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- Sichere Orte für Kinder im Sport: Schutzkonzepte für Kinder und Jugendliche vor sexuellem Missbrauch im Sportverein
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In den letzten Jahren häuften sich Berichte über den sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Kontext von Institutionen. Auch der Sport blieb von diesen Straftaten nicht verschont. Das derzeit bekannteste Beispiel bildet der ehemalige schwedische Hochsprung Weltrekordler und Weltmeister Patrick Sjöberg, der in seinen Memoiren davon berichtet, als Kind/Jugendlicher über Jahre von seinem Trainer sexuelle Gewalt erfahren zu haben. Der Sport ist ein wichtiger Bestandteil im Leben von vielen Kindern/Jugendlichen und dient in vielfältiger Weise deren Sozialisation. Es ist daher unabdingbar den Kinderschutz in diesem gesellschaftlich relevanten Bereich strukturell zu gewährleisten. Die Dachorganisationen des deutschen Sports haben dieses Problem erkannt und sind bemüht ihre Fachverbände entsprechend zu sensibilisieren. Diese Studie beschäftigt sich mit den aktuellen nationalen Entwicklungen des Schutzes vor der Kindeswohlgefährdung des sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen, im Rahmen des organisierten Sports. Der Autor diskutiert die vorgeschlagenen Maßnahmen des Deutschen Olympischen Sportbundes/ der Deutschen Sportjugend und untersucht die Umsetzung in den einzelnen Sportfachverbänden. Am konkreten Beispiel des Berliner Fußballverbandes zeigt der Verfasser positive Ansätze ebenso auf, wie weiterhin vorhandene strukturelle Probleme. Aufgrund der knappen Literaturlage werden Interviews mit PraktikerInnen verschiedener professioneller Institutionen des Kinderschutzes, Sportfunktionären und FußballtrainerInnen genutzt. Eine standardisierte Mailanfrage an die Sportfachverbände ergänzt die Datenlage.
Textprobe: Kapitel 2.3, Sport und geschlechtliche Sozialisation und Identifikation in der Adoleszenz: Die Adoleszenz, hier verstanden als der Zeitraum zwischen dem Einsetzen der Pubertät und der Reifung zum vollständig erwachsenen Menschen, ist eine Spanne schwerwiegender körperlicher und psychischer Umbrüche im Leben des Menschen. Auf der physischen Ebene setzt die Geschlechtsreife mit den dazugehörigen Veränderungen, u.a. der Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale, ein. Diese Prozesse haben, bei allen vorhandenen individuellen Unterschieden, erhebliche Auswirkungen auf die sportliche Leistungsfähigkeit der Jungen und Mädchen. Daneben sind aber eine Reihe psychischer Entwicklungen festzustellen, die Auswirkungen auf die geschlechtsbezogene Sozialisation im Sport haben. Jugendliche beschäftigen sich in dieser Phase vermehrt mit sich selbst und stellen sich Fragen der eigenen Identität, von der die Geschlechtlichkeit eine Wesentliche ist. Wichtige Themen für Jugendliche sind 'die Akzeptierung des eigenen männlichen bzw. weiblichen Körpers, der Aufbau einer sexuellen Orientierung, die Aufnahme neuartiger Beziehungen zu Gleichaltrigen, die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlich vorgegebenen Geschlechtsrollen, die Ausbildung schulischer und beruflicher Interessen und die Vorbereitung auf die (überwiegend geschlechtstypisch verteilten) familiären und beruflichen Rollen. Oft zentrieren sich die Selbstwahrnehmung und die Selbstbewertung in diesem Alter auf die Frage der Akzeptanz durch die anderen und die Frage der eigenen Attraktivität für Angehörige des anderen