Suche

» erweiterte Suche » Sitemap

  • Sie befinden sich:
  • Fachbücher
  • »
  • Pädagogik & Soziales
  • »
  • Systemisch-tiergestützte Intervention bei Familientrauer. Wie Tiere Familien bei einem Verlust unterstützen können

Pädagogik & Soziales


» Bild vergrößern
» weitere Bücher zum Thema


» Buch empfehlen
» Buch bewerten
Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2023
AuflagenNr.: 1
Seiten: 68
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Tod und Sterben sind noch immer Themen, welche in unserer leistungsorientierten Gesellschaft tabuisiert und gemieden werden. Trifft uns dennoch ein Verlust, so geschieht dies häufig unvorbereitet. Für Familien kann ein solcher Verlust und die anschließende Trauerzeit zu einer großen Herausforderung werden. In diesem Kontext kann die systemische Intervention, mit der Familie als Ressource und die Wirkung von Tieren, in Form einer tiergestützten Intervention eine, auf vielfältige Weise wirksame Trauerbegleitung, darstellen. Trauernde, ganz gleich welcher Generation, kämpfen häufig mit einem Wechselbad aus Emotionen und müssen sich zudem einer veränderten Lebenswelt stellen. Der Kontakt mit Tieren kann auf die Trauernden eine beruhigende und tröstende Wirkung haben. Gleichzeitig senden Tiere neue Lebensimpulse und können den trauernden Familien, auf ihre wertvolle Weise, einen Weg zurück ins Leben zeigen. Des Weiteren bietet die systemische Intervention mit ihrer wertschätzenden Ressourcenorientiertheit den Betroffenen die Chance, als Familie neu zu wachsen, Verständnis für einander zu entwickeln und einen gemeinsamen Weg zu finden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Trauerarbeit als systemische Intervention: Warum liegt der Fokus auf dem System Familie? Warum sollte sich die Trauerarbeit nicht nur auf eine Person und ihre Probleme konzentrieren? Die Antwort auf diese Frage ist gut wissenschaftlich begründet: Soziale Beziehungen helfen Menschen in Krisen, diese besser zu überwinden. Die Unterstützung innerhalb eines sozialen Systems, wie ein Familienverbund, helfen einerseits das Stresshormon Kortisol zu regulieren und fördern andererseits die Resilienz. Die systemische Therapie arbeitet daher vornehmlich mit den Beziehungen, die in einem System wie einer Familie, vorhanden sind. Diese Beziehungen bieten eine große Quelle an Ressourcen, welche genutzt werden können, um Krisen zu überwinden (vgl. Schwing und Fryszer, 2016:21ff.). In der Theorie bedeutet dies, dass die systemische Intervention die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern miteinbezieht, diese in ihrer Komplexität erfasst und gleichzeitig die einzelnen Mitglieder als Individuum erkennt. Weiter wird das Individuum als AkteurIn in seinem/ihrem System wahrgenommen, welches auf die inneren und äußeren Reize reagiert. Die Förderung und Vermittlung der Wahrnehmung der beteiligten Individuen, ist ein weiterer essentieller Bestandteil der systemischen Intervention. Das bedeutet, dass der Austausch über die persönlichen Perspektiven der einzelnen Mitglieder dazu beiträgt, das gegenseitige Verständnis zu fördern und Anreize bietet, Situationen neu einzuordnen. In der systemischen Intervention stehen dabei die Ressourcen der Familie sowie der Individuen im Vordergrund. Ebenso erfolgen die möglichen Lösungsstrategien nicht Problem-, sondern Ressourcenorientiert. Dies wirkt sich ebenfalls auf die Bewertung der Handlungsmöglichkeiten aus, welche statt in richtig oder falsch, nach ihrer Wirksamkeit beurteilt werden. Handlungsstrategien der Familie und der Individuen können daher als wirksam oder als unwirksam eingestuft werden. Zeitgleich ermöglicht dies die Koexistenz von verschiedenen Handlungsmöglichkeiten, da dies keinen kategorischen Ausschluss von Handlungsalternativen erfordert. Stattdessen bietet diese Herangehensweise die Möglichkeit, verschiedene Optionen in ihrer Wirkung und Dynamik zu sehen. Für die Familie und ihre Mitglieder stellt dies eine Erweiterung ihres Handlungsspektrums dar (vgl. Rechenberg-Winter, 2017: 14). Für die Trauerarbeit als systemische Intervention bedeutet dies, dass der/die SystemikerIn diese persönlichen sowie sozialen Ressourcen herausstellt und für die KlientInnen als nutzbares Handwerkzeug zur Verfügung stellt. Ebenso können auf diesem Weg Ventile gefunden werden, um die Übermacht der Emotionen, welche durch den Verlust ausgelöst wurden, herauszulassen. Der/die SystermikerIn kann ebenfalls als VermittlerIn zwischen den einzelnen Familienmitgliedern fungieren (vgl. Rechenberg-Winter, 2017:33ff). Die Psychologin Froma Walsh und die Familientherapeutin Monica McGoldrick (1991) erfassten vier Aufgaben, die Familien nach einem Verlust zu bewältigen haben: Das Erkennen des Todes als Realität Das Teilen der eigenen Emotionen und Trauer Die Reorganisation des Familiensystems Die Reinvestierung in das Familiensystem. Die einzelnen Mitglieder müssen den Tod des Familienmitglieds realisieren und dabei ihre Gefühle und ihre Trauer teilen. Das gegenseitige Zeigen und das Akzeptieren der Gefühle der Anderen steht einer Isolation durch Trauer entgegen. Das durch den Verlust beschädigte Familiensystem, muss durch eine neue Definition von Rollenbildern und Werten wieder in ein Gleichgewicht gebracht werden. Dafür müssen die Familienmitglieder