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Pädagogik & Soziales
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Kinder stellen eine der schutzbedürftigsten Gruppen unserer Gesellschaft dar. Durch die wachsende Medienvielfalt und die wichtige Rolle, die Medien übernehmen, kommt der Ausbildung einer Medien- und Werbekompetenz enorme Wichtigkeit zu: Werbung ist als Bestandteil unserer Kultur aus dem alltäglichen Leben nicht wegzudenken. Insbesondere mit Blick auf den Schutz von Kindern entwickelte sich in Deutschland ein duales System der Werbekontrolle, bestehend aus der Fremdkontrolle, die vor allem von staatlicher Seite durch Gesetze ausgeübt wird, sowie der Freiwilligen Werbeselbstkontrolle. Im Rahmen dieses Buches soll zum einen der gegenwärtige werbeethische und werberechtliche Normenrahmen für die Markenkommunikation für Kinder analysiert und auf seine Reliabilität geprüft werden und zum anderen die große Bedeutung der Zielgruppe der Kinder für die (Werbe-)Wirtschaft herausgearbeitet werden. Anhand der Ergebnisse wird der Normenkatalog geprüft, wodurch auch mögliche Schwachstellen erkannt werden können, um ihnen bestenfalls Verbesserungsvorschläge entgegenzusetzen.
Textprobe: Kapitel 4.4. Gesellschaftliche Auswirkungen: Dem Staat obliegt es nicht, darüber zu urteilen, welche legalen Produkte das freiheitliche Subjekt aus den Angeboten auf dem Markt auswählt und konsumiert. Jeder Bürger hat demnach das Recht und die Freiheit, Werbung zu konsumieren oder nicht. Um überhaupt Auswirkungen auf diesem Gebiet beobachtbar und messbar zu machen, muss der Fernsehzuschauer jedoch mindestens einmal mit Werbung konfrontiert worden sein. Generell kann man positive und negative Werbewirkungen analysieren. Doch Werbung ist an sich nicht gut oder an sich schlecht. Sie ist ein Werkzeug, ein Instrument, das zu etwas Gutem oder zu etwas Schlechtem benützt werden kann. Welche Wirkung sich letztendlich zeigt, liegt einerseits an der Medien- und Werbekompetenz des Zuschauers, andererseits am Grad der Einhaltung existierender Richtlinien durch die Werbemacher. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte werden unter diesem Punkt Nutzen, Schaden und das Image von Werbung hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Auswirkungen betrachtet. 4.4.1. Nutzen: Der Nutzen von Werbung ist auch unter Kritikern unumstritten. In der Folge können nur einige der herausragendsten Argumente genannt werden, die jedoch die Unabdingbarkeit von Werbung in einer freien Marktwirtschaft deutlich vor Augen führen und zugleich die Mündigkeit des Bürgers und Konsumenten respektieren. Zunächst belebt Werbung den Wettbewerb, der zu wirtschaftlichem Wachstum im Dienst echter menschlicher Entwicklung führt. Sie ermöglicht es neuen Mitbewerbern, sich bekannt zu machen und ihre Produkte vergleichbar zu anderen zu präsentieren. Somit wird durch die öffentliche Wahrnehmung eine Qualitäts- und Innovationsstandard aufrechterhalten und sichert dem Kunden mindestens gleichbleibend hochwertige Produkte und Preisstabilität. Auf lange Sicht hin garantiert Werbung somit den Lebensstandard der Bevölkerung. Zudem kann sie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, zu höheren Einkommen und zu einem annehmbaren und menschlicheren Lebensstil für alle beitragen. Die Ausführungen über die Erläuterung des Werbebegriffs stellten auch die vier grundlegenden Funktionen von Werbung vor. Diese können in einer positiven Weise auf den Nutzen von Werbung bezogen werben. So garantieren die Bekanntmachungs- und Informationsfunktionen einen permanenten Informationsfluss über Produkte und Neuheiten auf dem Markt, über die Preisentwicklung, die Qualität, die Bewertung durch unabhängige Institute und weitere Eigenschaften, die dem Konsumenten wichtig erscheinen, wenn er sich für oder gegen den Kauf eines Produkts entscheiden will. Durch die Erinnerungsfunktion werden ihm durch Werbespots positive Erlebnisse oder Erfahrungen mit dem beworbenen Produkt in Erinnerung gerufen und er gibt bei anstehenden Kaufentscheidungen dem bekannten und beworbenen Produkt den Vorzug. Zudem erfüllt Werbung die Erlebnisfunktion und sorgt beim Konsumenten für Zeitvertreib und Unterhaltung, animiert ihn zum Kauf eines bestimmten Produkts, um das im Spot dargestellte positive Lebensgefühl zu erhalten. 