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- Suchtverhalten im Kontext von Life Events: Eine empirische Untersuchung zum Zusammenhang von kritischen Lebensereignissen und Suchterkrankungen
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Diese Studie beschäftigt sich mit der Frage nach Zusammenhängen zwischen sogenannten Life Events oder auch kritischen Lebensereignissen und dem Entstehen bzw. der Aufrechterhaltung von Suchterkrankungen. Von besonderem Forschungsinteresse ist dabei, wie Betroffene einer Suchterkrankung selbst die Bedeutung einzelner Lebensereignisse einschätzen, wie sie kritische Lebensereignisse persönlich beurteilen und welchen Stellenwert sie ihnen in Verbindung mit ihrer Suchterkrankung geben. Dazu sollen zunächst in Kapitel I die theoretischen Grundlagen erläutert werden. Aufgrund der Vielfalt an Forschungsbemühungen sollen hier jedoch nur die wichtigsten Ergebnisse in Form eines Überblicks dargestellt und erläutert werden. Im Einzelnen werden in Kapitel 1 wissenschaftliche Interessensgebiete und die Problematik einer Begriffsbestimmung aufgezeigt und weiterhin in Kapitel 2 spezifische Erklärungsmodelle vorgestellt. Kapitel 3 befasst sich mit dem gezielten Blick auf kritische Lebensereignisse in Zusammenhang mit psychischen Störungen. Das Hauptaugenmerk soll in Kapitel II dann auf der eigenen empirischen Untersuchung liegen. Dazu werden im Rahmen des Kapitels 1 zunächst Prozesse der Planung und Vorbereitung erläutert. In diesem Zusammenhang werden leitende Forschungsfragen und Zielsetzungen der Untersuchung sowie die Erarbeitung des konkreten Studiendesigns in Form von Auswahlverfahren der wissenschaftlichen Methode und der Stichprobe dargestellt. Auf der Basis der Entscheidung für die Durchführung einer qualitativen Befragung wird darüber hinaus die Konstruktion eines entsprechenden Interviewleitfadens präsentiert. Die nachfolgende Erhebungsphase wird in Kapitel 2 anhand der Vorstellung von Fallkonstellationen und Hintergrundwissen, dem allgemeinen Interviewverlauf und ergänzender Eindrücke und Problematiken beschrieben. In der Präsentation der Ergebnisse in Kapitel 3 wird im Zuge der Auswertung der durchgeführten Interviews sodann ein Kategoriensystem entwickelt, welchem die Aussagen der Studienteilnehmer auf der Grundlage der zuvor erstellten Interviewtranskripte (= Datenmaterial) zugeordnet wurden. Aufgrund der Datenflut werden die Ergebnisse noch einmal in einem Überblick zusammengestellt, um anschließend eine fachliche Einschätzung der individuellen Suchtentwicklung anzufügen. Nicht zuletzt werden die Ergebnisse im Rahmen des Kapitels 4 unter Bezugnahme auf die leitenden Arbeitshypothesen diskutiert. Im abschließenden Kapitel 5 wird ein Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf gegeben.
