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- Stalking: Ein sozialpädagogischer Leitfaden für die Beratung der Opfer
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 200
Abb.: 12
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Was ist Stalking? Stalking ist ein Begriff aus der Jägersprache und bedeutet so viel wie Heranpirschen oder Anschleichen an ein Wild, um es zu erlegen. Bei Menschen sind damit Verhaltensweisen des wiederholten Verfolgens und Belästigens eines anderen Menschen gemeint. Stalkingopfer wenden sich zunächst in ihrer Not an Freunde und Bekannte. Erst mit zunehmendem Leidensdruck wenden sie sich an die Polizei oder Rechtsanwälte, nachdem neuerdings nach § 238 StGB auch die Möglichkeit besteht, gegen Stalker strafrechtlich vorzugehen. Dies ist auf jeden Fall dann sinnvoll, wenn von den Stalkern ein gewisses Gewaltrisiko ausgeht. Ist dies nicht der Fall, erscheint es sinnvoll zunächst die Möglichkeiten einer anderweitigen Beratung zu nutzen. Dafür kommen Psychologen, Hausärzte und die Mitarbeiter von Opferberatungsstellen in Betracht. Vor allem an sie richtet sich dieser Leitfaden, der aus sozialpädagogischer Sicht verfasst wurde. Die meisten heute in der Literatur zu findenden Vorschläge für eine Stalkingberatung bzw. ein individuelles Krisen- bzw. Fallmanagement sind psychologisch-psychotherapeutischer Natur. Grund dafür ist, dass ihre Autoren in der Regel Psychologen oder Psychiater sind. Leitfäden für eine individuelle Stalkingberatung aus Sicht anderer Professionen, wie z.B. Ärzten oder Sozialpädagogen, die ebenfalls bei der Unterstützung von Stalkingopfern eine große Rolle spielen, gibt es bisher nur selten bzw. sie sind - wenn vorhanden - nur intern zugänglich. Um diese Lücke im Beratungsspektrum ein wenig zu schließen, wurde dieser Leitfaden entwickelt. Es geht in ihm vor allem darum, den Beratern von Stalkingopfern Vorschläge für einen möglichen Beratungsprozess sowie zum Umgang mit Stalking an die Hand zu geben. Hierbei wird zunächst geklärt, welche Ansätze, Formen und Methoden einer professionellen Beratung für eine Stalkingberatung geeignet sein können. Danach wird auf der Grundlage der aktuellen Stalkingforschung das feldspezifische Hintergrundwissen zum Phänomen Stalking, das sowohl die Täter als auch die Opfer betrifft, erläutert. Nach der Betrachtung unterschiedlicher wissenschaftlicher und juristischer Definitionen sowie der neuen Rechtslage in Deutschland werden unterschiedliche Klassifikationssysteme bezüglich der verschiedenen Typen von Stalkern untersucht. Im Anschluss daran wird explizit auf die Gewaltrisiken- und Vorhersagefaktoren eingegangen. Außerdem werden grundlegende offensive und defensive Handlungsstrategien für den Umgang mit Stalking erläutert. Unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse wird dann ein Prozessmodell zur Beratung von Stalkingopfern entwickelt. Jede einzelne Beratungsphase wird detailliert erläutert. Dabei werden die allgemeinen Prinzipien, Verfahren und Techniken aus verschiedenen beraterischen Schulen für eine Stalkingberatung spezifiziert und weiterentwickelt. Im Anschluss wird anhand eines Fallbeispiels exemplarisch dargestellt, wie ein bestimmtes methodisches Repertoire in der Stalkingberatung eingesetzt werden kann.
