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  • Psychosoziale Entscheidungsprozesse im interdisziplinären Spannungsfeld. Rechtliches Monitoring als praktizierbare Methode zur Rechtsverwirklichung im ASD?

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2021
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Sozialpädagogische Handlungen und psychosoziale Entscheidungen sind in nahezu allen Berufsfeldern der Sozialen Arbeit durch einen interdisziplinären Charakter gekennzeichnet. Neben sozialpädagogischer Fachlichkeit spielt auch die Frage nach einer angemessenen Rechtsverwirklichung im Kontext von professionell ausgestalteten Entscheidungsfindungsprozessen eine maßgebende Rolle. In diesem Zuge beleuchtet das vorliegende Buch die Frage nach dem methodischen ‚Wie‘ einer Lösung des interdisziplinären Spannungsfeldes und untersucht in diesem Zusammenhang eine mögliche praktische Realisierbarkeit des sogenannten rechtlichen Monitorings als eine Rechtsverwirklichungs-Methode im Berufsfeld der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD). Der Fokus liegt hierbei auf Entscheidungsfindungsprozessen, im Zuge derer das Kindeswohl die zentrale Komponente darstellt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2 Möglichkeiten von Methoden in der sozialpädagogischen Praxis: Nachdem der Methodenbegriff im vorherigen Kapitel eher in seiner allgemeinen Bedeutung dargelegt wurde, wird hier nun ein konkreter Bezug zum sozialpädagogischen Handlungsfeld hergestellt. Damit das Kapitel seinem Ziel, der Darstellung von Möglichkeiten und Grenzen von Methoden, gerecht werden kann, ist die Berücksichtigung der besonderen Handlungssituation der Sozialen Arbeit unerlässlich (Galuske 102013, S. 40). Die Soziale Arbeit ist durch mehrere disziplinspezifische Merkmale gekennzeichnet (u.a. Seithe 2012, S. 48ff.), welche im Folgenden lediglich in ihrer jeweiligen Bedeutung grob umrissen, jedoch nicht näher erläutert werden. Ein Merkmal stellt die Allzuständigkeit dar. Konkreter bedeutet dies, dass alles, was das Leben an Problemen hergibt, zum Gegenstand sozialpädagogischen Handelns werden kann. Darunter zählen etwa Themen vom fehlenden Wohnraum über vorliegende Schulprobleme bis hin zu Sinn- und Zukunftsfragen (Galuske 102013, S. 41). Damit umfasst die potentielle Bandbreite von Problemen, für welche die Soziale Arbeit zuständig sein kann, ein sehr weites Spektrum. Aus den Kriterien der Allzuständigkeit und einer inexistenten Spezialisierung ergibt sich hierdurch für professionell Tätige ein sehr komplexes Handlungsfeld. Schließlich besteht aufgrund dieser Komplexität die Gefahr der Verunsicherung und Überforderung. Überfordert durch unerwartete und unerklärbare Problemlagen und den damit zwangsläufig einhergehenden Grenzüberschreitungen der eigenen professionellen Fähigkeiten. In solchen Situationen der Überforderung könnte das Verfügen über Methoden die Funktion erfüllen, welche einer Reduzierung der Komplexität Abhilfe verschafft. Dadurch würde bei den zuvor verunsicherten professionellen Fachkräften der Sozialen Arbeit wieder Handlungssicherheit aufgebaut werden (ebd., S. 43). Ein weiteres Spezifikum des sozialarbeiterischen Handlungsfeldes stellt dessen fehlende Monopolisierung dar. Da sich die Soziale Arbeit ihrer Allzuständigkeit widmet, ist sie stets in multiprofessionellen Kontexten zu verorten. Damit geht einher, dass die Soziale Arbeit über kein Tätigkeitsbereich verfügt, welches sie als ihr Eigen (ebd.) bezeichnen könnte. Gerade dadurch, dass Sozialarbeiter nicht einmal über Teilbereiche ihres Handlungsfeldes alleinige Autonomie besitzen sowie die dadurch erschwerte Entwicklung rein