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- Mitteleuropäische Ameisenarten und ihre Haltung in Formikarien
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Abb.: 46
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Unter den staatenbildenden Insekten haben die Ameisen eine besondere Rolle, da sich viele außergewöhnliche Phänomene nur bei diesen Tieren beobachten lassen. Ihre Lebensweise ist in vielerlei Hinsicht einzigartig und gleichzeitig außergewöhnlich vielfältig. Welche andere Insektenfamilie bedient sich beispielsweise der Viehzucht oder der Sklavenhaltung ? Diese Studie widmet sich den mitteleuropäischen Ameisenarten und soll einen Einblick in ihre Lebensweise bieten. Dazu werden alle wichtigen Zusammenhänge in Bezug auf Anatomie, Entwicklung, Nestbau, Gesellschaftsleben, Sinnesorgane und Ernährung erläutert. Einer Einführung in die wichtigsten Details über Ameisen folgen Informationen über die Haltung dieser Tiere, die besonders in jüngster Zeit in Deutschland an Popularität gewonnen hat. Es wird ein kleiner Einblick in die Anschaffung und Einrichtung von Formikarien geboten. Ferner werden die wichtigsten Kriterien zur erfolgreichen artgerechten Ameisenhaltung erläutert. In diesem Zusammenhang geht die Studie auch auf die Bedeutung des Themas Ameisen im Biologieunterricht an allgemeinbildenden Schulen ein. Die Studie schließt mit der Vorstellung von einigen bei Ameisenhaltern beliebten Ameisenarten und einer Beschreibung von einigen artspezifischen Verhaltensweisen sowie wichtigen Details zur Fütterung.
Textprobe: Kapitel 3.2, Fortpflanzung, Schwärmen und Begattung: […] Aufgrund der Tatsache, dass die Lebensdauer der Ameisenvölker die der Arbeiterinnen weit übersteigt, müssen die verendeten Individuen ersetzt werden. Weiterhin werden Geschlechtstiere benötigt, um neue Völker zu gründen und neue Lebensräume zu besiedeln. Folgend geht es also zum einen um die Erzeugung und Entwicklung neuer Individuen und zum anderen um die Entstehung neuer Ameisenvölker, die Koloniegründung. Zunächst möchte ich mich mit dem Prozess der Fortpflanzung beschäftigen, der es den Ameisen u.a. ermöglicht, neue Kolonien zu gründen. In der Regel versteht man unter Fortpflanzung die Gewinnung neuer Individuen aus den vorhandenen. Im Ameisenvolk übernehmen diese Aufgabe die Geschlechtstiere, also die Männchen und die fruchtbaren Weibchen. Arbeiterinnen sind, wie bereits erwähnt, nicht zur Fortpflanzung befähigt, ihre Eierstöcke sind in den meisten Fällen nicht funktionsfähig. Der Normalfall bei den Ameisen ist die zweigeschlechtliche Fortpflanzung durch Männchen und Weibchen, bei einzelnen Arbeiterinnen können in seltenen Fällen Eier heranreifen, die jedoch unbefruchtet bleiben, also auf eingeschlechtlichem Wege zustande kommen. Bei den mitteleuropäischen Ameisenarten verläßt in der Regel pro Jahr nur eine einzige Geschlechtstiergeneration das Stammnest. Der für den Aufbau dieser Generation benötigte Zeitraum schwankt von Art zu Art beträchlich und ist nicht zuletzt von vielen Faktoren, wie z.B. der Außen- bzw. Nesttemperatur abhängig. Die überdurchschnittlich warm temperierten Nesthügel der Waldameisen beispielsweise benötigen zur Aufzucht ihrer Geschlechtstiere nur 5-6 Wochen. Viele andere heimische Ameisenarten leben unter wesentlich ungünstigeren klimatischen Bedingungen, was die Zeitspanne der Geschlechtstieraufzucht entsprechend in die Länge zieht. Bei vielen Weg- und Knotenameisenarten überwintern die Geschlechtstierlarven und vollenden erst nach der Winterruhe ihren Entwicklungsprozess (vgl. GÖSSWALD 1985: 33, 34). Die Begattung der Jungköniginnen erfolgt bei den meisten Ameisenarten nicht im Nest, sondern während des sog. Hochzeitsfluges. Dieser Hochzeits- oder auch Schwarmflug hat zum einen das Ziel, Geschlechtspartner aus verschiedenen Nestern zusammenzuführen. Dadurch soll Inzucht verhindert werden, die bei Ameisen nur sehr selten vorkommt (z.B. bei