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- Machtkonflikt im Sportunterricht: Eine Fallstudie über Ursachen, Strategien und Folgen
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Machtkonflikte? Ham‘ we‘ nich‘ , so die geschlossene Aussage aus dem Lehrerzimmer. Dies ist erstaunlich, bedenkt man, dass laut Experten der Machtkampf in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen sehr verbreitet ist. In der sportdidaktischen Literatur finden sich nur sehr wenige Quellen, die sich explizit mit dem Thema Machtkampf beschäftigen. Allgemein scheint dies daran zu liegen, dass es sich hierbei um ein Tabu-Thema bei Pädagogen handelt: Machtkämpfe hat man einfach nicht. Das Phänomen Machtkampf oder Machtkonflikt ist in der Sozialwissenschaft bereits als Teil einer Konflikttheorie von H. Messmer dargestellt worden und wird in diesem Buch auf den Sportunterricht übertragen. Doch auch in sportwissenschaftlichen Texten finden sich Andeutungen darüber, dass Unterrichtsstörungen sich zu Machtkonflikten entwickeln können. Daher sollten Lehrer, laut der sportwissenschaftlichen Literatur, bemüht sein zum einen Machtkämpfe grundsätzlich zu vermeiden und zum anderen, wenn dies nicht möglich ist, eine möglichst akzeptable Lösung für beide Seiten zu finden. Wie derartige Lösungsmöglichkeiten aussehen können, wurde bisher nicht erforscht, es kursieren lediglich präventive Tipps. Daher verfolgt diese Studie die Forschungsfrage: Wie entstehen Machtkämpfe im Sportunterricht und welches Lehrerverhalten kann in einem Machtkonflikt einen glimpflichen Verlauf und Ausgang ermöglichen? Um auf diesen bisher unerforschten Bereich der Sportwissenschaft ein erstes Licht zu werfen, werden Daten durch Experteninterviews mit fünf Sportlehrern eines Gymnasium erhoben und mit Bezug auf bestehende Literatur und angrenzende Untersuchungen ausgewertet.
Textprobe: Kapitel 2.1.4, Vorschläge zur Prävention und Bewältigung: Die beste Taktik ist sich nicht auf Machtkonflikte einzulassen, schreibt Charles (1996, S. 93). Um Störungen, die zu derartigen Konflikten führen können, im Vorfeld zu verhindern, schlägt Lohmann eine Reihe von proaktiven Strategien vor. Er erläutert, wie wichtig das professionelle Auftreten des Lehrers ist, welches sich nicht nur durch Fachwissen auszeichnet, sondern auch durch angemessene Kleidung, eine aufrechte und präsente Körperhaltung sowie eine gute Ausdrucksweise (vgl. Lohmann, 2003, S. 94 ff.). Im Sportunterricht bedeutet dies für den Lehrer ebenfalls Sportkleidung zu tragen, um mit gutem Beispiel voranzugehen (vgl. Sieland, 2002, S. 52). Um eine Beziehung zu den Schülern aufzubauen, schlägt Lohmann vor, Interesse für die Hobbys der Kinder und Jugendlichen zu zeigen und auch mal einen Witz zu erzählen. Generell hält er Humor für einen wesentlichen Faktor, um die Gunst der Schüler zu erlangen. Auf diese Weise soll, nach Lohmann, ein gutes Klassenklima aufgebaut werden, welches das Störpotenzial bereits im Vorfeld verringert (vgl. Lohmann, 2003, S. 112 ff.). Weiterhin sehen seine proaktiven Strategien die Einführung von Routinen und Prozeduren vor, in denen die Kinder Halt finden können, weil sie ihnen vertraut sind. Mit der Klasse sollen Regeln abgesprochen werden und die Klasse soll selbst für Fehlverhalten