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  • Psychotrauma durch sexualisierte Gewalterfahrungen in der frühen Kindheit: Psychosoziale Folgen - Bindungsqualität - Ego-State-Therapie

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Sexualisierte Gewalterfahrungen bedeuten immer einen massiven Eingriff in die Persönlichkeit eines Menschen und stellen ein hochgradig traumatisches Erlebnis dar, welches die seelische Integrität immens bedroht und durch individuelle Langzeitfolgen bis ins Erwachsenenalter nachhallt. Dieses Buch beschäftigt sich mit der Frage, was mit einem Kind auf psychosozialer Ebene geschieht, wenn es innerfamiliäre sexuelle Gewalt erleben musste. Was löst das traumatische Erlebnis in ihm aus? Wie weitreichend sind die Folgen einer so frühen und so tiefgreifenden seelischen Verletzung in Hinblick auf das Erwachsenenleben? Primär werden psychische, psychosomatische, emotionale und autoaggressive Folgen dargestellt sowie die Auswirkungen eines frühen sexuellen Missbrauchs auf die Identität. Der Autor ergründet die Ursachen und Funktionen dieser Langzeitfolgen und erörtert sie allesamt als Anpassungsleistung, Überlebensstrategie und Überlebenswillen betroffener Menschen. Fortfahrend wird der Fokus auf die Bindungsqualität in späteren partnerschaftlichen Beziehungen gerichtet. Abschließend wird mit der Ego-State-Therapie eine Therapieform aus der tiefenpsychologisch-psychodynamischen Kurzzeitpsychotherapie vorgestellt. Sie kann Betroffene dabei unterstützen, mit den Folgeerscheinungen besser umzugehen und vorhandene Ressourcen zu aktivieren, die den Blick erneut auf die positiven Aspekte des Lebens richten und das innere System, in Hinblick auf eine ganzheitliche Persönlichkeit, die meist als Folge von Verdrängung, Abspaltung und Dissoziation verloren ging, verstärkt in Einklang bringen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Die Bedeutung der elterlichen Bindung für das Kind: Der Mensch ist ein soziales Wesen und von Geburt an auf Mitmenschen und soziale Beziehungen angewiesen. Er kann nur durch soziale Interaktion zu einem Menschen im humanen Sinne werden. Ohne emotionale Zuwendung durch eine Bezugsperson verkümmert er, wie es Forschungen und Erkenntnisse über Hospitalismus und Deprivation, bis hin zum Tod, belegen. Die Bedeutung einer stabilen, dauerhaften, verlässlichen und emotionalen Bindung an und durch eine oder mehrere Bezugspersonen, besonders in den ersten Lebensjahren, wird als sehr hoch eingestuft und stellt im Zusammenhang mit den Erkenntnissen der Bindungstheorie von John Bolwby und Mary Ainsworth ein grundlegendes, biologisch tief im Menschen verankertes, Bedürfnis dar. Da der Mensch von Natur aus noch nicht auf eine bestimmte Lebensform festgelegt ist, benötigt die Ausprägung der menschlichen Lebensweise eine langjährige Anregung und Lernhilfe, mit der Konsequenz, dass Versäumnisse in der Kindheit nur sehr schwer kompensiert werden können. Mit den ersten Lebensjahren eines Menschen wird über das Ausmaß seiner späteren Lernfähigkeit und Erziehbarkeit weitgehend vorentschieden. Martin Buber fasst all dies in einem Satz bemerkenswert zusammen: ‘Der Mensch wird am ‘Du‘ zum ‘Ich‘‘. Als Bindungsverhalten wird jene angeborene Tendenz eines Kleinkindes bezeichnet, die Nähe seiner Bezugsperson zu suchen und zu bewahren, besonders in Situationen der Unsicherheit und Angst. In solchen Situationen wird beim Kind ein Verhalten einsetzen (Weinen, Anklammern, Hinterherlaufen), welches die Nähe zur Bezugsperson erhält. Die Funktion des Bindungsverhaltens besteht darin, dass es Schutz vor Gefahren gewährleistet, die das Kind noch nicht kennt. Evolutionsbedingt dient es dazu, dass das Kind in Gesellschaft seiner Mutter, Tätigkeiten und Dinge erlernt, die es für sein Überleben und seine Rolle