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- Kinder mit frühkindlichem Autismus: Der TEACCH-Ansatz als Fördermöglichkeit
Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, anhand der Darstellung der Entwicklung von Kindern mit frühkindlichem Autismus aufzuzeigen, wie es diesen gelingen kann, sich in einer Welt ohne Autismus zurechtzufinden. Am Beispiel des TEACCH-Ansatzes soll demonstriert werden, wie die Kinder bei ihrem Hineinwachsen in diese Welt ohne Autismus unterstützt und gefördert werden können. Die Entscheidung, TEACCH als Beispiel einer Fördermöglichkeit auszuwählen, beruht zum einen darauf, dass dies ein interdisziplinärer Ansatz ist und somit unter anderem auch Handlungsfelder für die Sozialpädagogik bietet. Zum anderen spielt der individuelle Entwicklungstand des jeweiligen Kindes eine zentrale Rolle im TEACCH-Ansatz. So schließt sich dieses Fördermodell nahtlos an eine Darstellung der Entwicklung von Kindern mit frühkindlichem Autismus an.
Textprobe: Kapitel 3.4.3 Problemlösungsverhalten: Nachdem Informationen wahrgenommen, analysiert, verarbeitet und integriert wurden, ist die nächste Ebene des kognitiven Systems das Problemlösungsverhalten. Um adäquate Handlungsstrategien ausbilden, auswählen und ausführen zu können, gilt es einen komplexen Prozess zu bewältigen. Der Betreffende muss planen können, zeitliche Abfolgen überblicken und komplexe Handlungsschritte koordinieren. Er muss in der Lage sein, sich von der aktuellen, konkreten Situation und ihren Reizen zu lösen, eine innere Vorstellung zu entwickeln und sich von dieser leiten zu lassen. Dazu ist es wichtig, dass er seine Impulse kontrolliert und sich nicht dazu hinreißen lässt, unmittelbar auf die Reizgegebenheiten zu reagieren und somit vielleicht naheliegende (aber falsche) Reaktionen ausführt. Zudem muss die Effizienz der ausgewählten Strategie überprüft werden und diese gegebenenfalls ersetzt werden. Dies setzt Flexibilität im Denken und Handeln voraus. Bei Menschen mit frühkindlichem Autismus wurden ähnliche Symptome festgestellt wie bei Personen, die eine Verletzung des Frontalhirns erlitten haben. Der Frontallappen ist die Region im menschlichen Gehirn, die mit den Exekutivfunktionen assoziiert wird. Beeinträchtigungen dieser Funktionen finden sich auch bei anderen Syndromen (z.B. Tourette-Syndrom oder Aufmerksamkeitsdefizitstörung), weswegen sich die Frage nach der Autismusspezifität stellt, die bislang noch nicht zufriedenstellend geklärt werden konnte. Eine vergleichende Untersuchung von Ozonoff & Jensen in den Bereichen Flexibilität, Planung und Hemmung zeigt jedoch, dass Kinder mit frühkindlichem Autismus in den Bereichen Flexibilität und Planung besonders schwach sind, aber Stärken in Bereichen wie Hemmung an den Tag legen. Thus, there is uniqueness in the patterns of executive function shown by children with autism relative to children with other disorders. Sigman, Spence & Wang sehen, den Ergebnissen jüngster Studien zufolge, die Beeinträchtigungen erst auf einer höheren Ebene der Exekutivfunktionen. Das würde bedeuten, dass Kinder mit frühkindlichem Autismus mit einfachen Strategien und Verhaltensweisen keine Schwierigkeiten haben und dass die Defizite in den Exekutivfunktionen zwar von zentraler, aber nicht primärer Bedeutung für das Erscheinungsbild sind. Wie äußern sich nun diese Auffälligkeiten bei Kindern mit frühkindlichem Autismus? Befinden sich die Kinder in bekannten Situationen, in ihrem gewohnten Tagesablauf mit einer bestimmten Routine oder führen sie Aufgaben aus, die sie gut verinnerlicht haben, so scheinen die Exekutivfunktionen intakt. Handelt es sich jedoch um neue Erfahrungen und ungewohnte Situationen, so treten große Schwierigkeiten auf. Im Allgemeinen zeigen die Kinder meist ein von Starrheit gekennzeichnetes Verhalten, sind unflexibel und können sich somit nur schwer auf neue Situationen einstellen. Es mangelt ihnen an Eigeninitiative, sie reagieren oft impulsiv, legen stereotypes Verhalten an den Tag und haben besondere Schwierigkeiten darin, Informationen in ein Zeitschema einzuordnen. Dies sind Hinweise auf Beeinträchtigungen in allen Bereichen der Exekutivfunktionen. Die Leistungen von Kindern mit frühkindlichem Autismus in der Ausführungskompetenz sind abhängig von a) der Auffälligkeit und dem