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- Partizipation von Jugendlichen in benachteiligten Lebenslagen: Eine Untersuchung aus dem Blickwinkel der offenen Jugendarbeit
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Jugendliche in benachteiligten Lebenslagen, das heißt solche, die unter anderem aufgrund ihrer Herkunft, mangelnden Sprachkenntnissen, Armut und geringer Bildung an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, sind schon frühzeitig in ihrer Entwicklung besonderen Belastungen und Problemen ausgesetzt. Dieser Hintergrund spielt auch im Alltag und im Freizeitverhalten eine Rolle. Benachteiligte Jugendliche entwickeln zwangsläufig andere Interessen und Bedürfnisse als solche, die nicht von Benachteiligungen betroffen sind. Diese Jugendlichen zählen oft zu dem Hauptklientel der Jugendarbeit. Eine Jugendarbeit, die Partizipation ermöglichen möchte, muss sich besonders darauf konzentrieren, inwieweit sich Jugendliche vor dem Hintergrund ihrer problematischen Lebenslagen beteiligen können und wollen. Es kann der Eindruck gewonnen werden, dass Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen benachteiligt sind, dadurch möglicherweise auch darin eingeschränkt sind, sich aktiv, unter anderem im Rahmen der Jugendarbeit, zu beteiligen. Mit dieser Studie wird der Frage nachgegangen, wie eine Beteiligung/Partizipation von Jugendlichen in benachteiligten Lebenslagen in der Jugendarbeit erreicht und umgesetzt werden kann. Um diese Frage zu beantworten, wird im ersten Teil des Buches der Blick auf die Jugendphase gerichtet. Eine Auseinandersetzung mit der Jugend als Lebens- und Entwicklungsphase gibt Aufschluss darüber, welche Belastungen und Herausforderungen allgemein für Jugendliche im individuellen und gesellschaftlichen Bereich bestehen. Im Fokus sind dabei insbesondere die Faktoren und Auswirkungen der sozialen Benachteiligung. Im zweiten Teil erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Ludwigsburger Stadtteil Eglosheim und der dortigen Arbeit der Kinder- und Jugendförderung der Stadt Ludwigsburg. In diesem Stadtteil leben viele sozial benachteiligte Jugendliche, die Gegenstand dieser Studie sind. Im dritten Teil steht der Gedanke der Partizipation im Vordergrund. Thematisiert wird, welchen Anforderungen, Wünschen, Interessen und Möglichkeiten eine Beteiligung von sozial benachteiligten Jugendlichen gerecht werden muss. Die aus den ersten drei Teilen erarbeiteten Annahmen zur Beteiligung von benachteiligten Jugendlichen werden im folgenden vierten Teil durch eine Untersuchung mit Fragebögen im Stadtteil Eglosheim auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Resultierend daraus erfolgt abschließend ein Ausblick auf die zukünftige Arbeit mit der beschrieben Zielgruppe und die Beantwortung der Frage, wie eine erfolgreiche Beteiligung erreicht werden kann.
