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- Öffentlichkeitsarbeit und ihre Strategien der Vertrauensförderung. Eine Analyse am Beispiel des ADAC
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Wie beeinflussen Medien und PR unsere Wahrnehmung der Welt? Wie beeinflussen sie unsere Einstellungen – gegenüber politischen Entwicklungen, Personen des öffentlichen Lebens, Institutionen oder Konzernen? Dass sie eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung von Einstellungen einnehmen, gerade auch in Bezug auf Dinge, die außerhalb unserer eigenen Erfahrbarkeit liegen, gilt mittlerweile in einer Vielzahl von Disziplinen als unbestritten. Ebenso unbestritten ist die Rolle von Vertrauen als eine der essentiellen Einstellungen im menschlichen Miteinander. Es herrscht Einigkeit: Ohne Vertrauen wäre ein Miteinander nicht möglich. Unternehmen werben daher um das Vertrauen ihrer Kunden wie Parteien um das der Wähler. Die vorliegende Arbeit identifiziert Strategien der Vertrauensförderung innerhalb von Public Relations. Am Beispiel des ADAC wird aus Sicht von Organisationen aufgezeigt, wie sie Vertrauen durch bestimmte Kommunikationsstrategien aufbauen bzw. aufrecht erhalten oder – wie im Falle des ADAC nach dem Gelben Engel -Skandal – versuchen können, es zurückzugewinnen.
Textprobe: Kapitel 4. Methodik: Anliegen der vorliegenden Arbeit ist es, persuasive Strategien der Vertrauensförderung in der Öffentlichkeitsarbeit zu ermitteln. Dazu wird ein Korpus, bestehend aus Ausgaben der ADAC-Mitgliederzeitschrift Motorwelt (Kap. 4.2), untersucht. Grundlegend für diese Untersuchung ist neben Kenntnissen zum ADAC und dessen Zielen, Aufgaben, etc. das Wissen um die Manipulationen beim Leserpreis Gelber Engel (Kap. 4.1) sowie die sich daraus ableitende Aufteilung der Analysezeiträume (Kap. 4.3). 4.1 Der Anlass: der ADAC und der Gelbe Engel -Skandal: Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club e.V., kurz ADAC, ist mit derzeit knapp 19 Millionen Mitgliedern (Stand: Dezember 2014) der größte Automobilclub Europas und der zweitgrößte weltweit (ADAC E.V. 2015a). Der Zweck des Automobilclubs besteht in der Wahrnehmung und Förderung der Interessen des Kraftfahrtwesens, des Motorsports und des Tourismus (ADAC E.V. 2015b: 2). Neben der bekanntesten Dienstleistung, der Pannenhilfe, engagiert sich der ADAC besonders in den Bereichen Verkehrssicherheit, Straßenverkehr, Verbraucherschutz sowie Verkehrserziehung (ADAC E.V. 2015a) und betreibt dafür bspw. Fahrsicherheitszentren, bietet Reise- und Unfallversicherungen an und führt Verbrauchertests durch. Lange Zeit galt der ADAC als eine der vertrauenswürdigsten Institutionen Deutschlands: Die Mitgliederzahlen des Vereins stiegen jedes Jahr aufs Neue, auch nach direktem Nachfragen blieben Verbesserungswünsche an den Verein vonseiten der Mitglieder aus (PERSPEKTIVE DEUTSCHLAND 2005), und der ADAC selbst war ein Symbol für Vertrauen, Engagement und Zuverlässigkeit (KUNDENMONITOR 2012). Am 14. Januar 2014 dann berichtet die Süddeutsche Zeitung über Manipulationen bei der Vergabe des Gelben Engels eines Publikumspreises, zu dessen alljährlicher Wahl der Club seine Mitglieder über die Mitgliederzeitschrift ADAC Motorwelt aufruft. Demnach hatte der Automobilclub die Zahl der abgegebenen Stimmen in der Kategorie Lieblingsauto der Deutschen um ein Vielfaches nach oben korrigiert. Nach einem anfänglichen Dementi vonseiten des ADAC wird nach und nach klar: Der Club hat nicht nur die Stimmenanzahl manipuliert, sondern ebenso die Reihenfolge der Platzierung. Und das nicht einmalig – auch die Wahlen der Vorjahre, beginnend im Jahr 2009 sind betroffen. Die Folgen für den Club: Mehr als eine Viertelmillion Menschen verlassen in den ersten vier Monaten nach Bekanntwerden der Manipulationen den Club (SPIEGEL ONLINE 2014), der ADAC-Kommunikationsdirektor