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- Neue Wege im Umgang mit Tod, Verlust und Trauer. Die Soziale Arbeit als Schlüssel zur persönlichen Entwicklung
Pädagogik & Soziales
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Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2024
AuflagenNr.: 1
Seiten: 68
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In dieser Arbeit werden die zentralen Bestandteile des Lebens - Tod, Verlust und Trauer – aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Es soll verdeutlicht werden, dass trotz einer globalen medialen Aufmerksamkeit, im privaten Umgang mit dem alltäglichen Tod oft eine Tabuisierung zu beobachten ist. Die Soziale Arbeit als Profession zeigt hier eine starke Aussagekraft, die das Potenzial besitzt, eine neue Kultur im Umgang mit diesen Themen zu etablieren und der Sprachlosigkeit entgegenzuwirken. Mithilfe eines Praxisbezug werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Schule als Ort der Sozialisation in diesen Prozess einbezogen werden kann, um Jugendliche näher an diesen Themenkomplex heranzuführen. Die zentrale Frage dieser Arbeit ist, wie die Thematisierung von Tod und Trauer die Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen positiv beeinflussen kann und wie die Soziale Arbeit effektiv eingesetzt werden kann, um eine neue Kultur des Umgangs mit diesen existenziellen Themen zu generieren.
Textprobe: Der Tod als Teil des menschlichen Lebens Um den Tod als Größe besser zu verstehen, ist es von Relevanz für diese Arbeit diesen zunächst näher zu definieren. Der Tod selbst stellt einen unvermeidlichen Bestandteil des Daseins eines Menschen dar, so Heller (2000: 13). Er geht an dieser Stelle sogar noch etwas weiter und betont: Das Sterben ist eine zentrale Erfahrung menschlichen Lebens (Heller 2000: 13). Der Tod ist nach aktueller Auffassung der Wissenschaft mit dem Ende des Organismus zu kennzeichnen, der nach biologisch medizinischer Sicht mit dem Hirntod festzustellen ist (vgl. Kuld 2022: 51). Die Art und Weise wie ein Mensch stirbt, sei so Heller (2000: 20), zutiefst doppelsinnig und könne sowohl durch natürliche Ursachen wie Krankheiten eintreten oder durch unnatürliche Ursachen, wie Unfälle oder Suizid hervorgerufen werden. Es handele sich bei dem Tod um ein universelles Phänomen, welcher in allen Kulturen und Gesellschaften seit jeher existiere und alle Menschen jeglicher Gesellschaftsschichten miteinander in Verbindung setze (vgl. Metz 2021: 57). Heller (2000: 20) betrachtet den Tod zudem auch aus einer kritischen Perspektive heraus als etwas, was mit dem Leben verfeindet sei und eine zutiefst furchteinflößende und erbarmungslos anmutende Wirkung auf Menschen habe. Die Konfrontation mit dem Tod stelle Menschen vor Grenzerfahrungen, da verschiedene Emotionen wie Angst, Trauer und Unsicherheit mit diesem verbunden seien (vgl. Haagen/Möller 2013: 3ff). Doch nicht nur durch den Tod von Menschen, sondern auch durch den Tod eines tierischen Begleiters könne eine tiefe Traurigkeit hervorgerufen werden (vgl. Krüger 2019: 159f). An dieser Stelle sollte entkräftend die Position von Birgit Heller (2021: 46) eingeworfen werden, die die Herausforderung mit den Themen Tod und Sterben als etwas bezeichnet, dass Menschen dazu anstößt, das persönliche Dasein mit all seinen Facetten erst wirklich wahrzunehmen. Hier zeichnet sich ein Appell heraus, den Tod in den gelebten Alltag zu integrieren (vgl. ebd.: 46). Durch eine bewusste Auseinandersetzung mit der Endlichkeit könne, so Heller (ebd.: 46) ein inneres Reifen ermöglicht werden, das Menschen dazu befähige bewusster im Zusammenleben mit anderen Individuen zu agieren. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass der Tod mit drastischen Emotionen behaftet sein kann. Dies gestaltet sich für viele Betroffene als eine Grenzerfahrung (vgl. Haagen/Möller 2013: 3ff). Heller (2000: 118) betont hier, dass Trauer und Wut Menschen voneinander entfernen können, indem die bewusste Auseinandersetzung mit diesen Gefühlen beispielsweise vermieden wird. Dies geschehe häufig aus Angst vor Überforderung oder Hilflosigkeit (vgl. ebd.: 118). Der Tod könne aber auch zusammenführend wirken, indem er diesen Gefühlen unter anderem in sozialen Strukturen durch Erinnerungsrituale einen Ausdruck verleiht (vgl. ebd.: 118). Auf die Sozialkulturelle und die Religiöse Bedeutsamkeit im Rahmen des Umgangs mit dem alltäglichen Tod wird in Kapitel 5 noch einmal näher eingegangen. Innerhalb dieser Arbeit wird sich häufig auf den alltäglichen Tod bezogen, damit ist das Sterben von Menschen aus dem persönlichen Umfeld gemeint, wie zum Beispiel nahe Verwandten, Freunde/-innen oder Haustiere (vgl. Krüger 2019: 98). Verlust und seine Bedeutung Mit dem Verlust wird ein Zustand beschrieben, der sich auf das Verlieren oder das Entziehen von etwas Bedeutsamem oder Wertvollem bezieht. Innerhalb des Kontextes von Tod und Trauer wird von einem sozialen Verlust gesprochen, welcher sich auf das endgültige Verlieren eines geliebten Menschen bezieht (vgl. Znoj 2016: 19). Ähnlich wie der Tod handele es sich auch hierbei um eine Erfahrung, die fundamental zum Leben dazugehöre und weltweit von jedem Menschen innerhalb der Lebensspanne erfahren werde (vgl. Krüger 2019: 38). Krüger (2019: 92) betont, dass mit einem sozialen Verlust eines nahestehenden Menschen, die Basis eines selbstentworfenen Konzepts von Sicherheit und Orientierung innerhalb der Welt verloren gehen kann. Dies könne die Bewältigung von Krisen erheblich erschweren, stellt Krüger (ebd.: 92) kritisch fest. Der Verlust eines Menschen von persönlich wertvoller Bedeutung sei auch immer verbunden mit der Erinnerung an die persönliche Endlichkeit und könne Zukunftsängste auslösen (vgl. ebd.: 92). Wenn in dieser Arbeit von Krisen die Rede ist, so sind damit Ereignisse gemeint, die das innere Gleichgewicht belasten und Veränderungen mit ungewissen Ausgang in der Entwicklung hervorrufen können (vgl. Heide Filipp/Aymanns 2018: 27f). Einen nahestehenden Menschen zu verlieren, sei es durch eine endgültige Trennung, den Tod oder durch geistigen und seelischen Zerfall, verursacht durch eine Demenz, kann nicht nur unmittelbar Veränderungen im Erleben bewirken, sondern langfristig das ganze Leben verändern (Znoj 2016: 15). Wie ein Mensch den sozialen Verlust aufnimmt und emotional auf diesen reagiert, könne wie Znoj (2016: 18) betont, nicht pauschalisiert werden. Menschen seien komplex in ihrem Wesen und vielfältig in ihrer Art, wie sie Beziehungen bilden. Znoj (2016: 16) beschreibt menschliche Beziehungen als ein Geflecht, in denen Mittel ausgetauscht werden. Fällt dieser Austausch durch den sozialen Verlust eines Menschen weg, könne dieses als eine Erschütterung der Lebenswelt wahrgenommen werden. In der Forschung wird außerdem zwischen sozialen Verlusten unterschieden, die normativ sind, also nicht unerwartet eintreten (vgl. Znoj 2016: 19). Dies könne beispielsweise die 85-jährige Großmutter des 23-jährigen Tim sein, die aufgrund ihres hohen Alters an einem natürlichen Umstand verstirbt. Verliert jedoch der 23-jährige Tim durch einen Autounfall sein Leben, handelt es sich hierbei aus Sicht der Forschung um einen nicht normativen Verlust (vgl. ebd.: 19). Je nach Individuum und der Art der Beziehung können bei sozialen Verlusten Stabilitäten verloren gehen, die so Znoj (ebd.: 16) zuvor sowohl emotionale Sicherheit als auch Orientierung innerhalb der Gesellschaft geboten haben. Bei nicht normativen Verlusten können sich diese Auswirkungen für das zukünftige Leben deutlich verstärken (vgl. ebd.: 21). Die Verarbeitung stellt Betroffene aus Sicht der Forschung vor immense Herausforderungen und kann dazu führen, dass Betroffene ihre Persönlichkeit und ihren Sinn in der Gesellschaft in Frage stellen (vgl. Krüger 2019: 24). Krüger (2019: 256) zeigt eine erweiterte Perspektive von Verlusten auf, indem dieser auf das Potenzial von Verlusten hinweist. Soziale Verluste können demnach neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen. In der Art, wie Betroffene einen sozialen Verlust verarbeiten, sei auch immer ein Prozess mitinbegriffen, der die Persönlichkeitsentwicklung insoweit antreibe, dass im Idealfall eine erweiterte Form der Orientierung und Sicherheit innerhalb der Welt gefunden werde (vgl. Znoj 2016: 283). Das Individuum, welches von einem sozialen Verlust betroffen ist, könne so gereifter aus der Situation hervorgehen indem neue Handlungswege erschlossen werden und der Tod in das Leben integriert wird (vgl. ebd.: 291). Abschließend sollte aber auch betont werden, dass ein Verlust in den meisten Fällen mit einer Störung des inneren Gleichgewichts einhergeht und bei vielen Menschen starke Stressreaktionen auslösen kann (vgl. Znoj 2016: 17). Innerhalb des Pools von aktuellen Studien spiegelt sich dieses uneinheitliche Bild wider, es lassen sich kaum evidenzbasierte Studien finden, welche die langwierigen Konsequenzen eines sozialen Verlustes auf einen Menschen näher aufzeigen (vgl. ebd.: 20). Gründe seien unter anderem die Vielfältigkeit und Individualität von Verlusterfahrungen, die kein einheitliches Bild ergeben, um valide Aussagen treffen zu können (vgl. ebd.: 20f). Trauer in der Verlustbewältigung Bei Trauer handele es sich um eine Reaktion auf einen Verlust, in der die Betroffenen einen Trauerprozess durchlaufen, um diesen Verlust zu verarbeiten. Auch hier könne von einem festen Bestandteil des Lebens gesprochen werden (vgl. Stimme 2021: o.S.). Aus Sicht der Trauerforschung stelle Trauer für den menschlichen Organismus eine notwendige und natürliche Reaktion auf Verlustereignisse dar (vgl. Kern/Rinder/Rauch 2017: 23). Hilpert (2017: 435) merkt an, dass dies universell jeden Menschen betreffen könne. Häufige Situationen in denen Trauer auftrete, seien nach Hilpert (ebd.: 435): Abschiede und Beziehungstrennungen. Als besonders intensiv werde Trauer bei der Auseinandersetzung mit dem Tod eines nahestehenden Individuums erlebt (vgl. ebd.: 435). Wie ein Trauerprozess für den jeweiligen Menschen wahrgenommen wird, der unter einem Verlust leidet, lässt sich anhand von validen Untersuchungen als schwankend klassifizieren (vgl. Jungbauer 2013: 53). Dies meint im Konkreten, dass keine allumfassende Antwort darüber getroffen werden kann, wie lange ein Trauerprozess andauert und wie dieser subjektiv als solcher erlebt wird (vgl. ebd.: 53). Der Trauerforscher Worden (2018: 26) formuliert zu einem näheren Verständnis von möglichen Trauerreaktionen vier Ebenen des menschlichen Organismus, über die sich Trauer ausdrücken lassen kann. Zum einen könne sich Trauer auf der Ebene der Emotionen ausdrücken, in der Traurigkeit, Schuldgefühle und zum Beispiel Wut empfunden wird (vgl. ebd.: 26f). Zum anderen auf der geistigen Ebene sei es möglich, dass Prozesse freigesetzt werden, in denen eine nähere Auseinandersetzung mit dem Tod geschehe oder Gedankenspiralen über den/die Verstorbene/-n auftreten können (vgl. ebd.: 32f). Trauer in der Handlungsebene könne sich beispielsweise durch Störungen im Schlafverhalten oder durch Weinen ausdrücken, auch ein Rückzug aus dem sozialen Umfeld werde häufig beobachtet (vgl. ebd.: 34ff). Körperlich wahrnehmbar treten bei einer Vielzahl von Betroffenen Trauerreaktionen auf, in welchen diese über Schwäche klagen und sich angeschlagen fühlen (vgl. ebd.: 32). Mit dieser Kategorisierung von möglichen Trauerreaktionen wird aufgezeigt, dass Trauer tiefgreifend auf das Individuum einwirken kann und sich dabei facettenreich und komplex äußert (vgl. Krüger 2019: 166). Um Trauer als eine Bewältigung auf ein Verlustereignis begreifen zu können, wurden verschiedene Ansätze entwickelt, die näher