Geschlechts.' (Trautner, H.M. in Oerter/Montada 2008 S.639) Aufgrund der Fülle der zu bewältigenden Entwicklungsaufgaben und der zunehmenden Bedeutung der Kontexte Schule/Beruf(sfindung) verringert sich die Anzahl der Jugendlichen, die in Sportvereinen aktiv sind, erheblich. Des Weiteren konzentrieren sich Jugendliche, die als Kinder in mehreren Sportarten im Verein aktiv waren, auf eine Sportart. So stellt Burrmann fest: 'Eine Verringerung der Sportaktivitäten war vor allem bei den Jugendlichen zu erwarten, die sich auf die Schul -Abschlussprüfungen vorbereiten und kurz vor dem Übergang zur Berufsausbildung stehen' (Burrmann in BISp S.4). Leider ist ein Vergleich der in der Bestandsaufnahme 2010 des DOSB ausgewiesenen Zahlen für Kinder und Jugendliche schwierig, da einerseits mit der Altersgruppe 7-14 Jahre eine Spanne von acht Jahren vorliegt, während die Altersgruppe von 15-18 Jahren vier Jahre umfasst, aber auch hier deutet sich ein Rückgang der Vereinsmitgliedschaften in den Landessportbünden und den Olympischen Sportarten an (DOSB 2010 S.4+6) Im Berliner Fußball zeigt sich im Jahr 2010 diese Tendenz für Mädchen nicht, bei denen die Anzahl der Teams in den Altersgruppen der 12- 14-jährigen und im Anschluss der 14-16-jährigen mit 27 zu 28 sogar noch steigt. Möglicherweise handelt es sich hier um einen Effekt der in 2011 durchgeführten FIFA-Frauenweltmeisterschaft, vor deren Hintergrund der DFB und mit ihm seine Landesverbände massiv um Mädchen und Frauen für den Fußballsport geworben haben. In den Jahren zuvor seit 2006/07 stellt der BFV einen Rückgang um jeweils 10-15% fest. Demgegenüber ist der Rückgang der Großfeldteams in den Altersklassen der 12-14-jährigen Jungen zu den 16-18-jährigen mit fast der Halbierung von 210 Teams über 164 in der Altersklasse der 14-16-jährigen Jungen auf 107 Teams fast schon dramatisch zu nennen. Die Jugendlichen, die in den Sportvereinen aktiv bleiben, profitieren für die anstehenden Entwicklungsaufgaben in ihrer geschlechtlichen Sozialisation in erheblichem Maße. So kommt Burrmann zu dem Schluss, dass eine regelmäßige Sportbeteiligung einen positiven Effekt auf die Entwicklung des Selbstkonzepts hat. Dies gelte zum einen bezogen auf das Körperkonzept, das insbesondere bei Mädchen aufgrund der gesellschaftlichen Erwartungen an Körperlichkeit durch Sportaktivitäten verbessert werde, sondern auch für das soziale Selbstkonzept. Sie meint: 'Für die Entwicklung eines positiven sozialen Selbstkonzepts zu den gleich- und gegengeschlechtlichen Peers ist weniger die Häufigkeit des Sporttreibens als vielmehr der organisatorische und soziale Rahmen entscheidend, in dem diese Sportaktivitäten stattfinden.' (Burrmann in BISp S.6f) Der Sport im Verein fördert hier also die Aufnahme positiv erlebter Kontakte mit Gleichaltrigen beiderlei Geschlechts. Schon in einer 2003 durchgeführten Studie bemerkten Burrmann/Baur: 'Dreizehnjährige Sportvereinsmitglieder schätzen sich vier Jahre später hinsichtlich ihrer Beziehungen zu Gleichaltrigen positiver ein als `Nie-Mitglieder`' (Burrmann/ Baur 2003 S.4). Ein weiterer Entwicklungseffekt der Mitgliedschaft in Sportvereinen liegt für einen Teil der Jugendlichen in der Übernahme von Verantwortung und Mitgestaltung im Verein. Bezogen auf das ehrenamtliche Engagement junger Menschen stellt die dsj fest:'Rund 1/3 aller im Sport Engagierten sind unter 25 Jahre alt. Mädchen beginnen früher als Jungen mit 12 bis 13 Jahren als Helferinnen in den Übungs- und Trainingsbetrieb einzusteigen.' (dsj 2005 