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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Studie untersucht den Einfluss des attributionalen Feedbacks vor dem Hintergrund der Forschungsgebiete der Lesekompetenz. Auf der Basis theoretischer Forschungsbefunde zu Lesekompetenz und Feedback sollen unterrichtspraktische Möglichkeiten durch Rückmeldung der Lehrerinnen und Lehrer mittels einer Fragebogenbefragung und eines Experteninterviews untersucht werden, die zu einer systematischen Förderung der Lesekompetenz mittels Fähigkeits- und Anstrengungsfeedback. Geeignet zur nachhaltigen Förderung der Leistungsmotivation erwies sich vor allem das Anstrengungsfeedback, da die Schülerinnen und Schüler mit dieser Art des Feedbacks eine Rückmeldung hinsichtlich eines bestimmten Vorgehens bekommen, welches sie in einer anderen Bearbeitungssituation erneut anwenden können. Im Gegensatz dazu wird das Fähigkeitsfeedback untersucht, bei dem das Talent der Schülerinnen und Schüler hervorgehoben wird.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, Welche Faktoren beeinflussen den Erwerb von Lesekompetenz?: Während PISA das Lesen pragmatisch als Kulturwerkzeug bestimmt und darin die Schlüsselqualifikation für eine zufriedenstellende Lebensführung sowie beruflichen und wirtschaftlichen Erfolg sieht, weisen weitere Untersuchungen darauf hin, dass neben der kognitiven Grundfähigkeit zum einen soziale Bedingungen und zum anderen individuelle Aspekte wie Leseinteresse eine ganz entscheidende Rolle für die Ausbildung der Lesekompetenz spielen (Artelt et al., 2001, S. 127ff.). Die Konzeptualisierung der Lesekompetenz von GROEBEN & HURRELMANN (2002) berücksichtigt die motivational-emotionalen und kommunikativen Dimensionen kompetenten Lesens. PISA zeigt, dass der systematische Zusammenhang zwischen familiären Lebensverhältnissen und den Leseleistungen der befragten 15-Jährigen in keinem anderen Land so groß ist wie in Deutschland (Schaffner et al 2004). Es gelingt den Schulen hierzulande offenbar besonders schlecht, die verschiedenen Sozialisationsbedingungen von Kindern aufzufangen, ohne das Leistungsniveau im Lesen insgesamt zu senken (Baumert & Schümer, 2001, S. 393). Aufgrund dessen kann der Auseinandersetzung mit den Einflussfaktoren eine immense Bedeutung zugemessen werden. Besonders die unzureichende Leseleistung der Kinder in Deutschland verlangt eine Verdeutlichung der möglichen bedingenden Faktoren. Die folgende Darstellung beantwortet die Frage, welche außerschulischen und schulischen Faktoren zum Erwerb der Lesekompetenz beitragen bzw. diese beeinflussen können. Das Lehrerfeedback wird hierbei in die schulischen Faktoren eingeordnet. So wird im Anschluss an die Ausführungen zu den Einflussfaktoren ausschließlich das Feedback im Unterricht im Vordergrund stehen und näher betrachtet werden. 2.2.1, Außerschulische Faktoren - Familie: Nach GROEBEN & HURRELMANN (2002, S. 124) sind die Chancen zum Erwerb von Lesekompetenz von jeher sozial ungleich verteilt, was sich bis heute trotz flächendeckender schulischer Leseerziehung nicht verändert hat. Lesesozialisation ist ein Prozess der Enkulturation, kein bloßer Instruktionsprozess und allein durch Bildungsinstitutionen nur schwer umzusetzen (Hurrelmann, 2002). Ob Heranwachsende zur Entwicklung ihrer Lesefähigkeit die Hilfestellung, die sie benötigen, von anderen Personen erfahren, ist von sozialen Ressourcen abhängig. Diese Hilfestellungen hängen nach wie vor eng mit dem Faktor der gesellschaftlichen Schicht zusammen und umfassen ein komplettes Paket von alltäglichen Bildungsbedingungen, die mit dem Begriff ‘soziales Milieu’ (Groeben & Hurrelmann, 2002, S. 123f) subsumiert werden können. In einer literalen Gesellschaft hat das Individuum zu jeder Zeit die Möglichkeit, sich an der Lesekultur der Gesellschaft zu beteiligen. Lesesozialisation erfolgt jedoch im Allgemeinen nicht ungefiltert, d. h. nicht