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  • Russische Aussiedlerfamilien in der Erziehungsberatung. Eine Studie zum besseren Verständnis von Migrantenfamilien in der Jugendhilfe

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die vorliegende Studie befasst sich mit russlanddeutschen Familien in der Institution Erziehungsberatung. Die Erziehungsberatung als pädagogisches Handlungsfeld der Erziehungswissenschaft gehört zu den ältesten Formen der institutionellen Beratung. Nach der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik haben sich die beendeten Fälle mit dem Schwerpunkt Erziehungs- und Familienberatung seit den 90er Jahren bis heute mehr als verdoppelt. Umso verwunderlicher ist es, dass Familien mit Zuwanderungsgeschichte immer noch selten Zugang zu Erziehungsberatungsstellen finden. Ziel dieses Buches ist es, Erziehungsberatung für Russlanddeutsche effektiver gestalten zu können. Fachkräfte sollen einen kleinen Einblick in die subjektive Wahrnehmung russlanddeutscher Klienten in Bezug auf den Beratungsprozess erhalten. Gleichzeitig werden subjektive Theorien, die Fachkräfte im Beratungsprozess mit russlanddeutschen Familien aufweisen, untersucht. Diese Untersuchung soll dazu beitragen, dass russlanddeutsche Familien öfter und leichter den Weg in eine Erziehungsberatungsstelle finden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1.3, Der Beratungsprozess: Der Ablauf eines Beratungsprozesses lässt sich in sechs Schritte einteilen. In den ersten Gesprächen werden die subjektiven Erwartungen und Einstellungen des Klienten hinsichtlich des Problems besprochen. Sie dienen der allgemeinen Orientierung. Ist das Problem klar definiert, setzt der Klient mithilfe des Beraters Ziele. Außerdem werden bisherige Strategien zur Lösung des Problems besprochen. Im dritten Schritt werden viele Handlungsalternativen gesammelt, um dem Klienten seine persönliche Problemlösekompetenz zu verdeutlichen. Nun wägt der Klient die Lösungsvorschläge ab und entscheidet sich für einen Weg. Dieser wird mit dem Berater genau besprochen. Der Klient ist nun in der Lage durch Hilfe zur Selbsthilfe sein Problem selbstständig zu lösen. Er wird jedoch während des Beratungsprozesses durch den Berater unterstützt. Zum Abschluss der Beratung wird schließlich das Ergebnis bewertet. Die Darstellung des Beratungsprozesses in sechs Schritten ist jedoch zu kurz gefasst. Im Folgenden wird der Beratungsprozess nach Akgün (2005) ausführlicher geschildert, da die empirische Untersuchung dieses Buches den Beratungsprozess mit russlanddeutschen Familien untersucht. Zu Beginn der Beratung sollten folgende Fragen als Erstes geklärt werden: Kommt der Ratsuchende freiwillig oder wurde er geschickt? Wer hat die Beratungsstelle genannt/ empfohlen? Wie verlief die telefonische Anmeldung? Wie sind die Rahmenbedingungen der Einrichtung? Weshalb kommt der Ratsuchende eigentlich? Das allgemeine Ziel der ersten Gespräche ist aber nicht die Behebung der vorhandenen Probleme, sondern der Aufbau einer guten Berater-Klient-Beziehung. Dies ist notwendig, da sich Beratungsgespräche deutlich von Alltagsgesprächen unterscheiden. Man spricht über Dinge, die man sonst nicht anspricht. Dies kann zu Ängsten führen. Es bedarf eines Schutzraumes, der aller Beteiligten Sicherheit verspricht. Es muss darüber gesprochen werden, ob und wie eine Zusammenarbeit, mit welchen Zielen und Wegen möglich ist. Die beiden Hauptaufgaben im Erstgespräch sind die Anamnese und die Probeberatung. In der ersten halben Stunde des Erstgesprächs findet die Anamnese statt. In der Anamnese erfragt der Berater den Grund des Anliegens. Der Ratsuchende versucht sein Problem dem Berater zu schildern, wobei die Vorgeschichte des Problems mit einbezogen wird. Des Weiteren werden hier biografische und soziale Daten erhoben. Die zweite halbe Stunde des Erstgesprächs wird zur Vertiefung und genaueren Erörterung der Problematik genutzt. Der Berater hat hier der Möglichkeit eine vorläufige Diagnose zu stellen und herauszufinden, ob der Ratsuchende flexibel ist und ein Problembewusstsein hat. So kann er sich Vorstellungen darüber machen, wie eine weitere Zusammenarbeit aussehen könnte. Der wichtigste Aspekt bei der Probeberatung ist aber der Aufbau einer Beratungsbeziehung, welche das Fundament für eine weitere Arbeit darstellt. Die Funktion des Erstgesprächs liegt darin, dass der Berater und der Ratsuchende sich und eine mögliche Arbeitsbeziehung kennen lernen und der Berater einen guten Eindruck hinterlässt, falls der Ratsuchende nicht wiederkommt. In den weiteren Beratungen nach dem Erstgespräch muss vor allem die Beratungsbeziehung gestärkt werden, damit die Probleme des Ratsuchenden gelöst werden können. Der Berater und der Ratsuchende suchen gemeinsam nach dem besten Lösungsweg für dessen Problem. Gemeinsam werden mögliche Handlungsentwürfe gesichtet. Die Realisierung der Lösungswege ist jedoch die Aufgabe des Ratsuchenden. Der Berater leistet seinerseits nur Hilfe zur Selbsthilfe. Die Berater lösen im Beratungsverlauf die Probleme mit den Ratsuchenden in bewältigbaren Zwischenschritten. Die Art der