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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das Philosophieren mit Kindern wurde bereits nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland praktiziert, wobei es pädagogische Kontroversen in der Durchführung gab. Der Pädagoge und Philosoph Hermann Nohl, der in den Zwanzigerjahren im Landschulheim Holzminden mit Kindern philosophierte, schrieb über die philosophischen Potenziale des Kindes: ‘Langsam gehen dem kleinen Menschen, der viel metaphysischer denkt, als der Erwachsene meist ahnt, Dinge auf wie der Sternencharakter der Erde, daß es im Weltraum kein Oben und kein Unten gibt, das Geheimnis der Unendlichkeit, das Wunder des Lebens, die merkwürdige Tatsache des Gesetzes, die Macht der Zahl, dann aber auch Fragen wie das Theodiceeproblem, das schon Vierjährige lange beschäftigen kann, die sittliche Frage der Freiheit usw…’ In diesem Buch wird verdeutlicht, welche Anforderungen an das Philosophieren der Kinder gestellt werden. Das Philosophieren mit Kindern beinhaltet viele Potenziale, um die Entwicklung des Kindes zu fördern. Damit diese bestmöglich ausgeschöpft werden können, werden methodische Hinweise für das Philosophieren mit Kindern in der Grundschule thematisiert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Ziele des Philosophierens mit Kindern: Die Ziele, die beim Philosophieren mit Kindern von den einzelnen Kinderphilosophen verfolgt werden, sind zahlreich und teilweise auch sehr verschieden. Zudem gibt es Konzepte, die vorwiegend ein oder wenige Ziele betonen, während andere zahlreiche Ziele anführen. Beispielweise will Horster in erster Linie den Individuations- und Sozialisationsprozess fördern, und Schreier strebt primär die Erziehung zu einer Gesprächskultur und die Förderung des kreativen Denkens der Kinder an. Während Horster und Schreier hauptsächlich zwei spezielle Ziele durch das Philosophieren mit Kindern erreichen wollen, bietet Daurer demgegenüber einen ganzen Katalog von Zielen an, die sie beim Philosophieren mit den Kindern zu verwirklichen beabsichtigt. Daurers Liste von Zielen umfasst vier persönlichkeitsfördernde Fähigkeiten, acht soziale Fähigkeiten, drei logische Fähigkeiten und die Entwicklung philosophischer Ideen. Zu den persönlichkeitsfördernden Zielen zählt sie hierbei u.a. die Aneignung einer selbstkritischen Einstellung und ‘Nein’ sagen zu lernen. Zu den sozialen Fähigkeiten rechnet Daurer beispielsweise das Akzeptieren anderer Meinungen und ein demokratisches Verständnis. Die logischen Fähigkeiten beinhalten für Daurer insbesondere argumentieren zu lernen. Besonders auffallend sind die zentralen Ziele von Matthews. Entgegengesetzt der übrigen Kinderphilosophen liegt sein Interesse mit den Kindern zu philosophieren nicht darin, Kompetenzen der Kinder zu fördern, vielmehr stellt er durch das gemeinsame Philosophieren mit den Kindern einen Nutzen für die/den erwachsene/n LeiterIn in Aussicht. Matthews geht davon aus, dass Erwachsene von Kindern Fähigkeiten wie das philosophische Staunen und Fragen sowie dem Erfindungsreichtum beim philosophischen Diskutieren wiedererlernen können. Ihm geht es also zum einen darum, dass der Erwachsene seine philosophischen Kompetenzen ausweitet. Weiterhin sieht er im gemeinsamen Philosophieren mit Kindern eine Möglichkeit seine Forderung zu realisieren, dass Kinder als gleichberechtigte Beziehungs- und Gesprächspartner zu akzeptieren sind. Im Folgenden werden einige ausgewählte Ziele erläutert. 