4.4.2. Schaden: Trotz der angeführten nützlichen Eigenschaften und Funktionen von Werbung arbeiten Werbemacher doch primär auf das Ziel hin, Verkaufszahlen und Umsätze zu steigern. Statt sich von reinen Informationen über Preise und Qualität lenken zu lassen, sollen potentielle Käufer durch irrational[e] Motiv[e] (‚Markentreue‘, Prestige, Mode, ‚Sex appeal‘ usw.) zum Kauf bewegt werden. Somit werden sie nicht mehr nur informiert, sondern durch die Gestaltung und strategische Platzierung der Werbung zum Konsum überredet und motiviert. Insbesondere Fernsehwerbung arbeitet oft und gerne mit Übertreibungen und Provokationen in Werbespots, um neue, aufregende Standards zu setzen und sich möglichst wirkungsvoll von Mitbewerbern zu unterscheiden. Da der Werbemarkt im Fernsehen jedem Produzenten und Hersteller offen steht, wird es immer schwieriger, sich durch Werbung langfristig im Gedächtnis der Zuschauer festzusetzen. Durch das Brechen von Tabus werden der Name und das Produkt zusätzlich bekannt gemacht und sorgen für Gesprächsstoff. Diese Werbemethoden stoßen oft an ethische und rechtliche Grenzen. Neben diesen Techniken greifen Werbemacher bei der Gestaltung von narrativen Strängen oft und gerne auf bekannte Klischees verschiedener Couleur zurück, um den Spot kurz und verständlich zu halten. Somit trägt Werbung allerdings dazu bei, dass einzelne Gruppen in ein unzulässiges Klischee gezwängt werden, das sie im Verhältnis zu anderen benachteiligt. Hierbei kann es sich um Frauen, Ältere, Kinder, Ausländer oder andere Gruppen handeln. Die damit einhergehende Etablierung von Vorurteilen oder entsprechenden Slogans, die Eingang in die Alltagssprache finden, hat durchaus schädliche Einflüsse auf die Gesellschaft und sollte entsprechend eingedämmt werden. Ein weiterer Beigeschmack kurz gehaltener Werbespots ist der Informationsverlust, der damit einhergeht und dem Zuschauer nur selektive Eindrücke vermittelt, sodass er seine Kaufentscheidung unter Umständen auf unvollständige Informationen aufbaut. 4.4.3. Image und öffentliche Wahrnehmung: Werbung im Fernsehen hat bei den Deutschen einen schlechten Ruf. Generell ist die Einstellung der Deutschen gegenüber der Wirtschaft überwiegend negativ. Die Degradierung des Kulturgut[s] Fernsehen [..] zum reinen Werbeträger der Industrie , insbesondere durch die privaten Sender findet wenig Zustimmung und lässt Argwohn entstehen. Heyd stellt in seinen Ausführungen hierzu heraus, dass 85% der befragten Personen Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Werbung generell äußern und die Mehrzahl […] Werbung als langweilig und aufdringlich erachtet. Da sich Werbung im Fernsehen nicht an den individuellen Interessen des jeweiligen Zuschauers orientieren kann, muss er beim Fernsehen auch mit Werbung zurechtkommen, deren Inhalt ihn nicht anspricht oder interessiert. Da die Bereitschaft, Werbung anzusehen, mit steigendem Alter sinkt, steigt auch die Notwendigkeit, erinnerungswürdige Werbung für die jeweilige Zielgruppe zu gestalten, was nicht immer positiv aufgenommen wird. Insbesondere Erwachsene sind sich der durch Werbung kreierten Scheinwelten, der Darstellung von Klischees, der selektiven Vermittlung von Informationen oder der Bevorzugung affektischer Mittel statt reiner Tatsachen deutlich bewusster als Kinder, die durch ihre Unerfahrenheit, Leichtgläubigkeit und Beeindruckbarkeit especially vulnerable to advertising images and messages [sind] thus providing a strong moral compunction for caution rather than commercial gain, to determine the form and content of advertisements to children. Diese stärkeren Bedenken hinsichtlich Kinderwerbung ziehen sich durch alle Altersgruppen der Erwachsenen und werden durch die Politik durch Gesetze und Richtlinien die seitens der (Werbe)Wirtschaft durch Selbstkontrolle zu begegnen versucht. Durch die generell kritische Einstellung gegenüber Werbung und die heutige Werbepraxis akzeptier[en] [Verbraucher] auch, dass man sich über Werbung lustig macht, sie nicht ernst nimmt, sich über sie stellt. Viele Werbespots gerade für Kinder spielen sogar damit, das beworbene Produkt in eine Werbeclownerie einzubetten um der Kritikansätzen auf einer konstruktivhumoristischen Ebene entgegenzukommen. 