S.32) Häufig werden von erwachsenen Trainerinnen/Trainern als vertrauenswürdig eingestufte Jugendliche angesprochen und in die sportliche Arbeit mit Jüngeren einbezogen. Daraus kann eine weitere Mitarbeit in den Vereinsstrukturen erfolgen. Beispielhaft für den Fußball sei hier der dem Autor seit mehreren Jahren als Co-Trainer und jetzt hauptverantwortlicher Trainer bekannte Trainer A erwähnt, der zum Zeitpunkt des Interviews 21 Jahre alt war. (Trainer A 2011 S.1) Diese Sozialisation in das Traineramt ist im Fußballsport üblich, so dass junge Menschen oft noch im Laufe der Adoleszenz erste Aufgaben verantwortungsvoll übernehmen und so ihre Selbstwirksamkeit üben können. Neben diesen durch den 'natürlichen Rahmen' der Sozialisationsinstanz Sportverein vorgegebenen Entwicklungsprozessen kann der Sport durch geschlechtsbewusste Jugendarbeit weitere Hilfestellungen leisten. Durch die Schaffung entsprechender Angebote können stereotype Geschlechtsrollen hinterfragt und durchbrochen werden. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt hierbei ist der Umgang mit unterschiedlichen Kulturen, wobei nicht nur unterschiedliche ethnische, sondern sehr wohl auch deutsche Subkulturen gemeint sind. Dies befähigt die Jugendlichen zur Reflektion und zur Entwicklung individueller Lebensentwürfe. Mädchen können sich mit ihren eigenen Stärken und aggressiven Anteilen auseinandersetzen, während Jungen befähigt werden, ihre weichen Anteile anzunehmen und Schwächen zuzulassen. Ebenso kann der Sport Homophobie hinterfragen und Toleranz gegenüber homosexuellen Neigungen fördern. Insbesondere der Fußball bezieht seit Jahren konsequent durch seine Kampagne gegen Homophobie Stellung. Allerdings führte dies bisher nicht dazu, dass sich ein bekannter männlicher Fußballer in dieser als männlich apostrophierten Sportart mit seiner homosexuellen Orientierung outet, während mehrere weibliche Fußballspielerinnen, unter anderem auch Nationalspielerinnen, sich durchaus auch öffentlich zu ihren gleichgeschlechtlichen Partnerinnen bekennen.
Fred Krüger wurde 1961 in Berlin geboren. Er trieb als Kind und auch als Erwachsener Sport im Verein. Nach seiner Ausbildung zum Diplom-Sozialpädagogen (FH), wurde er im Rahmen seiner Tätigkeiten in der psychiatrischen Versorgung und in einem Kinderheim, mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen konfrontiert. Aufgrund dieser Erfahrungen arbeitete er von 1996 bis 2009 als Therapeut und Supervisor (Ausbildung nach Standards der DGSv), in der auf sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen spezialisierten Berliner Beratungsstelle Kind im Zentrum – EJF gAG . Hier veröffentlichte er als Mitherausgeber, unter seinem Ehenamen Meyerhoff, das Buch Sichere Orte für Kinder (S.Kroll F.Meyerhoff M.Sell 2003 Eigenverlag BDJA), welches sich thematisch mit dem Schutz offener Einrichtungen vor pädophilen Übergriffen beschäftigt. Im Jahr 2012 schloss er sein Studium der Bildungswissenschaften- Organisation und Beratung an der TU- Berlin ab. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit bietet er Fortbildungen zu verschiedenen Themen aus dem Bereich des sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen an. Die Idee zu dieser Studie über sexuellen Missbrauch im Sport, speiste sich einerseits aus den Erfahrungen des Autors in der Arbeit der Beratungsstelle und andererseits aus der Sportbegeisterung seiner Kinder, Simon und Raphael, denen ein besonderer Dank gilt.
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