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Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In der Regel lässt man sich beraten, wenn man Probleme jedweder Art vermeintlich nicht mehr alleine lösen kann. Beratung erhält man heute allerorten in unterschiedlichsten Formen – ob nun im Elektrofachgeschäft zum defekten Schnellkochtopf, beim Juristen zu Rechtsfragen, beim Ökotrophologen zu Ernährungsfragen, Betriebe konsultieren Unternehmensberaterinnen, die Politik lässt sich von sogenannten ‚Wirtschaftsweisen‘ beraten usw. Was ist nun innerhalb dieser Vielfalt, die der Begriff Beratung umfasst, das Spezifikum der ‚Sozialen Beratung‘ bspw., wodurch unterscheidet sie sich von anderen Beratungsformen, an wen ist sie gerichtet und wer führt sie nach welchen Kriterien aus bzw. ist berechtigt sie auszuführen? In diesem Sinne ist die vorliegende Arbeit eine theoretische Arbeit, die literaturbezogen den aktuellen Diskurs um eine eigenständige theoretische Konzeption einer berufsspezifischen Beratung als Hintergrund für die Soziale (sozialpädagogische) Beratung bzw. für die Soziale Arbeit sammeln und sichten soll. Zu fragen ist, inwiefern das bereits durch die Fachwelt Diskutierte eine theoretisch verbindliche Basis für die sozialpädagogische Professionalität sein kann und welche praxisrelevanten Folgen das Entstehen einer theoretischen Leitorientierung für das Arbeitsfeld der Sozialen Beratung und sein Personal haben könnte.
Textprobe: Kapitel 3.1.1’ Systemische Beratung: Unter einem System versteht man im Allgemeinen die Gesamtheit und das Gefüge von Teilen’ die voneinander abhängig sind’ ineinander greifen oder zusammenwirken. Der Systemgedanke wurde in Deutschland’ laut Gudjons’ vor allem durch den Streit zwischen dem Frankfurter Sozialphilosophen Jürgen Habermas und dem Bielefelder Soziologen Niklas Luhmann populär’ die Reflexion nicht mehr am einzelnen Menschen orientierten’ sondern am komplexen Zusammenwirken von Dingen’ Teilsystemen’ Beziehungen zwischen Systemen etc. Eine solche Systemtheorie befasse sich also nicht damit was Dinge seien’ sondern was sie in einem System täten. Systeme seien ‚autopoietisch‘‘d.h. sie brächten sich selbst immer wieder hervor und ‚selbstreferentiell‘‘ d.h. sie verfügten über Selbstbezug und die Fähigkeit die Differenzen zwischen Systemen und der Umwelt wahrzunehmen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Menschen kommen bei Luhmann allenfalls in der Umwelt von sozialen Systemen vor’ und das Soziale besteht bei ihm nicht aus Menschen’ sondern aus Kommunikation’ die kein Resultat menschlichen Handelns’ sondern Produkt sozialer Systeme sei. ‘Der Mensch kann nicht kommunizieren nur die Kommunikation kann kommunizieren.’ Wolf Rainer Wendt bringt das allgemeine Erkenntnissinteresse von Systemtheorien - auf der Systemische Therapie und Systemische Beratung letztendlich fußen - prägnant auf den Punkt: ‘Systemtheorien interessieren sich nicht für isolierte Eigenschaften beobachteter Objekte oder Vorgänge’ sondern für ihre Verknüpfungen und Transaktionen in abgrenzbaren Gestalten’ denen sie sich auf Grund eines vorgefundenen Wirkungszusammenhangs zurechnen lassen.’ Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist der des Konstruktivismus’ der sich in der konstruktivistisch orientierten Systemischen Beratung niederschlägt. Im Gegensatz zu den Erkenntnistheorien der Wirklichkeit’ denen zufolge die Umwelt wahrheitsgemäß in der menschlichen sinnlichen Wahrnehmung und Kognition abgebildet wird’ stellt der konstruktivistische Theorieansatz die These auf’ dass wir ‘die Realität in unserem Bewusstsein nicht widerspiegeln’ sondern Wirklichkeiten eigener Art mental konstruieren.’ Radikaler Konstruktivismus geht’ nach Brunner’ davon aus’ dass eine objektive Analyse der sozialen Welt epistemologisch nicht möglich sei’ da es sich bei der Beschreibung sozialer Sachverhalte um Konstruktionen handle’ wie die soziale Wirklichkeit beschaffen sei. Berater sollten sich des Prozesses bewusst sein’ dass sie sich aus subjektiv getroffenen Einschätzungen ein Bild über Zusammenhänge machten. Insgesamt ist das zentrale Moment der Systemischen Beratung das umfassende und mehrperspektivische Denken in Verknüpfungen und Netzen von Beziehungen. Systemische Konzepte kommen’ so Sickendiek/ Nestmann/ Engel’ vor allem im Bereich der Familien- und Organisationsberatung’ aber auch in Einrichtungen des Erziehungs- und Gesundheitsbereichs sowie im Sozialwesen zur Anwendung. Als Vorläufer systemischer Beratung kann man die systemische Therapie bzw. die Familientherapie ansehen. Ihre Kernidee war’ dass ein Familienmitglied nicht isoliert betrachtet’ sondern die gesamte Familie als Gebilde mit einbezogen werden sollte. Über das System ‚Familie‘ hinaus gibt es weitere Personen- Netzwerke mit größerer persönlicher Verbindlichkeit’ bis hin zu Arbeitsteams oder soziale und pädagogische Institutionen’ die Gegenstände von Beratung sein können. Brunner betonte bereits 1990 den Bereicherungsaspekt der systemischen Sicht für die Beratung: ‘Das systemische Konzept von Beratung ermöglicht eine Erweiterung des Horizonts in mehrfacher Sicht: Es geht nicht mehr nur um einzelne soziale Systeme (z.B. Familien) vielmehr lässt sich jedes soziale Netzwerk mit Hilfe der systemischen Betrachtungsweise analysieren […] Systemische Beratung gibt uns […] die Chance’ die Grenzen unserer beraterischen Machbarkeit zu erkennen und ernst zu nehmen.’ Trotzdem birgt die systemische Perspektive auch Risiken’ die insbesondere aus dem Blickwinkel der Sozialen Beratung wahrgenommen werden sollten: Sickendiek/ Engel/ Nestmann kritisieren zum einen die Vernachlässigung von Umweltbedingungen’ wie Lebenslage’ sozioökonomische Bedingungen oder gesellschaftliche Aufgabenzuweisungen und zum anderen’ die relative Ausblendung von (patriarchalen) Macht- und Ungleichheitsverhältnissen in Familien oder Organisationen.
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