Textprobe: Kapitel 4.5, Stalking und Gewalt: Nicht selten wird Stalking vorschnell mit physischer Gewalt gleichgesetzt. Jedoch gelten physische Übergriffe in wissenschaftlichen Begriffsbestimmungen des Stalking als eine mögliche, aber nicht zwingend auftretende Eskalationsstufe des Stalkings. So sind Stalkinghandlungen, wie das Auflauern oder der Telefonterror schlimmstenfalls als psychische, jedoch keinesfalls als physische Gewaltakte anzusehen. Nach Hoffmann herrscht bei Fachleuten allerdings Konsens darüber, dass physische Gewalt bei Stalkingvorfällen – unter bestimmten Umständen und in bestimmten Konstellationen – besorgniserregend häufig auftritt, auch wenn bislang nur wenige Untersuchungen zur Häufigkeit von psychischer Aggression in Stalkingfällen durchgeführt worden sind. Hoffmann beschreibt in seinem Buch ‘Stalking’ (aus dem Jahr 2006) sehr ausführlich die bis heute untersuchten unterschiedlichen Formen und Vorhersagefaktoren von Gewalt im Stalkingbereich. Außerordentliche Bedeutung für die Beratung und für den Opferschutz hat dabei m.E. das Wissen um das Vorkommen der katathymen Gewalt. Ihr geht eine lange Phase von unterdrückter Wut voraus, die sich dann unvermittelt und überraschend eruptiv entlädt. Stalker, die in dieser Form Gewalt ausüben, sind in der Regel sozial unauffällig und sprechen im Vorlauf der Tat nicht unbedingt Drohungen aus. Meist stammen die Opfer aus dem direkten persönlichen Umfeld, wie z.B. Expartner. Die Gefahr einer katathymen Gewalttat, gerade bei Exbeziehungsstalking, bringt daher für die Beratung und den Opferschutz beträchtliche Implikationen mit sich. Demzufolge kann man sich nicht mehr nur allein auf diejenigen Stalker konzentrieren, die schon in der Beziehung aggressiv und gewalttätig waren. Es sollte immer auch beachtet werden, dass eine Phase nicht aggressiver Stalkinghandlungen nach der Trennung nicht automatisch eine Risikominderung bedeuten muss. Es scheint – so Hoffmann –, ‘dass vor allem überkontrollierte, zu Depression neigende Personen, die vorher sozial unauffällig waren, ein Risiko für schwere Gewalttaten darstellen’. Wenn es zur physischen Gewalt im Stalkingverlauf kommt, richtet sie sich nicht immer direkt gegen die Betroffenen. Regelmäßig werden auch andere Ziele attackiert. Hoffmann unterscheidet dabei drei Gruppen: - Gewalt gegen Dritte. - Gewalt gegen Haustiere. - Gewalt gegen Sachen. Gewalt gegen Dritte geschieht offenbar am ehesten beim Stalking durch Verehrer oder ehemalige Partner. Wie bei Fiedler sind auch nach Hoffmann ‘vor allem Personen gefährdet, die vom Stalker als zwischen sich und dem Opfer stehend wahrgenommen werden’. Dabei kann es sich beispielsweise um einen neuen Freund handeln, aber auch um Arbeitskollegen oder Verwandte, die den Betroffenen in der Stalkingsituation beistehen. Über Gewalt gegenüber Haustieren wird in Opferbefragungen, wie z.B. der des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim, relativ selten berichtet. Es gibt sie aber dennoch. Vor allem, wenn der Stalker der ehemalige Partner ist. Hier geht es dem Täter hauptsächlich um Psychoterror und Kontrolle über den Partner. Sachbeschädigung ist eine relativ häufige Erfahrung von Stalkingbetroffenen. Sie kommt etwa in jedem vierten Fall vor. Neben Wohnungseinbrüchen, Zerstören von Eigentum innerhalb der Wohnung, oder das Beschmieren der Hauswand, eingeschlagene Fensterscheiben und dem Abreißen des Briefkastens wird sehr häufig das Auto beschädigt, indem z.B. Reifen zerstochen werden, Lack zerkratzt oder beschmiert oder am Fahrwerk manipuliert wird. Auch hier sind besonders häufig ehemalige Partner die Täter. Für die Beratungspraxis und die Arbeit mit den Opfern bedeutet dies, dass man sich nicht nur alleine auf die Sicherheit der unmittelbaren Opfer konzentrieren darf, sondern immer auch mit bedenken muss, ob sich nicht Situationen ergeben, in denen sich die Wut des Stalkers auch gegen andere Personen (Sekundäropfer), Haustiere oder Sachgegenstände richten könnte. Dabei steht der Schutz von Personen selbstverständlich immer im Vordergrund. Um solche Situationen von möglicher Gewalteskalation besser einschätzen zu können, ist es für Berater hilfreich, bestimmte Risiko- und Gefahrensignale zu kennen und im jeweiligen Stalkingfall identifizieren zu können. Auf diese werde ich nun im Folgenden eingehen.
Maja Wolfgramm, geb. 1973 in Rostock, Diplompädagogin, Studium der Erziehungswissenschaft an der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Eberhardt-Karls-Universität Tübingen, Abschluss 2008 als Diplompädagogin.
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