und Motorwelt- Chefredakteur Michael Ramstetter sowie der ADAC-Präsident Peter Mayer müssen gehen, und nach offiziellen Umfragen sinken die Vertrauenswerte des Automobil-Clubs bundesweit um mehrstellige Prozentbeträge (INSTITUT FÜR DEMOSKOPIE ALLENSBACH 2014). Ende Januar 2014 verspricht der ADAC ein Reformprogramm. Mit einer Reform für Vertrauen will der Club das verlorengegangene Vertrauen der Mitglieder und anderer Stakeholder zurückgewinnen. Dazu soll die Neuausrichtung des Clubs bis Ende 2016 ein klares Signal für mehr Transparenz und intensivere Mitgliedereinbindung (ADAC E.V. 2015c) sein. Die vorliegende Arbeit nimmt die Geschehnisse um den Gelben Engel -Skandal zum Anlass zu überprüfen, inwiefern das Vorhaben des ADAC, das verlorengegangene Vertrauen zurückzugewinnen, zu Beginn der Reform und unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals kommunikativ umgesetzt wurde bzw. wie vor Bekanntwerden des Skandals und des damit einhergehenden Vertrauensverlustes für Vertrauen vonseiten der Stakeholder geworben wurde. 4.2 Korpus: Für das Korpus wurden alle Ausgaben der ADAC-Mitgliederzeitschrift im Zeitraum von November 2013 bis April 2014 zusammengetragen. Da die ADAC Motorwelt einmal monatlich erscheint, handelt es sich damit um sechs Exemplare. Ausschließlich Clubmitglieder erhalten die Zeitschrift. Die Zustellung erfolgt prinzipiell postalisch und unaufgefordert auf die Zeitschrift kann jedoch auf Wunsch auch als PDF über einen Online-Zugang zugegriffen werden. Der große Vorteil dieser Bezugsweise liegt in den geringen Streuverlusten (KLEINERT 2008: 21). So hat die ADAC Motorwelt nach ADAC-Angaben eine Auflage von 13,66 Millionen Exemplaren und eine Reichweite von 15,10 Millionen Lesern. Die Differenz zu 19 Millionen Mitgliedern ist durch Partnermitgliedschaften in einem Haushalt begründet (ADAC e.V. 2016). Inhaltlich behandelt die ADAC Motorwelt Themen rund um Reisen, Motorsport, Urlaub, Automobil und Verkehr sowie den Automobilclub selbst (ADAC e.V. 2016). Neben diesen redaktionellen Beiträgen sind Werbeanzeigen, wie z.B. durch Reiseveranstalter, Elektronikhersteller etc. geschaltet. Bei der Analyse wurden jedoch ausschließlich redaktionelle Inhalte berücksichtigt und geschaltete Werbeanzeigen sowie Leserbriefe ausgespart. Wenngleich nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch diese Inhalte durch die positive Resonanz vonseiten der Leser oder durch die Assoziation mit Fremdunternehmen zur Vertrauensförderung beitragen, möchte sich die vorliegende Arbeit ausschließlich auf Inhalte konzentrieren, die vom ADAC selbst als Kommunikator verfasst wurden. Zudem soll der Fokus auf PR-Texte gesetzt und Werbung damit ausgespart werden. Die Entscheidung, das Korpus ausschließlich auf das PR-Instrument der Mitgliederzeitschrift einzuschränken, erfolgte auf Basis verschiedener Überlegungen. Erstens handelt es sich bei der Auszeichnung Gelber Engel um den Leserpreis der ADAC Motorwelt, sodass vermutet werden kann, dass die medialen Enthüllungen um die Manipulationen auch – wenn nicht gar insbesondere – Auswirkungen auf die organisationale Kommunikation in eben diesem Medium haben. Zweitens bezeichnet der Automobilclub selbst die ADAC Motorwelt aufgrund der hohen Auflage und Reichweite als den mit Abstand wichtigsten Kommunikationskanal (ADAC e.V. 2016) zu seinen Mitgliedern, was ebenfalls die Annahme untermauert, dass kommunikative Bemühungen, das Vertrauensverhältnis zu den Mitgliedern aufrechtzuerhalten, über dieses Medium stattfinden. Drittens konnte durch kursorische Sichtung anderer kommunikativer PR-Instrumente (z.B. Newsletter, Pressemitteilungen, etc.) festgestellt werden, dass vielfach inhaltliche wie stilistische Parallelen und Überschneidungen zwischen der ADAC Motorwelt und übrigen Medien bestehen und die Zeitschrift durch ihre monatlich-umfangreiche