der Pharaoameise). Zum anderen wird auf diesem Weg zu einer größeren Verbreitung der Art beigetragen. Der Zeitpunkt des Hochzeitsfluges ist bei den einzelnen Ameisenarten sehr verschieden, u.a. hängt er von der Jahreszeit, der Witterung (meist an schwül-warmen Tagen) und von der Tageszeit (meist mittags bis abends) ab. Diese artspezifischen Schwärmzeitpunkte verstärken die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens der richtigen Geschlechtspartner. Der Ablauf des Hochzeitsfluges ist oft sehr spektakulär, die Ameisen sammeln sich nicht selten zu tausenden an regelrechten Paarungsplätzen. Während die Orientierung im Gelände eher optisch gesteuert ist, wird das Finden der passenden Geschlechtspartner durch Pheromone ermöglicht. Diese von den Jungköniginnen abgegebenen Sexuallockstoffe wirken zusätzlich stimulierend. Die eigentliche Begattung findet überwiegend in der Luft statt, kann jedoch auch auf festem Boden oder Pflanzen durchgeführt werden. Die Männchen sind durchaus in der Lage, sich auch mit mehreren Weibchen zu paaren. Mehrfachbegattungen einer Jungkönigin kommen vielfach bei Arten vor, die nur eine einzige Königin besitzen und sehr individuenreich sind, da hier eine entsprechend große Menge an Sperma gespeichert werden muss. Für die Speicherung des Spermas besitzen die Jungköniginnen im Hinterleib ein spezielles Organ, die sog. Samentasche (Receptaculum seminis), die die Spermien auch über mehrere Jahre hinweg zeugungsfähig hält. Sie werden je nach Bedarf portionsweise abgegeben, um die in der Vagina vorbei gleitenden Eier zu befruchten. Dieser effektive Speichermechanismus ist notwendig, da der von den Männchen gelieferte Spermienvorrat später nicht wieder aufgefüllt werden kann. Nach dem Hochzeitsflug sterben die Männchen relativ rasch und werden nicht selten von den Hinterbliebenden als Nahrungsergänzung genutzt. Die Weibchen hingegen stellen ihre Flugaktivitäten ein und nutzen danach nur noch ihre Beine zur Fortbewegung. Die nun überflüssig gewordenen Flügel werden an einer Sollbruchstelle abgebissen. Die für den Hochzeitsflug notwendige Flugmuskulatur ernährt die Jungkönigin in der Folgezeit, bis sie einen Hofstaat gebildet hat, der in der Lage ist, sie zu ernähren. Die Überlebenden des Hochzeitsfluges kommen nun in eine für die Fortpflanzung recht kritische, jedoch notwendige Lebensphase. Die Jungköniginnen können sich nun entweder einer schon bestehenden Ameisenkolonie anschließen oder ohne fremde Hilfe ein eigenes Volk gründen. Generelle Voraussetzung für das Überleben ist ein für die Königin geeigneter Lebensraum, den sie nach dem Hochzeitsflug bereits erreicht haben sollte. Falls sie in einem ungünstigen Lebensraum gelandet sein sollte, verringern sich ihre ohnehin schon geringen Erfolgschancen nochmals. Permanente Gefahren durch Vögel, Raubinsekten oder Spinnen verfolgen sie auch weiterhin. Statistisch überlebt nur eine einzige von rund 10 000 Jungköniginnen in dem Sinne, dass sie erfolgreich eine neue Kolonie gründet (vgl. KIRCHNER 2001: 85). 3.3, Arten der Koloniegründung: […] Voraussetzung für die Gründung eines neuen Staates ist ein gesundes begattetes Weibchen. Diese neue Staatsmutter erzeugt nach dem Flügelabwurf einen eigenen Geruch, der fortan die Mitglieder ihrer Kolonie identifiziert. Falls sie sich einem anderen Volk anschließt, wird sie den dortigen Geruch annehmen. In Bezug auf andere Staaten gründende Weibchen entwickeln viele Arten einen Mordinstinkt , der sie dazu stimuliert, andere konkurrierende Jungköniginnen zu töten. Erkennungsmerkmal hierbei ist wiederum der individuelle Staatsduft. Die Jungköniginnen einiger Ameisenarten können sich zunächst in einer Art Gründungskammer zusammenschließen, wie es beispielsweise bei der Schwarzgrauen Wegameise Lasius niger vorkommt. Mit dem Ausreifen der Brut jedoch tritt sog. Brutegoismus auf, der die Königinnen dazu veranlasst, sich solange gegenseitig zu bekämpfen, bis