Bekanntheitsgrad der Umweltreize, b) den Anforderungen an das Vorstellungsvermögen und c) der Anzahl der möglichen Lösungswege. Sie sind nur schwer in der Lage, mehrere Aspekte zugleich zu beachten. Hinzu kommt, dass sie leicht vergessen, was sie gerade getan haben, wenn sie ihre Aktivität kurz unterbrechen und sich zwischenzeitlich mit etwas anderem beschäftigen. Mehrere Handlungsstränge parallel auszuführen oder sie miteinander zu kombinieren, stellt die Kinder vor nur schwer zu bewältigende Anforderungen. Einen weiteren Effekt auf ihre Probleme im Bereich der Exekutivfunktionen haben die Eigenarten in der Wahrnehmung. Diese beeinträchtigen das Situationsverständnis und nehmen so Einfluss auf die Handlungsplanung. Häußler beschreibt die Schwierigkeiten am Beispiel der Fähigkeit sich einen Weg bzw. eine Handlungsabfolge zu merken. Kinder mit frühkindlichem Autismus sind durch unvorhergesehene Zwischenfälle, Abweichungen oder Hindernisse überfordert und schaffen es nicht, sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Jede Störung droht das ursprüngliche Vorhaben scheitern zu lassen. Da sie keinen größeren Überblick haben, können sie sich nicht vorstellen, dass man ihr Ziel auch auf einem anderen Wege erreichen kann. Ihre Unflexibilität schränkt ihren Erfahrungsraum und damit ihre Lernmöglichkeiten deutlich ein. Auch Hughes erklärt einige Symptome des frühkindlichen Autismus mit der Theorie einer exekutiven Dysfunktion. Demzufolge beeinträchtigt eine solche Funktionsstörung bereits die frühe Entwicklung in gemeinsamer Aufmerksamkeit (Joint Attention), Imitation, kreativem Spiel und Kommunikation. Besonders starke Hinweise lassen sich auf eine Verbindung zwischen den Exekutivfunktionen und den soziokommunikativen Fähigkeiten finden, wobei noch zu klären bleibt, was was bedingt. Drei Ebenen des kognitiven Systems wurden bis hierhin betrachtet. Nachdem Informationen wahrgenommen und verarbeitet wurden, tritt mit den Exekutivfunktionen das Problemlösungsverhalten in Kraft. Um aus bereits gesammelten Erfahrungen lernen zu können, benötigt man das Gedächtnis. Kapitel 3.4.4 Gedächtnisleistung und Lernverhalten: Das Gedächtnis speichert Informationen und Strategien, um sie bei Bedarf wieder abrufen zu können bzw. durch neue Erfahrungen erweitern und anpassen zu können. Es ist somit von essentieller Bedeutung, um Lernerfolge zu erzielen. Auch in Bezug auf das Gedächtnis stellt sich die Frage nach der Klassifizierung der Störung. Nach unserer Annahme gehört die Gedächtnisstörung nicht zur primären Störung des frühkindlichen Autismus. Werden Beeinträchtigungen von Gedächtnisleistungen bei autistischen Kindern beobachtet, so sind sie als sekundäre Folge der Störung anzusehen und zu interpretieren. Neben Beeinträchtigungen wird auch immer wieder von besonderen Leistungen berichtet. Kinder mit frühkindlichem Autismus entwickeln gewöhnlich eine Art mechanisches Gedächtnis. Es fällt ihnen vergleichsweise leicht, Informationen zu speichern, besonders dann, wenn sie sich auf ein individuelles Interessengebiet beziehen. Meist fehlt jedoch das Inhalts- und Sinnverständnis. Sowohl in klinischen als auch populärwissenschaftlichen Berichten über den Autismus wird immer wieder die Fähigkeit mancher Kinder betont, sich lange Listen von Wörtern, Geburtsdaten, Telefonnummern und Autokennzeichen einzuprägen. Einige autistische Kinder scheinen sich das eidetische Gedächtnis aus ihrer frühen Kindheit bewahrt zu haben, das sie dazu befähigt, selbst kleinste Details perfekt wiederzugeben. So berichtet auch Brauns in seinen Erinnerungen, dass er lange Zeit nicht in der Lage war, zu antworten, wenn er nach dem Beruf seines Vaters gefragt wurde. Erst nachdem er die Antwort auswendig gelernt hatte, war es ihm möglich, scheinbar adäquat zu reagieren. Was ich auswendig gelernt hatte, kam flüssig über die Lippen. Ich verstand zwar nicht, was ich da sagte, wusste jedoch, dass es die Erklärung war die ich (…) eingeübt hatte. Da sich die gut ausgeprägte Fähigkeit zum Abrufen gespeicherter Informationen jedoch in der Regel nur auf den sehr eng begrenzten Interessensradius der Kinder mit frühkindlichem Autismus beschränkt, ist dieser Aspekt von eingeschränktem, aber doch nutzbarem Vorteil für das Lernverhalten.
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