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Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2019
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Es gehört zum guten Ton, keine Zeit zu haben, mit dem Terminkalender zu prahlen, belastet, überfordert, kurz: im Stress zu sein. Stress scheint allgegenwärtig und auf penetrante Art beliebig. Ursprünglich benutzt, um die Reaktion eines Tieres in Gefahrensituationen zu beschreiben, dient er nun als Charakterisierung eines Zustandes dauernder und belastender Konfliktsituationen. Das Problem: Wir reagieren körperlich genauso wie unsere Vorfahren. Durch eine Vielzahl chemischer Reaktionen wird der Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Allerdings sind heutzutage keine Bären oder Säbelzahntiger mehr notwendig, um diese Reaktionen auszulösen. Dauerstressoren wie ein zu voller Terminkalender, andauernde Über- oder Unterforderung sowie Reizüberflutung, versetzen unseren Körper immer öfter in Alarmbereitschaft. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Stress zu einer der größten Gefahren für das menschliche Wohlergehen. Vor allem Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter, Heilpädagogen, Therapeuten und Angehörige/Mitglieder ähnlicher Berufsgruppen in pädagogischen und psychosozialen Arbeitsfeldern sind oftmals mit der Realität ihres Berufes überfordert. Sie fühlen sich gestresst , ausgebrannt , erschöpft, ohne Energie, ohne Impulse. Aufgrund von Konfliktsituationen, Enttäuschungen und Überforderung schlägt die anfängliche Motivation nicht selten in Resignation und Depression um.
Textprobe: Kapitel 2.3 Stresserleben: 2.3.1 Das transaktionale Stressmodell nach Richard S. Lazarus: Seit den sechziger Jahren wird die kognitiv-transaktionale Stresstheorie vom amerikanischen Emotionsforscher Richard S. Lazarus vertreten. Lazarus hat sich ebenfalls gezielt mit dem Phänomen Stress beschäftigt. Seine Forschungsansätze beruhen dabei in einzelnen Aspekten auf Erkenntnissen von Selye, allerdings hat er auch neue Gesichtspunkte in die Stressforschung eingebracht. Sein besonderes Interesse galt dabei kognitiven Bewertungsprozessen, die das subjektive Stresserleben maßgeblich beeinflussen. Diese kognitiven Komponenten sind gleichzeitig Stützpfeiler für das von Lazarus entwickelte Transaktionale Stressmodell , welches ich nun vorstellen möchte. Laut der kognitiven Stresstheorie von Lazarus & Folkman (1984) ist psychologischer Stress eine besondere Beziehung zwischen der Person und der Umwelt, die vom Individuum als etwas bewertet wird, was seine Ressourcen beansprucht oder überfordert und sein Wohlbefinden gefährdet (Kaufmännische Krankenkasse, 2006, S. 96). Stress kann somit nicht objektiv definiert werden erst wenn ein Individuum eine Situation subjektiv als stressig einstuft, im Sinne einer kognitiven Einschätzung oder Bewertung, ist tatsächlich ein Stresszustand vorhanden. Es ist also entscheidend, wie jemand die Umwelt wahrnimmt und die jeweilige Situation bewertet (vgl. Schmid, 2003, S. 53 f.). Als Basis jeder Situationsbewertung werden persönliche Sollwerte betrachtet. Darunter versteht man die individuell unterschiedlich stark ausgeprägten Grundbedürfnisse, wie z.B. das Bedürfnis nach Liebe und Zugehörigkeit, nach Autonomie und Selbstverwirklichung, aber auch Erwartungshaltungen sich selbst gegenüber, wie Ansprüche an das eigene Leistungs- und Sozialverhalten (vgl. Kaufmännische Krankenkasse, 2006, S. 96). Laut Lazarus u. Folkman (1984) entsteht Stress, wenn das persönliche Wohlbefinden durch eine zu starke Abweichung von den individuellen Sollwerten gefährdet erscheint (vgl. ebd. S. 96). Stresswahrnehmung und Stressverarbeitung stellen demnach Informationsprozesse dar, die kognitive Bewertungen, Handlungen und Gefühle mit sich führen. Kognitive Bewertungen dienen der kontinuierlichen Überprüfung der Umweltgegebenheiten und ob diese bedeutsam für das persönliche Wohlbefinden sind. Handlungen sind notwendig für die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung dieses Wohlbefindens, und Gefühle werden als Begleit- und Folgeerscheinungen der subjektiven Einschätzung erlebt (vgl. Kramis-Aebischer, 1995, S. 33). Die Bewertungsprozesse lassen sich modellhaft in drei verschiedene Arten der Einschätzung einteilen, in die primäre Bewertung, die sekundäre Bewertung und die Neubewertung. 