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- Scheidung ohne Tränen? Auswirkungen elterlicher Trennung auf das Sozialverhalten der Kinder
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 86
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Jedes Jahr werden in Deutschland hunderttausende Ehen geschieden. Diese Zahl ist vor allem dann erschreckend, wenn man bedenkt, dass fast in jedem zweiten Fall auch Kinder betroffen sind. Lange Zeit stand in erster Linie die Trennung aus der Sicht des Ehepaares im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Auch bei den rechtlichen Regelungen im juristischen Scheidungsverfahren stehen die Belange des Paares meist im Vordergrund. Dabei ist es unbestritten, dass die Kinder unter den lang andauernden und heftigen Konflikten der Eltern vor, während und nach der Scheidung extrem leiden. Für viele Eltern scheint eine Scheidung meist der einzige Ausweg aus einer unerträglichen Situation zu sein, während für die betroffenen Kinder mit der Trennung das Leiden oft erst anfängt. Den Auszug eines Elternteils empfinden Sie oft wie einen endgültigen Verlust, und die neue Situation mitunter als Untergang einer Welt, an die sie fest geglaubt und auf die sie stets vertraut haben. Untersuchungen haben sogar ergeben, dass der Tod eines Elternteils weniger negative Auswirkungen auf die Kinder haben kann als eine Trennung der Eltern. Die ungelösten Probleme einer Scheidung bewirken oft die schier unendliche Fortsetzung von Konflikten, während der Tod ein endgültiger Abschied ist, mit dem die Kinder nach einiger Zeit abschließen können. Dieses Buch geht der Frage nach, ob eine Trennung der Eltern Auswirkungen auf das Sozialverhalten und die schulischen Leistungen der betroffenen Kinder hat. Anhand von ausgewählten Fallstudien wird gezeigt, dass es von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängt, inwieweit die elterliche Trennung für die Kinder zu einer unüberwindbaren Belastung wird.
Textprobe: Kapitel 6.2, Sozialverhalten: Im Folgenden möchte ich Sozialverhalten definieren als die sichtbaren Verhaltensweisen, die ein Kind gegenüber seinem sozialen Umfeld zeigt. Als soziales Umfeld sollen dabei Eltern und Geschwister sowie Freunde, aber auch die Klassenkameraden und Lehrer in der Schule gelten. Da die Reaktionen im Sozialverhalten je nach Alter und Geschlecht sehr unterschiedlich ausfallen, werde ich diese im Folgenden differenziert darstellen. Altersspezifische Reaktionen von Kindern: Die Reaktionen auf eine Trennung der Eltern sind stark davon abhängig, in welchem Entwicklungsstadium sich das entsprechende Kind befindet. Dieses ist wiederum abhängig vom Alter des Kindes. Deshalb wird in der Literatur meistens eine Unterteilung der Reaktionen nach dem Alter vorgenommen. Die folgenden Altersangaben dienen nur als ungefähre Richtwerte und können je nach Quelle geringfügig variieren. Ich werde hier nur die Reaktionsweisen von Kindern im Alter zwischen 7 und 11 Jahren betrachten, da die Kinder aus meinen Fallstudien dieser Altersgruppe entsprechen. Kinder im Alter von 7 bis 8 Jahren: Das Leitsymptom in dieser Altersklasse ist eine anhaltende Traurigkeit. ‘Im Gegensatz zu den Vorschülern, die oft verleugneten, was mit ihnen geschah, waren sie [die Schulkinder] sich ihres Leidens sehr bewusst und hatten beträchtliche Schwierigkeiten, sich Erleichterung zu verschaffen.’ Interessanterweise geben sich Kinder in diesem Alter meist nicht mehr selbst die Schuld für die Trennung der Eltern, dennoch erlebe die Mehrheit der Kinder nach den Aussagen von Fthenakis/ Niesel/ Kunze die Auflösung der Familie als ‘Bedrohung ihrer gesamten Existenz’, da sie befürchten, nach dem Vater auch noch die Mutter zu verlieren. Hintergrund für diesen Gedanken ist die Tatsache, dass, so Fthenakis/ Niesel/ Kunze weiter, viele Kinder in diesem Alter noch nicht in der Lage seien, zu erfassen, dass die Trennung von beiden Elternteilen ausging. Die betroffenen Kinder seien demzufolge der Meinung, ihr Vater sei verärgert und habe deshalb die Familie verlassen. Nun befürchten sie, die Mutter könne ebenfalls gehen, wenn diese sich über das Verhalten des Kindes ärgere. Bezüglich des Sozialverhaltens konnte man feststellen, dass die Kinder in dieser Altersgruppe zum keine oder kaum Aggressionen zeigen. Ist dieses Verhalten doch bei fast jeder jüngeren Altersgruppe zu beobachten, so zeigen die Sieben- bis Achtjährigen ein eher unauffälliges im Sinne von wenig aggressives Sozialverhalten. Ihre tiefe Traurigkeit äußert sich vielmehr in einer starken Angepasstheit an ihr soziales Umfeld. Da die Kinder meist Angst haben, dass sie auch von anderen Bezugspersonen verlassen werden könnten, wird aggressiven Gefühlen keinen Raum gelassen. Nicht zuletzt wegen dem stark angepassten Verhalten wird von den Eltern fälschlicherweise häufig angenommen, dass ihre Kinder die Trennung gut überstanden haben. Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren: Typisch für diese Altersstufe ist das starke geistige und körperliche Bemühen der Kinder, ihr Leben nach der Trennung wieder zu ordnen und mit ihren Gefühlen der Verlassenheit, Ablehnung und Hilflosigkeit fertig zu werden. Das Sozialverhalten der Kinder ist geprägt von ihrem bewussten und starken Zorn auf den Elternteil, der als Initiator der Scheidung angesehen wird. Dieser Zorn äußert sich meist objektbezogen und sehr direkt in starken Aggressionen. Aufgrund der Aggressionen kommt es oft zu Auseinandersetzungen mit den Eltern, bei denen die Kinder versuchen, ihrer Wut über die Trennung Raum zu machen. Zusätzlich kann eine so genannte Pseudoreife im Sozialverhalte beobachtet werden, die infolge von übermäßiger Verantwortungsübernahme für elterliche Probleme und die Organisation des Haushalts entsteht.
Josefine Humberg ist Diplom-Kaufrau und angehende Grundschullehrerin. Sie studierte von 1998 bis 2002 Betriebswirtschaftslehre und von 2003 bis 2007 Erziehungswissenschaften an der Universität Siegen. Sie ist verheiratet, Mutter eines einjährigen Sohnes und derzeit als freie Referentin tätig.
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