nur noch eine übrig ist. Generell wird zwischen zwei verschiedenen Wegen der Koloniegründung unterschieden, die hier kurz dargestellt werden (vgl. HÖLLDOBLER 1990: 157). Bei der sog. unabhängigen Koloniegründung wird ein neues Volk durch eine einzelne begattete Jungkönigin ohne fremde Hilfe gegründet. Auch die bereits erwähnte Methode der Gründungskammer fällt in diese Kategorie. Die Königinnen suchen hierzu nach erfolgreichem Hochzeitsflug einen geeigneten Nistplatz, der zur Nestgründungskammer wird. Dies sind in der Regel schon vorhandene Hohlräume in totem Holz, unter der Rinde oder unter Steinen. Die Nistplatzwahl ist oft artspezifisch, jedoch herrscht hier eine sehr große Vielfalt auch innerhalb einer Art. Nach der ersten Einnistung erfolgt innerhalb eines artspezifischen Zeitraumes die erste Eiablage, die daraus schlüpfenden Larven werden nun von der Königin gepflegt. Was die Ernährung dieser ersten Brut betrifft, so gibt es Arten (besonders jene mit relativ kleinen Königinnen), die auf Nahrungserwerb von außen angewiesen sind. Zu diesen gehört beispielsweise Myrmica rubra. Höher entwickelte Arten wie beispielsweise Lasius niger gründen ihre Kolonie unter völligem Ausschluss der Außenwelt, im Versuch wirkt hier eine Zusatzfütterung eher störend. Die Größenunterschiede zwischen der Königin und ihren kleinen Arbeiterinnen sind hier beträchtlich, dementsprechend sind auch die Körperreserven der jungen Königin groß. Hinzu kommt noch, dass Lasius niger über sog. Pygmäen verfügt, das sind die ersten kleinen Arbeiterinnen der noch jungen Kolonie, die im Vergleich zu den späteren Arbeiterinnen sehr klein sind. Auch verzehren die Junköniginnen dieser Art anfangs schwankende Mengen an Eiern bzw. Junglarven, was in einer relativ kleinen Zahl an Erstlingsarbeiterinnen resultiert (vgl. KIRCHNER 2001: 85, 86). Der erste Schritt der Staatengründung ist nun vollzogen und die Königin wird fortan von ihren ersten Arbeiterinnen versorgt und gepflegt. Später werden die relativ kurzlebigen Pygmäen durch der Art entsprechend größere Arbeiterinnen ersetzt und bereits nach den ersten drei Jahren kann die Anzahl der Individuen in diesem Jungstaat auf mehr als 30 000 Tiere ansteigen. Die Nahrungsaufnahme dieses Superorganismus wächst mit steigender Individuenzahl, und mit der Aufzucht der ersten Geschlechtstiere hat die Kolonie ihren Reifeprozess beendet. Ein Staat mit verendeter oder unfruchtbar gewordener Königin kann noch ca. drei bis sechs Jahre überleben, die verweiste Brut sowie deren Pflege sorgt in diesem Zeitraum für ausreichend Arbeit. Bei manchen Ameisenarten haben die Jungköniginnen ihre Fähigkeit zur unabhängigen, sprich selbständigen, Koloniegründung verloren. Sie gründen ihren Staat in Abhängigkeit der Arbeiterschaft einer fremden Kolonie, sie schmarotzen in einem schon bestehenden Ameisenstaat, in den sie eindrigen und die dortigen Ameisen als Wirte nutzen. Diese Art der Koloniegründung basiert auf dem sog. Sozialparasitismus und wird auch oft als abhängige Koloniegründung bezeichnet. Manche Arten verlassen nach erfolgter Aufzucht der eigenen Brut das Wirtsnest und gründen ihren eigenen Staat. Dies wird auch als temporärer Sozialparasitismus bezeichnet. Diese Methode hat den Vorteil, dass zum einen die Gefahren der selbständigen Koloniegründung umgangen werden, zum anderen muss keine Gründungskammer gebaut werden und auch die aufwendige Aufzucht der Brut wird von den Wirtsameisen übernommen. Als Nachteil jener Art der Staatengründung muss erwähnt werden, dass diese sozialparasitischen Arten zunächst ein geeignetes Wirtsnest finden müssen, was nicht immer unproblematisch abläuft. Selbst wenn die Jungkönigin fündig wird und erfolgreich in ein fremdes Nest eindringt, so ist ihre dortige Aufnahme nicht immer garantiert, denn falls sie entlarvt wird, bedeutet das ihr sicheres Todesurteil (vgl. GÖSSWALD 1985: 52).
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