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Pädagogik & Soziales

Ute Seydel

Komorbidität - Sucht und Psychose

Konsequenzen für die psychosoziale Arbeit

ISBN: 978-3-8366-7431-7

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 136
Abb.: 7
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das häufige Auftreten der Komorbidität rückte in den letzten 15 Jahren in den Fokus des klinischen und wissenschaftlichen Interesses. Vor allem Einrichtungen der medizinischen und psychosozialen Versorgung sehen sich zunehmend mit Klienten konfrontiert, die sowohl eine Substanzstörung als auch eine psychische Erkrankung aufweisen. Dieser Personenkreis ist inzwischen mehr die Regel als die Ausnahme. In der Versorgung dieser Klienten ergeben sich vielfältige Probleme, welche nicht zuletzt aus den unterschiedlichen Ansätzen der Suchthilfe und der Psychiatrie, sowie fehlenden konkreten Behandlungsrichtlichtlinien resultieren. Die Komorbidität von Sucht und schizophrener Psychose - um die es in dieser Arbeit überwiegend geht gilt als besonders schwer behandelbar. Sie zeichnet sich unter anderem durch eine hohe Rehospitalisierungsquote und somit einen hohen Kostenaufwand, begrenzte Bereitschaft zur Mitarbeit im therapeutisch-medizinischen Prozess, oftmals fehlende Abstinenzmotivation, eine Tendenz zur Chronifizierung der Erkrankungen, vermehrtes Abgleiten in die Obdachlosigkeit und eine deutlich erhöhte Suizidrate aus. Dies alles deutet auf eine eingeschränkte Lebensqualität der Betroffenen hin. Ziel dieser Arbeit ist zum einen die umfassende Darstellung des Phänomens der Komorbidität und dessen Behandlung, zum anderen die Erarbeitung der sich daraus ergebenden Konsequenzen für die psychosoziale Praxis. Als Einführung in die Thematik werden zunächst die zentralen Begrifflichkeiten - Substanzmittelabhängigkeit, Schizophrenie und Komorbidität definiert. Darauf aufbauend wird das Vorkommen der Komorbidität von Sucht und schizophrener Psychose in der Bevölkerung anhand verschiedener empirischer Studien untersucht. Im Anschluss wird bei der Schilderung des Verlaufs beider Erkrankungen auf charakteristische Besonderheiten eingegangen. Daraufhin erfolgt die Darstellung verschiedener Theorien zur Entstehung der Komorbidität. Diese mögen einen guten Ansatz zum tieferen Verständnis sowohl der Betroffenen als auch der Störungskombination selbst in sich bergen. Der Behandlung der Komorbidität auf die gegenwärtige Situation in Deutschland bezogen und der Bedeutung eines integrierten Ansatzes in Berlin sollen im folgenden Kapitel Aufmerksamkeit entgegengebracht werden. Im empirischen Teil dieser Studie geben die Betroffenen anhand geführter Interviews einen Einblick in das Erleben ihrer Krankheit. Experten zum Thema stellen die Komorbidität und den Umgang sowie die Schwierigkeiten mit dieser Klientel aus ihrer Sicht dar. Die Interviews werden danach auf ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten untersucht und verglichen.

Leseprobe

Kapitel 4. Behandlung der Komorbidität Wie in Kapitel 3 gezeigt wurde, kann die klinische Ursachenforschung inzwischen einige Theorien zur Komorbidität vorweisen. Doch wie der aktuelle Versorgungsstand und die Behandlung der Betroffenen in der Praxis aussehen, wird Thema dieses Kapitels sein. Hier einige Stimmen, die den gegenwärtigen Versorgungsstand der komorbiden Klientel widerspiegeln dürften: Die große Mehrheit aller komorbiden Suchtkranken dürfte heute ebenso wie die Mehrheit der Suchtkranken ohne weitere psychische Störung unbehandelt bleiben (Heckmann 2002, 85). Bachrach (1986) bezeichnet die Gruppe der Doppeldiagnostiker schlichtweg als ‚Systemversager’. Diese Klientel erfüllen die erforderlichen Kriterien der jeweiligen Versorgungssysteme nicht. Suchttherapeuten sind häufig nicht geschult im Umgang mit suchtmittelabhängigen Patienten, die zusätzlich psychotische Symptome haben und der Verschreibung psychotroper Medikamente bedürfen. Ebenso ist es in psychiatrischen Einrichtungen häufig nicht möglich, Patienten, die eine suchtmittelfreie Umgebung oder eine intensive Suchttherapie benötigen, zu behandeln (zit. nach Minkoff 1994, 63 f.). Auch Basdekis-Josza vermerkt, dass komorbide Klienten oft keine Behandlung der Suchterkrankung erhalten, und begründet dies mit einer kaum vorhandenen Angebotsstruktur. Diejenigen Klienten, die eine Suchttherapie erhalten haben, berichten, dass diese Therapie nicht geeignet war, da das Hauptaugenmerk auf das Suchtgeschehen gerichtet und die Behandlung der psychischen Symptome unbeachtet blieb (vgl. Basdekis-Josza 2004, 110). Comorbide Patienten wurden vielmehr lange Zeit – und werden zum Teil immer noch - als ‚System – Misfits’ im Sinn von Minkoff (1994) angesehen, die einerseits den Rahmen psychiatrischer Versorgungseinrichtungen aufgrund ihres Suchtmittelabusus sprengen, andererseits in den Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe Hilflosigkeit und Angst erzeugen (Rink 2003, 91). Wie in 4.1. gezeigt wird ist der Ausdruck System – Fehler durchaus nicht unbegründet: Neben Schwierigkeiten innerhalb des einzelnen Versorgungssystems haben die Systeme auch Probleme miteinander. Diese Komplikationen oder auch Rivalitäten wirken sich direkt oder indirekt auch auf die Versorgung der komorbiden Klientel aus (vgl. Heckmann 2002, 84). Zu den Versorgungssystemen für Menschen mit psychischen Krankheiten (inklusive auch die Suchterkrankung) zählen die Institution Psychiatrie, die Suchtkrankenhilfe und die niedergelassene Ärzteschaft (Nervenärzte, Hausärzte etc.). Im weitesten Sinne könnte man ebenso den Justizapparat als Versorgungssystem benennen, da auch dieser seinen eigenen Zuständigkeitsbereich (kriminelle Handlungen und die daraus folgenden Maßnahmen, z. B. Gefängnis) mit den Suchtkranken innehat. Von den Suchtkranken insgesamt wiederum ist ein beträchtlicher Anteil komorbid (siehe Kapitel 2).

Über den Autor

Ute Seydel, geb. am 07.02.1974 in Hof, wohnhaft in Berlin, Diplom-Sozialpädagogin, Studium an der Hochschule Magdeburg - Stendal, Forschungsschwerpunkte Sucht, Psychiatrie und Untersuchung der Komorbidiät in Berlin, Diplom 2008.

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