ihre Vorstellungen darüber neu konstruieren und gemeinsam eine Neuverteilung von Aufgaben organisieren. Dabei sollte der Fokus auf die Ressourcen der einzelnen Mitglieder gelegt werden. Um wieder zu einem funktionalen Familiensystem zu werden, gilt es in Bezug auf den Verlust des Mitglieds, eine Balance zwischen Loslassen und Festhalten des Verstorbenen zu finden. Gleichzeitig gilt es für die Familie neue Lebensziele zu finden und auf (neue) Beziehungen einzugehen (vgl. Walsh und McGoldrick in Death and Dying, n.d., online und Langenmayr, 2013: 198). Die systemische Intervention bei Trauer bietet in Bezug auf die Traueraufgaben verschiedene Möglichkeiten, um nach dem Verlust eines Familienmitglieds, die Unsicherheiten über die veränderten Beziehungen und Rollen im Familiensystem zu veranschaulichen. Dazu gehören unter anderem das Stellen von Familienskulpturen, das Anlegen eines Familienbretts und der Familiensystemtest (vgl. Langenmayr, 2013: 197). Das Stellen von Familienskulpturen, auch auf einem Familienbrett, repräsentiert die Beziehungen im familiären System. Eine Person stellt die Figuren, die je ein Familienmitglied symbolisieren, auf. Die Nähe bzw. Distanz zwischen den Figuren verdeutlicht die emotionale Beziehung zwischen den einzelnen Mitgliedern. Auch stellen die Positionen der Figuren die familiäre Hierarchie dar, je nachdem wo diese angeordnet sind. Weiter können die Blickrichtungen der Figuren oder mögliche Körperhaltungen hinterfragt werden. Die anderen Familienmitglieder können im Anschluss Korrekturen und Ergänzungen vornehmen. Das Stellen der Skulpturen erfolgt nonverbal und kann von jedem Familienmitglied durchgeführt werden. Die verstorbene Person kann ebenfalls in das Bild miteingefügt oder durch ein Symbol repräsentiert werden (vgl. Spektrum.de, n.d. [online]). Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert ebenfalls der Familiensystemtest. Auf einem Brett mit eingezeichneten Feldern können Figuren, stellvertretend für die Mitglieder des Familiensystems, aufgestellt werden. Durch die belegten und freien Felder sowie dem Abstand zwischen den Figuren auf horizontaler, vertikaler und diagonaler Ebene, können die Beziehungsmuster analysiert werden (vgl. Gehring et al., 1989 [online]). Weitere Methoden in der systemischen (Trauer-) Intervention sind das Reframing und das Stellen von systemischen Fragen (vgl. Langenmayr, 2013: 197). Beim Reframing werden negativ bewertete Situationen oder Verhaltensweisen durch das Einnehmen eines neuen Blickwinkels so umgedeutet, dass sie eine positivere Bewertung erhalten. Das unterstützt das bessere Verständnis für eine Situation oder das Verhalten einer Person, da neue bisher nicht wahrgenommene Aspekte herausgestellt werden (vgl. Lebenskarten (n.d.) online). In der Trauerbegleitung kann dies genutzt werden, um sich der Situation und den Gefühlen die der Verlust ausgelöste, bewusst zu werden. Ein Beispiel für ein Reframing führt Langenmayr (2013: 197) wie folgt an Sie haben Ihren Mann so geliebt, dass Sie sich gar nicht vorstellen können, etwas so Schönes noch einmal zu erleben . Vergleichend dazu bieten auch Systemische Fragen eine veränderte Perspektive auf eine Situation an und laden die Befragten dazu ein, aus ihrem bisherigen Blickwinkel herauszutreten. Anders als im Reframing erhält die Situation oder das Verhalten einer Person keine positive Bewertung, jedoch werden dadurch (Handlungs-) Alternativen für die bestehende Situation aufgezeigt (vgl. Salomon und Uekermann (n.d.) online). Langenmeyr (2013: 197) führt dafür die systemischen Fragen, In welchen Situationen vermissen Sie Ihren Mann besonders? und Und in welchen Situationen vermissen Sie ihn nicht? , als Beispiel in der Trauerbegleitung an. Er verweist jedoch darauf, dass diese Fragen eine stabile Beziehung zwischen der Fachkraft und den KlientInnen erfordert. Weiter kann das Visualisieren der veränderten Strukturen und Lebensverläufen durch das Erstellen einer Timeline oder einer Strukturaufstellung dazu verhelfen, einen besseren Bezug zur Lebenssituation herzustellen und bereits vorhandene Ressourcen zu aktivieren. Dabei werden wichtige Ereignisse im Leben durch die KlientInnen herausgestellt und reflexiv besprochen. Der Fokus liegt dabei auf den eingesetzten Ressourcen, welche zusätzlich aufgeschrieben bzw. versinnbildlicht werden (vgl. Pfeiffer-Schaub, 2008: online). Ähnlich wie im Trauerprozess, geht es in der systemischen Therapie um die Beziehung zur verstorbenen Person. Anders als im grundlegenden verbunden-bleiben im Trauerprozess, geht es in diesem Fall darum, welche Bereiche der Bindung gelöst und welche erhalten bleiben sollen. Dabei sind besonders die Funktionen der Bindungsteile zu beachten. In der systemischen Therapie gilt es mit den KlientInnen zu erarbeiten, welche Funktionen förderlich bzw. hinderlich für die Verarbeitung des Verlusts sind (vgl. Rechenberg-Winter, 2017: 61). Für die Arbeit mit Bindungen spielt ebenfalls die Vorstellung über das Leben nach dem Tod der KlientInnen eine Rolle. Diese können eine direkte Wirkung auf die Verarbeitung des Verlusts haben. Die Vorstellung, ob ein Wiedersehen nach dem Tod möglich ist, kann sich sowohl förderlich, als auch hinderlich auf die Bindung auswirken (vgl. Bonanno, 2009, zitiert in Rechenberg-Winter, 2017: 62).