aufzeichnen wollen, wie dieser Prozess der Verarbeitung ablaufen kann. Um die Kapazität dieser Arbeit nicht überzustrapazieren, werden im Folgenden zwei Modelle aus den Diskursen der aktuellen Forschung, skizzenhaft umrissen. Diese Modelle wurden deshalb ausgewählt, weil diese in der Literatur und in der Praxis überwiegend zur Erklärung von Trauerprozessen herangezogen werden (vgl. Znoj 2012: 17ff). Psychodynamisches Modell der Trauer Sigmund Freud, der als einer der bekanntesten Psychologen des 20. Jahrhunderts gilt, entwickelte ein Verständnis von Trauer, das phasenweise verläuft und letztlich die Ablösung vom Verstorbenen zum Endziel hat (vgl. Backhaus 2019: 162). Aus diesen Gedanken heraus, entwickelten sich um die 1960er Jahre herum verschiedene Modelle, die die Trauerarbeit in Stufen auffassen (vgl. ebd.: 162). Beginnend sei nach dem Modell von Elisabeth-Kübler-Ross (2001: 62ff) eine Etappe der Verleugnung zu beobachten, in welcher der/die Betroffene Schwierigkeiten dabei habe, den Verlust als solchen zu akzeptieren. Als eine Art der Schutzreaktion, erleben Betroffene das Gefühl, dass der/die Verstorbene noch präsent sei (vgl. Worden 2018: 45). Gefühle wie Wut stellen besondere Themen in der zweiten Phase des Phasenmodells dar, die sich gegen sich selbst und den/die Verstorbene/-n richten kann (vgl. Kübler-Ross 2001: 77f). Die dritte Phase setzt sich aus einer aktiven Verhandlung zusammen, in der die Betroffenen versuchen mit dem Verlust umzugehen, indem sie Handlungen anstreben, die den Verlust kompensieren (vgl. ebd.: 80). In der vierten Etappe der Depression sei es wohl möglich, durch Gefühle wie Traurigkeit zum Beispiel, die Realität als solche anzunehmen (vgl. Gasteiger 2020: o.S.). Erst in der letzten Etappe könne eine Einwilligung geschehen, in welcher der Verlust akzeptiert werde. Von dort an bestehe erst die Bereitschaft dazu, ohne den/die Verstorbene/-n weiterzuleben (vgl. ebd.: o.S.). Nach aktuellem Forschungsstand werden dieses Phasenmodell und aktuellere Phasenmodelle der Trauer scharf kritisiert. So weist Krüger (2022: 72f) eindringlich darauf hin, dass diese in Bildungskontexten zwar noch häufig verwendet werden, aber längst als überholt gelten. Freud argumentiert, dass eine Abnabelung von der/den verstorbene/-n geschehen solle, um den Verlust akzeptieren zu können. Die Notwendigkeit dessen sei jedoch aus Sicht der Forschung nicht bewiesen, betont Znoj (2022: 42). Krüger (2019: 151) wirft hingegen als Argument für die Phasenmodelle ein, das objektiv gesehen ein Rückbezug auf Phasen nützlich sein könne, weil ein deutlicher Ablauf von Trauer eine unterstützende Wirkung habe und dies für Betroffene als Orientierungshilfe dienen könne. Vergleichsweise betont hingegen Jungbauer (2013: 57f) als Kritik, dass die Individualität und Vielfältigkeit von Trauer hier nicht mit inbegriffen sei. Es kann als größte Schwäche der Phasenmodelle festgestellt werden, […], dass sie falsche Normen setzen und damit falsche Vorstellungen über den Verlauf suggerieren (Znoj 2016: 28). An dieser Stelle ist es relevant zu betonen, dass Trauer nach aktuellen Stand der Forschung nicht linear verläuft. Einige Menschen können in einer bestimmten Phase länger verweilen, während andere schneller durch die Phasen gehen (vgl. Jungbauer 2013: 57f).
Viktoria Becker, B.A., wurde 1995 in Grevenbroich geboren. Sie studierte für 4 Semester für das Gymnasiallehramt und konnte dort Erfahrungen und Wissen für das letzten Kapitel dieser Arbeit sammeln. Ihr anschließendes Studium der Sozialen Arbeit an der Ostfalia schloss die Autorin im Jahre 2024 mit einem Bachelor erfolgreich ab. Die Konfrontation mit einem schweren Schicksalsschlag im letzten Abschnitt ihres Studiums, bestärkten Sie nur mehr darin, den Umgang mit Tod, Trauer und Verlust innerhalb der Gesellschaft, kritisch zu hinterfragen.
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