Textprobe: Kapitel 2.2, Die Entstehung der Jugendphase: Um die Bedeutung der heutigen Lebensphase Jugend für Jugendliche verstehen zu können, ist auch ein Blick auf die Hintergründe und Entstehung dieser Phase wichtig. Um 1900 war die Jugend als eigene Lebensphase im menschlichen Lebenslauf noch nicht bekannt. Die Jugend als Phase des Übergangs von Kind zum Erwachsenen, in welcher biologische und psychologische Entwicklungen stattfinden, hat es schon immer gegeben. Aber kulturelle, soziale und wirtschaftliche Faktoren sind dafür ausschlaggebend, in welchem Rahmen die Phase des Übergangs erfolgen kann. In der vorindustriellen Gesellschaft verbrachten Kinder und Eltern zusammen den durch Arbeit geprägten Alltag, in dem landwirtschaftliche Tätigkeiten im Vordergrund standen. Junge und alte Menschen mehrerer Generationen lebten zusammen und hatten denselben Tagesablauf. Kinder und Jugendliche hatten damals nicht die Möglichkeit, ein Leben zu führen, in dem Entwicklung und Lernen mehr im Vordergrund standen als in der Lebenswelt der Erwachsenen, sondern mussten sich sofort in die Welt der Erwachsenen integrieren. Mit dem Eintritt der Industrialisierung um 1850 änderte sich der Lebensalltag. Es wurde außerhäuslich gearbeitet, die Menschen zog es in die Städte. Die Lebensgestaltung von Erwachsenen und Kindern differenzierte sich. Es entwickelte sich ein neues soziales und pädagogisches Verständnis von Kindsein, das eine gesonderte Lebensphase für Kinder möglich machte. Kinder wurden nicht mehr als ‘kleine Erwachsene’ gesehen, die denselben Alltag wie die sie umgebenden Erwachsen absolvieren müssen, sondern als Menschen, die noch in der Entwicklung sind. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts fand die Kindheit als eigene Lebensphase Beachtung und Akzeptanz. Doch nach wie vor war das Bewusstsein, dass es eine wichtige Phase zwischen der Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen gibt, nicht vorhanden. Die Jugendphase als neue Phase im menschlichen Lebenslauf differenzierte sich erst später in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus. In dieser Zeit, als Resultat der Industrialisierung, wurden berufliche Anforderungen immer komplexer, so dass entsprechende Ausbildungen notwendig wurden. Während bisher die Ausbildung und Erziehung von Kindern ausschließlich innerhalb des familiären Umfeldes ausgeführt wurden, übernimmt seitdem das Schulwesen immer mehr diese Aufgaben. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird die Vorbereitung auf berufliche Anforderungen nur noch von gesellschaftlich organisierten Institutionen ausgeführt, so dass die Familie diesbezüglich zurücktritt. Der Eintritt in das Erwachsenenleben verschiebt sich, was dazu führt, dass zwischen den Lebensphasen ‘Kind’ und der des Erwachsenen mit der Phase ‘Jugend’ eine neue Phase ihren Platz und Berechtigung erhalten hat. Diese Phase wurde allerdings schon zuvor vom Bürgertum konstruiert. Die Menschen des Bürgertums waren finanziell so gut gestellt, dass sie ihre Kinder dahingehend unterstützen konnten, eine längere Vorbereitung auf das Berufsleben zu verbringen. Erst durch die Modernisierung der Gesellschaft konnten Angehörige unterer Schichten die Lebensphase Jugend in Anspruch nehmen. 2.3, Jugend im 21. Jahrhundert: Die Erwerbstätigkeit im Fokus: Durch den gesellschaftlichen Wandel, besonders, wie zuvor beschrieben, im Zuge der Industrialisierung, veränderten sich der Wert und die Bedeutung von Kindern und Jugendlichen. Im 19. Jahrhundert wurden Kinder noch als Reichtum betrachtet. Sie arbeiteten in den familiären Betrieben oder in der Landwirtschaft mit und sicherten später die Versorgung der Eltern und Familie. Im 21. Jahrhundert zeichnet sich ein anderes Bild. Krankheits- und Altersrisiken der Eltern werden durch den Staat abgesichert. Die eigenen Kinder sind nicht mehr unmittelbar notwendig, um Gesundheit und Überleben im Alter zu sichern. Kinder zu bekommen und großzuziehen bringt keinen ökonomischen Vorteil mehr, sondern