in der Gemeinschaft benötigt. Auch die Bezugspersonen besitzen evolutionsbedingt ein komplementäres System, welches auf die Signale des Kindes reagiert, ihm Schutz bietet, Sicherheit bietet und als Fürsorgesystem bezeichnet wird. Das Bindungsverhalten des Kindes und das Fürsorgesystem der Eltern bilden zusammenfassend das Bindungssystem. Kindesmissbrauch, ausgeübt durch ein Elternteil, bricht dieses Fürsorgesystem. Die ersten Bindungen sind geprägt von Mutter und Vater und bilden die Hauptressource eines jeden Kindes. Die Familie gilt als primäre Erziehungsinstanz und ihr unterliegt die Verantwortung, ein familiäres Klima zu schaffen, in welchem das Kind einen liebevollen, geschützten und entwicklungsfördernden Rahmen erfährt. Bowlby betont, dass beide Elternteile dafür zuständig sind, dem Kind eine sichere Basis zu bieten. Studien belegen, dass eine sichere, stabile, ausgewogene und verbalisierungsfähige Bindungsdisposition im Erwachsenenalter erheblich von väterlichen Beiträgen geleistet wird. Bindungserfahrungen sind bei der Entwicklung von Fremd- und Selbstregulation, bei der Affekt- und Impulskontrolle und bei der Steuerung von Aufmerksamkeit und Verhalten maßgeblich beteiligt und beeinflussen das spätere, daraus resultierende Bindungsmuster. Die emotionale Zuwendung durch die Eltern erzeugt beim Kind eine Atmosphäre der Geborgenheit. Diese löst jenes Vertrauen zu sich selbst, zu den Mitmenschen und der Umwelt aus, die das Kind überhaupt erst dazu befähigt, aus einer eigenen inneren, emotionalen Sicherheit heraus, den Mut aufzubringen, sich mit unbekannten Personen und Dingen einzulassen. Diese emotionale Fundierung, aufgrund ausreichender emotionaler Zuwendung, vermittelt den sozialen Optimismus, der für die geistige, emotionale und soziale Entwicklung eines Kindes sehr wichtig ist. Die Art und Weise der frühkindlichen emotional-affektiven Erlebnisse entscheidet darüber, ob es zur Ausprägung des Urvertrauens bei einem Menschen kommt. Ein starkes Urvertrauen ist die Grundlage, dass ein Mensch vertrauen kann. Es stärkt die Selbstwirksamkeit, fördert die Entwicklung des Selbstwertgefühls und der Liebesfähigkeit. Urvertrauen befähigt den Menschen in Freundschaften und Liebesbeziehungen zu vertrauen und Nähe zulassen zu können. Kinder, die Liebe und Zuwendung vermissen müssen, beginnen früh, Ersatz zu suchen. Beispielsweise über die Nahrungsaufnahme, indem Süßigkeiten als Seelentröster fungieren und bereits in der frühen Kindheit Essstörungen entstehen, die zum lebenslänglichen Problem werden können. Das entwickelte Vertrauen eines Kindes zu seinen Eltern, ist für seine seelische Stabilität unabdingbar und von zentraler Bedeutung. Die Beziehung zu den Eltern prägt das generelle Sicherheitsgefühl von Kindheit an, bis ins Erwachsenenleben hinein. Wird dieses Sicherheitsgefühl nicht genügend aufgebaut, bestimmt Angst das Leben, welche sich in verschiedensten Formen und mit den unterschiedlichsten Auswirkungen zeigen kann. ‘Die Sehnsucht nach Nähe, Sicherheit, Geborgenheit und dauerhafte Bindung bestimmt die Lebensgestaltung des Menschen’. Der Verlauf der ersten menschlichen Bindungen in der Kindheit an Mutter und Vater stellt durchaus eine tiefgreifende Erfahrung dar, die die Kraft besitzt, im Positiven wie im Negativen nachzuwirken und Bindungen jeglicher Art im Erwachsenenleben entscheidend zu beeinflussen, zusätzlich dann, wenn an dieser frühen Bindung ein Trauma haftet.

Über den Autor

Christoph Bärwald wurde 1987 im thüringischen Eichsfeld geboren. Das Studium der Sozialen Arbeit schloss der Autor 2013 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts ab. Ein halbjähriges Praktikum im Jugendamt motivierte ihn, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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