4.5. Ethische und moralische Prinzipien: Trotz der plausiblen, meist volkswirtschaftlich begründeten Vorteile und nicht nur wegen der potentiellen Schäden haben sich über die Zeit ethische und moralische Prinzipien entwickelt. Denn der Einfluss von Werbung beschränkt sich nicht mehr nur auf die Medien und das Kaufverhalten der Bürger, sondern prägt mittlerweile auch unsere Kultur und soziales Verhalten. Innerhalb der (Werbe-)Wirtschaft hat sich ein solidarisches Gruppengefühl entwickelt, welches trotz stringenter Selbstkontrolle in vielen Fällen doch eher das Wohl der eigenen Branche in den Vordergrund des Handelns stellt. Gemäß der Maßstäbe der Sozialethik müssen jedoch stets auch die Interessen der Allgemeinheit – und d.h. speziell der Verbraucher berücksichtigt werden. So lautet eines der Grundprinzipien, dass Werbung nicht absichtlich zu täuschen versuchen darf, sei es durch das, was sie sagt, oder durch das, was sie andeutend impliziert bzw. verschweigt. Dies gilt sowohl für Kinder- wie auch für Erwachsenenwerbung. Generelle ethische Standards, Prinzipien, Gesetze und Regeln werden im Rahmen von Selbst- und auch Fremdkontrolle durchgesetzt und diese Einschränkungen setzen aus rational nachvollziehbaren Gründen vorrangig dort an, wo sie dem Wirtschaftswettbewerb nicht abträglich sind. Der Fernsehzuschauer lernt zu erkennen, wann ein Werbeblock beginnt und kann somit zumindest einen formalen Unterschied ausmachen. Insbesondere im Kinderprogramm unterscheiden sich die Werbespots allerdings inhaltlich und hinsichtlich der Gestaltung wenig vom restlichen Programm. Kinder gelten aufgrund ihrer Unerfahrenheit und Unmündigkeit sowie ihrer sich von denen der Erwachsenen unterscheidenden Rechte und Pflichten als besonders schutzbedürftig. Ethische Normen orientieren sich in dieser Hinsicht stets an dem schutzbedürftigsten Individuum. Dies ist in diesem Fall das Kind, welches erst lernen muss, Fernsehwerbung zu rezipieren, zu verarbeiten und zu bewerten. Im Folgenden werden die Unverbindlichkeit von Richtlinien und mögliche Sanktionen bei einem Verstoß gegen selbige dargestellt. Diese Ausführungen werden im nächsten Kapitel durch die genauen Erläuterungen zu FWSK und Fremdkontrolle ergänzt. 4.5.1. Unverbindlichkeit von Richtlinien: Während die Gesetze von den Werbetreibenden einzuhalten sind und ein Verstoß geahndet werden kann, sind ethische Grundsätze und Richtlinien zur FWSK wenig konkret. Sie erlauben einen großen Raum für Interpretationen, da sie sehr offen verfasst sind. Es bleibt dem Werbetreibenden selbst überlassen, die Richtlinien nach seinem Ermessen und Gunsten auszulegen und die Interessen und Bedürfnisse des Zuschauers hintenan zu stellen. Viele Werbetreibende stimmen zu, sich die Verantwortung der FWSK aufzuerlegen, doch diese Entscheidung kann in vielen Fällen mit der erzielten Außenwirkung begründet werden, die ein verantwortungsbewusstes, transparentes und sich an verbraucherorientierte Maßstäbe haltendes Unternehmen erscheinen lässt. Der Staat selbst kann lediglich bei einem Verstoß gegen die rein formalen Gesetze einschreiten und wäre mit einer zusätzlichen Überwachung ethischer Standards in der Werbung überfordert. Durch die bestehende Unverbindlichkeit von Richtlinien werden ethische und moralische Prinzipien nachhaltig geschwächt und die Einführung von Neuerungen, die durch den technischen Fortschritt, den Wandel der Gesellschaft oder soziale Trends notwendig werden, wird erschwert. Die Aufnahme eben jener Neuerungen in den Katalog ethischer Prinzipien hinsichtlich Kinderwerbung ist für den Schutz und die Gewährleistung eines ethisch stabilen Medienumfelds jedoch unabdingbar. 