ist eine luxuriöse Investition, die sich nur durch ‘emotionale und biografische Lebensqualität’ auszahlt. Eltern entscheiden sich immer mehr ganz bewusst für oder gegen Kinder. Dabei spielt die private und berufliche Situation und Perspektive eine entscheidende Rolle. Immer weniger Paare bekommen Kinder und auch die Anzahl von Kindern in einer Familie wird stetig kleiner. Vor dem ersten Weltkrieg lag der Anteil der unter 20-Jährigen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland noch bei 35 %. Heute liegt dieser Anteil bei 20 %. Bis 2020 wird entsprechend Bevölkerungsberechnungen des Statistischen Bundesamtes der Anteil der unter 20-Jährigen bis auf 17 % abgenommen haben, wobei der Anteil der über 65-Jährigen dann bei 22 % liegen wird. Doch obwohl sich die Zahl von Kindern und dementsprechend auch der Nachwuchs für den Arbeitsmarkt verringert, ist der Einstieg in das Berufsleben, die Berufseinmündung, für viele Jugendliche nicht selbstverständlich. Während in der Eurozone die saisonbereinigte Arbeitslosenquote Anfang 2008 bei 7,1 % lag, wurde für die unter 25-jährigen in der Eurozone eine Arbeitslosenquote von 14,2 % ermittelt. Zukunftsängste und Enttäuschungen hinsichtlich einer Situation, auf die viele Jugendliche nicht vorbereitet sind, sind das Resultat. Die 15. Shell Jugendstudie schreibt dazu, dass im Jahr 2006 die Ängste Jugendlicher eher von nationalen Problemlagen bestimmt sind. Die Sorge den Arbeitsplatz zu verlieren, bzw. gar keinen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu erhalten, stieg in den vergangenen vier Jahren von 55 % auf 69 % und ist in allen Altersgruppen etwa gleichstark ausgeprägt. Allerdings haben Jugendliche aus der Unterschicht deutlich häufiger Angst vor Arbeitslosigkeit. Diese Angst ist berechtigt, denn Jugendliche mit formal geringerer Bildung sind zudem deutlicher von Arbeitslosigkeit betroffen als Gleichaltrige, die eine höhere formale Bildung besitzen. Ebenso ermittelte die Shell Jugendstudie, dass Jugendliche zunehmend Angst vor der schlechten Wirtschaftslage und steigender Armut haben. Diese Ängste stehen in Zusammenhang mit der individuellen beruflichen und finanziellen Sicherung der eigenen Existenz. Andere Sorgen, die nicht in diesem Zusammenhang stehen, haben dagegen seit 2002 abgenommen. Da es jedoch nicht nur bei den Sorgen bleibt, sondern wie oben beschrieben tatsächlich schon Jugendliche zu Beginn des Erwerbslebens von Arbeitslosigkeit betroffen sind, ist Jugendarbeitslosigkeit ein ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem. Die Arbeitslosenquote in Deutschland lag 2004 bei 10,5 %. Die Arbeitslosenquote der unter 20-Jährigen in Ostdeutschland lag damals bei 6,9 %, während in Westdeutschland mit 3,5 % deutlich weniger arbeitslos waren. Allerdings zeichnete sich für Jugendliche zwischen 20 und 25 Jahren ein anderes Bild. In Ostdeutschland waren 21 % und in Westdeutschland 10,7 % von Arbeitslosigkeit betroffen. Die individuellen und gesellschaftlichen Folgen zeigen sich unter anderem dadurch, dass sich Jugend als Lebensphase, bedingt durch eine seit Mitte der 1980er Jahre andauernde Reduzierung von Arbeitsplätzen, immer weiter ausgedehnt hat. Bezeichnend dafür ist auch das steigende Auszugsalter von Jugendlichen aus dem Elternhaus. Viele zögern diesen Ablösungsprozess hinaus. Dies ist insofern problematisch, da eine lange wirtschaftliche und örtliche Abhängigkeit von den Eltern die Gründung einer eigenen Familie verhindert oder hinauszögert. Ebenso werden auch der Status und die Selbstständigkeit eines Erwachsenen insgesamt später erreicht.
David Streib studierte Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendarbeit. Er war viele Jahre, unter anderem als Leiter eines Schüler- und Jugendtreffs, in der offenen Kinder- und Jugendarbeit tätig. Sein Hauptaugenmerk lag dabei auf der Beteiligung von sozial benachteiligten Jugendlichen und der Erforschung ihrer Interessen in puncto Freizeitgestaltung.
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