sozialpädagogischer Methoden, wird die Disziplin hinsichtlich einer potentiellen Professionszugehörigkeit abgewertet (ebd., S. 44). An dieser Stelle könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Professionalisierungsschub der Sozialen Arbeit bewirkt werden, wenn auch zukünftig der Fokus auf den Bereich der Methodenentwicklung, -optimierung und -reflexion gelegt wird, ohne dabei den Blick für die fallbezogene Offenheit zu verlieren. Des Weiteren ist die Schwierigkeit der Durchsetzung von Kompetenzansprüchen als Besonderheit der Sozialen Arbeit zu nennen. Da sich Berufsangehörige der Sozialen Arbeit überwiegend mit Problemen der Alltagsbewältigung ihrer Klienten auseinandersetzen, wozu sich der Sozialpädagoge zusätzlich physisch in die Lebenswelt seines Klienten begibt, ist es für außenstehende Laien nicht nachvollziehbar, dass dafür notwendiges Fachwissen erforderlich sein muss (ebd.). Darin inbegriffen ist ebenfalls die Verfügung über methodische Kompetenzen. Konkret bedeutet letzterer Aspekt, dass Fachkräfte der Sozialen Arbeit die Fähigkeit besitzen müssen, sich schnell in komplexe Situationen und Problemlagen einzudenken und diese gleichzeitig zu reflektieren. Letztlich bleibt an diesem Punkt festzuhalten, dass auch hier die Anwendung und die Erzeugung von Transparenz sozialpädagogischer Methoden zu einer höheren (gesellschaftlichen) Anerkennung der Sozialen Arbeit führen kann. Demnach könnte mit dem Erreichen gesellschaftlicher Anerkennung sowohl das Selbstbewusstsein sozialpädagogischer Fachkräfte als auch die Qualität sozialpädagogischen Handelns deutlich gesteigert werden. Auch die Berufsethik des Deutschen Berufsverbands für Soziale Arbeit e.V. (DBSH) formuliert den passenden Grundsatz, dass die Professionsangehörigen [...] selbstbewusst die Soziale Arbeit gegenüber Angehörigen anderer Professionen [...] (DBSH 2014, S. 34) vertreten sollen, bei gleichzeitiger Wertschätzung und Anerkennung fachlicher Kompetenzen anderer Berufsgruppen. Die Autorin geht auf Grundlage eigener Erfahrungen aus der Praxis davon aus, dass Sozialarbeiter häufig intuitiv oder auf Basis von sich bewährten Erfahrungen ihr sozialpädagogisches Handeln gestalten, ohne sich über die Methodik wirklich bewusst zu sein. Zwecks einer möglichen Qualitätssteigerung als auch der Erlangung von Anerkennung ist es wichtig, dieses Bewusstsein dafür wieder verstärkt bei den Berufsträgern der Sozialen Arbeit zu wecken. Da es sich unter anderem nach Gross (1983, S. 91f.) bei der Sozialen Arbeit um eine personenbezogene soziale Dienstleistung handelt, ist bei der Entwicklung von Methoden für sozialpädagogisches Handeln der Aspekt der Partizipation des Klienten wesentlich. Ein Ziel der Sozialen Arbeit ist es, bei den Klienten ein verändertes Denken zu bewirken, bezogen auf deren Sozialbeziehungen sowie auf ihre Person selbst. Für einen erfolgreichen Veränderungsprozess reicht es allein nicht aus, dass die sozialpädagogische Fachkraft mittels bestimmter Maßnahmen auf ihre Klienten einwirkt. Eine soziale Dienstleistung kann nur im direkten Kontakt vom Hilfeerbringer mit dessen Adressaten erfolgen, das heißt, der Hilfeadressat nimmt die Rolle des Co-Produzenten (Galuske 102013, S. 49) ein. Wesentlich für eine qualitative Leistungserbringung ist demnach die Voraussetzung einer Kooperationswilligkeit und -fähigkeit vonseiten des Klienten (Badura/ Gross 1976, S. 69). Auch wenn die sozialpädagogische Fachkraft bei ihrem Klienten noch so tolle Ziele und Verhaltensänderungen umzusetzen versucht, kann dies nur gelingen, wenn auch der Klient darin einen Sinn erkennt und von sich aus den Willen für eine Änderung zeigt. Demzufolge ist dieser