4.5.2. Mögliche Sanktionen: Die hier vorgestellten Sanktionen beziehen sich rein auf Maßnahmen gegen Verstöße im Rahmen der FWSK. Bei Rechtsverletzungen kämen gerichtliche Verfahren hinzu, deren Darstellung und Verlauf den Rahmen dieser Untersuchung übersteigen würden. Zum Schutz und zur Wahrung der ethischen und moralischen Prinzipien ermöglichen es das politische und marktwirtschaftliche System in Deutschland dem konsummündigen Bürger auf zwei Arten, Sanktionen gegen Verstöße zu initiieren. Bohrmann spricht hier von der Konsummündigkeit der Verbraucher als Verantwortungsträger sowie vom Verbraucher als schützenswerter Person. Die erste Möglichkeit ist eine Beschwerde beim Deutschen Werberat oder einer Verbraucherschutzorganisation und die zweite besteht im individuellen Boykottieren eines Produkts, wodurch sie ihrer Ablehnung Nachdruck verleihen können. Eine Beschwerde an den Deutschen Werberat kann von jedem Bürger sowohl telefonisch wie auch schriftlich eingereicht werden, darf allerdings nicht anonym erfolgen. So können die Fernsehzuschauer [z]usätzlich zur gegenseitigen wettbewerbsrechtlichen Kontrolle der Firmen […] eine moralische Aufsicht über das Werbegeschehen ausüben und mögliche Verstöße zur Sprache bringen. Hinsichtlich der direkten Beschwerden und Eingaben beim Werberat spielt Kinderwerbung keine große Rolle. Eingaben wird durch den Werberat nachgegangen. § 49 Abs. 1 RStV beschreibt eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten, die entweder gerügt oder durch in § 49 Abs. 2 RStV genannte Bußgelder geahndet werden können. Neben möglichen finanziellen Einbußen kann dies zusätzlich einen Imageverlust des Werbetreibenden zur Folge haben. Um die zweite Variante der Sanktionen, den Kaufboykott, durchzusetzen, bedarf es einer vorausgehenden öffentlichen Debatte und der übereinstimmenden kritischen Einstellung durch die Bevölkerung, ein bestimmtes Produkt oder Produkte einer bestimmten Firma nicht mehr zu kaufen. Generell ist die Liste der möglichen Sanktionen bei Verstößen gegen ethische und moralische Prinzipien kurz und Ahndungen schwer zu vollziehen, da die Grundsätze für die Unternehmen nicht rechtsbindend sind. Viele Vorgaben lassen sich im Interesse der Werbemacher hinsichtlich der Interpretation weitläufig auslegen und fallen auch wirtschaftlichen Interessen zum Opfer. 4.6. Medienkompetenz – Werbekompetenz: Werbung im Fernsehen ist zweifelsohne eine Alltagserfahrung für jeden deutschen Staatsbürger geworden. Auch Erwachsene, die sich (vermeintlich) der Wirkung von Werbung entziehen können, mussten diese Fähigkeit erst erlernen und trainieren, da es sich bei Medienkompetenz generell und bei Werbekompetenz im Speziellen um einen Lernprozess handelt. Der Staat stellt ein Gerüst aus rechtlich verbindlichen Normen bereit, doch die Ausgestaltung desselben obliegt dem einzelnen Bürger, der im Laufe seines Lebens stetig neue Eindrücke und Erfahrungen hinzufügen kann und sollte. Da Werbung per se nicht gut oder schlecht ist, bietet sich auch jedem die Möglichkeit, Nutzen daraus zu ziehen oder Schäden frühzeitig zu erkennen und abzuwenden, indem Melde- und Sanktionsmöglichkeiten genutzt werden.
Stephanie Theresa Bartomioli wurde 1984 in Traunstein geboren. Nachdem sie ihr Bachelor-Englischstudium abgeschlossen hatte, studierte die Autorin bis 2014 zum akademischen Grad Master of Arts Politik- und Sozialwissenschaften an der Universität der Bundeswehr München und an der Norwich University in Northfield, VT. Ihre bevorzugten Forschungsfelder sind die soziale Entwicklung der Europäischen Union und das politische System der USA. Derzeit arbeitet die Autorin an ihrer Dissertation in politischer Soziologie.
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