4.1, Die therapeutische Funktion - Das Aneignen von Fähigkeiten zur Bewältigung persönlicher Problemsituationen: Die Kinderphilosophin Cahmy misst dem philosophischen Gespräch eine therapeutische Funktion zu. Sie sieht im gemeinsamen Philosophieren für die Kinder u.a. die Möglichkeit Gedanken zu klären, Zusammenhänge erkennen zu lernen, Vorstellungen und Auffassungen aufzuzeigen, alternative Denkmodelle zu erarbeiten etc. Diese Fähigkeiten, die es beim gemeinsamen Philosophieren erwerben soll, können dem Kind dann als ein ‘Handwerkzeug’ zur Bewältigung persönlicher Probleme und Fragen dienen. Auch ist davon auszugehen, dass das gemeinsame Philosophieren den Kinder hilft, ihre Gedanken bewusst werden zu lassen, sie die Fähigkeit entwickeln, Zusammenhänge wahrzunehmen und alternative Modelle aufzustellen, die ihnen bei einer Bewältigung persönlicher Problemsituationen hilfreich sein können. Diese Fertigkeiten werden an philosophischen Thematiken trainiert, können jedoch bestenfalls auf den persönlichen Bereich übertragen werden. Dass die Kinder ein Bewusstsein für ihre eigene Ansicht und Meinung entwickeln, wird durch das Begründen von Behauptungen begünstigt. Insbesondere durch die Behandlung ethischer Fragen können die Kinder ein ihnen bewusstes Wertesystem aufstellen. 4.2, Die Förderung des eigenständigen und kritischen Denkens: Besonders Brüning, Martens und Freese betonen, dass das Philosophieren mit Kindern dazu beiträgt, selbstständig zu denken, um somit nicht Konformität, Autoritätsglauben, Ideologien und Dogmatismen zu unterliegen: ‘Das Philosophieren trägt auch, und diesen Aspekt möchte ich besonders hervorheben, zu einer ‘allgemeinen Emanzipation’ des Menschen bei. ... Philosophieren soll allen Menschen als Instrumentarium dienen, sich in der Gesellschaft zu orientieren bzw. zu engagieren, und dazu beitragen den ... ‘mündigen Bürger’, der nicht erst mit 18 Jahren entsteht, zu konstruieren Mündigkeit bedeutet vor allem Überwindung von intellektueller Subalternität, Überwindung von Autoritätsgläubigkeit und Konformität - Selbstvertrauen in die eigene Kompetenz ...’ ‘‘Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung’ (Kant, 1783) - auch des Philosophierens mit Kindern. ... Wer früh genug die Erfahrung macht, wie man miteinander sprechen und etwas herausfinden kann, wie Gedanken, Begriffe und Behauptungen klarer werden können, daß Denken orientieren und auch Spaß machen kann ..., ist es vermutlich leid, anderen bloß alles ‘nachzuplappern’.’ ‘Zudem ist es schwer vorstellbar, daß Kinder und Jugendliche, die die Lust am Denken gespürt und in der Erfahrung vielfältiger Denkwege und Denkmöglichkeiten gelernt haben, Probleme offen zu halten, so leicht der Gefahr des Dogmatismus ... erliegen.’ Ich schließe mich Brüning, Martens und Freese an, dass Kinder durch das Hinterfragen im philosophischen Gespräch, was durch die philosophische Grundtechnik des Infragestellens realisiert wird, kritisches und eigenständiges Denken erwerben, und, dass diese Fähigkeit auch auf andere Bereiche des Lebens übertragen werden kann. Ich sehe daher im Philosophieren mit Kindern die prophylaktische Funktion, dass die Kinder für ihr weiteres Leben lernen, Schwachstellen von Ideologien u.a. zu erkennen und ihnen zu widerstehen. 4.3, Die Möglichkeit zur Bewältigung metaphysischer Ängste und philosophischer Fragen: Aus eigenen Erfahrungen in der Kindheit weiß ich, wie beängstigend metaphysische Erlebnisse und wie beunruhigend philosophische Fragen sein können. Glücklicherweise bot sich mir die Möglichkeit hierüber mit meinen Eltern zu sprechen. Es ist davon auszugehen, dass nicht allen Kindern diese Chance durch ihre Eltern geboten wird. Durch Philosophieren mit Kindern im Schulunterricht wird dem Kind ermöglicht, tiefgreifende, philosophische Fragen wie ‘Existieren die Dinge auch, wenn ich nicht hinsehe?’, ‘Kann ich das Nichts denken oder mir vorstellen?’, ‘Erlebe ich das, was ich jetzt erlebe wirklich, oder ist es nur ein Traum?’ zu thematisieren. Ich schließe mich der Meinung von Freese an, dass wir kaum abschätzen können, ‘was Kindern, deren tieferdringenden Fragen bei den Eltern ohne Widerhall bleiben, an Möglichkeiten geistigen und seelischen Wachstums vorenthalten wird, und welche seelische Not daraus erwächst, wenn sie sich mit ihren beunruhigenden Fragen allein gelassen fühlen’ . 4.4, Die Förderung logischen Denkens: Lipmans zentrales Ziel beim Philosophieren mit Kindern ist die Förderung der Denkfähigkeiten der Kinder. Er entwickelte eine eigene Methode und veröffentlichte zahlreiche Materialien für das Philosophieren mit Kindern. Entsprechend seinem Leitziel sind seine Materialien speziell auf die Förderung logischer Denkfertigkeiten ausgerichtet. Durch das Philosophieren mit Kindern können insbesondere die logischen Fähigkeiten trainiert werden. Die drei philosophischen Grundtechniken, das (Er)klären, das Begründen und das Infragestellen, sind schließlich auch Methoden des Philosophierens unter Fachphilosophen. Die Methoden des Philosophierens sind aber durch die philosophische Disziplin der Logik formuliert worden. Somit üben die Kinder, indem sie zum (Er)klären, Begründen und Infragestellen angehalten werden, logische Fähigkeiten wie zu argumentieren, logisches Schlussfolgern, Widersprüche zu erkennen etc. 4.5, Philosophieren mit Kindern als Umsetzung von Aufgaben und Zielen des Deutsch-, Mathematik- und Sachkundeunterrichts in der Grundschule: Aufgaben und Ziele des Deutschunterrichts in Berliner Grundschulen sind u.a. die folgenden Fähigkeiten der Schüler zu erweitern: ‘Gefühle ausdrücken (expressive Sprachfunktion), Gedanken zu fassen und mitzuteilen (kognitive Sprachfunktion), Phantasie zu entfalten (kreative Sprachfunktion)’. Gerade in einem philosophischen Gespräch mit Kindern können diese Fertigkeiten trainiert werden. Die kognitive Sprachfunktion wird hierbei besonders gefördert, da die Kinder ihre Meinungen zu philosophischen Themen formulieren sollen, wobei sie lernen müssen ihre Gedanken zu fassen und mitzuteilen. Bei metaphysischen, ethischen und ästhetischen Themen wird die Gefühlswelt der Kinder stark berührt. Gibt man den Kindern Freiraum zum Äußern von Gefühlen, so wird darüber hinaus die expressive Sprachfunktion geübt. Durch das philosophische Gespräch können ferner die Lernziele des Gesprächs, das einen Aspekt des Deutschunterrichts darstellt, verwirklicht werden. Hier erfüllt das Philosophieren mit Kindern Aufgaben, die insbesondere im Mathematikunterricht der Berliner Grundschulen gefordert und ausgebildet werden sollen, nämlich das Begründen, das Argumentieren, das folgerichtige Denken sowie das Erkennen und Beschreiben von Beziehungen. Dies sind logische Fertigkeiten, die, wie oben erläutert, durch das Philosophieren mit Kindern gefördert werden. Schließlich werden auch Aufgaben des Vorfachlichen Unterrichts, die im Berliner Rahmenplan für den Sachkundeunterricht der Klassen eins bis vier aufgeführt sind, teilweise durch das Philosophieren mit Kindern realisiert. Dazu können im Speziellen die Aneignung ihrer Lebenswelt sowie das Bewusstmachen von Auswirkungen menschlichen Handelns auf andere Menschen und auf die Umwelt gezählt werden. Kinder eignen sich ihre Lebenswelt auch an, indem sie über fundamentale Fragen des Lebens, also philosophische Themen, reflektieren. Die Thematisierung ethischer Fragen wie ‘Ist Lügen schlimm?’, ‘Darf der Mensch Tiere töten?’ usw. kann insbesondere Auswirkungen menschlichen Handelns bewusst machen. Bei der Thematisierung derartiger Fragen müssen sich die Kinder auch die Auswirkungen verdeutlichen, um zu begründeten Meinungen zu gelangen. Zwar können die Kinder auch die ethischen Fragen im Sinne Kants lediglich durch die Berücksichtigung der Intentionen des Handelnden beurteilen, es ist allerdings davon auszugehen, dass die Kindern auch die Folgen des Handelns in ihren ethischen Urteilen einbeziehen.

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