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Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Buch befasst sich mit dem Schriftspracherwerb von GrundschülerInnen. Es geht darum, wie die Kinder zur Schrift gelangen, welche Schwierigkeiten dabei auftreten können und wie man die Kinder trotzdem auffangen und auf ihrem Weg zum erfolgreichen Schreiben und Lesen begleiten kann. Zunächst wird dabei ein Blick auf verschiedene Entwicklungsmodelle zum Schriftspracherwerb geworfen und Ursachen aufgezeigt, die zu Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb führen können. Anschließend werden Diagnoseverfahren vorgestellt, die es möglich machen, individuelle Probleme von Schülern zu erkennen. Abschließend wird der Frage nachgegangen, welche schulischen Fördermaßnahmen ergriffen werden können, um betroffene Schüler beim Schriftspracherwerb zu unterstützen.
Textprobe: Kapitel 3.3.1, Handschrift: Schon im Alter von ein bis zwei Jahren lassen sich bei den Kindern erste ‘Kritzelversuche’ feststellen. Zwar haben diese Versuche noch nichts mit graphischen Grundmustern der Schrift zu tun, jedoch lernen die Kinder bereits bei diesem Prozess, dass sich Muster durch gerade und gebogene, offene und geschlossene und durchgehende und unterbrochene Spuren und Linien unterscheiden lassen. Durch dieses Experimentieren gelangen sie bereits im Alter von drei bis vier Jahren zu der Einsicht, dass sich solche Formen von Bilddarstellungen unterscheiden und erhalten somit erste Einblicke in die Charakteristika der Schriftsprache. Dabei erhalten sie die motorischen Grundfähigkeiten aber nur durch das alleinige Ausprobieren. Eine bloße Nachahmung von vorgegebenen Mustern würde dem Prozess entgegenwirken, selbst wenn durch das Nachmalen von Buchstaben deren Standardformen geübt werden können. Hans Brügelmann (1984/86, S. 30) spricht sich für eine Experimentierphase aus und schreibt dazu: ‘Das schöpferische Experimentieren fördert die gedankliche Auseinandersetzung mit den wesentlichen Formmerkmalen, mit den zulässigen Abweichungen und mit den nicht akzeptablen Kombinationen.[...] Wie beim Nachsprechen kann das Kind auch beim Abmalen von Zeichen nicht einfach ‚kopieren‘. Es muss die Wahrnehmung mit Hilfe der verfügbaren Handlungsmuster rekonstruieren.’ Dieser Vorgang wird für Erwachsene nachvollziehbar, wenn sie selbst einmal versuchen, z.B. chinesische Schriftzeichen ‘abzumalen’. Allmählich lernen die Kinder, wie sich Buchstaben graphisch darstellen und immer neu kombinieren lassen können. Schwierig in der Anfangsphase des Schreibens von einzelnen Wörtern ist für die Kinder die Raumlage eines Buchstaben sowie die Schreibrichtung. Haben sie bei Bildern gelernt, dass sie sich unterschiedlich und in verschiedenen Raumlagen darstellen lassen, so müssen sie nun lernen, dass eine Veränderung der Raumlage zu Verwechslungen von Buchstaben (z.B. b und d, b und p, u und n) führen kann. D.h. sie rekonstruieren in diesem Moment zwar die Form der Buchstaben richtig, müssen aber genauestens auf die Raumlage achten. Diese Entwicklungsstufe kann eine Weile dauern und den Kindern sollte in jedem Fall Zeit für das Experimentieren mit dem neu Gelernten gegeben werden. Haben die Kinder die Formen der einzelnen Buchstaben verinnerlicht, müssen sie nun lernen, die Buchstaben schriftlich miteinander zu verbinden. Im herkömmlichen Schreibunterricht in den ersten Schuljahren wurde – und wird vielleicht auch noch - so verfahren, dass dabei die Druckschrift streng von der Schreibschrift getrennt wurde und außerdem vorgegeben war, wie die Kinder Hand und Schreibgerät bewegen müssen, um die Buchstaben miteinander zu verbinden. Hans Brügelmann spricht sich stattdessen dafür aus, dass die Kinder ihren eigenen Schreibrhythmus finden müssen und die Lehrer helfen sollten, daraus eine lesbare, aber individuelle Handschrift zu entwickeln. ‘Nur wer die Schrift der Kinder nachfährt, sich auf ihren Rhythmus einzulassen versucht, wird ihnen helfen können, den individuellen Rhythmus auszuformen’(Hans Brügelmann 1984/86: s.o., S. 35). 