Problembewältigung hängt von dem jeweiligen Problem ab. Der Berater muss den Ratsuchenden früh auf den Beratungsabschluss vorbereiten. Er muss immer wieder verdeutlichen, wo man jetzt steht und wie viel Zeit noch bleibt. Dies ist wichtig, da viele Rat suchende gern unbegrenzt Beratung möchten. Das Verhalten ist auf unrealistische Erwartungen zurückzuführen. Die Aufgabe des Beraters ist es also den Beratungsprozess zu strukturieren und darauf zu achten, dass der Beratungsprozess zielgerichtet verläuft. Er sollte eine gute Berater- Klient-Beziehung aufbauen, angemessene Beratungsmethoden wählen, den Klienten motivieren und dessen Probleme strukturieren können. Die Qualität der Beratungsbeziehung zwischen Klient und Berater stellt den wichtigsten Hilfefaktor für eine erfolgreiche Beratung dar. Der Berater sollte Empathie, Kongruenz und Akzeptanz dem Klienten gegenüber zeigen. Die sogenannten Therapeutenvariablen nach Rogers bilden die Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung. Der Berater übernimmt die Verantwortung für den Beratungsprozess. Die Verantwortung für die Lösung der Probleme liegt aber in den Händen des Klienten selbst. Seine Autonomie und Selbststeuerungsfähigkeit soll schließlich gestärkt werden. 3.2. Die institutionelle Erziehungsberatung: Im Alltag versteht man unter dem Begriff Beratung eine Unterstützung bei der Lösung persönlicher Probleme. Diese funktionale Beratung findet täglich auch im Bereich der Erziehung statt. Funktionale Erziehungsberatung gibt es schon immer. Erwachsene versuchen durch Gespräche, Einfluss auf die Kinder und Jugendlichen zu nehmen. Eltern geben sich gegenseitig Tipps. Die institutionelle Erziehungsberatung kann eine derart lange Tradition nicht aufweisen. 3.2.1. Begriffsbestimmung: Die einfache Form der Beratung wurde schließlich durch eine institutionelle (professionelle) Erziehungsberatung ergänzt, als es zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu tief greifenden gesellschaftlichen Änderungen kam. Die Menschen zogen vom Land invdie Städte, wo es zu einer Verarmung der Bevölkerung kam. Die Kinderarbeit wurde abgeschafft. Gleichzeitig kam es vor allem in der Kinder- und Jugendpsychologie zu einer Vermehrung von Wissen. Die Selbstmordrate unter den Jugendlichen war sehr hoch, daher musste der Staat reagieren. Die Erziehungsberatung wurde im Jahr 1922 durch das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz in Deutschland eingeführt. Dieses besagt, dass jedes deutsche Kind ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit hat. Jugendämter wurden eingerichtet. Die Erziehungsberatungsstellen unter der Leitung von Kinderärzten oder Psychiatern waren den Jugendämtern unterstellt. Bis zum Jahr1931 hatte man zusätzlich über hundert freie und kirchliche Erziehungsberatungsstellen errichtet. Die Beratung damals sollte die allgemeingültigen sozialen Norm- und Wertvorstellungen durch Informationen vermitteln und festigen. Während des 2. Weltkrieges (1939 – 1945) übernahmen die Erziehungsberatungsstellen entweder die Ideologie des NS-Regimes oder sie wurden geschlossen. Dieser Zustand änderte sich erst maßgeblich 1953 durch die Novellierung des Jugendwohlfahrtgesetzes. Jugendämter waren nun dazu verpflichtet, Beratungsstellen einzurichten und diese zu fördern. 1962 kam es zu einem Zusammenschluss mehrerer Landesverbände zur Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. Der Fachverband für Erziehungs-, Familien- und Jugendberatung dient den Fachkräften zur Fort- und Weiterbildung, Fachtagungen oder zum Erfahrungsaustausch. Weiterhin vertritt der Verband die Interessen der Fachkräfte und leistet Öffentlichkeitsarbeit. Weitere kleine Fachverbände leisten ähnliche Arbeit, wie die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft für Beratung e.V. oder die Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensfragen e.V. In den 80er Jahren wurde eine stärkere Orientierung der Beratung an Lebenszusammenhängen gefordert. Beratung wurde nicht mehr aufgefasst als Vermittlung von gesellschaftlichen Werten, sondern als Hilfe zur Selbsthilfe. Der Klient mit seinen Bedürfnissen stand nun im Mittelpunkt des Beratungsprozesses. Im Jahr 1990 wurde schließlich das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) eingeführt. Es löste somit das Jugendwohlfahrtsgesetz ab. Die Erziehungsberatung wurde gesetzlich festgeschrieben als eine Hilfe zur Konfliktlösung. Dieses Gesetz stellt die gesetzliche Grundlage für die Erziehungsberatung dar. Im Jahr 2004 schlossen sich schließlich 27 Fach- und Berufsverbände zur Deutschen Gesellschaft für Beratung zusammen (DGfB). Alle Mitglieder der Verbände haben Beratungsaufträge. Der DGfB bildet den Dachverband.

Über den Autor

Nicole Dürr, Diplom-Pädagogin, wurde 1984 in Pforzheim geboren. Ihr Studium der Erziehungswissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg schloss die Autorin mit dem akademischen Grad des Diploms erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen in der Jugendhilfe. Ihre Tätigkeit im Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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