Textprobe: Kapitel 2.1, Stresstheoretische Konzepte: Der Begriff ‘Stress’ wurde erstmalig verwendet und publik gemacht in den 30er Jahren durch den aus Österreich stammenden Wissenschaftler Hans Selye. In experimentellen Versuchen an Ratten hatte er gefunden, dass diese auf einen schädlichen Außenreiz (Stressor) stets die gleiche Abfolge von Körperreaktionen zeigten. Dieses in der Wiederholung reproduzierbare Reaktionsmuster bezeichnete er als Allgemeines Adaptationssyndrom (vgl. Rosch Inglehart, 1988). Der amerikanische Psychologe und Wissenschaftler Richard Lazarus kritisierte Selyes Postulat dahingehend, dass er bei der Verarbeitung von Stressoren insbesondere kognitive Prozesse in Form von Bewertungen von Ereignissen vernachlässige. Er entwickelte und präsentierte daher 1974 ein Transaktionales Stress-Modell, im Rahmen dessen er davon ausging, dass nicht der Reiz, die Situation oder das Ereignis selbst für die Stressreaktion von Bedeutung sind, sondern die individuelle kognitive Verarbeitung des Betroffenen. So könnten Individuen für einen bestimmten Stressor höchst unterschiedlich anfällig sein, d.h. was für den einen Betroffenen Stress bedeutet, wird von einem anderen noch nicht als Stress empfunden. Nach Lazarus bedingt die individuelle Bewertung von Ereignissen stets auch eine entsprechende Reaktion und verläuft in zwei Stufen: In dem primären Bewertungsprozess schätzt das Individuum zunächst die Relevanz des Ereignisses auf die eigene Befindlichkeit hin ein. Wird eine Situation als bedeutungslos oder positiv für das Wohlbefinden bewertet, so entsteht keine Stressreaktion. Wird sie jedoch auf der Basis impliziter Negativerfahrungen oder -erwartungen beurteilt, so wird sie als stressvoll empfunden. In einem zweiten, sekundären Vorgang prüft und bewertet das Individuum das Ereignis auf die ihm zur Verfügung stehenden Reaktionsmöglichkeiten und entscheidet sich entsprechend für eine Handlungsalternative. Welche individuelle Strategie zur Bewältigung (= Coping) einer Stresssituation das Individuum wählt, hängt dabei nach Lazarus zunächst davon ab, ob das Individuum auf eine Veränderung der erlebten Situation oder der damit einhergehenden Emotionen abzielt. Konkret unterscheidet er zwischen 4 Handlungsoptionen: Informationssuche, direktes Handeln, Handlungsvermeidung oder intrapsychische Reaktionen (vgl. Lazarus, 1995). 2.2, Personale Kontrolle und Erlernte Hilflosigkeit: Wie bereits Lazarus, so schreiben auch andere Wissenschaftler in den letzten Jahren insbesondere den innerpsychischen Prozessen, explizit den menschlichen Kognitionen eine hohe Bedeutung hinsichtlich der individuellen Reaktionen auf bedeutende Lebensereignisse und des langfristigen Verhaltens zu. In diesem Zusammenhang geht das in den 70er Jahren Konzept erarbeitete Konzept der Personalen Kontrolle nach dem Psychologen James R. Averill zunächst von einem Grundbedürfnis des Menschen aus, Situationen und Ereignisse beeinflussen zu können. Entsprechend problematisch hinsichtlich einer adäquaten Verarbeitung stellen sich daher solche Ereignisse dar, die sich für das Individuum als nicht kontrollierbar erweisen oder so interpretiert werden. Der amerikanische Psychologe Martin E. P. Seligman befasste sich in seiner Theorie der erlernten Hilflosigkeit sodann auf der Verhaltensebene gezielt mit den spezifischen Auswirkungen von Ereignissen, die als für ein Individuum nicht beeinflussbar oder kontrollierbar charakterisiert werden können. Er ging davon aus, dass sich bei Personen, die sich mehrfach, anhaltend oder intensiv in Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen handlungs- und kontrollunfähig erlebten, die hierdurch erfahrene Hilflosigkeit manifestieren könne. Er spricht dabei von einer dauerhaften, erlernten Reaktion, die im Sinne der Generalisierung dann auch auf Situationen übertragen wird, in denen Kontrolle objektiv durchaus möglich ist. Seligman leitet hieraus eine gewisse langfristige Handlungslähmung bei den Betroffenen ab und erklärt sich so auch die Entstehung spezifischer Formen der Depression (‘Hilflosigkeitsdepression’). Darüber hinaus stellt er auch Bezüge zu anderen affektiven Reaktionen her, wie beispielsweise Angst als spezifische emotionale Konsequenz einer erlebten Unvorhersehbarkeit von Ereignissen (vgl. Braukmann & Filipp, 1995). 