Aspekt der Co-Produktivität zwischen Fachkraft und Klient und damit die Partizipation ein wichtiger und zu berücksichtigender Bestandteil im Rahmen von psychosozialen Entscheidungsprozessen. Da jedoch die Autonomie der Klienten hinsichtlich des Aspekts der Problembewältigung lediglich eingeschränkt oder gar nicht vorhanden ist und diese durch sozialpädagogische Unterstützung wieder aufgebaut werden soll, besteht an dieser Stelle eine unübersehbare Kontroverse: Durch das Eingreifen in die Autonomie des Klienten soll die Wahrung dessen Autonomie erreicht werden (Gildemeister 1992, S. 213). Trotz dessen darf den Klienten ihr Recht auf Partizipation nicht vorenthalten werden, denn dies wirkt sich zudem auf die Qualität und den Erfolg der zu erbringenden Leistung aus. Durch den Einbezug des Klienten fühlt sich dieser nicht hintergangen, wodurch die Grundlage für einen positiven Beziehungs- und Vertrauensaufbau geschaffen wird. Das hier zunächst letzte Merkmal Sozialer Arbeit ist die starke Abhängigkeit von staatlicher Steuerung und direkter Einbindung in bürokratische Organisationen (Gildemeister 1995, S. 30). Dies bedeutet zum einen, dass sich sozialpädagogisches Handeln am Sozialrecht zu orientieren hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieses inzwischen einen sehr großen Umfang einnimmt, was im Zuge des Rechtsgebrauchs nicht unterschätzt werden darf. Jedoch ist im Rahmen professioneller Hilfeerbringung auf Kenntnisse des Sozialrechts nicht zu verzichten, da ansonsten dem Anspruch des Sozialstaates nicht nachgekommen werden würde. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass Hilfe nur dann erbracht werden kann, wenn diese durch den Bund, die Länder oder Gemeinden (re-)finanziert wird. Dies führt nicht selten zu dem Dilemma, dass die Kostenträger aufgrund von Einsparungszwängen nicht dem von den Sozialpädagogen diagnostizierten Hilfebedarf finanziell nachkommen, was schließlich zu Auswirkungen innerhalb des Hilfeverlaufs führen kann. Außerdem ist im Rahmen einer sozialpädagogischen Methodenausgestaltung zu beachten, dass die Komponente der methodischen Realisierungsmöglichkeit institutionell abhängig ist. Da das Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit in den meisten Fällen in bürokratische Strukturen eingebettet ist, sind unbedingt die konkret vorliegenden Rahmenbedingungen zu klären, wie etwa bereits vorhandene Verfahrensabläufe, Regelungen für Entscheidungsprozesse oder auch zeitliche Kapazitäten und machtstrukturelle Bedingungen (Galuske 102013, S. 51). Hiermit und durch die zuvor inhaltlich aufgeführten Aspekte wird deutlich, dass sich die Soziale Arbeit in einem Spannungsfeld zwischen der Berücksichtigung von Klientelerwartungen, fachlich autonomen Handelns sowie staatlichen Forderungen bewegt. Dass die Soziale Arbeit nicht immer allen Anforderungen des doppelte[n] Mandat[s] (Hammerschmidt/ Aner/ Weber 2017, S. 151 nach Böhnisch/ Lösch 1973) beziehungsweise dem von Staub-Bernasconi geforderten Tripel-Mandat (Hammerschmidt/ Aner/ Weber 2017, S. 151) gerecht werden kann, wird vor allem dann sichtbar, wenn aus Sicht der Fachkraft beispielsweise eine Inobhutnahme nach § 1666 BGB i.V.m. § 42 Abs. 1 SGB VIII notwendig erscheint (Galuske 102013, S. 51f.). Hierbei wird die Entscheidung für die Herausnahme eines Kindes aus seiner Herkunftsfamilie womöglich gegen den Willen der Eltern getroffen, da dies aus fachlicher Sicht notwendig und erforderlich erscheint und den rechtlichen Anforderungen entspricht. An dieser Stelle wird deutlich, dass in kindeswohlgefährdenden Fällen die Wahrung der Autonomie beziehungsweise des Elternrechts in der Rangfolge eher an die