die Konsequenzen bestimmen (vgl. Lohmann, 2003, S. 119 ff., 126 f.). Dieses Reglement findet sich auch bei anderen Autoren. So schreibt Charles, dass der Vorteil dieses Vorgehens darin besteht, dass die Schüler im Vorhinein wissen, welche Konsequenzen auf sie zukommen, wenn sie sich entscheiden zu stören, da sie die Regeln selbst mit formuliert haben (vgl. Charles, 1996, S. 97). Auf diese Weise haben sowohl Regeln als auch Konsequenzen mehr Verbindlichkeit für die ganze Klasse. Durch diese proaktiven Strategien sind bereits gute Vorbedingungen für ein angenehmes Lernen miteinander geschaffen. Weiterhin ist wichtig, dass auch der Unterrichtsinhalt und die Organisation des Unterrichts professionell strukturiert und für die Klasse angemessen sind (vgl. Bräutigam, 2003, S. 145). Narr (2002, S. 128 f.) schreibt, dass der Lehrer eine Bandbreite an Kompetenzen in sich vereinen muss, zu denen das Organisieren zählt und auch die Fähigkeit der Klasse das Gefühl des Vorwärtskommens zu vermitteln. Wenn die Schüler einen Sinn im Unterricht erkennen können und ihnen das Vorgehen des Lehrers transparent gemacht wird, ist wiederum das Störpotenzial geringer. Unter den reaktiven Strategien fasst Lohmann (2003, S. 151) die Intervention und die Problemlösung zusammen. Zur Intervention zählt seiner Ansicht nach das Vermeiden negativer Emotionen, Aussagen in Ich-Botschaften zu formulieren (z.B. ‘Mich stört dein Verhalten.’), dem Störer Rückmeldung über die Auswirkung seines Verhaltens zu geben sowie eine vierstufige Eskalationsleiter (vgl. Lohmann, 2003, S. 159). Nach dieser soll dem Störer zuerst ein nonverbaler Hinweis gegeben werden, dass er eine Grenze überschritten hat. So könnte der Lehrer z.B. Augenkontakt zu ihm aufnehmen oder sich in seine Nähe begeben, ohne auf sein Verhalten verbal einzugehen. Dieses Vorgehen ist daher geeignet, weil es die Störung nicht sofort zum Zentrum des Interesses macht. Entscheidet sich der Schüler wieder am Unterricht teilzunehmen, ist er nicht vor seinen Klassenkameraden gemaßregelt worden. Genügt der nonverbale Hinweis nicht, soll der Lehrer als Nächstes eine verbale Rückmeldung geben (vgl. Lohmann, 2003, S. 159). Hierbei darf keine allgemeine adressatenlose Aussage gemacht werden (z.B. ‘Seid bitte ruhig.’), sondern der Schüler muss namentlich angesprochen werden (z.B. ‘XY sei bitte ruhig.’). Effektiv ist auch, den Störer aufzufordern, mit seiner Aufgabe fortzufahren (z.B. ‘XY übe bitte weiter das Pritschen.’). Es ist wichtig, dem Schüler konkrete Aufträge in kurzen Sätzen zu erteilen, die er nicht falsch verstehen kann. Sollte das Kind dennoch weiter stören, folgt nach Lohmann (2003, S. 159) der nächste Schritt der Eskalationsleiter. Dem Schüler werden die drei Fragen ‘Was tust du? Wie heißt die Regel? Wofür entscheidest du dich?’ (Lohmann, 2003, S. 159) gestellt. Der Störer wird also explizit auf sein Fehlverhalten aufmerksam gemacht. Ihm wird vor Augen geführt, dass er gegen eine der Regeln verstößt, die er mit aufgestellt hat. Er kennt die Konsequenzen und weiß, was auf ihn zukommt, sollte er sich dafür entscheiden weiter zu stören. Dem Kind wird also bewusst die Entscheidung selbst überlassen. Ist der Störer nach diesem Schritt immer noch nicht einsichtig, wird er mit einem Aufgabenplan zu einer Auszeit geschickt (vgl. Lohmann, 2003, S. 159). Hierfür existieren verschiedene Modelle. Im Trainingsraummodell gibt es speziell für derartige Fälle einen Raum mit einer Aufsichtsperson, die den Aufgabenplan, welcher sich noch einmal mit dem Störverhalten des Schülers beschäftigt, mit dem Kind durchgehen kann und es beaufsichtigt. Steht dem Lehrer kein Trainingsraum zur Verfügung, kann er den Schüler zu seiner Auszeit in einen abgetrennten Teil des Klassenraumes schicken oder im Falle der Sporthalle auf die Bank oder in einen separaten Raum. Hier ergibt sich jedoch ein Aufsichtsproblem, wenn dieser Raum für den Lehrer nicht einsichtig ist. Sollten sich derartige Vorfälle häufen, führt der Lehrer mit dem Schüler ein Problemlösungsgespräch, in dem mit dem Schüler zusammen nach den Ursachen gesucht wird sowie nach Lösungsvorschlägen, die für beide Seiten akzeptabel sind. Man einigt sich auf einen Plan, den der Schüler versucht einzuhalten (vgl. Lohmann, 2003, S. 187 f.). Sieland weist darauf hin, dass Schüler viel von Vorbildern lernen. Er plädiert daher dafür, als Kollegium geschlossen aufzutreten, eine gemeinsame Botschaft vorzuleben und sich auch in Maßnahmen bei Problemsituationen abzusprechen (vgl. Sieland, 2002, S. 53). Wenden alle Lehrer dieselben logischen Konsequenzen bei Fehlverhalten an, so fällt es den Kindern leichter sich darauf einzustellen. Charles (1996, S. 93 f.) und Dreikurs et al. (2007, S. 42) geben auch Tipps, wie sich Lehrer verhalten sollten, die von Kindern provoziert werden. Laut ihnen sollten die Lehrer sich auf keinen Fall auf die Provokation einlassen, sondern sich als Autoritätsperson der Situation entziehen. Charles schlägt vor, den Unterricht zu unterbrechen, bis der Schüler bereit ist wieder vernünftig mitzuarbeiten. Er meint, dass der Schüler dadurch Druck von seinen Mitschülern bekommt und keine Möglichkeit mehr hat seine Macht gegen die des Lehrers auszutesten (vgl. Charles, 1996, S. 93). Dreikurs et al. (2007, S. 42) schreiben: ‘Der Lehrer kann sich geschlagen geben [und seine ‚Machtlosigkeit‘ eingestehen]. […] Es ergibt keinen Sinn eine Autorität herauszufordern, die sich nicht herausgefordert fühlt.’ Weiterhin gehen sie mit Lohmann konform, indem sie vorschlagen, den Schüler an Gruppengespräche zu erinnern, in denen die Klassenregeln abgestimmt wurden. Als andere Möglichkeit geben sie an ‘die Segel des Lehrers aus dem Wind des Kindes’ (Dreikurs et al., 2007, S. 43) zu nehmen, indem sie dem Lehrer raten genau das Gegenteil von dem zu tun, was er impulsiv am ehesten machen würde. Der auf diese Weise entstandene Überraschungseffekt kann einen Machtkonflikt vereiteln. Von logischen Konsequenzen halten Dreikurs et al. im Kontext von Machtkonflikten nicht viel, da sie der Ansicht sind, dass für den Erfolg derartiger Maßnahmen ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Lehrer und dem Schüler bestehen muss, welches aber durch den Machtkonflikt geschädigt sei (vgl. Dreikurs et al., 2007, S. 43). Außerdem plädieren sie dafür positives Verhalten von Schülern, die dazu tendieren Machtkonflikte anzuzetteln, durch Lob zu verstärken, um so dieses regelkonforme Verhalten zu festigen (vgl. Dreikurs et al., 2007, S. 42).
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