3.3.2, Rechtschreibung: Die Kinder müssen beim Schreiben Einsicht in zwei Prinzipien bekommen. Dazu zählt zum einen, dass Buchstaben, welche ‘vereinbarte Zeichen für bestimmte Sprachlaute’ (Brügelmann 1984/86, S. 35) sind, zwar ähnlich aussehen, sich aber in der Aussprache erheblich voneinander unterscheiden können. Zum anderen müssen sie erkennen, dass Worte aus einer vorgegebenen Laut- und Buchstabenfolge bestehen, diese sich aber nicht immer so einfach aus dem Klang des Wortes ableiten lassen. Durch das eigene Probieren und Experimentieren mit Buchstaben lernen die Kinder allmählich, in welcher Weise diese sich voneinander unterscheiden. Oft können sie diesen Zeichen aber noch keine Bedeutung zumessen und vergleichen sie eher mit Alltagsgegenständen. Eine andere Bedeutung bekommen die Buchstaben, sobald die Kinder merken, dass sie etwas bestimmtes bedeuten können. Die Kinder beginnen mit den Buchstaben, die anfangs noch meistens einzeln verwendet oder aber willkürlich aneinandergereiht werden, etwas auszudrücken. Allerdings wissen auf dieser Stufe nur die Kinder selbst, was sie geschrieben haben. Kommunizieren können sie mit ihrer Schrift noch nicht. Trotzdem steckt eine gewisse Logik hinter diesen ersten Schreibversuchen. So versuchen die Kinder wichtige Wörter und Namen durch längere Buchstabenfolgen wiederzugeben oder den Plural durch wiederholtes Aneinanderreihen einer bestimmten Buchstabenfolge zu kennzeichnen, wie z.B. ‘OIA’ für Katze und ‘OIAOIAOIA’ für Katzen (vgl. Brügelmann 1984/86, S. 37). Ein weiterer Schritt in der Entwicklung der Schriftsprache ist erreicht, wenn die Kinder erkennen, dass die Buchstaben Laute repräsentieren. Hier ist anfangs häufig zu beobachten, dass sich die Kinder an besonders prägnanten Lauten im Wort orientieren oder aber besonders auf diejenigen Buchstaben achten, die sie bereits kennen. Schwierig ist es für sie, die Grenzen von Wörtern in einem Satz zu erkennen. Dass diese Grenzen in der Schriftsprache durch Leerstellen gekennzeichnet werden, leuchtet am Anfang nicht unbedingt ein. Vielmehr versuchen die Kinder, eigene Zeichen für diese Leerstellen zu finden und markieren das Ende eines Wortes mit eigenen Zeichen wie Punkten oder Strichen. Ebenso kommt es vor, dass solche Wortgrenzen gar nicht beachtet werden. In der weiteren Entwicklung versuchen die Kinder mehr und mehr, die Wörter durch eine phonetische Schreibweise wiederzugeben. Sie orientieren sich dabei an ihrer eigenen Artikulation. Allmählich erkennen sie dabei Regelungen in der Rechtschreibung, die sie dann auch auf andere Wörter beziehen. Zum Beispiel repräsentiert das ‚s‘ in ‚Spiel‘ den Laut /sch/ und diese Erkenntnis führt dazu, dass auch das Wort ‚Schule‘ folglich ‚sule‘ geschrieben wird. Die Kinder versuchen, neue Erkenntnisse in den Prozess des Schriftspracherwerbs einfließen zu lassen. Das häufigere Lesen führt schließlich dazu, dass die Kinder immer mehr Einblick in die Regeln und Normen der Rechtschreibung bekommen. Von der phonetischen Schreibweise gelangen sie mit der Zeit und durch viel Übung zur orthographischen Schreibweise und zur Normschrift. Das Schreiben von Wörtern wird automatisiert. Besonderheiten von Wörtern sollten den Kindern im Schreiblernprozess immer wieder vor Augen geführt werden. Mit einer Lernbeobachtung von Mechthild Dehn können die Stufen bis zur Normschrift zusammengefasst werden. Das Wort ‘wunderbar’ dient als Grundlage und wurde von Schulanfängern wie folgt geschrieben (vgl Brügelmann 1984/86, S.43): (1) uf, fadeilt, osfa (lautlich willkürlich), (2) WDB, WDR, wnra, wodba (lautorientierte Kurzschrift), (3) WonDERPA, wounderba, WUNDErBa (phonetische Umschrift).
Swenja Gehle-Davids wurde 1982 geboren. Von 2002 bis 2007 studierte sie an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg die Fächer Musik, Mathe und Evangelische Religion. Ihr Studium für das Lehramt an Grund- Haupt- und Realschulen mit dem Schwerpunkt Grundschule schloss sie im Sommer 2007 erfolgreich ab. 2009 beendete sie ebenfalls erfolgreich ihren Vorbereitungsdienst. Seither ist sie als Lehrerin an einer Grundschule tätig.
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