es einerseits, eine Einsicht in die verschiedenen Themenbereiche und Forschungsbefunde zu geben. Andererseits liegt ein besonderes Augenmerk auf den Wirkmechanismen, die hinter den Effekten stehen, und auf der Identifikation von Einflussfaktoren, welche die Fernsehwirkung maßgeblich prägen. Mittels der Zusammenführung verschiedener Untersuchungsergebnisse aus Bereichen der Psychologie, Soziologie und Neurophysiologie schafft diese Studie ein Gesamtbild der Thematik.
Textprobe: Kapitel 3.5, Risikogruppen und Wirkungsgeflechte: Die Berücksichtigung wichtiger Einflussfaktoren und ihrer variierender Bedeutung innerhalb der Entwicklungsphasen kann helfen, Risikogruppen, die besonders stark von Fernseheffekten betroffen sind, zu identifizieren. Zudem können durch die Zusammenführung verschiedener Forschungsbefunde verstärkende Wirkungsgeflechte zwischen Fernsehinhalten, Rezipientenmerkmalen und Umweltfaktoren aufgedeckt werden. Solch ein mögliches Zusammenspiel soll am Beispiel der aggressionssteigernden Auswirkungen einer belastenden Familiensituation genauer betrachtet und analysiert werden (Abb. 3). Neben der Konsumintensität und Aspekten der Situationsähnlichkeit scheinen das Bildungsniveau der Eltern und vor allem das familiäre Klima, in dem ein Kind aufwächst wichtige Knotenpunkte im Wirkungsgeflecht der Einflussfaktoren darzustellen. So befassen sich u. a. die Studien von Banks, Mößle et al., Mößle und Pfeiffer und Matz auch mit den Auswirkungen einer schwierigen Familiensituation auf Heranwachsende. Belastend kann das familiäre Klima für Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Gründen sein. Zu diesen gehören körperliche Disziplinarmaßnahmen und Indifferenz der Eltern. Ebenso hat das Fehlen elterlicher Wärme negative Auswirkungen auf die Entwicklung. Und Bauer betont, wie wichtig für Kinder ein von Rücksicht und Zärtlichkeit geprägtes Familienbild ist. Die Zusammenführung der Forschungsbefunde zeigt, dass eine schwierige Familiensituation das Aggressionspotential Heranwachsender während der formal-operativen Phase in dreifacherweise beeinflussen kann. Erstens kann ein aggressives Familienklima direkt das Gewaltverhalten eines Kindes fördern. Die dahinterstehenden Zusammenhänge sind im Abschnitt ‘Einflussfaktoren auf gewalttätiges Verhalten’ beschrieben. Zweitens weisen Mößle et al. eine negative Korrelation zwischen einem hohen Bildungsniveau der Eltern und einem aggressiven Familienklima nach. So wachsen Kinder aus bildungsfernen Familien vermutlich häufiger in einem angespannten Familienklima auf, was mit einem Anstieg der Mediennutzungszeit verbunden. Darüber hinaus besitzen Kinder aus bildungsfernen Familien häufig ein eigenes Fernsehgerät. Diese erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Heranwachsende mehr fernsehen und häufiger Sendungen mit brutalen Inhalten konsumieren. Der Kontakt mit gewalthaltigen Film- und Fernsehinhalten kann zu einer kurz- und langfristigen Steigerung des Aggressionspotentials führen (vgl. empirische Untersuchungen zu medialer Gewalt und Aggressionssteigerung). Die beiden vorgestellten Wirkungsverläufe scheinen nicht nur für Heranwachsende innerhalb einer bestimmten Entwicklungsphase zu gelten. Somit besteht für junge Rezipienten aus bildungsfernen Familien, bzw. aus Familien mit einem sozial angespannten Klima vermutlich in jeder Entwicklungsstufe ein erhöhtes Risiko unter aggressionssteigernden Effekten durch Fernsehinhalte zu leiden (Abb. 3: Direkte und indirekte aggressionssteigernde Auswirkungen einer belastenden Familiensituation für Kinder in der formal-operativen Phase. Eigene Abbildung). Die dritte mögliche Wirkungskette ist hauptsächlich für Kinder in der formal-operativen Phase von Bedeutung. Nach Matz ordnen Kinder ab dieser Entwicklungsstufe die Realität oft ihren kognitiven Schemata unter. In der Phantasie können die erlernten Schemata bewusst verändert und manipuliert werden. In einer Phantasiewelt können Ängste verbildlicht und Beschützer erschaffen werden. Viele Kinder erfinden daher in dieser Phase Phantasiefreunde. Neben selbst erfundenen Figuren, werden oft Medienfiguren als Phantasiegefährten gewählt. Diese imaginären Personen helfen den Kindern als Freunde durch schwierige Situationen hindurch und treten daher hauptsächlich in emotional angespannten Lebensabschnitten auf. Vor allem negative Erfahrungen, wie eine schwierige Familiensituation oder ein extremes soziales Umfeld unterstützen die Erfindung von Phantasiefreunden. Phantasiegestalten und Tagträume können von Fernsehinhalten stark beeinflusst werden, besonders, wenn ein Kind häufig fernsieht. In vielen Fällen werden sogar Fernsehfiguren direkt in die kindliche Phantasie übernommen. Durch den verstärkten Konsum aggressiver Medieninhalte der betroffenen Kinder erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fernsehcharakter aus einem gewalthaltigen Programm als Phantasiefreund oder Vorbild gewählt wird. So ist anzunehmen, dass Kinder während der formal-operativen Phase, die in einer belastenden Familiensituation aufwachsen, besonders häufig emotionale Bindungen zu aggressiven Fernsehfiguren aufbauen. Entspricht diese Vermutung den Tatsachen, ist diese Rezipientengruppe besonders stark von den aggressionssteigernden Auswirkungen medialer Gewalt betroffen. Zudem vermuten Six et al., dass es vermehrt ‘[…] Kinder, die in ihrem unmittelbaren sozialen Umfeld nur wenig Möglichkeiten zu sozialen Vergleichen und Selbstbestätigungen haben […]’ sind, die in den Medien verstärkt nach Vorbildern suchen und, dass grade diese Kinder ‘[…] ggf. über zu geringe Basiskompetenzen und Medienkompetenzen [verfügen], um distanziert und kritisch den Medienvorbildern und von ihnen angebotenen Orientierungen gegenübertreten zu können’. Das Beispiel verdeutlicht, dass nicht nur die verschiedenen Fernsehinhalte vielschichtig auf die kindliche Psyche einwirken können. Ebenso scheinen die Einflussfaktoren auf der Seite des Rezipienten zum Teil untereinander verknüpft zu sein und sich gegenseitig zu beeinflussen. Ein ähnlich komplexes Wirkungsgeflecht zwischen der kindlichen Intelligenzentwicklung, dem Aggressionspotential und dem TV-Konsum ist im Abschnitt ‘Einflussfaktoren auf gewalttätiges Verhalten’ veranschaulicht.
Lillith G. M. Hummel, wurde 1986 in Konstanz geboren. Nach ihrem Abitur durchreiste sie für ein halbes Jahr Indien und begann anschließend in Wernigerode zu studieren. 2011 schloss sie ihr Wirtschaftspsychologie-Studium mit dem akademischen Grad Master of Science erfolgreich ab.
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