Erscheinungsform als repräsentativer und gleichzeitig gut zugänglicher Kommunikationskanal aufgefasst werden kann: (11) Wir sind überzeugt, dass die Glaubwürdigkeit des ADAC nur mit einem umfassenden Maßnahmenpaket wiederhergestellt werden kann. Deshalb haben wir jetzt einen systematischen und umfassenden Prozess der Neuausrichtung angestoßen (ADAC-Präsident Peter Meyer, ADAC Motorwelt, 02/2014, 5). (12) Wir sind von den aktuellen Ereignissen tief betroffen und überzeugt, dass nur ein umfassendes Maßnahmenpaket die Glaubwürdigkeit des ADAC wieder herstellen kann […] Das Präsidium wird schon in den nächsten Tagen den Gremien des ADAC einen systematischen und umfassenden Reformprozess vorschlagen (Pressemitteilung, ADAC e.V., 29.01.2014). Nicht zuletzt muss darauf hingewiesen werden, dass die Berücksichtigung sämtlicher Produkte und Zeugnisse der ADAC-Öffentlichkeitsarbeit aufgrund ihres Umfangs erschwert wird. Durch die Beschränkung des Korpus auf die ADAC Motorwelt wird einer Willkür in der Auswahl des Analysematerials entgegengewirkt. Ein weiteres Argument dafür, das Korpus auf die ADAC Motorwelt zu beschränken, ist die Tatsache, dass es sich hierbei um eine Mitgliederzeitschrift und somit um ein Instrument des Corporate Publishing handelt. Corporate Publishing meint den Prozess und das Ergebnis der Planung, Herstellung, Organisation und Evaluation von Organisationspublikationen (BENTELE 32015c: 1010). Die ADAC Motorwelt ist demnach als Organisationspublikation zu klassifizieren, deren wesentliche Aufgaben schon per Definition die Imagegestaltung sowie die Darstellung von Glaub- und Vertrauenswürdigkeit darstellen (KLEINERT 2008: 40 ff.). Als Organisationspublikation handelt es sich darüber hinaus bei der ADAC Motorwelt um ein Medium, das nicht auf die weitere Vermittlung durch den Journalismus angewiesen ist und dessen Inhalte daher nicht modifiziert werden, z.B. durch den Einfluss von Nachrichtenredakteuren28. So ist sichergestellt, dass selbst produzierte Publikationen nach Organisationsvorstellungen konzipiert werden (BISCHL 2000: 51). KÜCKELHAUS (1998: 344) attestiert Eigenpublikationen vor diesem Hintergrund, dass das unternehmerische Selbstbild zu einem idealisierten Konstrukt unternehmerischer Wirklichkeit werde. Trotz dieser Beobachtungen, welche die Mitgliederzeitschrift als Instrument des Corporate Publishing eindeutig mit der Selbstdarstellungsleistung von Öffentlichkeitsarbeit zusammenbringen, muss darauf hingewiesen werden, dass Kunden-, Mitarbeiter- wie Mitgliederzeitschriften Parallelen zu journalistischen Publikationen aufweisen. Dazu trägt insbesondere der Einsatz sogenannter informierender Darstellungsformen, wie z.B. (Leit-)Artikel, Nachricht, Interview, Bericht, Reportage etc., bei (KLEINERT 2008: 66). Da der vermeintliche Anspruch dieser Darstellungsformen in einer möglichst neutralen und objektiven Darstellung von Ereignissen besteht (PETERS 2012: 12 ff.), sollen so die eigentlichen Zwecke und Persuasionsabsichten der Mitgliederzeitschrift, wie z.B. die Imagebildung und der Vertrauensaufbau, verschleiert werden (KLEINERT 2008: 65 f.).
Anika Friese, Jahrgang 1987, absolvierte an der Technischen Universität Berlin den forschungsbasierten Masterstudiengang Kommunikation und Sprache. Diesen schloss sie im Jahr 2016 mit sehr guten Leistungen ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen in der Kommunikationsbranche und arbeitete u.a. bei Nachrichtenredaktionen, Online-Agenturen und PR-Stellen. Auch hier manifestierte sich die Faszination der Autorin für Sprache sowie deren Macht und Einflussnahme auf die (öffentliche) Meinung. Konfrontiert mit dem zunehmenden öffentlichen Diskurs über die Rolle von Vertrauen, z.B. bei politischen Wahlen, persönlichen Kaufentscheidungen oder nach Skandalen, entschied sich die Autorin, diesem Thema ihre Arbeit zu widmen.