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- Kriegsreporter zwischen Mythos und Arbeitsrealität: Eine Befragung von deutschsprachigen Auslandskorrespondenten in weltweiten Krisengebieten
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 192
Abb.: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Kriegsreporter zählen zu den prominentesten Journalisten. Dennoch existieren viele Vorwürfe im Kontext der Krisen- und Kriegsberichterstattung: Ereignisorientierung statt Hintergrundberichterstattung, Abhängigkeit vom militärischen Informationsmanagement, Spekulationen statt Fakten, überflüssige oder übertrieben-dramatische Berichterstattung. Oftmals sind es diese außergewöhnlichen Verantwortlichkeiten und Arbeitsbedingungen des Kriegsreporters, die die mythischen Elemente im Selbstbild dieser ‘Sonderform’ der Auslandsberichterstattung begründen. Für Kriegsreporter ist der Ausnahmezustand Normalzustand. Ihre Arbeit bedeutet einen ständigen Adrenalin- und Karriere-Kick, heißt es. Das mythische Bild vom Kriegsreporter ist auch heute noch existent. Daher widmet sich die vorliegende explorative Untersuchung deutschsprachigen Krisen- und Kriegsberichterstattern, die als Berufsjournalisten in weltweiten Kriegsgebieten arbeiten. Ziel ist es, Erkenntnisse über deutschsprachige Kriegsberichterstatter und die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit vor Ort sowie vor und nach dem Kriegseinsatz zu gewinnen. Dazu werden die theoretischen Behauptungen in der Literatur durch einen quantitativen Vergleich der Aussagen von Praktikern in Bezug auf personenbezogene Dispositionen sowie Arbeitsweisen und Arbeitsumstände angereichert, um etwaige Tendenzen innerhalb eines weltweiten Kontextes aufzeigen zu können. Motive, Rollenbilder, das Arbeitsklima vor Ort, die Rolle der Heimatredaktion, Informationsquellen und Vor- und Nachsorgemaßnahmen sowie physische und psycho-soziale Gefahren des Kriegseinsatzes sind inhaltliche Schlagworte der Online-Befragung. Die Untersuchung zeigt, dass durchaus Handlungsbedarf besteht. Deutschsprachige Kriegsreporter werden im internationalen Vergleich zu wenig betreut. Dabei trägt gerade die Heimatredaktion eine große Verantwortung, denn eine professionelle Vorbereitung und Betreuung des Journalisten entscheidet im Extremfall im Auslandseinsatz über sein (Über-)Leben.
Textprobe: Kapitel III: 2.2, Recherche: Informationsquellen und –gruppen: Wie im vorherigen Kapitel erörtert wurde, sind selbständige Reisen und das Begehen von relevanten Gebieten ohne offiziellen Begleiter bzw. ‘Aufpasser’ (Rados 2007, S. 36) in der Praxis der Kriegsberichterstattung wünschenswerte, aber oftmals unerfüllte Arbeitsbedingungen. Auch das Redigieren und Versenden von publizistischem Material ohne vorherige Kontrollen während der Recherchearbeit ist häufig illusorisch. Nach Lergs Überzeugung (1992, S. 406) ist das ‘Prinzip der publizistischen Autonomie bei der Kriegsberichterstattung’ nicht existent. Eine oftmals dürftige Quellenlage kennzeichnet die realen Recherchebedingungen von Kriegsreportern, da ‘die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung gravierend eingeschränkt werden’ (Krause 1982, S. 243). Informationsangebote sind im Regelfall rar, und nicht selten wird die Recherche vor Ort zusätzlich durch die geringe Auskunftsbereitschaft von offiziellen Stellen behindert (vgl. ebda., S. 242 ff.). Neben rein pragmatischen Faktoren wie der Überwindung großer Entfernungen (vgl. Eichen 1997, S. 19 ff.) werden die Recherchetätigkeiten auch dadurch erschwert, dass die Kommunikation mit potenziellen Informanten ständig überwacht wird (vgl. Foggensteiner 1993, S. 46). Darüber hinaus haben Protagonisten in Kriegsgebieten nur selten eine Scheu vor der Anwendung von unlauteren Mitteln, um die Journalisten von ihren Recherchetätigkeiten vor Ort gezielt abhalten zu können (vgl. Bednarz 1977, S. 61 f. vgl. Guz 1977, S. 4). Massive Reglements scheinen folglich die Arbeitsrealität eines Reporters vor Ort zu bestimmen, durch die die Berichterstatter der Informationsverknappung im ungünstigsten Fall ohnmächtig ausgeliefert sind. In Anlehnung an das sogenannte ,Krisen-Dreieck’ sind die drei wichtigsten Institutionen, innerhalb derer Auskünfte erteilt und Informationen ausgetauscht werden, Politiker, humanitäre Organisationen und Medien (vgl. Minear et al. 1996, S. 7). Je schwieriger sich die Recherche aber nach unabhängigen Informationsquellen gestaltet, desto wahrscheinlicher ist es, dass Kriegsreporter Informationsangebote annehmen, deren Vertrauenswürdigkeit kritisch hinterfragt werden muss. Zu diesen Informationsangeboten gehören sporadisch angelegte Pressekonferenzen und Botschaftsempfänge (vgl. Löffelholz 1993, S. 23). ‘Pressekonferenzen der Blauhelme und Interviews mit führenden Köpfen verkommen zu Jahrmärkten der Eitelkeiten. Ammenmärchen haben Hochkonjunktur [...] Und zwischen all dem probt die Bundeswehr ihren PR-Großangriff’, kritisiert Kunz (1993, S. 21). Scholl (1994, S. 22) greift die Bedeutung eines Informanten-Netzwerkes für eine effektive und erfolgsversprechende Recherche auf und beschreibt gute Kontakte als notwendige Voraussetzung für eine unabhängige Berichterstattung: ‘Beim Recherchieren kommt es auf die guten Kontakte zu Informanten an: Journalisten benötigen ihre Informationen, um hinter die Kulissen zu schauen und von offiziellen Verlautbarungen unabhängig berichten zu können.’ Die Recherche von vertrauenswürdigen Informationsquellen und -gruppen muss im Zeitalter der digitalen Technik unter enormem Zeitdruck geleistet werden, denn ‘der beste Reporter vor Ort taugt nichts, wenn er nicht dazu imstande ist, seinen Bericht termingerecht - also vor Redaktionsschluss - an die Redaktion zu senden. [...] die eigentliche Kunst ist es, [...] zu veröffentlichen’ (Foggensteiner 1993, S. 86 f.). Wie sich Geschwindigkeit mit gründlicher Recherche vertragen soll, wird seither debattiert, denn die eigentlich benötigte Zeit für Recherchen vor Ort konkurriert mit dem Aktualitätsanspruch der heimatlichen Medienunternehmen. Fakt ist nach Saxer, dass die Rezipienten auf Informationen angewiesen sind, die eine sachgerechte Urteilsbildung als Grundlage möglichen Handelns erlauben. Die Herstellung eines solchen Zustandes wird aber ‘durch die nichtstrukturierte Situation der Informationsgewinnung und -verbreitung unter Kriegsbedingungen, das Informationsmanagement der Kriegsparteien, aber auch durch dysfunktionale Mechanismen der Medien-Routineberichterstattung beeinträchtigt’ (Saxer 1995, S. 204). Das Ausforschen von glaubwürdigen, ,harten’ Informationen aus erster Hand für den Korrespondenten kann aber auch durch Faktoren wie die fremdländische Sprache, die oftmals befremdliche Kultur, die intransparenten politischen Verkettungen, historische Relevanzen und ökonomische Abhängigkeiten beschwerlich werden. Der Kriegsjournalist Graham erinnert sich an eine Sprachbarriere, die seine Recherchetätigkeit im Irak erschwerte: ‘Few American reporters, with the notable exception of the Washington Post´s Anthony Shadid, spoke Arabic. The rest of us were unlikely to have a candid discussion with an Iraqi while an interpreter listened. It took months before people trusted you enough to tell you what was going on and have you trust what they said or, at least, understand where they were coming from.’ (Graham 2004, S. 68) Das professionelle Primat der ,objektiven’ und ,wahrhaftigen’ journalistischen Berichterstattung, welches in Kapitel II.2.3 angesprochen wurde, erfordert die Herstellung eines Zustandes, der durch das Zusammentragen vieler Informationsquellen auf Basis von gründlicher Recherche gekennzeichnet ist: ‘Quellenvielfalt ist das wirksamste Mittel von Journalisten. [...] Reporter müssen deshalb in ihrer Jagd nach Quellen aggressiv sein sie dürfen nicht aufhören, Fragen zu stellen.’ (Vincent/Galtung 1993, S. 186). In der Praxis zeigt sich, dass bei der Recherche und Selektion ,harter’ Informationen gerade die Reporter im bedeutenden Vorteil sind, die bereits vor ihrer Ankunft über relevante Sachkenntnisse und landesspezifischen Vorkenntnisse verfügen. Bereits erprobte Recherchewege durch einen Aufenthalt vor Kriegsausbruch sind ebenfalls eine wertvolle Hilfestellung im Aktualitäts-Wettstreit. (Vgl. Rüb 2008, S. 164 ff.)
Maren Strübig, M.A., wurde 1982 in Bückeburg geboren. Nach ihrer kaufmännischen Berufsausbildung entschied sich die Autorin, ihre fachlichen Qualifikationen durch ein interdisziplinäres medienwissenschaftliches Studium zu ergänzen. Ihr interkulturelles Studium am Department für internationale Kommunikation an der Macquarie University in Sydney und ihr Studium der Kommunikationswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster schloss die Autorin im Jahr 2011 mit dem akademischem Grad der Magistra Artium ab. Bereits während ihres Studiums sammelte sie umfassende praktische Erfahrungen in der Journalismusbranche im In- und Ausland. Durch ihr Engagement als Pressereferentin in einem friedenspolitischen Verein und durch die Organisation von Workshops zum internationalen Konfliktmanagement, knüpfte die Autorin erste persönliche Kontakte zu Auslandskorrespondenten. Der rege Informationsaustausch mit den Journalisten motivierte sie, sich in ihrer wissenschaftlichen Studie speziell der Krisen- und Kriegsberichterstattung zu widmen, um Antworten auf offene Fragen über den Mythos Kriegsreporter zu bekommen.
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