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Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der vorliegende Band bietet eine Einführung in die für die Pädagogik wichtigen Thesen der Medientheorie. Gleichzeitig ist das Buch ein Plädoyer für eine zeitgemäße, kritische Medienbildung. Der Unterschied zwischen einer alltäglichen Medienverdammung und einer validen Medienkritik wird herausgearbeitet und Bildung als zentrale Kategorie innerhalb dieser Diskussion reflektiert. Nach einer historischen Hinführung zum Thema ist der Schwerpunkt die kritische Medientheorie und die Kulturindustrie-These der Frankfurter Schule. Sie soll als zentraler Referenzpunkt in der Auseinandersetzung mit Medien im Spannungsfeld von Manipulation und Emanzipation dienen.
Textprobe: Kapitel 3.2, ‘Amerikanisierung’ der Medien: ‘Die Art der Entäußerung des amerikanischen Lebens [...] ließe sich bezeichnen als ein universaler Sieg der Aufklärung im Sinne des gesamteuropäischen Aufklärungsprozesses’ (ADORNO f: 10). Geht es um eine ‘alltägliche Medienverdammung’ und eine Kritik an den Medieninhalten, sowie eine moralische oder vermeintlich intellektuelle Verurteilung von besonders trivial und plump empfundener Fernsehshows, ist oftmals von einer ‘Amerikanisierung der Kultur’ die Rede. Hinter dieser Feststellung ist in erster Linie keine Kritik, sondern ein in Europa nach wie vor weit verbreitetes antiamerikanisches Ressentiment zu erkennen. Der hauptsächlich negativ konnotierte Begriff der ‘Amerikanisierung’ bezeichnet die phantasierte amerikanische Kulturlosigkeit und suggeriert einen Prozess der Herrschaft von materieller Rationalität und die Zerstörung des Gemeinschaftssinnes durch globalisierte Massenkultur und Kommerz. Die kulturpessimistische Angst vor Traditionsverlust macht Amerika zum Symbol der Gefahren einer ungebändigten Moderne (vgl. MARKOVITS: 118-154). In der Ideologie des Antiamerikanismus gelten die USA als ‘Metapher für eine unheimliche, unfassbare Bedrohung. Auf den ‚Amerikanismus’ werden alle Ängste vor Zersetzung, Orientierungsverlust, Selbstentfremdung und Selbstauflösung projiziert, die den modernen Menschen plagen, seit er die vermeintliche Harmonie der Stammes- oder Ständegemeinschaft verlassen hat. ‚Amerika’ ist das Symbol eines Aufbruchs ins Ungewisse. Es ist eine Projektionsfläche für die Selbstzweifel, von denen die Moderne auf ihrer Reise ohne Wiederkehr immer wieder befallen wird’ (HERZINGER/STEIN: 23). Die Projektion der negativen Seiten von Globalisierung und Kapitalismus auf die universalistische Zivilgesellschaft der USA als Sinnbild der Moderne verbinden nicht nur die gegenseitigen politischen Spektren, sondern auch die gesellschaftspolitische Mitte, die mit einer Abgrenzung gegenüber den Vereinigten Staaten eine gesamteuropäische Identität stiften will. Allen voran erweist sich hier der Kommunikationswissenschaftler Jürgen Habermas als Verfechter eines ‘avantgardistischen Kerneuropas’. Wenn von Seiten der europäischen Linken eine gerechte, d.h. etatistische Variante des Kapitalismus gefordert wird, konkretisiert sich dies oftmals in der Negation Amerikas als eines nur am Gewinn des Einzelnen orientierten Gegenmodells zu einer an gewissenhaften Werten der Gemeinschaft orientierten Kultur. ‘‚Kultur’ ist wieder das geworden, was es in der Tradition deutscher Zivilisationskritik seit der politischen Romantik lange Zeit gewesen ist: ein Kampfschrei gegen den westlichen Liberalismus’ (HERZINGER/STEIN: 58). Nicht Kapital und Äquivalententausch, die den Kern der bürgerlichen Gesellschafts- und Herrschaftsformen ausmachen, werden einer Kritik unterzogen. Es geht einzig darum, das imaginiert feindliche und als Bedrohung der eigenen Gemeinschaft wahrgenommene amerikanische Kapital und alles damit Assoziierte anzugreifen, um die verschiedenen zu bewahrenden Kulturen mit ihren Eigenheiten vor dem ‘amerikanischen Kulturimperialismus’ zu schützen (vgl. MARKOVITS: 118 ff.). ‘Statt zu sagen, die Ereignisse betreffen das kapitalistische System als Ganzes, konzentriert man sich auf ein paar Banker und Spekulanten, denen bestimmte Eigenschaften wie ‚geldgierig’ oder ‚können den Hals nicht voll kriegen’ zugeschrieben werden. Eigenschaften, die auch zum Kern antisemitischen Denkens gehören und die der Debatte, sicher nicht mehrheitlich, aber in einigen Fällen, eine antijüdische Richtung geben könnten. Ich denke, dass momentan die Kritik an den USA dominiert. Allerdings ist der Weg vom Antiamerikanismus zum Antisemitismus oft nicht weit’ (BERGMANN). Der ‘Amerikanismus’, als Negativfolie für die