Über den Autor

Anna Carina Rosenberger stammt gebürtig aus dem Herzen des Ruhrgebiets. Als Aushilfskraft im elterlichen ambulanten Pflegedient kam es schon zur Jugendzeit zu beruflichen Berührungspunkten mit der Materie von Tod und Sterben. Im darauffolgenden Studium der Rehabilitationspädagogik erwachte bereits das große Interesse für tiergestützte Intervention, welches sich damals schon in der Wahl von eigenen Forschungshypothesen äußerte. Durch mehrere Verluste im nahen Umfeld setzte sich die Autorin auch auf persönlicher Ebene mit Trauer und ihren Prozessen auseinander. Im eigenen Trauerprozess konnte die Autorin durch verschiedene Begegnungssituationen mit Tieren eine starke positive Wirkung auf sich selbst erleben. In der anschließenden Weiterbildung zur Fachkraft für systemische und tiergestützte Intervention lernte die Autorin systemisch-tiergestützte Trauerverarbeitung praxisnah kennen. Das Erleben dieser heilsamen Wirkung durch Tiere, insbesondere Hunde, veranlasste die Autorin zu diesem Buch.

weitere Bücher zum Thema

Zur Qualität der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Trägern der freien Jugendhilfe und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe

Eine Analyse des Zusammenhangs von Förderung und Partnerschaft

ISBN: 978-3-96146-968-0
EUR 49,50


Bewerten und kommentieren

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichenten Felder aus.