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  • Tiergestützte Interventionen mit Eulen, Greifvögeln und Falken: Eine Auseinandersetzung vor dem Hintergrund von Selbstverständnis, Wirksamkeit und Tierschutz

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2020
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Eulen, Greifvögel und Falken sind ohne Zweifel faszinierende Lebewesen mit bedeutender ökologischer Wertstellung und weitreichender symbolischer Strahlkraft für den Menschen. Vor rund 4000 Jahren wurden sie zunächst zu seinem Jagdgefährten und sind bis heute in Zoos, Adlerwarten und privater falknerischer Haltung an der Seite des Menschen anzutreffen. Aber eignen sie sich auch für den Einsatz in der Gesundheitsfürsorge, Pädagogik und Sozialen Arbeit – dem neuesten Arbeitsfeld für Tiere? Ist es möglich, mit ihnen im Rahmen von Tiergestützter Therapie Menschen zu helfen? Und wenn ja, in welcher Art und Weise? Ist ihr Einsatz tierschutzgerecht und wirksam? Derzeit steigt die Nachfrage nach Tiergestützter Therapie insgesamt rasch an und Angebote mit Eulen, Greifvögeln und Falken breiten sich unkontrolliert aus. Das vorliegende Buch hilft Anbietern von Tiergestützten Interventionen, Falknern, aber auch Weiterbildungsinstituten, einen Überblick über die jeweiligen Hintergründe der Tiergestützten Arbeit, der Natur der Eulen, Greifvögel und Falken sowie der Falknerei und Greifvogelhaltung zu erlangen. Darüber hinaus steht das Buch im Dienste dieser bewundernswerten Tiere und soll dabei helfen, sie vor Missbrauch durch den Menschen zu schützen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Grundlagen der Tiergestützten Intervention (TGI): 2.1, Entstehung und wissenschaftliche Etablierung: Tiergestützte pädagogische und therapeutische Einsätze haben ihren Ursprung in den angelsächsischen Staaten und reichen bis ins 8. Jahrhundert zurück. Sie sind jedoch unzureichend dokumentiert worden, was eine wissenschaftliche Etablierung unmöglich machte. Auch die Arbeit im deutschen Epileptiker-Zentrum in Bethel, welche bereits im 19. Jahrhundert auf die heilende Wirkung von Tieren vertraute, blieb rein praktisch ausgerichtet. So musste die alte Einsicht, dass Tiere nicht nur Fleisch liefern und Lasten tragen, sondern helfen und heilen können, von der modernen Wissenschaft neu entdeckt werden. Der amerikanische Kinderpsychotherapeut Boris M. Levinson brachte 1969 das Thema mit seinem Buch Pet-Oriented Child Psychotherapy in den Fokus der wissenschaftlichen Gesellschaft und Ende der 70er Jahre folgte nach weiteren Veröffentlichungen diverser anderer Autoren über die heilsame Wirkung von Tieren auf einsame und kranke Menschen die Gründung einer Gesellschaft, die sich der Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung widmete.1 Diese bildet seit 1990 den Internationalen Dachverband IAHAIO (International Association of Human-Animal Interaction Organizations) mit Sitz in Bellevue im US-Staat Washington und Anerkennung durch die Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organization). Die Mitglieder der IAHAIO haben seit ihrer Gründung grundlegende Dokumente wie die Genfer Deklaration (1995), die Prager Richtlinien (1998) und die Deklaration von Rio (2001), zum Schutz von Therapiebegleittieren als Basis für Tiergestützte Interventionen (TGI) verabschiedet.2 Zur Vereinheitlichung von Begrifflichkeiten, Standardisierung und Qualitätssicherung sowie als Richtlinie für das Wohlbefinden der beteiligten Tiere veröffentlichten sie 2014 ein sog. Weißbuch (white paper), welches die Basis zur weiteren Professionalisierung darstellt. In Deutschland kam es Ende der 80er Jahre zu ersten systematischen Studien durch die Psychologen Reinhold Bergler und Erhard Olbrich (Erhard Olbrich wurde später der erste Präsident der 2006 gegründeten Internationalen Gesellschaft für Tiergestützte Therapie mit Sitz in Zürich.). Vereine wie Tiere helfen Menschen e. V. wurden in Deutschland gegründet, es wurde vermehrt wissenschaftlich geforscht und die Bedeutung von Tiergestützten Interventionen in der Praxis nahmen zu. Allerdings steht die Anerkennung von Tieren als Helfern in der professionellen Arbeit im Gegensatz zu den USA in Deutschland noch am Anfang ihrer Entwicklung.3 In Wien befindet sich der Sitz des 2004 gegründeten Europäischen Dachverbandes für Tiergestützte Therapie ESAAT (European Society for Animal Assisted Therapy). Er widmet sich der Erforschung und Förderung der therapeutischen, pädagogischen und salutogenetischen Wirkung der Mensch-Tier-Beziehung. Außerdem