dritte Stelle rückt. Jedoch darf der partizipative Anteil, auch wenn die fachlichen und juristischen Argumente höher priorisiert sind, im Entscheidungsfindungsprozess nicht ausgelassen werden. An dieser Stelle bleibt in Bezug auf die Methodenfrage der Sozialen Arbeit festzuhalten, dass grundsätzlich drei relevante Kriterien im Sinne des Tripel-Mandats der Sozialen Arbeit in den Entscheidungsprozess im Kontext psychosozialer Sachverhalte einzubeziehen sind: a) die Menschenrechte/ ethische Kriterien, b) die professionell fachlich-sozialpädagogische Perspektive sowie c) die juristische Perspektive. Zudem müssen die gegebenen administrativen und finanziellen Rahmenbedingungen mit berücksichtigt werden, da diese institutionsinterne Entscheidungsprozesse maßgeblich beeinflussen können. Ebenso spielt, in Anlehnung an Galuske (ebd., S. 53), das Element der Reflexion bezüglich der Überprüfung der Berücksichtigung des doppelten Mandats der Sozialen Arbeit, welches das Verhältnis von Hilfe und Kontrolle repräsentiert, innerhalb der methodischen Rahmung eine wichtige Rolle. Zusammenfassend wurden im vorliegenden Kapitel zahlreiche Möglichkeiten und Chancen für die Disziplin der Sozialen Arbeit herausgestellt, die durch eine Verfügbarkeit von sozialpädagogischen Methoden zustande kommen könnten. Hierzu zählen unter Betracht der obigen Feststellungen eine gesteigerte Handlungssicherheit durch die Reduktion von Komplexität, das Erlangen von fachlicher Anerkennung (als Profession), gesellschaftliche Anerkennung sowie eine höhere Qualität der Arbeit. Wird nun der Blick nochmals auf die Klientelebene geworfen, so ergeben sich dort auch positive Konsequenzen durch methodisches Handeln. Da gegenüber dem Klientel der Anspruch besteht, diesem eine beruflich-professionelle Hilfe zu gewähren, besitzen Methoden das Potential, für die sozialpädagogische Fachkraft einen inhaltlichen Orientierungsrahmen dahingehend zu bieten, dass dadurch die Gefahr des Auftretens unbeabsichtigter Nebenwirkungen minimiert wird. Somit enthalten Methoden in der Sozialen Arbeit die Forderung einer reflexiven Selbstkontrolle professionellen Handelns innerhalb des Interventionsprozesses (ebd., S. 58). Gerade darin besteht der Unterschied zum eher intuitiven Alltagshandeln. Letztlich zeigen sich durch die Entwicklung von Methoden jedoch nicht nur Chancen für die Soziale Arbeit und den Klienten, sondern es verbergen sich auch einige Grenzen und Probleme im Zuge der Methodisierung. Diese werden im Folgenden näher erläutert.

Über den Autor

Laura Mück wurde 1994 geboren. 2013 – 2017 studierte die Autorin an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg die Fächer Allgemeine Pädagogik und Musikwissenschaft (B.A.). Darauf aufbauend schloss sie im Jahre 2020 ihr Masterstudium der Sozialen Arbeit mit dem Schwerpunkt Sozialmanagement an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Coburg erfolgreich ab. Im Rahmen ihrer Masterthesis erforschte sie mithilfe qualitativer Forschungsmethoden Ansätze und Möglichkeiten praktizierter Rechtsverwirklichung im Rahmen psychosozialer Entscheidungsprozesse, die das Kindeswohl tangieren. Bereits während ihrer Studienzeit sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen, insbesondere in den Bereichen der Sozialpädiatrie und –psychiatrie sowie in der Kinder- und Jugendhilfe.

weitere Bücher zum Thema

Zur Qualität der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Trägern der freien Jugendhilfe und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe

Eine Analyse des Zusammenhangs von Förderung und Partnerschaft

ISBN: 978-3-96146-968-0
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