selbst gesteuert, sondern durch einen Vermittlungsprozess zwischen Gesellschaft und Individuum (Groeben & Hurrelmann 2002, S. 138). Sozialisationsinstanzen wie Familie, Schule und Gleichaltrige können auf dieser Ebene gegenwärtig als wichtigste Vermittelnde der Lesekompetenz gelten, unter deren Einfluss sich der Kompetenzerwerb vollzieht. Die Sozialisationsinstanz Schule wird als Einflussfaktor gesondert betrachtet. Gemäß dem aktuellen Forschungsstand wird der Familie die größte Bedeutung unter den Sozialisationsinstanzen zugemessen, da sie, ausgehend von ihren kulturellen Ressourcen, spezifische Sozialisationskontexte auf den Bildungsstand ihrer Kinder projizieren (Bonfadelli & Fritz, 1993, S. 100f.). Auf die Leseentwicklung der Kinder wirkt sie nicht nur am frühesten, sondern auch am nachhaltigsten ein, da ihre Einflüsse alltäglich, diffus und ungeplant sind (Hurrelmann, 2002, S. 138). HURRELMANN (2002) macht deutlich, dass die Lesesozialisation mit der kindlichen Sprachentwicklung verknüpft ist, wobei zu bedenken ist, dass günstige Bedingungen nicht nur dadurch gekennzeichnet sind, dass das Kind zum Sprechen angeregt wird und positive Reaktionen auf seine Äußerungen erhält, sondern ebenso, dass Sprache in differenzierter Form und situationsabhängigem Gebrauch vorkommt. Dies bedeutet, dass schon im Kleinkindalter die Reaktion auf sprachliche Leistungen immens wichtig ist. Nach SCHEERER-NEUMANN (2003) ist die Bedeutung der frühen Entwicklung sprachlicher Fähigkeiten z. B. durch eine anregende sprachliche Umgebung empirisch belegt. Des Weiteren entwickeln Kinder Sprachbewusstheit durch Kommunikation über Sprache, aber zudem durch einen spielerischen Umgang mit Versen, Liedern und Sprachspielen als traditionelle Kinderkultur (Hurrelmann, 2004, S. 46). Der Gebrauch von Kinderliedern gehört wie das Geschichtenerzählen, das Bilderbuchbetrachten und das Vorlesen in den Bereich der sogenannten prä-literalen Phase der Lese- und Schreibentwicklung. Bereits in dieser frühen Phase, verortet vor dem eigenen Lesen, sollten Kinder textförmiger Sprache, allerdings mit Hilfestellung der Eltern, begegnen. Derartige Prozesse sind ausschlaggebend für die Entwicklung einer phonologischen Bewusstheit, die für den Erwerb der Lesekompetenz notwendig ist. Die Unterschiede im Leseverhalten von Kindern aus unterschiedlichen sozialen Schichten gehen folglich im Wesentlichen auf Aktivitäten wie dem Vorlesen, aber auch dem allgemeinen Interaktions- und Kommunikationsverhalten in den Familien zurück (Hurrelmann, Hammer & Nieß, 1993). Auch nach den Ergebnissen von PISA wird eine unzureichende Kompetenz hinsichtlich der Leseförderung und Sprachentwicklung in den Familien der verschiedenen sozialen Schichten belegt (Schiefele et al. 2004). Aufgrund dessen muss der Ausgleich dahin gehend stattfinden, dass die Defizite der familiären Situationen durch die Bildungsinstitutionen und folglich mithilfe eines effizienten und fächerübergreifenden Leseunterrichts gewährleistet werden. Die elementare Aufgabe der Schule besteht darin, die Chancenungleichheit der SuS zu verringern, von der die Leseentwicklung einiger Kinder schon vor dem Eintritt in die Schule geprägt ist. 2.2.2, Schulische Faktoren – Feedback im Unterricht: Das Angebot, was Kindern in der Familie bezüglich einer Mitgliedschaft an der Lesekultur zur Verfügung steht, ist in der Institution Schule ein grundsätzlich anderes. Hier handelt es sich nicht vorrangig um interessengeleitetes Lesen, sondern, so beschreibt es HURRELMANN (2004, S. 50): ‘Es geht hier um die gegenstands- und zielgerichtete, methodisch geplante Vermittlung von Wissen, Fertigkeiten und kulturellen Orientierungen’. Bei der Vermittlung von Wissen hat es die Schule als institutionelle Lesesozialisationsinstanz mit Kindern zu tun, die bereits über Jahre sehr unterschiedliche familiale Lernerfahrungen gemacht haben und parallel zum Unterricht weiterhin