industrielle und kommerzielle Moderne, suggeriert Schreckensbilder einer aufkommenden Massengesellschaft, die einer Herrschaft menschenfeindlicher Rationalisierung und alle Individualität zerstörender, trivialer Massenkultur unterliegt (vgl. OTT: 101). Die Identität stiftende eigene Kultur wird dem universalistischen Charakter der Globalisierung entgegengesetzt, der die eigene (ess-)kulturelle Identität bedroht, wie dies der libanesische Publizist Pierre Abi-Saab im Anschluss an eine Konferenz der Heinrich Böll Stiftung beschreibt: ‘Der Ausdruck Globalisierung bedeutet in Wirklichkeit Amerikanisierung. Die Kultur von CocaCola und McDonalds ist es, was verbreitet wird, und wir müssen uns solcher McDonaldisierung widersetzen. [...] Die Araber empfinden dies stärker als andere. Aber auch der Franzose fühlt sich von Hamburger und Fast-Food-Ketten, die seine Restaurants verdrängen, überrollt. Dies ist ein Beispiel für die Bedrohung der Identität, weil die französische Küche ein Teil der französischen Identität ist’ (ABI-SAAB). Von diesem ideologischen Hintergrund aus betrachtet liefert Abi-Saab ein Exempel für den Vorwurf einer Amerikanisierung der Medien, in dem er nicht etwa die Presse- und Meinungszensur innerhalb der arabischen Medienlandschaft kritisiert, sondern in negativer Absicht bemerkt, dass man CNN noch im kleinsten Dorf in Ägypten und Algerien empfangen könne und dass dieses ‘Aufdrängen mit allem, was damit an Waren, Ideen, Werten, Modellen und Bildern einhergeht’ (ebd.) die Identität verwische’ (ABI-SAAB). Wenn Adorno die deutsch-europäische Kultur und die bürgerlich-amerikanische ‘culture’ vergleicht, konstatiert er – bezogen auf die Grundpfeiler der amerikanischen Revolution und die der Verfassung zu Grunde liegenden Prinzipien ‘freedom’ und ‘pursuit of happiness’ – dass mit fortschreitender Etablierung der Kulturindustrie zwar die Utopie der Hoffnung auf eine andere Gesellschaftsform verloren ginge, zugleich aber auch totalitären Bewegungen der Nährboden entzogen würde: ‘Die Güterfülle, diese Tatsache, dass der Mangel zurücktritt […], das verleiht doch der alltäglichen Erfahrung ein Moment der Friedlichkeit und des Unaggressiven, das uns in Europa fast vollkommen verloren gegangen ist. Es handelt sich hier um eine […] Art Durchdringung der Gesamtgesellschaft mit Humanität im unmittelbaren Verhalten [...]. Dadurch kommt in das amerikanische Leben ein Moment von Friedlichkeit und Gutartigkeit hinein, [...] ein Moment [...] der Unaggressivität [...], das mit dem Begriff realer Humanität sehr viel mehr zu tun hat, als wir so im allgemeinen wissen’ (ADORNO f: 8). In dieser Konstitution der amerikanischen Gesellschaft, die einen Hitler eben nicht hervorgebracht hat, vermutet Adorno die ‘Resistenzkraft gegen totalitäre Strömungen’ (ebd.: 9) begründet. Bei vielen Linken, insbesondere innerhalb der globalisierungskritischen Bewegung, herrscht die entgegengesetzte Annahme vor, die US-Politik müsse aufgrund ihrer enormen Mittel zu verhindern, was im Guten möglich wäre, zuerst bekämpft werden. Das heißt jedoch, nicht wahrhaben zu wollen oder bewusst darüber hinwegzutäuschen, dass die Vereinigten Staaten es waren, die, zusammen mit den sowjetischen Streitkräften, das Schlimmste verhinderten – hervorgebracht von dem vergleichsweise kleinen Staat namens Deutschland. Sie haben ein deutsches Weltreich verhindert und damit die Möglichkeit einer Welt ohne Elend und Hunger bewahrt (vgl. SCHEIT a: 99). Zwar liegt für Marx die Emanzipation des Bürgers zum Menschen in der Befreiung von Kapital, Arbeit, Staat und Religion, doch fordert er in politischer Praxis zunächst die konsequente Verwirklichung dieses bürgerlichen Gewaltverhältnisses und kritisiert Ausschlüsse, wie z.B. damals die der Juden von bürgerlichen Grundrechten. Diese Dialektik von einem emanzipatorischen Gehalt der bürgerlichen Rechte einerseits und den ökonomischen Herrschaftspraktiken andererseits ist die strukturelle Paradoxie, die es im kritisch-reflexiven Denken auszuhalten gilt.
Janis Just ist staatlich anerkannter Sozialarbeiter mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik. Während seines Masters in Internationalen Beziehungen an den Universitäten von Freiburg, Kapstadt und Bangkok, lag sein Fokus auf europäischer Sicherheitspolitik und Neuen Medien. Darüber hinaus verfügt er über Weiterbildungen in den Bereichen Kommunikation, PR und Online-Gestaltung. Der Autor lebt derzeit in Köln und forscht zum Web 2.0 als Radikalisierungsinstrument gewaltbereiter Ideologien.
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