2.3, Einzelereignisanalysen und Entwicklung von Stufenmodellen: Ähnlich wie bei Untersuchungen zur pathogenen Wirkung von Lebensereignissen, so richtet sich der Blick auch bei anderen Forschern ganz gezielt auf einzelne und überwiegend negativ assoziierte Lebensereignisse, denen per se ein belastender Effekt zugeschrieben wird. Unter erster Vorausschau auf die in Kapitel II beschriebene Untersuchung und die in diesem Zusammenhang aufgeführten Arbeitshypothesen (vgl. Kapitel 1.1) sollen im Folgenden zwei Konzepte insbesondere zu Ereignissen aus dem Bereich der ‘Verlusterlebnisse’ näher beschrieben werden. Der britische Arzt und Psychiater John Bowlby beschäftigte sich im Rahmen der von ihm begründeten Bindungstheorie speziell mit Trennungs- und Verlusterlebnissen als belastende Lebensereignisse. Er ging davon aus, dass das Streben nach festen und verlässlichen Bindungen (wie z.B. Bindung an die Eltern im Kindesalter) zu einem der elementarsten Bedürfnisse des Menschen gehört. Entsprechend stellen Bedrohungen und/oder Zerstörung dieser Bindungen in Form von Verlust eines geliebten Menschen oder Trennung eine besondere Belastung dar. In zahlreichen Studien, aber vor allem in der Beobachtung von Kindern, die zeitweise von ihren Eltern getrennt wurden oder die in Waisenhäusern ohne feste Bezugsperson aufwuchsen fand Bowlby außerdem, dass die daraus resultierenden menschlichen Reaktionen nicht nur in starkem Ausmaß, sondern auch in einer stufenweisen Abfolge stattfinden. In der erweiterten Form beschreibt dieses Stufenmodell vier voneinander abgrenzbare Phasen, die auf das direkte Erleben eines drohenden oder realen Objektverlustes erfolgen: 1. Schockphase. 2. Protestphase und Versuch der Rückgewinnung. 3. Verzweiflungsphase, Desorganisation. 4. Phase der Loslösung und Reorganisation. Hinsichtlich der langfristigen Folgen insbesondere bei frühkindlichen Verlusterlebnissen nimmt Bowlby das Eintreten vielfältiger und dauerhafter Entwicklungsbeeinträchtigungen und -störungen an. Mit dem Verlusterlebnis durch Sterben, jedoch aus der Perspektive des vom Tode selbst Bedrohten, befasst sich die Elisabeth Kübler-Ross. Anhand von Fallbeobachtungen eruierte sie fünf verschiedene Stufen in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Sterben bzw. dem eigenen Tod: Verleugnen, beispielsweise der tödlichen Diagnose und Isolation (engl. denial), Wut/Zorn (engl. anger), Verhandeln (engl. bargaining), Depression und letztlich das Akzeptieren (engl. acceptance). Einschränkend konstatiert Kübler-Ross, dass nicht jeder Sterbende zwangsläufig alle dieser Stadien durchlebt (vgl. Rosch Inglehart, 1988).
Die Dipl.-Sozialpädagogin und Suchttherapeutin Julia Groos, M.Sc. studierte Außerschulisches Erziehungs- und Sozialwesen mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik an der Universität-Gesamthochschule Siegen, welches sie mit ihrer Diplomarbeit Demenz und Biografie – Zur Rekonstruktion von Lebenssinn im Jahre 2003 erfolgreich abschloss. Bereits im Rahmen des anschließenden Anerkennungsjahres arbeitete sie als Sozialpädagogin im Tätigkeitsfeld Sucht und erlangte die staatliche Anerkennung. Im Zuge ihrer mehrjährigen Arbeit mit Suchtkranken absolvierte sie schließlich von 2005 bis 2010 den postgradualen Masterstudiengang Suchthilfe/Suchttherapie (M.Sc.) mit integrierter berufsbegleitender Weiterbildung an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Köln. Heute ist sie als Suchttherapeutin in der stationären Entwöhnungsbehandlung tätig.
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