machen. Einige Kinder profitieren von der motivierenden Vorbereitung und Unterstützung schulischer Lernprozesse durch ihre Eltern, anderen Kindern bleibt eine derartige Hilfestellung verwehrt. Jedoch belegt ein Teilergebnis der Studie über das ‚Leseklima in der Familie‘ (Hurrelmann, Hammer & Nieß, 1993), dass der Schulunterricht, vor allem in der Primarstufe, familienergänzend wirken und durchaus kompensatorische Aufgaben erfüllen kann. Dieses Ergebnis bedeutet für den Schulalltag, dass die Schulkarrieren für Kinder verschiedener sozialer Herkunft nicht von Beginn an vorbestimmt sind. Dessen sollten sich alle am Schulalltag Beteiligten unbedingt bewusst werden, wenn es um die Förderung der Lesekompetenz durch den Leseunterricht geht. Die Untersuchung von HURRELMANN (1993) legt dar, dass bei intensiver schulischer Förderung die Kinder, die durch familiäre Bedingungen benachteiligt schienen, ebenso häufig und gern in der Freizeit lasen wie die elterlich stark geförderten Mädchen und Jungen (Hurrelmann, Hammer & Nieß, 1993, S. 222ff.). Ein qualitativer und motivierender Unterricht ist nach den hier angesetzten Aspekten ein solcher, der auf die Leseinteressen der Kinder eingeht, ihnen Gesprächsmöglichkeiten über Gelesenes einräumt, ihre Bewertungen der Lesegegenstände ernst nimmt und sie mit außerschulischen Institutionen der Lesekultur, wie z. B. der Bibliothek, bekannt macht (Hurrelmann, Hammer & Nieß, 1993, S. 206). Ein entscheidender Faktor für die Lesesozialisation der Kinder, vor allem in Anbetracht der schulischen Karriere über die Grundschule hinaus, scheint dieser und anderer Untersuchungen zufolge die Motivation zum Lesen zu sein. Denn angesichts einer Erfurter Studie (Fragebogenbefragung in 24 Grundschulen, Klasse 2 bis 4) nimmt die Freude am schulischen Lesen bei den Kindern, bereits im Grundschulalter, kontinuierlich ab (Richter & Plath, 2012). Besonders häufig sinkt die Motivation, nach RICHTER & PLATH (2012, S.123), in der Klasse 3 und 4, wobei dies bezüglich der Lesefähigkeit der SuS am wenigsten zu erwarten wäre. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, andere didaktische Mittel für den Leseunterricht in Erwägung zu ziehen, die in einem ersten Schritt die Motivation und in einem zweiten Schritt die Lesekompetenz der SuS steigern könnten. Die Orientierung an den Leseinteressen der Kinder und weitere lesebezogene Maßnahmen zur Motivationssteigerung tragen ein enormes Gewicht, aber auch dem Feedback durch die Lehrkraft sollte im Leseunterricht eine besondere Relevanz zugemessen werden. Der Bedeutung dieses Feedbacks wird in einem Großteil der Literaturquellen keine Aufmerksamkeit geschenkt, jedoch zeigen Untersuchungen, dass sie maßgebliche Auswirkungen auf die Zielbestimmung, die Aufgabenbearbeitung, die Qualität der Lernprozesse, der Leistung sowie der Lernmotivation im Unterricht haben können (Butler, 2005). Diesbezüglich wird dem nächsten Abschnitt die aussagekräftige empirische Studie von HATTIE (2009) zugrunde gelegt, die Befunde zu Effekten von Schul- und Unterrichtsvariablen liefert. Dabei wird sich auf die Publikation Visible learning. A Synthesis of over 800 Meta-analyses Relating to Achievement von JOHN HATTIE (2009) bezogen. Ergebnisse, Darstellungen und Konsequenzen für den Unterricht werden in die deutsche Sprache übersetzt. Als Fazit dieser Ausführungen zur Lesekompetenz kann konstatiert werden, dass gerade den schulischen Einflussfaktoren und damit dem Lehrerfeedback eine immense Bedeutung zukommt, da die Kinder bis zum Eintritt in die Schule eine überaus heterogene Förderung der Sprachentwicklung durch die Familie erfahren.

Über den Autor

Marina Welslau wurde 1982 in Paderborn geboren. Ihr Erstes Staatsexamen im Lehramt für die Primarstufe absolvierte die Autorin im Jahre 2013. Im Rahmen des Staatsexamens führte sie eine Studie zu Lehrerfeedback durch.

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