strebt der Verband eine europaweite Vereinheitlichung von Qualitätsstandards bei Aus- und Weiterbildungen im Zusammenhang mit Tiergestützter Therapie an und zielt langfristig auf die Etablierung eines spezifischen Berufsbildes mit Anerkennung als professionelle, eigenständige Therapieform ab.4 Die Internationale Gesellschaft für Tiergestützte Therapie ISAAT (International Society for Animal Assisted Therapy) wurde 2006 in Zürich gegründet und basiert auf den durch die IAHAIO veröffentlichten Deklarationen und Richtlinien. Sie hat anspruchsvollere Standards für die Ausbildung von Menschen aus pädagogischen, therapeutischen und sozialen Berufen etabliert, denen sich die ESAAT 2011 weitgehend angeschlossen hat. Die beiden Organisationen arbeiten heutzutage zusammen und verfolgen ähnliche Ziele.5 2.2, Die Funktion des Tieres: Tiere sind keine Therapeuten. Diese Funktion übernimmt der Mensch. Tiere fungieren im Zusammenhang von Tiergestützten Interventionen (TGI) als therapeutisches Medium und verfügen grundsätzlich über eine Assistenzfunktion.6 Das Tier kann in diesem Rahmen in Angeboten der TGI unterschiedliche Funktionen erfüllen, die während des Interventionsverlaufes durchaus wechseln oder sich auch gemeinsam erfüllen können. Diese bestehen aus der Brückenfunktion, bei der das Tier als Übergang zum Beziehungsaufbau zum professionell tätigen Menschen dient, der Aktivierungsfunktion, der Stellvertreterfunktion sowie der sozialen Klimafunktion. Aktivierungsfunktion bedeutet, dass das Tier der Motivation der Zielperson dient. Mit Stellvertreterfunktion ist gemeint, dass die Zielperson sich mit dem Tier identifizieren kann und darüber die Möglichkeit bekommt, das Tier als Abbild der eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Probleme zu betrachten. Dies ermöglicht auf meist zunächst unbewusster Basis eine nach außen verlagerte Verarbeitung von Gefühlen und Bedürfnissen, die einen pädagogischen oder therapeutischen Prozess erst ermöglichen bzw. vorantreiben. In der Funktion des sozialen Katalysators wird das Tier nicht bewusst in therapeutische oder pädagogische Prozesse einbezogen, sondern ermöglicht durch seine beruhigende, entspannende und vertrauensfördernde Anwesenheit ein günstiges Klima für die Beziehungsaufnahme und -gestaltung.7 2.3 Fachtermini in der Tiergestützten Arbeit In der Literatur herrscht bislang Uneinigkeit darüber, welche Begrifflichkeiten für die tiergestützte Arbeit verwendet werden, was einer weiteren Professionalisierung des Bereichs im Wege stehen dürfte. Begriffe wie Tiertherapie, Tiergestützte Therapie, Tiergestützte Förderung und bis zu 20 weitere existieren in der Praxis und der Theorie. Keiner von ihnen ist jedoch geschützt. Bei der tiergestützten Arbeit handelt es sich noch nicht um eine eigenständige und unabhängige Arbeitsmethode wie dies z. B. in der Musiktherapie der Fall ist. Ein Pädagoge oder Therapeut, der Tiere in seine Arbeit mit einbezieht, ist in Deutschland noch nicht hauptberuflich Pädagoge oder Therapeut für tiergestützte Maßnahmen. Dies liegt einerseits daran, dass es das Berufsbild noch nicht gibt und andererseits an der Uneinigkeit über die vorzuweisende Grundqualifikation.8 Die vorliegende Arbeit orientiert sich unter dem Aspekt der praktischen Handhabung in Bezug auf die verwendeten Begriffe an den Empfehlungen der IAHAIO von 2014, die ebenfalls von Vernoij und Schneider (2018) postuliert werden. Dort wird in die drei Begriffe Tiergestützte Aktivität , Tiergestützte Pädagogik sowie Tiergestützte Therapie kategorisiert, wobei der Begriff Tiergestützte Intervention als Oberbegriff fungiert. 2.3.1, Tiergestützte Intervention (TGI): Tiergestützte Intervention, im Folgenden TGI genannt, ist der Oberbegriff für alle professionell durchgeführten tiergestützten Einsätze. Eine tiergestützte Intervention ist eine zielgerichtete und strukturierte Intervention, die bewusst Tiere in Gesundheitsfürsorge, Pädagogik und Soziale Arbeit einbezieht und integriert, um therapeutische Verbesserungen bei Menschen zu erreichen. Tiergestützte Interventionen beziehen Teams von Mensch und Tier in formale Ansätze wie Tiergestützte Therapie (TGT) und Tiergestützte Pädagogik (TGP) ein, unter bestimmten Voraussetzungen auch Tiergestützte Aktivitäten (TGA). 9 Bei allen professionellen Einsätzen von Tieren muss die durchführende Person über Fachkenntnisse über das Verhalten, die Bedürfnisse, die Gesundheit sowie die Anzeichen für die Regulation von Stress bei dem beteiligten Tier verfügen.

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