1. Primäre Bewertung: Bei der primären Bewertung wird im Hinblick auf das persönliche Wohlbefinden entschieden, ob ein Reiz als neutral, positiv oder stresshaft empfunden wird. Wird ein Reiz neutral empfunden, hat das Ereignis keine Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Betroffenen und es entsteht kein Stress. Fällt ein Ereignis in die Kategorie positiv , wird es als Zeichen der Sicherheit oder als Hinweis auf eine günstige Lage der Dinge gedeutet. Die betroffene Person kann sich entspannen und ihre Aufmerksamkeit auf anderes lenken (vgl. Kramis-Aebischer, 1995, S. 33). Diese erste Phase beschreibt somit die eigentliche erlebnispsychologische Komponente von Stress. Wird der Reiz als stresshaft erlebt, erfolgt subjektiv eine weitere Differenzierung in drei Kategorien stressbezogener Kognitionen. Zum einen in die Kategorie Schaden bzw. Verlust, zum anderen in die Kategorie Bedrohung und zuletzt in die Kategorie Herausforderung. - Schaden/Verlust: Das Individuum nimmt eine schon eingetretene Schädigung wahr. Hierbei kann es sich beispielsweise um eine fortwährend unrealisierbare kurz- oder langfristige Motivation, ein erschüttertes Selbst- und Weltbild, eine Störung des Selbstwertgefühls, das Fehlen sozialer Anerkennung, ein zwischenmenschlicher Verlust, eine beeinträchtigende Verletzung und Ähnliches handeln. Werden Ereignisse als Verlust erlebt, werden sie meist von negativen Emotionen begleitet und haben passive Reaktionen als Folge, die sich darauf richten, das Selbst vor der Wucht des Angriffes zu schützen. - Bedrohung: Das Individuum nimmt eine bisher noch nicht eingetretene Schädigung wahr. Werden Ereignisse als Bedrohung erlebt, führt dies in der Regel zu emotional negativ gefärbten Reaktionen, die darauf ausgerichtet sind, der Situation zu entfliehen oder sie zu bekämpfen . Die Bewertung einer Situation als Schädigung und Bedrohung vermischen sich häufig, beispielsweise dann, wenn ein Individuum nicht nur eine Schädigung zu bewältigen hat, sondern sich gleichzeitig mit den Folgen seiner Lage für die Zukunft auseinandersetzen muss. - Herausforderung: Der Unterschied zwischen Bedrohung und Herausforderung besteht im Wesentlichen in der emotional positiven Tönung der Herausforderung. Es steht die schwer zu erreichende, eventuell risikoreiche, aber bei Erfolg mit positiven Folgen verbundene Meisterung einer Aufgabe bevor. Der bevorstehende Nutzen bei Erfolg überwiegt die Angst vor Misserfolg. Werden Ereignisse als Herausforderungen gesehen, führen sie in der Regel zu aktiven, ereignisorientierten Reaktionen, die das innere Gleichgewicht wiederherstellen oder bereichern (vgl. ebd. S. 34). Jede Bewertung einer Situation als schädigend, bedrohlich oder herausfordernd bedeutet grundsätzlich eine negative Bewertung der Situation. Im Falle bedrohlicher, schädigender oder herausfordernder Situationen folgen sekundäre Einschätzungsprozesse, die Auskunft über die Einschätzung der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten und -fähigkeiten geben. 2. Sekundäre Bewertung: Bei der sekundären Bewertung handelt es sich um einen komplexen Prozess bezüglich der verfügbaren Bewältigungsmöglichkeiten, deren verschiedenen Erfolgswahrscheinlichkeiten und der Wahrscheinlichkeit, ob man selbst bestimmte Strategien wirksam einsetzten kann (vgl. Kramis-Aebischer, 1995, S. 34). Bei der sekundären Bewertung spielt neben dem subjektiven Wohlbefinden auch die Einschätzung der subjektiven Ressourcen eine Rolle, die zu einer erfolgreichen Bewältigung beitragen kann. Zunächst wird versucht, einem Stressor durch routinemäßiges Verhalten zu begegnen, um ein vorheriges Gleichgewicht wiederherzustellen. Wenn dies nicht gelingt, werden mögliche negative Folgen auf physischer, psychologischer und psychosozialer Ebene abgeschätzt. Außerdem werden weitere Bewältigungsformen als Möglichkeit in Betracht gezogen. Dies können Reaktionen wie Flucht oder Angriff sein, aber auch Situationsveränderungen oder Realitätsverleugnungen. In die Bewertung fließt ein, welche Bewältigungsstrategien zur Verfügung stehen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Bewältigungsmöglichkeit zum Ziel führt und ob sich der Betroffene in der Lage sieht, diese anzuwenden (vgl. ebd. S. 34 Kaufmännische Krankenkasse, 2006, S. 90). Schätzt der Betroffene seine Möglichkeiten als zu gering ein, um eine spezifische Anforderung zu bewältigen, folgt eine Stress auslösende Bewertung. Trotz der Bezeichnung als primär und sekundär wird im transaktionalen Stressmodell weder eine Unterscheidung der Relevanz noch eine zeitliche Abfolge der Stadien angenommen. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass sich die sekundäre Bewertung auf Bewältigungsfähigkeiten und -möglichkeiten des Individuums oder Systems und nicht auf die Situation bezieht. Bereits vor dem Eintreten eines Ereignisses und vor dessen primärer Bewertung können Kognitionen und Bewältigungsmöglichkeiten und -fähigkeiten gebildet und im Gedächtnis gespeichert werden. Gleichzeitig mit jeder primären Bewertung wird im Zuge der sekundären Bewertung eines Ereignisses eine Bewertung der Handlungsfähigkeit vorgenommen. Mithilfe der sekundären Bewertung werden die Bewältigungsmaßnahmen bestimmt, die zum Einsatz kommen. Sie beeinflusst die primären Bewertungsprozesse, indem sie die Wahrnehmung der Bedrohung oder Schädigung mildert oder verstärkt (vgl. Kaufmännische Krankenkasse, 2006, S. 90). Die Bewertungsprozesse sind nicht unbedingt bewusste Denkvorgänge, sondern laufen mehr oder weniger automatisiert ab, sind einer bewussten Reflexion aber stets zugänglich (vgl. ebd. S. 90).
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